BT-Drucksache 17/2091

a) Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Martina Bunge, Heidrun Bluhm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - 17/1578 - Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vorlegen b) Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Elisabeth Scharfenberg, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - 17/1761 - Handlungsaufträge aus dem UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Vom 14. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2091
17. Wahlperiode 14. 06. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Martina Bunge,
Heidrun Bluhm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/1578 –

Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte
von Menschen mit Behinderungen vorlegen

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Elisabeth Scharfenberg,
Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/1761 –

Handlungsaufträge aus dem UN-Übereinkommen über die Rechte
von Menschen mit Behinderungen

A. Problem

Deutschland hat im Jahr 2009 die UN-Konvention über die Rechte behinderter
Menschen unterzeichnet, deren Ziel die volle und gleichberechtigte Teilnahme
aller Menschen mit Behinderung ist. Dieses Ziel wird in Deutschland nach Dar-
legung der Antragsteller aber weiterhin längst nicht eingelöst. Sie fordern, dass
umgehend ein nationaler Aktionsplan erarbeitet wird.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1578 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der

Fraktion der SPD

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1761 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen SPD
und DIE LINKE.

Drucksache 17/2091 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Kostenüberlegungen wurden nicht angestellt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2091

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/1578 abzulehnen,

b) den Antrag auf Drucksache 17/1761 abzulehnen.

Berlin, den 9. Juni 2010

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Katja Kipping Silvia Schmidt (Eisleben)
Vorsitzende Berichterstatterin

Konvention gefordert, erstellt werden. Dies solle bis zum Verbraucherschutz haben die Vorlage ebenfalls in ihren

30. November 2010 geschehen. In dem Aktionsplan sollen
u. a. Ziele und Verantwortlichkeiten klar benannt und die
nötigen Ressourcen zugeteilt werden. Die Umsetzung sei als

Sitzungen am 9. Juni 2010 beraten und dem Deutschen Bun-
destag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
Drucksache 17/2091 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben)

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/1578 ist in der 43. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 20. Mai 2010 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Sportausschuss, den Rechtsausschuss, den Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, den
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den
Ausschuss für Gesundheit, den Ausschuss für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung, den Ausschuss für Menschenrechte
und humanitäre Hilfe, den Ausschuss für Bildung, For-
schung und Technikfolgenabschätzung sowie an den Aus-
schuss für Tourismus zur Mitberatung überwiesen worden.

Der Antrag auf Drucksache 17/1761 ist in der 43. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 20. Mai 2010 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Sportausschuss, den Rechtsausschuss, den Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für
Gesundheit, den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung, den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit, den Ausschuss für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe, den Ausschuss für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung, den Ausschuss für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, den Aus-
schuss für Tourismus, den Ausschuss für die Angelegenhei-
ten der Europäischen Union sowie an den Ausschuss für
Kultur und Medien zur Mitberatung überwiesen worden

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Die von Deutschland im vergangenen Jahr unterzeichnete
UN-Behindertenkonvention verankere einen völlig neuen
Begriff von Behinderung, die dort als Wechselwirkung zwi-
schen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs-
und umweltbedingten Barrieren definiert werde, wie die An-
tragsteller erläutern. Damit sei Behinderung nicht mehr als
natürliches Faktum zu betrachten, sondern als Resultat ge-
sellschaftlichen Handelns. Daher sei sie als strukturelles Un-
recht zu identifizieren. Die Konvention begründe die volle
und gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen mit Behinde-
rungen. Eine inklusive Gesellschaft, wie sie dort entworfen
werde, integriere nicht, sondern schließe Behinderung von
vornherein als Bestandteil menschlichen Lebens mit ein.

Bei der Umsetzung handele es sich um einen langwierigen
Prozess auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene sowie in
allen gesellschaftlichen Bereichen. Als erster Schritt müsse
daher zunächst ein nationaler Aktionsplan, wie in der

Zu Buchstabe b

Das Inkrafttreten der UN-Konvention für die Rechte behin-
derter Menschen eröffnet nach Darlegung der Antragsteller
eine historische Chance zur konsequenten Fortentwicklung
einer Politik, die die gleichberechtigte Teilhabe von Men-
schen mit Behinderung in Deutschland durchsetze. Die
Bundesregierung entwickele derzeit einen nationalen Ak-
tionsplan über den Handlungsbedarf, der durch die UN-Kon-
vention entstehe, sowie einen Fahrplan zur Umsetzung.
Gleichzeit vertrete die Regierung jedoch die Auffassung,
dass die UN-Behindertenrechtskonvention keinen gesetz-
geberischen Änderungsbedarf mit sich bringe. Wegen des
Widerspruchs sei es wichtig, Inhalt, Umfang, Prozess und
zeitliche Perspektive des Aktionsplanes zu kontrollieren. In
bestimmten gesellschaftlichen Bereichen gebe es schon heu-
te eindeutig gesetzgeberischen Handlungsbedarf.

Die Initiatoren fordern u. a., das Ziel der Inklusion in den
Mittelpunkt zu stellen und einen modernen Behinderungs-
begriff in der Gesetzgebung zu verankern (SGB IX). In dem
Aktionsplan müsse gemeinsam mit den Interessenvertre-
tungen der behinderten Menschen Handlungsbedarf und
Zeitplan für die durch die UN-Konvention entstehenden Än-
derungen festgelegt werden. Ebenso müsse die zwischen-
staatlich abgestimmte Übersetzung des Übereinkommens
überarbeitet werden. „Focal Points“ zur Prüfung des Regie-
rungshandelns seien einzurichten. Darüber hinaus müsse
von Bund, Ländern, Betroffenen und ihren Verbänden ein
Entwicklungsplan erstellt werden, um die Inklusion von
Kindern mit zusätzlichem Förderbedarf in Kindertagesstät-
ten und Regelschulen zu ermöglichen. Es bedürfe dazu u. a.
der Änderung vieler Schulgesetze.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Sportausschuss, der Rechtsausschuss, der Ausschuss
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Ausschuss
für Gesundheit, der Ausschuss für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung, der Ausschuss für Menschenrechte
und humanitäre Hilfe, der Ausschuss für Bildung, For-
schung und Technikfolgenabschätzung sowie der Aus-
schuss für Tourismus haben die Vorlage in ihren Sitzungen
am 9. Juni 2010 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der SPD dem Deutschen Bundestag
die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1578 emp-
fohlen. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie so-
wie der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Querschnittsaufgabe zu definieren und Evaluierungsmecha-
nismen festzulegen.

und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung der Vor-
lage empfohlen.

Drucksache 17/1761 in ihrer Sitzung am 9. Juni 2010 bera-
ten. Der Sportausschuss, der Rechtsausschuss, der Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie
der Ausschuss für Gesundheit haben dem Deutschen Bun-
destag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD dem Deutschen Bundestag die Ablehnung
des Antrags empfohlen. Der Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit, der Ausschuss für Bildung, For-
schung und Technikfolgenabschätzung, der Ausschuss
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,
der Ausschuss für Tourismus sowie der Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union haben dem
Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktionen SPD und DIE LINKE. dem Deutschen Bundes-
tag die Ablehnung des Antrags empfohlen. Der Ausschuss
für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und der Aus-
schuss für Kultur und Medien haben dem Deutschen Bun-
destag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Deutschen Bundes-
tag die Ablehnung des Antrags empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 17/1578 in seiner 21. Sitzung am 9. Juni 2010
abschließend beraten. Mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der SPD wurde dem Deutschen Bun-
destag die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Zu Buchstabe b

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 17/1761 in seiner 21. Sitzung am 9. Juni 2010
abschließend beraten. Mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktionen SPD und DIE LINKE. wurde dem Deutschen
Bundestag die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU forderte, der Gedanke der In-
klusion solle alle erreichen. Die konkreten Maßnahmen des
Aktionsplans würden daher unter Beteiligung der Zivilge-
sellschaft und hier insbesondere der Menschen mit Behinde-
rungen im Herbst 2010 erarbeitet. Der Aktionsplan könne
deshalb nicht bis zum 30. November 2010 vorgelegt werden.

gen, werde ebenfalls nicht unterstützt. Die föderalen Struk-
turen müssten beachtet werden, wenn man Erfolg mit dem
Anliegen haben wolle. Aus diesen Gründen würden beide
Anträge abgelehnt.

Die Fraktion der SPD erkannte an, dass die Anträge in die
richtige Richtung zielten. Es werde aber mehr Zeit benötigt,
um einen Aktionsplan gemeinsam mit den Betroffenen zu er-
arbeiten. Die Fraktion der SPD werde das tun. Allerdings
drohten durch das Sparpaket der Bundesregierung weitere
Einschränkungen auch für Menschen mit Behinderungen.
Auch deshalb seien verbindliche Vereinbarungen für die Er-
reichung des Ziels entscheidend, dass behinderte Menschen
in vollem Umfang und gleichberechtigt am Leben teilhaben
und ihre Potenziale entfalten könnten. Das fehle in den An-
trägen. Zudem werde die Eingliederungshilfe nach dem
Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, die die wichtigste Leis-
tung zur Förderung der Teilhabe darstelle, nicht explizit als
Handlungsfeld angesprochen. Daher werde die Fraktion der
SPD sich der Stimme enthalten.

Die Fraktion der FDP stellte fest, dass es nicht um einen
Geschwindigkeitswettbewerb gehe. Vielmehr sei bei der Er-
arbeitung des Aktionsplans Gründlichkeit gefragt. So müsse
man klären, welche Ressorts betroffen seien. Auch könne die
Beteiligung der Verbände unter Zeitdruck genauso wenig ge-
lingen wie die Verhandlungen mit den Ländern. Insgesamt
nehme das Thema aber Tempo auf. Die Anträge seien dafür
eher kontraproduktiv und würden abgelehnt.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte, die UN-Konvention
sei bereits seit eineinhalb Jahren geltendes Recht in Deutsch-
land – ohne dass etwas geschehen sei. Es dürfe nicht weitere
Zeit ungenutzt verstreichen. Als erster Schritt müsse nun bis
November 2010 der Aktionsplan erstellt werden. Die Betrof-
fenen und ihre Verbände müssten daran und an der Umset-
zung der Konvention besser beteiligt werden als bisher.
Auch dürfe es nicht bei Absichtserklärungen bleiben. Daher
müssten für den Umsetzungsprozess verbindlich personelle
und strukturelle Ressourcen zugeordnet werden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verwies dar-
auf, dass der eigene Antrag konkrete Handlungsaufträge ent-
halte. Ausgangspunkt sei die wegweisende, neue Definition
von Behinderung in der UN-Konvention, die Deutschland
durch Unterschrift anerkannt habe. Behinderung beruhe da-
nach nicht auf einer Beeinträchtigung, die in der Person lie-
ge, sondern entstehe in der Wechselwirkung mit der Umwelt.
Nicht der Mensch müsse sich daher als Konsequenz ändern,
sondern die Umwelt. Dieses Verständnis beinhalte ein um-
fassendes Freiheitsversprechen und reiche damit weit über
den Kreis der Behinderten hinaus. Der Verpflichtung aus der
Ratifizierung müssten jetzt Taten folgen. Herausforderungen
böten besonders die Bereiche Bildung, Arbeit und Wohnen,
um eine umfassende Inklusion zu verwirklichen.

Berlin, den 9. Juni 2010
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/2091

Zu Buchstabe b

Alle mitberatenden Ausschüsse haben die Vorlage auf

Im Interesse der Betroffenen gebe es keinen Grund, sich un-
nötig selbst unter Zeitdruck zu setzen. Die Forderung, Bund,
Länder und Kommunen auf bestimmte Handlungen festzule-
Silvia Schmidt (Eisleben)
Berichterstatterin

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