BT-Drucksache 17/2051

Ausgestaltung der Pflegeberufe und Weiterentwicklung der Pflegeausbildungen

Vom 9. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2051
17. Wahlperiode 09. 06. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Petra Crone, Christel Humme, Petra Ernstberger, Iris Gleicke,
Ute Kumpf, Caren Marks, Franz Müntefering, Aydan Özog˘uz, Thomas Oppermann,
Mechthild Rawert, Sönke Rix, Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Stefan Schwartze,
Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Ausgestaltung der Pflegeberufe und Weiterentwicklung der Pflegeausbildungen

Die demographische Entwicklung verursacht einen steigenden Bedarf an profes-
sionellen Pflegekräften in der Alten- und Krankenpflege: Bei konstanten Pflege-
wahrscheinlichkeiten wird voraussichtlich die Zahl der gegenwärtig 2,1 Millio-
nen pflegebedürftigen Menschen bis zum Jahr 2030 auf 3,3 Millionen ansteigen.
Alle Pflegebedürftigen haben einen Anspruch auf qualifizierte und bezahlbare
Pflege. Daraus resultiert eine steigende Nachfrage nach sowohl ambulanten als
auch stationären Angeboten.

Die gestiegenen Anforderungen an die Qualität der Pflege führen zu einer stärke-
ren Professionalisierung in der Pflege. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
der Altenpflege erfahren hohe physische und psychische Belastungen, und sie
werden schlechter bezahlt als Menschen mit vergleichbaren Berufen. Auch die
Aufstiegsmöglichkeiten sind oftmals begrenzt. Eine Besonderheit bildet sowohl
im ambulanten wie im stationären Sektor der hohe Anteil an Teilzeitbeschäftig-
ten, zumeist Frauen.

Schon heute zeichnet sich in Deutschland ein Fachkräftemangel im Pflegebe-
reich ab. Es ist daher notwendig, den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten, um eine
ausreichende Zahl an qualifizierten Fachkräften dauerhaft sicherzustellen und
mehr Nachwuchs für die Pflegeberufe zu gewinnen.

Derzeit werden insbesondere zwei mögliche Ausgestaltungen der Pflegeausbil-
dung diskutiert:

– Das integrierte Modell steht für eine gemeinsame Grundausbildung für Aus-
zubildende der Kinderkrankenpflege, Krankenpflege und Altenpflege und
späterer Differenzierung innerhalb des Ausbildungszeitraumes.

– Im Zuge der generalistischen Ausbildung wird für alle drei Pflegeberufe ein
ähnlicher Berufsinhalt gelehrt. Die Spezialisierung erfolgt auf dem Weiterbil-
dungsweg im Anschluss an die Ausbildung.

Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Finanzierung der neuen zusammengefass-
ten Pflegeausbildung. Während aktuell die Kranken- und Kinderkrankenpflege-

ausbildung durch die gesetzliche Krankenversicherung finanziert wird, wird die
Altenpflegeausbildung vor allem von der Pflegeversicherung und über die Haus-
halte der einzelnen Bundesländer getragen. Hinzu kommt die Finanzierung
durch länderspezifischen Regelungen.

Die Zusammenführung der Pflegeausbildungen bedarf also weitreichender ge-
setzlicher Regelungen und eines Konsenses zur Finanzierung zwischen Bund,
Länder und Trägern.

Drucksache 17/2051 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Sieht die Bundesregierung einen drohenden Pflegenotstand, und wenn ja,
wie will sie dem entgegenwirken?

Wenn nein, bitte begründen.

2. Welche Maßnahmen hält die Bundesregierung für zielführend, um den
drohenden Fachkräftemangel in der Altenpflege abzuwenden?

3. Welchen Stellenwert räumt die Bundesregierung der zu erwartenden Reform
der Pflegeausbildungen hin zu einer integrierten/generalisierten Pflegeaus-
bildung in diesem Kontext ein?

Bevorzugt die Bundesregierung eines der beiden diskutierten Ausbildungs-
modelle, und wenn ja, welches und warum?

4. Inwiefern erwartet die Bundesregierung Veränderungen in Bezug auf die
Ausbildungsinhalte und die Ausbildungsdauer vor dem Hintergrund eines
neuen Ausbildungsmodells?

Inwiefern erwartet die Bundesregierung dadurch eine Steigerung der Attrak-
tivität der Pflegeberufe?

5. Wie bewertet die Bundesregierung das Instrument einer Ausbildungsumlage
im Kontext weiterer Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzierung der
Pflegeberufe?

6. Inwiefern erarbeitet die Bundesregierung – in Kooperation mit den Ländern
und Trägern – ein Finanzierungskonzept der bestehenden Pflegeausbildun-
gen?

7. Ist dabei die Zusammenlegung der Pflegeausbildungen vorgesehen und wer
soll die Kosten tragen?

8. Wie ist der Sachstand der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Zusammenfüh-
rung der Pflegeberufe in einem Berufsgesetz?

Zu welchem Zeitpunkt ist mit einem Zwischen- bzw. Abschlussbericht zu
rechnen?

9. Plant die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der
Pflegeausbildungen, und wenn ja, wann?

Welches Modell der künftigen Ausbildung von Pflegeberufen favorisiert die
Bundesregierung?

10. Inwiefern plant die Bundesregierung, das Berufsfeld Pflege für Männer
attraktiver zu gestalten?

Welche Zahlen liegen der Bundesregierung vor, wie viele männliche Arbeit-
nehmer in der Kranken- und Altenpflege beschäftigt sind?

11. Worauf führt die Bundesregierung die hohe weibliche Teilzeitquote in der
Pflege zurück?

Sieht sie einen Zusammenhang zwischen den Teilzeitbeschäftigungen und
dem Niedriglohn?

12. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, den Mindestlohn in der
Pflege umzusetzen?

13. Welches Zahlenmaterial liegt der Bundesregierung vor, um die Lücke an
professionellem Pflegepersonal möglichst konkret zu berechnen?

Von welchem Bedarf an (zusätzlichen) professionellen Arbeitskräften in der
Pflege bis zum Jahre 2050 geht die Bundesregierung aus?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2051

14. Inwiefern gibt es Überlegungen in der Bundesregierung, ausländische Fach-
kräfte für Arbeiten in der professionellen Pflege einzusetzen?

Welche Überlegungen gibt es hinsichtlich der sprachlichen und kulturellen
Integration von ausländischen Fachkräften?

15. Was unternimmt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang für die bes-
sere Anerkennung von im Ausland erworbenen akademischen und beruf-
lichen Abschlüssen?

16. Welche Erfahrungen hat die Bundesregierung mit der Ausweitung der
Zugangsvoraussetzungen für Schülerinnen und Schüler mit zehnjähriger
Schulausbildung für die Pflegeberufe gemacht?

17. Welche Zahlen und Daten liegen der Bundesregierung hinsichtlich des An-
teils von Migrantinnen und Migranten bei der Pflegeausbildung vor?

18. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Ausbildung zur
geschlechts- und kulturspezifischen Pflege zu verbessern?

19. Was plant die Bundesregierung, um in der Ausbildung zu Pflegeberufen, Ge-
walt in der Pflege vorzubeugen?

Wie werden die Auszubildenden für den Umgang mit Gewalterfahrung in
der Pflege sensibilisiert?

20. Welche Erfahrungen hat die Bundesregierung mit der aus Mitteln des Kon-
junkturpakets II finanzierten dreijährigen Umschulung zum Altenpfleger/
zur Altenpflegerin und zum Krankenpfleger/zur Krankenpflegerin gesam-
melt, und wie viele Personen wurden seit 2009 entsprechend umgeschult?

21. Plant die Bundesregierung, dreijährige Umschulungen zum Altenpfleger/
zur Altenpflegerin und zum Krankenpfleger/zur Krankenpflegerin über
2010 hinaus zu fördern, und entsprechende gesetzliche Regelungen zu än-
dern?

Falls nein, warum nicht?

22. Inwiefern erachtet die Bundesregierung zusätzliche Ausbildungsfelder in
der Altenpflege zukünftig als erforderlich?

Welche die Fort- und Weiterbildung bzw. die Umschulung betreffenden Pla-
nungen gibt es?

23. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Verweildauer und die
Gründe des Berufswechsels in den Pflegeberufen?

24. Inwiefern plant die Bundesregierung Altersteilzeitmodelle für ältere Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer bzw. alternative Einsatzmöglichkeiten,
z. B. als Case Manager, aufgrund übermäßiger physischer Belastungen?

25. Welche Erfahrungen hat die Bundesregierung im Hinblick auf die Durch-
lässigkeit im Bereich der Pflegeberufe nach Inkrafttreten des Aufstiegsfort-
bildungsförderungsgesetzes (AFBG) gemacht?

Inwiefern liegen der Bundesregierung dazu belastbare Zahlen vor?

26. Wie beurteilt die Bundesregierung die Spezialisierungstendenzen in Pflege-
berufen in anderen Ländern (z. B. Großbritannien) vor dem Hintergrund der
für Deutschland geplanten Generalisierung?

Berlin, den 9. Juni 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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