BT-Drucksache 17/1962

Illegalen Holzeinschlag und Holzhandel durch eine durchgreifende EU-Verordnung wirksam verhindern

Vom 9. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1962
17. Wahlperiode 09. 06. 2010

Antrag
der Abgeordneten Petra Crone, Dirk Becker, Gerd Bollmann, Marco Bülow, Elvira
Drobinski-Weiß, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Oliver Kaczmarek, Ulrich Kelber,
Dr. Bärbel Kofler, Ute Kumpf, Dr. Matthias Miersch, Thomas Oppermann, Holger
Ortel, Heinz Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier, Frank Schwabe, Kerstin Tack, Ute Vogt,
Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der
SPD

Illegalen Holzeinschlag und Holzhandel durch eine durchgreifende
EU-Verordnung wirksam verhindern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Illegaler Holzeinschlag ist ein Problem von großer internationaler Tragweite.
Er ist einer der Hauptverursacher der Vernichtung und Degradierung von
Wäldern weltweit. Waldvernichtung ist für etwa 15 Prozent der Treibhausgas-
emissionen verantwortlich, bedroht eine große und weiter wachsende Anzahl
von Waldökosystemen sowie Tier- und Pflanzenarten und verhindert nach-
haltige Waldwirtschaft und positive Entwicklungen im sozialen Bereich. Der
illegale Holzeinschlag führt zum Verlust wichtiger Steuereinnahmen in wald-
reichen Ländern und damit zu einer Beeinträchtigung öffentlicher Dienstleis-
tungen.

Zwischen 16 und 19 Prozent der Holzimporte in die EU stammen nach Schät-
zungen aus illegalem Holzeinschlag. Wie bei allen kriminellen Machenschaften,
die im Verborgenen ablaufen, sind Zahlen über die Menge des Holzes mit ille-
galer Herkunft im internationalen Handel nicht zu berechnen. Illegal sind Holz-
produkte, wenn sie unter Missachtung nationaler und internationaler Gesetze
gewonnen oder produziert wurden.

Über 90 Prozent aller EU-Bürger fordern ein wirksames Gesetz zur Bekämp-
fung des Handels mit Holz aus illegalen Quellen. Dies ergab eine Umfrage des
WWF (WWF: World Wide Fund For Nature) und Friends of the Earth aus dem
Jahr 2009, die in 14 europäischen Ländern durchgeführt wurde. Die Europäische
Union darf nicht länger zur weltweiten Entwaldung und Walddegradierung bei-
tragen, die den Klimawandel beschleunigen und zu einem Rückgang der biolo-
gischen Vielfalt führen.
Deutschland könnte durch sein Stimmengewicht im Europäischen Rat bei den
derzeitigen Beratungen zur „Verordnung über die Verpflichtung von Marktteil-
nehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen (FLEGT) zu einem
klaren Votum beitragen, um den Raubbau an den Wäldern durch eine wirksame
Verordnung entscheidend zu bremsen.

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Als Importeur der drittgrößten Menge an illegalem Holz in die EU ist Deutsch-
land gefordert, bei der Bekämpfung dieses Raubbaus an der Natur eine führende
Rolle einzunehmen. Es gibt hierzulande nach wie vor keine gesetzliche Grund-
lage, um die Einfuhr, den Handel oder die Weiterverarbeitung von illegalem
Holz zu unterbinden.

Für verantwortungsvolle europäische Holzfirmen wäre eine wirksame EU-Ver-
ordnung nur von Vorteil. Auch die Einwände aus der heimischen Holzwirtschaft
werden durch gute Argumente entkräftet: Illegaler Holzeinschlag drückt durch
seine Billigangebote den Holzpreis weltweit um schätzungsweise bis zu 16 Pro-
zent. Hinzu kommt der Imageschaden für den Rohstoff Holz und den gesamten
Forstsektor. Deutsche Waldbesitzer und Unternehmen der Holzbranche, die auf
Nachhaltigkeit im Anbau und Vertrieb setzen, sind dadurch einem unfairen
Wettbewerb ausgesetzt. Allein hierzulande kommen fast zehn Prozent der Holz-
importe aus illegalen Quellen. Der jährliche wirtschaftliche Schaden durch ent-
gangene Einnahmen für Staat, Industrie und Waldbesitzer beläuft sich EU-weit
auf rund 11 Mrd. Euro.

Der illegale Holzeinschlag unter Missachtung nationaler und internationaler
Rechtsvorschriften muss aus diesen Gründen effektiver eingedämmt werden als
es die CDU, CSU und FDP in ihrer Regierungsverantwortung derzeit betreiben.

Die Fraktion der SPD besteht auf einer kombinierten Herangehensweise aus
generellem Verbot von Holz und Holzerzeugnissen aus illegalen Quellen und
einer Sorgfaltspflichtregelung. Diese Kombination findet sich bereits in anderen
Gesetzen, die EU-weit gelten, z. B. zur Lebensmittelsicherheit, zum Umgang
mit Gefahrstoffen oder zur Geldwäsche. Es ist außerdem erforderlich, in der
gesamten Europäischen Union ein Mindestmaß an Sanktionen und Strafmaß-
nahmen einzuführen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteil-
nehmer zu schaffen und um Einfallstore illegalen Holzes in den EU-Markt zu
verschließen. Ähnliche Vorgaben gibt es bereits bei anderen EU-Regelungen
wie z. B. bei der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU
Fishing Regulation). Bei der Definition von legal erzeugtem Holz müssen die
Kriterien der freiwilligen Partnerschaftsabkommen Anwendung finden. Da-
rüber hinaus müssen alle Holzprodukte, die illegal geschlagenes Holz enthalten
könnten, unter den Anwendungsbereich der EU-Verordnung fallen.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher könnten durch eine verbesserte EU-Ver-
ordnung endlich sicher sein, dass ihre Waren aus Holz und das Holz selbst aus
zumindest legaler Waldwirtschaft stammen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

sich bei den anstehenden Beratungen auf europäischer Ebene,

1. für eine wirksame EU-Verordnung zum Schutz von Umwelt und Wirtschaft
einzusetzen und damit dem eigenen Selbstverständnis als Motor der euro-
päischen Umweltpolitik Rechnung zu tragen;

2. für eine lückenlose Rückverfolgbarkeit über die gesamte Verarbeitungs-,
Liefer- und Handelskette von Holz- und Holzprodukten einzusetzen;

3. für ein effizientes System der Sorgfaltspflichtregelung auszusprechen, das
alle Marktteilnehmer nutzen, die Holzprodukte als Erste auf den europäi-
schen Markt bringen und welches von unabhängigen Dritten geprüft wird.
Alle weiteren Marktteilnehmer nutzen ein System der lückenlosen Rück-
verfolgung. Die Überwachungsorganisationen sind in einem zentralisierten
EU-weiten Akkreditierungsverfahren zu erfassen;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1962

4. in Ergänzung zur Sorgfaltspflicht für ein generelles Verbot von Holz und
Holzerzeugnissen aus illegalen Quellen auf dem europäischen Markt einzu-
setzen;

5. für ein Mindestmaß an Sanktionen und Strafmaßnahmen innerhalb der EU
auszusprechen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilneh-
mer und keine Marktverschiebungen infolge des Wettbewerbs um das nied-
rigste Sanktionsniveau zu schaffen;

6. bei der Definition von legal erzeugtem Holz in allen Belangen an der Be-
griffsbestimmung der freiwilligen Partnerschaftsabkommen (FLEGT-VPA)
zu orientieren;

7. für eine Aufnahme aller Holzprodukte, die illegal geschlagenes Holz enthal-
ten könnten, in die EU-Verordnung einzusetzen;

8. für keinerlei Ausnahmeregelungen für recycelte Holzprodukte zu engagie-
ren und sich bei einer Definition für recycelte Holzprodukte einzubringen;

9. dafür auszusprechen, dass keine Ausnahmen im Geltungsbereich der EU-
Verordnung für Zertifizierungssysteme im Forst- und Holzsektor gemacht
werden. Dies gilt nicht für FLEGT-Genehmigungen oder CITES-Zertifi-
kate. Anerkannte Zertifizierungsverfahren können bei der Risikoanalyse
und Einstufung Berücksichtigung finden;

10. für eine vollständige Anwendung der EU-Verordnung innerhalb der nächs-
ten zwölf Monate nach Inkrafttreten einzusetzen;

11. bei den anstehenden WTO-Verhandlungen (WTO: World Trade Organi-
zation) für eine Berücksichtigung von Fragen des globalen Umwelt- und
Klimaschutzes auszusprechen.

Berlin, den 8. Juni 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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