BT-Drucksache 17/1786

Nichtkommerzielle klinische Studien in Deutschland

Vom 19. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1786
17. Wahlperiode 19. 05. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten René Röspel, Dr. Marlies Volkmer, Dr. Ernst Dieter Rossmann,
Dr. Karl Lauterbach, Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus Barthel, Bärbel Bas, Willi
Brase, Ulla Burchardt, Petra Ernstberger, Elke Ferner, Dr. Edgar Franke, Michael
Gerdes, Iris Gleicke, Angelika Graf (Rosenheim), Klaus Hagemann, Oliver
Kaczmarek, Daniela Kolbe (Leipzig), Ute Kumpf, Steffen-Claudio Lemme,
Hilde Mattheis, Ullrich Meßmer, Thomas Oppermann, Florian Pronold, Mechthild
Rawert, Dr. Carola Reimann, Marianne Schieder (Schwandorf), Silvia Schmidt
(Eisleben), Swen Schulz (Spandau), Ewald Schurer, Kerstin Tack, Andrea
Wicklein, Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Nichtkommerzielle klinische Studien in Deutschland

Klinische Studien haben sich zu einem unverzichtbaren Instrument für die
patientenorientierte Forschung entwickelt. Fortschritte zur Weiterentwicklung
diagnostischer, therapeutischer und präventiver Verfahren in der Medizin sind
ohne klinische Studien heutzutage undenkbar. Allerdings finden diese Studien
meist in einem komplexen Regelungsrahmen statt, was dazu führt, dass die
unbürokratische Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für diese Studien den
Gesetzgeber vor große Herausforderungen stellt.

Mit der Verabschiedung des Antrags „Nichtkommerzielle klinische Studien in
Deutschland voranbringen“ (Bundestagsdrucksache 16/6775) haben die Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD in der vergangenen Legislaturperiode ein
unmissverständliches Signal zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die
nichtkommerzielle klinische Forschung in Deutschland gesetzt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele nichtkommerzielle klinische Studien wurden seit 2005 in
Deutschland insgesamt durchgeführt?

Wie viele Studien mit Arzneimitteln wurden dabei im Zuständigkeitsbereich
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), wie
viele im Zuständigkeitsbereich des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) durchgeführt?

2. Welche Ergebnisse hat die Überprüfung der Erfahrungen mit der Umsetzung
der Richtlinie 2005/28/EG erbracht, und welche Maßnahmen plant die

Bundesregierung infolge dieser Prüfung?

3. Ist es gelungen, auf europäischer Ebene eine Legaldefinition für den Begriff
„nichtkommerzielle klinische Studien“ zu vereinbaren, und wenn nein, was
sind die Gründe für das Scheitern der Bemühungen?

Drucksache 17/1786 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den „Empfehlungen zu
verbesserten Regelungen der Probandenversicherung bei wissenschafts-
initiierten klinischen Studien“, die von einer Arbeitsgruppe des Gesund-
heitsforschungsrates mit Vertretern aus Wissenschaft und Versicherungs-
wirtschaft erarbeitet wurden?

Welche Empfehlungen sollen mit welcher Begründung in geltendes Recht
umgesetzt werden, und welche nicht?

5. Plant die Bundesregierung die Einsetzung einer neuen Arbeitsgruppe, um
die durch die Arbeitsgruppe aus Vertretern der Versicherungswirtschaft und
der Wissenschaft zur Probandenversicherung in wissenschaftsinitiierten
klinischen Studien offengelassene Frage nach einer systematischen Risiko-
klassifizierung zu beantworten?

6. Ist es der Bundesregierung gelungen, ein standardisiertes, vereinfachtes
Meldesystem für Nebenwirkungen bei nichtkommerziellen klinischen Stu-
dien zu etablieren, und wenn nein, warum nicht?

7. Welche Ergebnisse haben die Beratungen mit den Bundesländern zur Frage
einer Gebührenfreiheit für nichtkommerzielle klinische Studien in Deutsch-
land erbracht?

8. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit Verabschiedung des An-
trags auf Bundestagsdrucksache 16/6775 eingeleitet, damit die Bundes-
oberbehörden den besonderen Anforderungen nichtkommerzieller klini-
scher Studien besser Rechnung tragen?

9. War es der Bundesregierung möglich, die Etablierung von Registern für die
Qualifizierungsnachweise der Prüfärzte auf Ebene der lokalen Ethik-
kommissionen zu unterstützen, und wenn nein, woran ist die Etablierung
dieser Register gescheitert?

10. War es möglich, die Kostenträger im Gesundheitswesen stärker als bisher
an der Finanzierung nichtkommerzieller klinischer Studien zu beteiligen,
und welche rechtlichen Probleme standen einer solchen Beteiligung ggf.
im Wege?

11. Wie vielen Anträgen für eine Kostenübernahme von Arzneimitteln im
Rahmen klinischer Studien wurden seit dem Beschluss des Gemeinsamen
Bundesausschusses (G-BA) vom 29. Mai 2009 zugestimmt, und wie viele
Anträge auf Kostenübernahme wurden abgelehnt?

12. Ist der Bundesregierung bekannt, aus welchen Gründen eine Kostenüber-
nahme durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für die Arznei-
mittel im Rahmen nichtkommerzieller klinischer Studien gescheitert ist,
und wenn ja, welche Maßnahmen sind geplant, um hier Abhilfe zu schaffen?

13. Plant die Bundesregierung eine Änderung des § 35c des Fünften Buches
Sozialgesetzbuch (SGB V), der nach Auffassung zahlreicher Experten den
gesetzlichen Krankenkassen eine Beteiligung an klinischen Studien prak-
tisch verbietet?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die Beteiligung
von Krankenkassen an der VIBERA-Studie (Prevention of Vision Loss in
Patients With Age-Related Macular Degeneration (AMD) by Intravitreal In-
jection of Bevacizumab and Ranibizumab) und den Umstand, dass Patien-
ten nur noch im kontrollierten Rahmen dieser Studie mit Avastin bei der
altersbedingten Makuladegeneration behandelt werden sollen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1786

15. Hält die Bundesregierung die Einrichtung eines durch pharmazeutische
Unternehmen finanzierten Fonds für nichtkommerzielle klinische Studien
(vergleichbar mit den Regelungen in Italien) für machbar und wünschens-
wert?

16. Plant die Bundesregierung, eine Finanzierung von nichtkommerziellen
klinischen Studien auch durch die privaten Krankenversicherungen zu er-
möglichen, und wenn nein, warum nicht?

17. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung in die Wege geleitet, damit
im Rahmen nichtkommerzieller klinischer Studien die Versorgungskosten
im ambulanten erstattungsfähigen Bereich von den Krankenkassen über-
nommen werden und hier die Rechtssicherheit für die Sponsoren verbessert
wird?

18. Welche Förderinstrumente hat die Bundesregierung entwickelt, um die
Möglichkeiten einer Anschubfinanzierung für nichtkommerzielle klinische
Studien zu verbessern?

19. Welche Maßnahmen wurden in die Wege geleitet, um die Freistellung von
wissenschaftlich-ärztlichem Personal für zeitlich begrenzte Forschungs-
projekte zu erleichtern?

20. Welche neuen Anreize könnten aus Sicht der Bundesregierung geschaffen
werden, um die Beteiligung von Ärztinnen und Ärzten sowie von nicht-
ärztlichem Personal an klinischen Studien zu erleichtern?

21. Ist es gelungen, gemeinsam mit den Bundesländern die Ausbildungssitua-
tion für klinische Forscher und das beteiligte Personal zu verbessern und
auszubauen, und wenn nein, woran sind die Bemühungen gescheitert?

22. Welche Maßnahmen sind geplant, um der mangelnden Anerkennung der
klinischen Forschung in Deutschland wirksam entgegenzuwirken?

23. Gibt es Pläne, die Regelungen zu den diagnosebezogenen Fallpauschalen
dahingehend zu überprüfen, ob man die Mehrkosten im Personalbereich im
Rahmen klinischer Studien stärker berücksichtigen kann?

24. Ist geplant, dem Bereich der nichtkommerziellen klinischen Studien im
Rahmen der Ausgestaltung des Gesundheitsforschungsprogramms der
Bundesregierung eine herausgehobene Bedeutung zuzumessen?

25. Welche Maßnahmen wurden von der Bundesregierung und den Bundes-
oberbehörden bereits getroffen, um die Rahmenbedingungen für die Durch-
führung nichtkommerzieller klinischer Studien in Deutschland zu ver-
bessern?

26. Welche gesetzgeberischen Maßnahmen plant die Bundesregierung darüber
hinaus, um die Rahmenbedingungen für die Durchführung nichtkommer-
zieller klinischer Studien in Deutschland zu verbessern?

27. Welche Regelungen plant die Bundesregierung, um den hohen bürokrati-
schen Aufwand zu verringern, der besteht, wenn neue Prüferinnen oder
Prüfer in eine klinische Studie eingebunden werden?

28. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung initiieren, um die von zahl-
reichen Experten diagnostizierten Defizite in den Aus-, Weiter- und Fort-
bildungscurricula in Bezug auf klinische Forschung abzustellen?

29. Welche Maßnahmen sind aus Sicht der Bundesregierung dazu geeignet, die
Zahl der nichtkommerziellen klinischen Vergleichsstudien (comparative
effectiveness studies) zu erhöhen?
Welche gesetzgeberischen Maßnahmen wird die Bundesregierung dazu
ergreifen?

Drucksache 17/1786 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
30. Strebt die Bundesregierung an, die Fördermaßnahmen des Bundesministe-
riums für Bildung und Forschung sowie der Deutschen Forschungsgemein-
schaft für nichtkommerzielle klinische Studien zukünftig mit dem Bundes-
ministerium für Gesundheit abzustimmen, und werden hierbei auch stärker
versorgungspolitische Kriterien Berücksichtigung finden?

31. Welche Vorschläge wird die Bundesregierung auf Ebene der Europäischen
Union unterbreiten, um auch hier eine nachhaltige Verbesserung der Rah-
menbedingungen für die klinische Forschung zu erreichen?

32. Wann wird die Bundesregierung die lange angekündigte Novellierung der
GCP-Verordnung vornehmen?

33. Wann ist mit der lange angekündigten Novellierung der Strahlenschutzver-
ordnung zu rechnen, die Verfahrenserleichterungen für das Genehmigungs-
verfahren schaffen soll?

Berlin, den 19. Mai 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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