BT-Drucksache 17/1780

Deklarationspflicht für Palmöl in Lebensmitteln

Vom 19. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1780
17. Wahlperiode 19. 05. 2010

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Undine Kurth
(Quedlinburg), Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Hans-Josef
Fell, Bettina Herlitzius, Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl,
Oliver Krischer, Ingrid Nestle, Dr. Hermann Ott, Tabea Rößner, Dorothea Steiner,
Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Deklarationspflicht für Palmöl in Lebensmitteln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die weltweite Nachfrage nach Palmöl steigt seit Jahren rasant an. Denn die Öle
der ertragreichen Ölpalme lassen sich vielfältig verwenden. Heute sind sie in
Lebensmitteln, Kosmetik, Reinigungsmitteln und Biosprit zu finden.

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass riesige Regenwaldflächen, vor allem
in Indonesien und Malaysia, für die Anlage von Ölbaumplantagen gerodet wur-
den – mit verheerenden Folgen für Umwelt, Klima, biologische Vielfalt und die
heimische Bevölkerung.

Auf die vehemente Kritik von Umweltverbänden an der Verwendung von Palm-
ölen in der europäischen Bioenergieerzeugung und Biokraftstoffproduktion rea-
gierte die Europäische Kommission mit der Vorgabe, dass die für diese Zwecke
verwendete Biomasse zukünftig einer Nachhaltigkeitszertifzierung unterliegen
muss. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn die von der
Bundesregierung vorgelegten Nachhaltigkeitsverordnungen sowohl hinsichtlich
der Zertifizierungskriterien als auch der verantwortlichen Zertifizierungsstellen
verbesserungswürdig bleiben.

Die Verwendung von Palmölen in der Lebensmittelherstellung unterliegt hin-
gegen keinerlei Nachhaltigkeitskriterien, dabei ist die Lebensmittelindustrie
mit einem Anteil von gut 90 Prozent Hauptabnehmer von Palmöl.

Obwohl mehr und mehr Verbraucherinnen und Verbraucher die steigende Ver-
wendung von Palmölen aufgrund der ökologischen und sozialen Folgen ihrer
Produktion ablehnen, haben sie nicht die Möglichkeit, bewusst auf Lebens-
mittel mit Palmölen zu verzichten. Denn diese werden auf der Zutatenliste
lediglich als „pflanzliche Fette und Öle“ gekennzeichnet.

Drucksache 17/1780 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– in der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung festzuschreiben, dass die Art
der verwendeten pflanzlichen Fette und Öle in der Zutatenliste aufgeführt
werden muss, und sich auf europäischer Ebene für eine entsprechende Ände-
rung der Lebensmittel-Kennzeichnungsvorschriften einzusetzen;

– sich dafür einzusetzen, dass die Europäische Union zunächst für Palmöl per-
spektivisch aber für jegliche importierte Biomasse unabhängig von deren
Nutzung klare, strenge und überprüfbare Klima-, Umwelt-, Menschenrechts-
und Sozialstandards für Anbau, Verarbeitung und Transport entwickelt;

– darüber hinaus darauf hinzuwirken, dass der Anbau von und der Handel mit
Agrarexportgütern nicht das Recht auf Nahrung konterkariert. Dazu bedarf
es der Schaffung von Menschenrechts- und Nachhaltigkeitskriterien und
der Einrichtung bzw. Stärkung von internationalen Organisationen, die sie
implementieren;

– darauf hinzuwirken, dass Lebensmittel- und Kosmetikindustrie ebenso wie
die Hersteller von Reinigungs- und Waschmitteln schon heute ausschließlich
nachhaltig produzierte und zertifizierte Palmöle einsetzen.

Berlin, den 18. Mai 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Indonesien ist das Land, in dem die Urwaldzerstörung wegen des Anbaus von
Ölpalmen am schnellsten voranschreitet. Seit 1950 sind allein in Indonesien
74 Millionen Hektar Wald vernichtet worden. Aber auch in anderen Ländern
wie Malaysia, Kolumbien, Ecuador und Kamerun werden zunehmend Regen-
waldflächen gerodet, um Palmölplantagen anzulegen.

Die Zerstörung der Regenwälder ist eine der Hauptursachen für den Klima-
wandel. Sie macht Indonesien zum weltweit drittgrößten Emittenten von Treib-
hausgasen – hinter China und den USA. Besonders verheerende Auswirkungen
hat die Rodung und Trockenlegung von Torfwäldern, da diese rund zehnmal
mehr Kohlenstoff speichern als andere Urwälder.

Zudem ist die Anlage von Plantagen häufig mit sozialen Konflikten, vor allem
über die Frage des Landbesitzes, verbunden. Menschen werden von ihrem
Land vertrieben. Die Rodung der ursprünglichen Regenwälder für die Anlage
von Monokulturen zerstört Lebensgrundlage und Lebensweise der heimischen
Bevölkerung und macht sie abhängig von Großkonzernen.

Aber auch für die biologische Vielfalt hat die Abholzung von Regenwäldern
dramatische Folgen. In den indonesischen Torfwäldern sind viele vom Aus-
sterben bedrohte Arten wie Orang-Utans, Sumatra-Tiger oder Java-Nashörner
beheimatet, deren Lebensraum durch die Anlage von Palmölplantagen immer
weiter vernichtet wird.

Um diese Entwicklungen aufzuhalten, muss der Anbau von Palmöl strengen
Nachhaltigkeitsregeln unterworfen werden. Seit 2002 hat der sogenannte Runde
Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO), dem neben Umweltorganisationen auch
Palmölproduzenten und -industrie angehören, Nachhaltigkeitsstandards er-

arbeitet, die für nachhaltiges Palmöl mindestens erreicht werden müssen und die
nun kontinuierlich verschärft werden sollen. Im November 2008 zertifizierte er

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1780

das erste Palmöl. Lebensmittel- und Kosmetikhersteller, die Palmöl einsetzen,
sollten sich darauf verpflichten, ausschließlich nachhaltig erzeugtes Palmöl zu
verwenden.

Verbraucherinnen und Verbraucher müssen zudem in die Lage versetzt werden,
Lebensmittel, die nicht nachhaltig erzeugte Palmöle enthalten, links liegen zu
lassen.

Um Ausweicheffekte verhindern zu können, müssen jedoch Menschenrechts-
und Nachhaltigkeitskriterien für sämtliche Agrarprodukte und den Agrarhandel
geschaffen und von starken internationalen Institutionen implementiert werden.

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