BT-Drucksache 17/1757

Brücken bauen - Grundlagenforschung durch Validierungsförderung der Wirtschaft nahebringen

Vom 19. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1757
17. Wahlperiode 19. 05. 2010

Antrag
der Abgeordneten Axel Knoerig, Albert Rupprecht (Weiden), Michael Kretschmer,
Peter Altmaier, Dr. Reinhard Brandl, Dr. Thomas Feist, Dr. Thomas Gebhart,
Eberhard Gienger, Anette Hübinger, Dr. Stefan Kaufmann, Stefan Müller
(Erlangen), Dr. Philipp Murmann, Tankred Schipanski, Uwe Schummer, Marcus
Weinberg (Hamburg), Dr. Matthias Zimmer, Volker Kauder, Dr. Hans-Peter Friedrich
(Hof) und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Martin Neumann (Lausitz), Dr. Peter Röhlinger, Patrick
Meinhardt, Heiner Kamp, Sylvia Canel und der Fraktion der FDP

Brücken bauen – Grundlagenforschung durch Validierungsförderung der
Wirtschaft nahebringen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Innovationen sind Grundlage des technischen Fortschritts und Motor für
Wachstum und Beschäftigung. In der Zeit der globalen wirtschaftlichen Krise
kommen Forschung und Innovation eine Schlüsselrolle zu. Das nationale Inno-
vationssystem Deutschlands ist durch vielfältige Interaktionen zwischen den
Akteuren auf unterschiedlichen Ebenen charakterisiert. Die Qualität der öffent-
lich finanzierten Forschung ist eine ausgewiesene Stärke dieses Systems.
Allerdings werden die Ergebnisse der Forschung von Hochschulen und außer-
universitären Forschungseinrichtungen als Quelle für neue Ideen für Verfahren,
Produkte und Dienstleistungen noch zu wenig genutzt. Angesichts der globalen
Entwicklung ist aber die Mobilisierung aller verfügbaren Kräfte erforderlich,
um die noch gute Wettbewerbsposition des Innovationsstandortes zu erhalten
und weiter auszubauen.

Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Entdeckung des Riesenmagneto-
Widerstandseffekts durch Prof. Dr. Peter Grünberg aus dem Forschungszentrum
Jülich. Er wird seit Mitte der 90er-Jahre in allen gängigen Festplatten genutzt,
um magnetische Bits und Bytes auszulesen.

Prof. Dr. Peter Grünberg hatte seine Entdeckung sofort patentieren lassen. Nach
der Entdeckung der grundsätzlichen Wirkung wurden im Rahmen einer Validie-
rungsphase erste weiterführende Untersuchungen durchgeführt. Der Elektronik-
konzern IBM, der wenige Jahre später mit dem Forschungszentrum Jülich den

Lizenzvertrag abschloss, stellte 1997 das erste Festplattenlaufwerk her, das den
GMR-Effekt (GMR = giant magnetoresistance) nutzte. Heute wird er in fast al-
len Laufwerken eingesetzt. Prof. Dr. Peter Grünberg wurde für seine große Ent-
deckung 2007 mit dem Nobelpreis geehrt. Wären die Vorteile validierter Ergeb-
nisse in der deutschen Wirtschaft allgemein bekannt gewesen, hätte sich mögli-
cherweise auch ein deutsches Unternehmen für den Lizenzvertrag interessiert.

Drucksache 17/1757 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Mit der Hightechstrategie der Bundesregierung wurde in Deutschland ein
Gesamtkonzept für Forschung und Innovation eingeführt, welches den Rahmen-
bedingungen und Prozessen des Innovationsgeschehens besondere Beachtung
schenkt. Die Hightechstrategie hat bereits eine hohe Wirkung auf die FuE-Inves-
titionen (FuE = Forschung und Entwicklung) der Wirtschaft entfaltet. Die Un-
ternehmen in Deutschland steigerten ihre jährlichen FuE-Investitionen von 2005
bis 2008 um 19 Prozent, und zwar um 7,4 Mrd. Euro. Diese Wirkung ist vor al-
lem auch auf den Einsatz neuer und wirkungsvoller Förderinstrumente zurück-
zuführen, die im Rahmen der Hightechstrategie in den letzten Jahren eingeführt
worden sind. Diese neuen Instrumente, insbesondere die Innovationsallianzen,
die Förderinitiative KMU-innovativ (KMU = kleine und mittlere Unternehmen)
und der Spitzencluster-Wettbewerb entfalten ihre Wirkung über einen verbesser-
ten Wissens- und Technologietransfer: Ihr Einsatz trägt dazu bei, dass die Ergeb-
nisse von Forschung und Entwicklung schneller und gezielter in praktische An-
wendungen gelangen. Gleichwohl besteht ein besonderer Bedarf, gerade auch
die Potentiale der wissenschaftlichen Forschung für eine anschließende wirt-
schaftliche Verwertung stärker zu erschließen. Nur so kann die Wettbewerbs-
fähigkeit des Innovationsstandortes Deutschland auf längere Sicht gestärkt
werden.

3. Durch eine Reihe von Gutachten und Expertisen ist in den vergangenen Jah-
ren auf den besonderen Bedarf für eine öffentliche Validierungsförderung hin-
gewiesen worden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern fehlen oft die
Ressourcen oder auch das weitere wissenschaftliche Interesse, die wirtschaft-
liche Nutzbarkeit von Forschungsergebnissen zu prüfen. Für die Wirtschaft ist
zu diesem Zeitpunkt das Risiko zu hoch, die Idee aufzugreifen. In dieser
Situation können vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finan-
zierte Validierungsprojekte, welche die technische Machbarkeit und das wirt-
schaftliche Potential von Ergebnissen aus der akademischen Forschung überprü-
fen, die Brücke zwischen Erfindung und Innovation bilden. Sie können darüber
hinaus dazu beitragen, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Hoch-
schulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen ihre Forschungser-
gebnisse systematisch auf eine wirtschaftliche Verwertbarkeit überprüfen und
damit eine neue Transferkultur in die Einrichtungen einbringen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP vorgesehene Auf-
stockung der Haushaltsmittel für den Bereich Bildung und Forschung um
12 Mrd. Euro in den Jahren 2010 bis 2013 u. a. dafür einzusetzen,

● die Hightechstrategie im Sinne der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU,
CSU und FDP strategisch weiterzuentwickeln und dabei neue Impulse für in-
novationsfreundliche Rahmenbedingungen und den Wissens- und Technolo-
gietransfer zu geben,

● mit einer neuen Fördermaßnahme den in Deutschland vorhandenen Bedarf an
einer breiten Validierungsförderung zu decken und die Umsetzung dieser
Maßnahme unbürokratisch und ohne den Aufbau neuer Verwaltungsstruktu-
ren zügig anzugehen,

● die Validierungsförderung technologieoffen auszugestalten, auf die Poten-
tiale in der akademischen Forschung auszurichten und dabei das Wissen
markterfahrener Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft einzubeziehen,

● die Wirkung des Instruments und die Ergebnisse der Validierungsförderung
künftig in den Bundesbericht Forschung einfließen zu lassen,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1757

● die Anschlussfähigkeit zu den Fachprogrammen der Bundesregierung für die
Phase der nachfolgenden Verwertung sicherzustellen, dabei auch bestehende
themenspezifische Aktivitäten der Validierungsförderung zu berücksichtigen
sowie das gesamte System des Wissens- und Technologietransfers im Blick
zu halten.

Berlin, den 19. Mai 2010

Volker Kauder, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) und Fraktion
Birgit Homburger und Fraktion

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