BT-Drucksache 17/166

Stand der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie - Bewirtschaftungspläne, Maßnahmenpläne und die Arbeit der Flussgebietsgemeinschaften

Vom 4. Dezember 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/166
17. Wahlperiode 04. 12. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell,
Bettina Herlitzius, Winfried Hermann, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn,
Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Undine Kurth
(Quedlinburg), Ingrid Nestle, Friedrich Ostendorff, Dr. Hermann Ott,
Dorothea Steiner, Markus Tressel, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms,
und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

Stand der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie –
Bewirtschaftungspläne, Maßnahmenpläne und die Arbeit der Flussgebiets-
gemeinschaften

Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), die am 22. Dezember 2000 in
Kraft trat, hat neue Standards im Bereich des Gewässerschutzes gesetzt. Das Ziel
der WRRL ist, dass alle Gewässer in Europa innerhalb bestimmter Fristen einen
guten ökologischen Zustand bzw. ein gutes ökologisches Potential erreichen.

Die Wasserrahmenrichtlinie schafft einen Ordnungsrahmen für den Schutz der
Binnenoberflächengewässer, der Übergangsgewässer, der Küstengewässer und
des Grundwassers. Die nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen soll geför-
dert werden, die Verschmutzung des Grundwassers reduziert werden und eine
Minderung der Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren erreicht
werden.

Die Umsetzung der WRRL ist eine anspruchsvolle Aufgabe. In Deutschland sind
dafür die Bundesländer zuständig. Seit Inkrafttreten der WRRL haben die
Bundesländer und die zuständigen Landesbehörden bereits zahlreiche Aufgaben
abgearbeitet und erledigt. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch sehr deutlich,
dass die Bundesländer sich bei der Umsetzung der WRRL teilweise erheblich
unterscheiden. In den Bundesländern wird sehr unterschiedlich mit der Um-
setzung der WRRL umgegangen. Systematik, Methodik und die Beschreibung
der Umsetzungsziele unterscheiden sich deutlich. Auch die Darstellungen in den
Kartenwerken bestätigen diesen Eindruck.

Bis Ende 2009 müssen in den Flussgebietseinheiten die Bewirtschaftungs- und
Maßnahmenpläne entsprechend der WRRL veröffentlicht werden. In Deutsch-
land spielen dabei die Bundesländer eine entscheidende Rolle. Sie legen mit
ihren Plänen auf der so genannten C-Ebene den Grundstein für die Pläne der

Flussgebietseinheiten. Erst auf der C-Ebene sind einzelne Maßnahmen darstell-
bar. Erst auf dieser Ebene kann zu einzelnen Projekten Stellung genommen wer-
den.

Die Bundesregierung selbst ist bei der Umsetzung der WRRL ebenfalls gefor-
dert. Ihr obliegt beispielsweise die Festsetzung von Umweltqualitätsnormen.
Darüber hinaus muss sie als Eigentümerin der Bundeswasserstraßen einen wich-
tigen Beitrag zur Umsetzung der WRRL leisten. Sie ist verantwortlich dafür, die

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Durchgängigkeit der Bundeswasserstraße herzustellen und ihren ökologischen
Zustand zu verbessern.

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Bewirtschaftungs- und Maßnahmenpläne

1. Werden alle Bundesländer als zuständige Behörden fristgerecht Bewirt-
schaftungs- und Maßnahmenpläne (C-Ebene der WRRL) vorlegen?

Wenn nein, welche Bundesländer werden es nicht schaffen, und warum
nicht?

2. Verzichten einzelne Bundesländer auf die Erstellung von Maßnahmen- und
Bewirtschaftungsplänen auf der C-Ebene?

Wenn ja, welche?

Wie soll in diesen Fällen die nötige Detailschärfe der Pläne und Karten si-
chergestellt werden, um die Möglichkeit zur Stellungnahme zu konkreten
Maßnahmen zu gewährleisten?

3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Qualität der von den Ländern bisher
veröffentlichten Entwürfe für die Bewirtschaftungs- und Maßnahmenpläne?

4. Arbeiten die Bundesländer mit unterschiedlichen Maßstäben bei der Umset-
zung der WRRL?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die großen Unterschiede in der Systema-
tik und Methodik der Pläne (beispielsweise in Bezug auf die Ausweisung
von stark veränderten Gewässern, bei der kartografischen Darstellung und
bei der unterschiedlichen Form der Beteiligung der Öffentlichkeit)?

6. Entspricht die Herangehensweise der Bundesländer bei der Erstellung der
Pläne den Vorgaben und der Intention der Wasserrahmenrichtlinie?

Warum?

7. Entsprechen die bis heute bekannten Entwürfe für die Bewirtschaftungs-
und Maßnahmenpläne dem europäischen Recht oder drohen Vertragsverlet-
zungsverfahren von Seiten der EU-Kommission?

Warum?

Welche Änderungen sind aus Sicht der Bundesregierung gegebenenfalls un-
verzichtbar?

8. Ist die Umsetzung der WRRL in Deutschland gewährleistet, obwohl die ein-
zelnen Bundesländer unterschiedliche Verfahren bei der Erstellung der Maß-
nahmen- und Bewirtschaftungspläne anwenden?

Warum?

9. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit ordnungspolitisch in die Um-
setzung der WRRL durch die Länder einzugreifen?

Warum?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung das so genannte Trittsteinprinzip, das in
einzelnen Bundesländern bei der Umsetzung der WRRL zur Anwendung
kommt?

Unter welchen Bedingungen kann es zur Zielerreichung nach WRRL beitra-
gen?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung die geringe Zielerreichung nach WRRL bis

zum Jahr 2015 in den Bundesländern (siehe Bundestagsdrucksache 16/5189)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/166

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Zusammenarbeit in den Flussgebiets-
einheiten?

13. Wie beeinflussen aus Sicht der Bundesregierung die unterschiedlichen
Methoden und Systeme in den Bundesländern die Maßnahmen- und Bewirt-
schaftungspläne in den Flussgebietsgemeinschaften?

Welche Probleme bei der Umsetzung der WRRL erwartet die Bundesregie-
rung durch die unterschiedliche Arbeitsweise der Bundesländer in den ge-
meinsamen Flussgebietsgemeinschaften?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung die unterschiedliche Systematik und
Methodik der einzelnen Bundesländer bei der Erstellung der Bewirtschaf-
tungs- und Maßnahmenpläne innerhalb der einzelnen Flussgebietsgemein-
schaften?

15. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung die Bundesländer bei der
Zielerreichung zu unterstützen?

16. Wie wird die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes in Zukunft an
der Umsetzung der WRRL beteiligt?

17. Wie viele Mitarbeiter der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
sind mit der Umsetzung der WRRL befasst?

18. Rechnet die Bundesregierung damit, dass bis 2027 die Ziele der Wasserrah-
menrichtlinie in Deutschland erreicht werden?

Falls nein, bis wann werden die Ziele erreicht, und mit welchem Grad der
Zielerreichung rechnet die Bundesregierung bis 2027?

II. Grundwasser

19. Lassen die Bundesländer unterschiedliche Grundwasserentnahmen im Be-
zug auf die Grundwasserneubildungsrate zu?

Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung diese Unterschiede?

20. Werden die Grundwasservorräte und die Grundwasserneubildung in den
Bundesländern unterschiedlich bewertet und quantifiziert?

Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung diese Unterschiede?

21. Wie muss ein hochwertiges Pegelsystem zur Beurteilung und zur Kontrolle
des Grundwassers ausgelegt sein?

Wie dicht muss das Netz der Messpunkte sein, wie oft muss gemessen wer-
den?

22. Wo gibt es solche Pegelsysteme, und entsprechen sie den Anforderungen der
WRRL?

Wie bewertet die Bundesregierung die Pegelsysteme zur Beurteilung und
Bemessung des Grundwassers, die in den Bundesländern zur Anwendung
kommen?

23. Wie beurteilt die Bundesregierung unterschiedliche Herangehensweisen der
Bundesländer bei der Bewertung und Quantifizierung von grenzüberschrei-
tenden Grundwasserkörpern?

24. Sieht die Bundesregierung die Umsetzung der WRRL gewährleistet, obwohl
die Nutzung von Grundwasser ohne die Berücksichtigung grundwasserab-
hängiger Landökosysteme, ohne Berücksichtigung des Klimawandels und
ohne Bilanzierung der Grundwasservorräte in den Bundesländern erlaubt
bzw. bewilligt werden kann?
Warum?

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III. Deckung der Kosten von Wasserdienstleistungen

25. Welche Wassernutzungen verursachen aus Sicht der Bundesregierung Kos-
ten bei den Wasserdienstleistungen?

Wie sollen diese Kosten gemäß dem Verursacherprinzip auf die Nutzer um-
gelegt werden?

26. Wie will die Bundesregierung den Streit mit der EU-Kommission um die un-
terschiedliche Auffassung zu den Artikeln 5 und 9 WRRL (Wasserdienst-
leistungen) beilegen?

Welche Lösungsmöglichkeiten sieht die Bundesregierung?

Welchen Fortgang des EU-Vertragsverletzungsverfahrens erwartet die Bun-
desregierung?

27. Bleibt die Bundesregierung bei der Rechtsauffassung, wonach die Begriffs-
bestimmung der Wasserdienstleistung in Artikel 2 Nummer 38 WRRL nur
die Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung erfasst, und wenn ja,
warum?

IV. Fischwanderhilfen/Durchgängigkeit

28. Wie beurteilt die Bundesregierung die ökologische Wirksamkeit der zurzeit
dem Stand der Technik entsprechenden Fischwanderhilfen an Wehren und
Wasserkraftanlagen (flussaufwärts und flussabwärts)?

29. Reicht der aktuelle Stand der Technik, um die Durchgängigkeit der Flüsse
gemäß WRRL für Gewässerlebewesen flussaufwärts und flussabwärts her-
zustellen?

30. Ist die Durchgängigkeit in den deutschen Flussgebietseinheiten flächende-
ckend erreichbar ?

Wie soll sie hergestellt werden?

31. Wie soll mit der kumulativen Wirkung von Querbauwerken auf die Arten-
vielfalt und die Wanderung der Gewässerlebewesen umgegangen werden?

Welche Ansätze zur Verbesserung der Durchgängigkeit hält die Bundes-
regierung für sinnvoll und machbar?

32. Welchen Umgang hält die Bundesregierung mit der kleinen Wasserkraft
(Anlagen bis 1 MW) in diesem Zusammenhang für angebracht?

33. Welchen Umgang empfiehlt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang
mit den ca. 33 000 Querbauwerken in Deutschland, an denen die Wasser-
kraft nicht genutzt wird?

34. Was sind aus Sicht der Bundesregierung geeignete Maßnahmen zum Schutz
der Fischpopulation in Bezug auf die Durchgängigkeit, die Wasserqualität
und die Morphologie?

35. Wie wird die Bundesregierung die Durchgängigkeit an den Querbauwerken
entlang der Bundeswasserstraßen herstellen?

Welche konkreten Schritte sind geplant?

36. Werden die Querbauwerke in diesem Zusammenhang auf ihren Nutzen hin
untersucht?

Ab welcher jährlichen Auslastung scheint der Bundesregierung die Investi-
tion in eine Fischtreppe an einem Querbauwerk einer Bundeswasserstraße
sinnvoll?
Werden neue Kosten-Nutzen-Untersuchungen angestellt?

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Auf welchen grundlegenden Annahmen werden diese Untersuchungen ge-
gebenenfalls durchgeführt?

V. Grenzwerte/Umweltqualitätsnormen

37. Wie beurteilt die Bundesregierung die Entscheidung der EU-Kommission,
dass die Liste der mikrobiologischen und chemischen Parameter bei der
Revision der Trinkwasserrichtlinie 98/86/EG nicht überarbeitet und ge-
ändert werden soll?

38. Bis wann will die Bundesregierung die Verordnung über Umweltqualitäts-
normen (UQN) gemäß Anhang V Nummer 1.2.6. WRRL vorlegen?

Welche Ziele leiten die Bundesregierung bei der Erarbeitung dieser Verord-
nung?

Nach welchen Kriterien und welcher Systematik sollen die UQN bestimmt
werden?

VI. Sonderfall Werra

39. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einleitung von Salzlauge durch die
K+S AG in die Werra und die Verpressung der Lauge in den Untergrund?

40. Wie kann aus Sicht der Bundesregierung sichergestellt werden, dass dem
Verbesserungsgebot nach WRRL in diesem Sonderfall Rechnung getragen
wird?

41. Welche Salzbelastung hält die Bundesregierung für akzeptabel, um die
natürliche Artenvielfalt an Werra und Weser wieder herzustellen?

Welcher Zielwert ist dafür am Pegel in Gerstungen erforderlich?

42. Welche konkreten Möglichkeiten zur Salzreduzierung hält die Bundesregie-
rung für zielführend (wie z. B. Versatz, Nordseepipeline, Verdampfung,
Laugentiefkühlung)?

43. Ist der K+S AG aus Sicht der Bundesregierung die konsequente Umsetzung
des Verursacherprinzips wirtschaftlich zuzumuten?

44. Wie beurteilt die Bundesregierung das integrierte Maßnahmenkonzept der
K+S AG?

Sind die Ziele der Bundesregierung und die Ziele der WRRL auf diesem
Weg erreichbar?

45. Hat die K+S AG einen Rechtsanspruch auf Einleitung der entstehenden Pro-
duktionsabwässer in einen Vorfluter?

Wenn ja, wie ist dieser juristisch begründet?

Berlin, den 4. Dezember 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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