BT-Drucksache 17/14673

Bundeseigene Flächen für den Hochwasserschutz an der Donau

Vom 30. August 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14673
17. Wahlperiode 30. 08. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius, Cornelia Behm,
Harald Ebner, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Stephan Kühn,
Nicole Maisch, Dr. Hermann E. Ott, Dorothea Steiner, Markus Tressel,
Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bundeseigene Flächen für den Hochwasserschutz an der Donau

Das diesjährige Hochwasser an der Donau hat Abflussmengen und Wasserspie-
gelhöhen erreicht, die zu einer Überlastung und zu einem Versagen des jahr-
zehntelang bekanntermaßen unzureichenden und nicht mehr dem Stand der
Technik entsprechenden Schutzsystems führten. Das Hochwasser ist nicht zu-
letzt begründet durch den massiven Verlust von Überschwemmungsflächen ent-
lang der Flüsse und Folge der allgemeinen Abflussbeschleunigung in der Land-
schaft. Die an zwei Stellen auftretenden Deichbrüche (Isardeich kurz oberhalb
der Mündung der Isar in die Donau bei Fischerdorf und Donaudeich bei Auter-
wörth) führten zu enormen Schäden in den Ortsteilen Fischerdorf, Altholz und
Natternberg-Siedlung (alle Stadt Deggendorf), in Niederalteich (Gemeinde Nie-
deralteich) sowie in weiteren Weilern und Einzelanwesen in den genannten Ge-
meinden.

Politische und gesellschaftliche Akteure sind sich in der Bewertung einig, dass
große Hochwasserabflüsse nicht allein mit technischen Schutzeinrichtungen be-
herrscht werden können; Mittel der Wahl muss sein, den Flüssen soweit wie
möglich den erforderlichen (früheren) Überschwemmungs- und Rückhalteraum
zu geben.

An dem im Juni 2013 besonders betroffenen Donauabschnitt zwischen Strau-
bing und Vilshofen bestehen grundsätzlich günstige Voraussetzungen, um die
Bereitstellung von zusätzlichem Überschwemmungsraum rasch und verträglich
zu bewerkstelligen, da sich hier große Flächen bereits im Eigentum der öffentli-
chen Hand befinden. Seit vielen Jahrzehnten wurden und werden hier Flächen
auf Vorrat (für den Ausbau der Wasserstraße und den Ausbau des Hochwasser-
schutzes) durch die Rhein-Main-Donau AG im Auftrag und auf Rechnung der
Bundesrepublik Deutschland (vertreten durch das Bundesministerium für Ver-
kehr, Bau und Stadtentwicklung) erworben.

In einer Antwort auf Fragen der damaligen Bundestagsabgeordneten Bruni Irber
und der Bundestagsabgeordneten Eva Bulling-Schröter erklärte das Bundes-
ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) im Juli 2009

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u. a., dass in Summe bis zu diesem Datum in dem betroffenen Raum über 26 km
Fläche im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stehen. In der damaligen
Antwort wurde allerdings auch eine Bereitstellung dieser Flächen selbst für un-
tergeordnete Maßnahmen wie die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen
(z. B. Bestehenlassen von Alt- und Totholz auf geeigneten Grundstücken) durch
den Bund kategorisch abgelehnt.

Drucksache 17/14673 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Fläche umfasst aktuell das Grundeigentum der Bundesrepublik
Deutschland entlang der Donau zwischen Straubing und Vilshofen (bitte
nach den Donau-Anliegergemeinden Straubing, Parkstetten, Aiterhofen,
Bogen, Straßkirchen, Irlbach, Niederwinkling, Stephansposching, Maria-
posching, Offenberg, Metten, Plattling, Deggendorf, Moos, Osterhofen,
Niederalteich, Hengersberg, Winzer, Künzing, Hofkirchen, Vilshofen sowie
nach Deichvor- und Deichhinterland, für das Deichhinterland wiederum
jeweils getrennte Angaben für die Bereiche rechts und links der Donau auf-
schlüsseln und nach

a) von Flusskilometer 2330 bis km 2301 (früher geplanter Stauraum Walten-
dorf),

b) von km 2301 bis km 2267 (früher geplaner Stauraum Aicha),

c) von km 2267 bis km 2250 (früher geplanter Stauraum Vilshofen-Einöd)

unterscheiden)?

2. Welchen Flächenumfang haben die im Rahmen der sog. EU-Studie geplanten
Deichrückverlegungen einerseits und Flutpolderflächen andererseits, wie-
derum aufgeschlüsselt nach den Donau-Anliegergemeinden und nach Flä-
chen rechts- und linksseitig der Donau?

3. Wie hoch wird der finanzielle Aufwand für den Erwerb der in Frage 2 ge-
nannten Grundstücke geschätzt, und wie stellen sich die Kosten für diesen
Grunderwerb dar im Verhältnis zu den Kosten für die Beseitigung der Schä-
den durch das Juni-Hochwasser an der Donau zwischen Straubing und Vils-
hofen?

4. Stehen die Grundstücke im Eigentum des Bundes nunmehr – im Lichte der
letzten Hochwasserkatatstrophe – für den vorgezogenen Hochwasserschutz
zur Verfügung, z. B. als Tauschflächen für Grundstücke, die mit neuen
Deichtrassen überbaut werden müssen, oder als Tauschfläche für Grund-
stücke, die im Zuge von Deichrückverlegungen neu in das Hochwasser-
management des Flusses einbezogen werden und daher in der Regel durch
die öffentliche Hand erworben werden müssen?

5. Falls Grundstücke des Bundes in der in Frage 3 beschriebenen Weise für den
Hochwasserschutz zur Verfügung stehen, gilt dies auch für die Bereiche, in
denen von Seiten des Bundes (derzeit) keine Maßnahmen zur Planfeststel-
lung beantragt werden sollen, und in denen der Freistaat Bayern die Verbes-
serung des Hochwasserschutzes vorgezogen bzw. abgetrennt vom Ausbau
der Wasserstraße vorantreiben will (d. h. entlang der Donau zwischen Deg-
gendorf und Vilshofen)?

6. Falls die Grundstücke des Bundes nicht oder auch nur in Teilbereichen nicht
zur Verfügung stehen, wie begründet die Bundesregierung dies?

Welche Gründe gehen der Verbesserung des Hochwasserschutzes nach An-
sicht der Bundesregierung in der Abwägung im Einzelnen vor?

7. Welche konkreten Belange des Betriebes und der Unterhaltung der Wasser-
straße werden auf Grundstücken des Bundes im Deichhinterland umgesetzt
(bitte aufschlüsseln wo und mit welchen Maßnahmen)?

8. Welche konkreten Belange des Naturschutzes werden auf Grundstücken des
Bundes im Deichvor- und -hinterland umgesetzt (bitte aufschlüsseln wo und
mit welchen Maßnahmen)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14673

9. Hält die Bundesregierung die Maßgabe für realistisch, dass ein Deichbruch
ausgeschlossen und stattdessen ein kontinuierliches Überströmen der Dei-
che über viele Stunden angesetzt wurde, so wie es in der sog. EU-Studie
(erstellt im Auftrag des BMVBS) den hydraulischen Berechnungen zur
Überprüfung der Hochwasserneutralität für den sog. Vergleichszustand
2010 zugrunde gelegt wurde?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die in Frage 9 genannten Berechnungen
angesichts der Tatsache, dass im Juni 2013 die dem „Ausgangszustand
2010“ entsprechenden Deiche an zwei Stellen gebrochen sind, nicht jedoch,
wie in der EU-Studie angenommen wurde, über viele Stunden überströmt
wurden?

11. Sieht die Bundesregierung in dieser Hinsicht Bedarf für die Durchführung
weiterer Berechnungen unter aktuellen Annahmen?

Wenn nein, warum nicht?

12. Welche Konsequenzen für das Hochwassergeschehen auf dem Abschnitt
Straubing-Vilshofen ergeben sich nach Ansicht der Bundesregierung aus
der offensichtlich ungenügenden Annahme (siehe Fragen 9 und 10) insbe-
sondere für die Größe des wirksam werdenden Retentionsraumes?

13. Welche Konsequenzen sind nach Einschätzung der Bundesregierung zu er-
warten, wenn aktuelle Bedingungen (Deichbrüche statt Deichüberströ-
mung) zugrunde gelegt werden?

14. Mit welchen Maßnahmen kann nach Einschätzung der Bundesregierung die
in den letzten Jahrzehnten maßgeblich beschleunigte Hochwasserwelle der
Donau wieder gebremst bzw. verringert werden, um so das vollständige
oder teilweise Zusammentreffen von Donau- und Inn-Hochwasserwelle in
Passau zu entschärfen?

15. Welche Effekte haben für diesen konkreten Einzugsbereich

a) Flutpolder (= Aufbau einer zweiten Deichlinie im Hinterland, Beibehal-
tung der ersten flussnahen Deichlinie auf heutiger Höhe) und

b) Deichrückverlegungen (= Aufbau einer zweiten Deichlinie im Hinter-
land und Beseitigung der früheren, flussnahen Deichlinie)?

16. Welchen Beitrag leisten die auf dem Abschnitt Straubing-Vilshofen geplan-
ten Hochwasserschutzmaßnahmen im Einzelnen, um das Zusammentreffen
von Hochwasserwellen von Donau und Inn in Passau zu entschärfen?

17. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung entlang der gesamten Donau
(ggf. auch an Zuflüssen), um die u. a. durch Ausbaumaßnahmen des Bundes
(Bau von Staustufen ab Straubing flussaufwärts) beschleunigte Hochwas-
serwelle abzubremsen?

Berlin, den 30. August 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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