BT-Drucksache 17/14658

Gleichstellung und Bildung

Vom 27. August 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14658
17. Wahlperiode 27. 08. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Marianne Schieder (Schwandorf), Dr. Ernst Dieter Rossmann,
Willi Brase, Ulla Burchardt, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Michael Gerdes,
Klaus Hagemann, Oliver Kaczmarek, Thomas Oppermann, Florian Pronold,
René Röspel, Swen Schulz (Spandau), Dagmar Ziegler, Brigitte Zypries,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Gleichstellung und Bildung

Bildung ist eine wichtige Grundlage für ein freies und selbstbestimmtes Leben.
Das Bildungssystem fördert die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern,
Jugendlichen und jungen Erwachsenen und stattet sie mit Kompetenzen aus,
mit denen sie ihren weiteren Weg gestalten. Umso mehr ist seine Ausgestaltung
auch eine zentrale Stellschraube für eine nachhaltige Gleichstellungspolitik.

Im Bildungsverlauf zeigen sich Unterschiede zwischen Frauen und Männern.
Sind Mädchen zunächst erfolgreicher zu Beginn ihrer Bildungskarriere, nimmt
dies im Verlauf ihrer Berufstätigkeit ab. Mädchen haben beispielsweise bessere
Leseleistungen und machen häufiger die Hochschulreife, finden danach aber
oft nur schlecht bezahlte Jobs mit geringen Aufstiegsperspektiven. Mädchen
bzw. junge Frauen haben geringere Chancen als Jungen bzw. junge Männer,
ihre Bildungsabschlüsse am Arbeitsmarkt zu verwerten. Als andere Risiko-
gruppe können in den letzten Jahren männliche Jugendliche, insbesondere mit
niedrigem Schulabschluss, aus bildungsfernen Elternhäusern oder mit Migra-
tionshintergrund identifiziert werden, da sie seltener im dualen Ausbildungs-
wesen einen Platz finden ohne dies durch eine schulische Ausbildung zu kom-
pensieren (vgl. Nationaler Bildungsbericht 2008: 212).

Es ist die Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Gleich-
stellungs- mit Bildungspolitik verknüpft werden können. Nur so können Be-
rufsfelder, die ausschließlich von Frauen und Männern gewählt werden, und
Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern nachhaltig minimiert
werden und eine Gesellschaft mit gleichen Chancen für Frauen und Männer
Realität werden. In Anbetracht der Empfehlungen des Ersten Gleichstellungs-
berichts „Neue Wege – Gleiche Chancen, Gleichstellung von Frauen und Män-
nern im Lebensverlauf“ aus 2011 stellt sich die Frage, was die Bundesregierung
bislang zur Umsetzung der Empfehlungen getan hat, um eine bessere Verknüp-
fung von Gleichstellungs- und Bildungspolitik zu gewährleisten.

Drucksache 17/14658 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

Frühkindliche Bildung

1. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfehlung
des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach geschlechtsbewusste Pädagogik
in Ausbildungsinhalte von Erzieherinnen und Erzieher verankert werden
sollte (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 101), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

2. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, den Abbau von
Geschlechterstereotypen bei Kindern unter sechs Jahren zu fördern (bitte
auflisten)?

Schulische Bildung

3. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfehlung
des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach im Sinne des Gender Main-
streamings der Anteil von männlichen Lehrern an Grundschulen erhöht wer-
den sollte (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 101), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

4. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfehlung
des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach geschlechtsbewusste Pädagogik
und Gender Mainstreaming in der Bildungspolitik verankert werden sollte
(vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 100 und 101), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

5. Welche Potenziale sieht die Bundesregierung in dem weiteren Ausbau des
Ganztagsschulangebots, um eine geschlechtsbewusste Pädagogik und
Gender Mainstreaming im Schulalltag zu fördern und besser zu verankern?

6. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung aufgrund des Befunds des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
aus 2009, der im Ersten Gleichstellungsbericht aufgegriffen wird, unternom-
men, dass Hauptschulabsolventinnen fast doppelt so häufig ohne beruflichen
Abschluss sind wie Hauptschulabsolventen (siehe hierzu Bundestagsdruck-
sache 17/6240, S. 88)?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

7. Auf welche Weise hat die Bundesregierung bei den Verhandlungen zur
Bund-Länder-Initiative „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ darauf hinge-
wirkt, die Anforderungen einer geschlechtsbewussten Pädagogik und Gender
Mainstreaming auch in der Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer zu ver-
ankern?

8. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, den Abbau von
Geschlechterstereotypen bei schulpflichtigen Kindern zu fördern (bitte auf-
listen)?

Berufliche Bildung

9. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfehlung
des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach das in 2010 entwickelte Gender-
training für Berufs- und Ausbildungsberater/-beraterinnen flächendeckend
in der Praxis verankert und auch auf andere Akteure im Ausbildungssektor
ausgeweitet werden könnte (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 97
bis 98), umzusetzen?
Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14658

10. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung aufgrund des Befunds vom
BMFSFJ aus 2009, der im Ersten Gleichstellungsbericht aufgriffen wird,
unternommen, dass insbesondere niedrig qualifizierte Migrantinnen von
der fehlenden Vereinbarkeit von Ausbildung und Elternschaft betroffen
sind (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 91)?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

11. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfeh-
lung des Ersten Gleichstellungberichts, wonach ein Paket für männliche
Jugendliche insbesondere aus bildungsfernen Elternhäusern bzw. mit Mig-
rationshintergrund etabliert werden sollte, das Leistungsschwache fördert
und auch bei nicht formalen Bildungsprozessen an nichtschulischen Stär-
ken ansetzt (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 101), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

12. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung aufgrund des Befundes von
Marianne Friese aus dem Jahr 2009, der im Ersten Gleichstellungsbericht
aufgegriffen wird, unternommen, wonach personenbezogene Dienstleis-
tungsberufe professionalisiert (Dualisierung der vollzeitschulischen Aus-
bildung, Anerkennung der Leistungen dieser Ausbildungsgänge nach dem
Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung oder eine Verzahnung
mit Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten) werden sollten (vgl. Bundes-
tagsdrucksache 17/6240, S. 93)?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

13. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfeh-
lung des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach der duale und schulische
Zweig des Berufsausbildungssystems zu vereinheitlichen und zusammen-
zuführen und mit bundesweit einheitlichen Standards zu versehen seien
(vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 101), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

14. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfeh-
lung des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach ein Förderprogramm zur
Teilzeitausbildung inklusive verwaltungstechnischer Koordinierung, kon-
zertierte Vergabe der Mittel zum Lebensunterhalt und entsprechender Bera-
tung und sozialpädagogischer Betreuung aufgelegt werden sollte (vgl.
Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 101), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

15. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfeh-
lung des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach ein niedrigschwelliges
Förderprogramm der Erstqualifikation für niedrig qualifizierte Mütter mit
Migrationshintergrund aufgelegt werden sollte (vgl. Bundestagsdrucksache
17/6240, S. 101), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

Akademische Bildung

16. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung aufgrund des Befunds vom
Nationalen Bildungsbericht aus 2008, der im Ersten Gleichstellungsbericht
aufgegriffen wird, unternommen, wonach Frauen zwar häufiger studien-
berechtigt sind als Männer, aber seltener ein Studium aufnehmen (vgl.
Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 89)?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

Drucksache 17/14658 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
17. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung aufgrund des Befunds vom
Nationalen Bildungsbericht aus 2008, der im Ersten Gleichstellungsbericht
aufgegriffen wird, unternommen, wonach Frauen häufiger als Männer nach
dem Bachelorabschluss auf einen Masterabschluss verzichten (vgl. Bun-
destagsdrucksache 17/6240, S. 89)?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

18. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfeh-
lung des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach Teilzeitstudiengänge nach
dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) gefördert werden soll-
ten (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 101), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

19. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung aufgrund des Befundes von
Heike Thierau et.al aus dem Jahr 1999, der im Ersten Gleichstellungs-
bericht aufgegriffen wird, unternommen, wonach Evaluationskriterien für
Mentoring-Programme entwickelt werden sollten, um deren Wirkungs-
aspekte (psychosozialer Nutzen, Karriereförderung, Wandel beim Arbeit-
geber) bewerten zu können (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 98)?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

20. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfeh-
lung des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach Mentoring-Programme
für die Begleitung von Minderheiten in untypische Feldern erweitert, ver-
stetigt und systematisch evaluiert werden sollten (vgl. Bundestagsdruck-
sache 17/6240, S. 101), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

Weiterbildung

21. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfeh-
lung des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach eine „Erwachsenenbil-
dungsförderung“ mit einer Prüfung der Anspruchsberechtigung unter der
Geschlechterperspektive und einer Familienkomponente etabliert werden
sollte (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 102), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

22. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfehlung
des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach eine flexible Regelung von Ein-
stiegsbedingungen und eine Weiterentwicklung der Anerkennung von
außerhalb der formalen Lerngegebenheiten erworbene Kompetenzen – an-
gelehnt an die von der Europäischen Union geforderte Verknüpfung von in-
formaler, nonformaler und formaler Lernfelder – geschaffen werde sollte
(vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 102), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

23. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Empfehlung
des Ersten Gleichstellungsberichts, wonach die Altersgrenzen für Zulas-
sung zu Ausbildungsgängen und Stipendien, BAföG etc. angehoben werden
sollten (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240, S. 101), umzusetzen?

Falls sie keine Maßnahmen ergriffen hat, wieso nicht?

Berlin, den 27. August 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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