BT-Drucksache 17/14638

Nicht nachhaltige Geldanlagen bei Pflichtversicherungen im öffentlichen Dienst

Vom 26. August 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14638
17. Wahlperiode 26. 08. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Agnes Brugger, Cornelia Behm, Harald Ebner, Hans-Josef Fell,
Bettina Herlitzius, Oliver Krischer, Stephan Kühn, Daniela Wagner
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Nicht nachhaltige Geldanlagen bei Pflichtversicherungen im öffentlichen Dienst

Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ist die größte deut-
sche Zusatzversorgungskasse für Betriebsrenten im öffentlichen Dienst.

Aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen werden bei der VBL Beschäftigte
von Bund und Ländern, Kommunen sowie von Sozialversicherungsträgern, die
Beteiligte bei der VBL sind, pflichtversichert; insgesamt waren Ende 2012 bei
der VBL 1 849 973 Beschäftigte pflichtversichert.

Nach Auskunft der VBL zielt deren Anlagenpolitik vor allem auf die Gewähr-
leistung von Sicherheit und Rentabilität ab. Ethische, soziale und ökologische
Belange treten laut VBL in der Anlagenstruktur hinter diese Ziele zurück.

Ausgeschlossen werden daher derzeit lediglich Wertpapiere von Unternehmen,
die Streumunition im Sinne der UN-Konvention zum Verbot von Streumunition
herstellen. Weitere ethische, soziale und ökologische Belange werden nicht
berücksichtigt (vgl. auch Bundestagsdrucksache 17/13394, Antworten der Bun-
desregierung zu den Schriftlichen Fragen 20 und 21).

Diversen Studien zufolge interessieren sich rund 40 Prozent der deutschen
Anleger grundsätzlich für nachhaltige Investitionen. Gemessen am gesamten
Geldanlagevolumen der Deutschen befinden sich nachhaltige Anlagen jedoch
mit nicht einmal 1,5 Prozent des Marktanteils (Stand: 2012) nach wie vor in einer
Nische. Nach einer Umfrage sind Anlegerinnen und Anlegern, die sich für
nachhaltige Geldanlagen interessieren, folgende Ausschlusskriterien besonders
wichtig: Kinderarbeit (87 Prozent), Rüstung (77 Prozent), Tierversuche (52 Pro-
zent) und Gentechnik (43 Prozent). Als Positivkriterien wurden hauptsächlich ge-
nannt: Umweltschutz (87 Prozent), soziale Leistungen für Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter (59 Prozent), umfangreiche Informationspolitik (59 Prozent), Rechte
von Minderheiten (54 Prozent), Einsatz für Verbraucherinteressen (55 Prozent)
und Frauenförderung (46 Prozent). Eine Umfrage des Meinungsforschungsinsti-
tuts emnid ergab bereits im Jahr 2000, dass 86 Prozent der Befragten die Berück-
sichtigung von Umwelt- und Menschenrechtsaspekten bei der Veranlagung ihrer

Pensionsgelder als wichtig oder sehr wichtig bewerten (vgl.www.boell.de/
downloads/Endf_Finanz-nachh-Entwickl.pdf).

Drucksache 17/14638 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hält die Bundesregierung es für angemessen, dass die VBL bei ihrer Geld-
anlagenpraxis – außer dem Ausschluss von Investitionen in die Streu-
munitionsherstellung entsprechend der UN-Konvention zum Verbot von
Streumunition – keine weiteren sozialen, ethischen und ökologischen Kri-
terien zugrunde legt?

2. Wie steht die Bundesregierung insbesondere dazu, dass Investitionen in
Produktion und Einsatz von Rüstungsgütern und Kriegswaffen – auch inter-
national geächtete wie Antipersonenminen – bei den Geldanlagen der VBL
nicht ausgeschlossen werden?

3. a) In welchem Umfang investiert die VBL in Unternehmen, die Rüstungs-
güter oder Kriegswaffen herstellen oder entwickeln (bitte aufschlüsseln
nach Betrag und Anteil am Gesamtvolumen des Anlagenportfolios)?

b) In welchem Umfang investiert die VBL auch in Unternehmen, die nach
dem Ottawa-Abkommen international geächtete Antipersonenminen
einsetzen, herstellen oder weitergeben bzw. in Geldanlagen, die damit im
Zusammenhang stehen?

4. Sollte es nach Auffassung der Bundesregierung weitere ethische und
soziale Mindestnormen für die Geldanlagen der VBL geben, beispielsweise
die Einhaltung der von der International Labour Organization (ILO) fest-
gelegten internationalen Mindestarbeitsnormen oder die Ablehnung von
Kinderarbeit?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die Anlagenpraxis der VBL insbeson-
dere unter der Maßgabe, dass über 1,8 Millionen Menschen bei der VBL
pflichtversichert sind und demnach nicht die Möglichkeit haben, nachhalti-
gere Anlageformen zu wählen?

6. a) Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die bei der VBL
Pflichtversicherten bezüglich deren Wunsch nach nachhaltigen Geld-
anlagen vor?

b) Wird dies von der VBL erhoben?

c) Wie sollte nach Auffassung der Bundesregierung dem möglichen
Wunsch der Pflichtversicherten nach nachhaltigen Anlagenmodellen be-
gegnet werden?

7. a) Welche Vor- und welche Nachteile hätte eine Austrittsoption aus der
Pflichtversicherung?

b) Welche Vor- und welche Nachteile hätte eine Umwandlung in eine Wahl-
pflichtversicherung?

8. Sieht die Bundesregierung sich selbst bzw. die Bundesbehörden, wie die
Deutsche Rentenversicherung oder die VBL, in der Verantwortung, ethisch
bezogen zu investieren, und wenn nein, wie begründet sie dies?

9. In welchen EU- und Nicht-EU-Staaten ist nach Kenntnis der Bundesregie-
rung ethikbezogenes Investment bei den Einrichtungen der staatlich geför-
derten Altersvorsorge bzw. bei den Anlagestrategien der Bundesbehörden
vorgesehen oder vorgeschrieben, und welche Kriterien werden hier zu-
grunde gelegt?

10. Welche dieser Vorgaben hält die Bundesregierung für geeignet, auch in
Deutschland eingeführt zu werden, und aus welchem Grund ist dies bislang
nicht geschehen?
11. Welche Kriterien sollten nach Auffassung der Bundesregierung eingehalten
werden, um dem Anspruch nachhaltigen Investments gerecht zu werden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14638

12. Wie will die Bundesregierung eine klare und transparente Anlagestrategie
der öffentlichen Hand für öffentliche Vermögen in Zukunft sicherstellen?

13. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Definition von Min-
destkriterien für nachhaltige Geldanlagen, die den Ausschluss bestimmter
Investitionsziele beinhalten, notwendig ist, und wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 26. August 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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