BT-Drucksache 17/14547

Bau des Kernfusionsreaktors ITER

Vom 12. August 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14547
17. Wahlperiode 12. 08. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Cornelia Behm,
Harald Ebner, Bettina Herlitzius, Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Undine Kurth
(Quedlinburg), Friedrich Ostendorff, Dr. Hermann E. Ott, Dorothea Steiner,
Markus Tressel, Daniela Wagner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bau des Kernfusionsreaktors ITER

Trotz des fraktionsübergreifend beschlossenen Atomausstiegs vom 30. Juni 2011
investiert die Bundesregierung nach wie vor in atomare Forschung. Das ge-
schieht sowohl auf nationaler Ebene über das sechste Energieforschungsrahmen-
programm als auch über Deutschlands Mitgliedschaft in der Europäischen
Atomgemeinschaft (Euratom) auf internationaler Ebene.

Der Kernfusionsreaktor ITER (International Thermonuclear Experimental Reac-
tor) ist ein Gemeinschaftsprojekt, das von der Europäischen Atomgemeinschaft
sowie Japan, Russland, China, Südkorea, Indien und den USA im französischen
Cadarache gebaut wird. Angestoßen wurde das Projekt in den 80er-Jahren von
Ronald Reagan und Michail Gorbatschow, damals unter der Maßgabe, dass
30 Jahre später der Versuchsreaktor mittels Kernfusion unerschöpfliche Ener-
giequellen erschließen sollte. Sowohl der Zeitplan als auch der Finanzierungs-
rahmen werden jedoch immer weiter ausgedehnt. Derzeit ist von einer Fertig-
stellung des ITER im Jahr 2018 und von einem Einsatz der Kernfusion im Jahr
2050 die Rede. Im Jahr 2001 veranschlagte man die Investitionskosten für ITER
auf 4,6 Mrd. Euro. Mittlerweile gehen die Prognosen von rund 17 Mrd. aus. Der
Partner EU trägt davon 45 Prozent, die anderen Partner jeweils 9 Prozent. Der
europäische Beitrag wird sich voraussichtlich von ursprünglich 2,7 Mrd. Euro
auf 7,2 Mrd. Euro verdreifachen. Im Jahr 2011wurde ITER mit einen Eintrag im
Schwarzbuch der Steuerzahler versehen, in dem vor allem die Konstruktion des
Projekts kritisiert wird.

Hinzu kommen zahlreiche Probleme bei der technischen Realisierung von ITER
(www.sueddeutsche.de/wissen/fusionsreaktor-iter-die-politik-des-sonnenofens-
1.1666043).

Im September 2013 wird das Europäische Parlament über die weitere Finanzie-
rung von ITER abstimmen. Der derzeitige Haushaltsentwurf sieht für die Jahre
2014 bis 2020 ein Budget von 2,7 Mrd. Euro vor.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wird die Bundesregierung an der Finanzierung und dem Bau des Kern-
fusionsreaktors ITER festhalten (wenn ja, bitte mit Begründung)?

2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über weitere Kostenerhöhun-
gen für den Bau von ITER (bitte detailliert nach Jahren und einzelnen Pro-
jektphasen aufschlüsseln)?

Drucksache 17/14547 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Wie bewertet die Bundesregierung die Kostenverschiebungen beim Bau des
ITER?

4. Gab es seitens der Bundesregierung in der Vergangenheit Bemühungen, die
steigenden Kosten für den Bau von ITER zu reduzieren?

Wenn ja, wann haben diese jeweils genau stattgefunden, wie sahen sie kon-
kret aus, und was haben sie ergeben?

5. Wird die Bundesregierung sich auf europäischer Ebene für die Einführung
eines Kostendeckels für den Bau von ITER einsetzen, um eine weitere Kos-
tenexplosion in der Zukunft zu verhindern (wenn nein, bitte mit Begrün-
dung)?

Wenn ja, in welchem Zeitrahmen?

6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den aktuellen Zeitrah-
men für die Realisierung von ITER (bitte detailliert nach Jahren und einzel-
nen Projektschritten aufschlüsseln)?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die zeitlichen Verzögerungen bei der
Realisierung von ITER?

8. Hat es seitens der Bundesregierung in der Vergangenheit Bemühungen ge-
geben, den zeitlichen Verzögerungen bei der Umsetzung des ITER entgegen-
zuwirken?

Wenn ja, wann haben diese jeweils genau stattgefunden, wie sahen diese
konkret aus, und was haben sie ergeben?

Wenn nein, warum nicht?

9. Gibt es seitens der Bundesregierung Bestrebungen, den zeitlichen Verzöge-
rungen beim Bau von ITER zukünftig entgegenzuwirken?

Wenn ja, wie sehen diese konkret aus, wie ist der vorgesehene Zeitrahmen,
und was das konkrete Ziel?

Wenn nein, warum nicht?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Schwierigkeiten bei der
technischen Umsetzung von ITER (bitte detailliert nach den einzelnen Pro-
blembereichen aufschlüsseln)?

11. Welche Indikatoren, Studien, Gutachten etc. liegen der Bundesregierung
vor, um eine fortlaufende Prüfung der Machbarkeit des Fusionsreaktors
ITER zu gewährleisten?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Schwierigkeiten bei der technischen
Umsetzung des ITER?

13. Hat es seitens der Bundesregierung in der Vergangenheit Bemühungen ge-
geben, den technischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung von ITER ent-
gegenzuwirken?

Wenn ja, wann haben diese jeweils genau stattgefunden, wie sahen diese
konkret aus, und was haben sie ergeben?

Wenn nein, warum nicht?

14. Gibt es seitens der Bundesregierung Bestrebungen, den technischen
Schwierigkeiten bei der Realisierung von ITER zukünftig entgegenzu-
wirken?

Wenn ja, wie sehen diese konkret aus, wie ist der vorgesehene Zeitrahmen,
und was das konkrete Ziel?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14547

15. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über administrative Schwie-
rigkeiten bei der Realisierung des ITER (bitte detailliert nach Jahren und
einzelnen Problembereichen aufschlüsseln, z. B. Management bei der euro-
päischen ITER-Organisation Fusion for Energy)?

16. Wie bewertet die Bundesregierung die administrativen Schwierigkeiten bei
der Umsetzung des ITER?

17. Hat es seitens der Bundesregierung in der Vergangenheit Bemühungen ge-
geben, den administrativen Schwierigkeiten bei der Umsetzung des ITER
entgegenzuwirken?

Wenn ja, wann haben diese jeweils genau stattgefunden, wie sahen diese
konkret aus, und was haben sie ergeben?

18. Gibt es seitens der Bundesregierung Bestrebungen, den administrativen
Schwierigkeiten bei der Umsetzung des ITER zukünftig entgegenzuwirken?

Wenn ja, wie sehen diese konkret aus, wie ist der vorgesehene Zeitrahmen,
und was das konkrete Ziel?

Wenn nein, warum nicht?

19. Bis wann rechnet die Bundesregierung bei den aktuellen Verzögerungen des
ITER-Projektes mit einem Stromerzeugungsbeitrag der Kernfusion?

20. Rechnet die Bundesregierung mit einer Stromerzeugung aus der Kernfusion
noch vor 2050, und welchen Beitrag soll die Kernfusion dann liefern?

21. Wird nach Meinung der Bundesregierung die Stromerzeugung aus Kern-
fusion nach 2050 überhaupt noch benötigt, wenn der größte Teil der Strom-
erzeugung dann aus erneuerbaren Energien kommen soll?

22. Hält die Bundesregierung die Stromerzeugung aus Kernfusion für schnell
schaltfähig, so dass die Kernfusion dann Ausgleichsenergie zu den hohen
Beiträgen der fluktuierenden Stromerzeugung aus Sonne und Wind liefern
könnte?

23. Mit welchen Stromerzeugungskosten aus der Kernfusion rechnet die Bun-
desregierung?

Hält sie dann die Kernfusion für wettbewerbsfähig mit erneuerbaren Ener-
gien, vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass die Stromerzeugung aus er-
neuerbaren Energien im Jahr 2050 noch wesentlich billiger als heute sein
wird?

Berlin, den 12. August 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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