BT-Drucksache 17/145

Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes

Vom 1. Dezember 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/145
17. Wahlperiode 01. 12. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, Michael Groß,
Ulrike Gottschalck, Hans-Joachim Hacker, Gustav Herzog, Ute Kumpf, Kirsten
Lühmann, Thomas Oppermann, Florian Pronold, Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD

Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes

2007 wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 der neue EU-Rechts-
rahmen für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) beschlossen. Die
Verordnung berücksichtigt die in Deutschland vorherrschende einmalige Struk-
tur einer Vielzahl kommunaler, kleiner und mittelständischer Nahverkehrsun-
ternehmen. Sie bringt nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten einen Gewinn an
Klarheit und Transparenz und damit auch Versorgungssicherheit und wurde
von allen Verbänden zum damaligen Zeitpunkt begrüßt. Dies war ein Verhand-
lungserfolg des damaligen Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung, Wolfgang Tiefensee.

Die Verordnung zu öffentlichen Personenverkehrsleistungen auf Schiene und
Straße tritt zum 3. Dezember 2009 in Kraft. Sie ist in Deutschland unmittelbar
geltendes Recht. Unbestritten ist die Notwendigkeit, nationales Recht an die
Verordnung anzupassen, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Dies ist je-
doch nicht geschehen. Die Fraktion der CDU/CSU hat hier in der letzten Legis-
laturperiode eine konstruktive Mitarbeit verweigert, so dass eine rechtzeitige
Einigung nicht zu Stande kam.

Damit drohen mit dem Inkrafttreten der Verordnung Anfang Dezember 2009
eine zunehmende Rechtsunsicherheit bei der Vergabe von Nahverkehrsleis-
tungen und eine Reihe von Klagen und Gerichtsverfahren. Dies ist nicht im
Sinne eines zukunftsfähigen ÖPNV.

Ziel muss es sein, das deutsche Recht so anzupassen, dass Widersprüche zum
europäischen Recht vermieden werden und die in der Verordnung angelegte
Möglichkeit der Direktvergabe durch die zuständige Behörde (Aufgabenträger)
gewährleistet wird. ÖPNV ist für die Fraktion der SPD eine Aufgabe der
Daseinsvorsorge, für die die Kommunen verantwortlich sind. Sie brauchen des-
halb auch politische Gestaltungsspielräume.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wann wird die Bundesregierung die – mit Inkrafttreten der EU-Verordnung
(EG) Nr. 1370/2007 am 3. Dezember 2009 – zu erwartende Rechtsunsicher-
heit mit einer eindeutigen gesetzlichen Regelung beseitigen?

2. Wie will die Bundesregierung erreichen, dass die deutsche Struktur mit der
Vielzahl öffentlicher und auch privater Unternehmen und insbesondere die
kommunale Verantwortung erhalten bleiben?

Drucksache 17/145 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3. Welche Rolle sollen Aufgabenträger und die Genehmigungsbehörden in
Zukunft einnehmen, und wie beabsichtigt die Bundesregierung die „zustän-
dige Behörde“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu definieren?

4. Wie beabsichtigt die Bundesregierung sicherzustellen, dass die in der Ver-
ordnung angelegte Möglichkeit der Direktvergabe durch die zuständige
Behörde (Aufgabenträger) gewährleistet wird?

5. Welche Verbindlichkeit soll die Direktvergabe eines Aufgabenträgers für
die Genehmigungsbehörde haben?

6. Ist nach Ansicht der Bundesregierung die Erteilung einer Linienverkehrs-
genehmigung, die eine Parallelbedienung ausschließt, als ausschließliches
Recht im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu qualifizieren?

7. Wie will die Bundesregierung die öffentliche Daseinsvorsorge im ÖPNV
in den nächsten Jahren sichern?

8. Wie ist die Aufrechterhaltung der öffentlichen Daseinsvorsorge mit dem
im schwarz-gelben Koalitionsvertrag eingeräumten Vorrang kommerziel-
ler Verkehre zu gewährleisten?

9. Welche Verbindlichkeit soll nach Ansicht der Bundesregierung der Nah-
verkehrsplan haben?

10. Wie soll vermieden werden, dass private Betreiber sich bestimmte „Rosi-
nen“ herauspicken und mit wenigen Fahrgästen frequentierte Strecken den
kommunalen Verkehren überlassen werden?

11. Wie will die Bundesregierung vermeiden, dass ein an einer Direktvergabe
interessiertes Unternehmen auch nur kurz bevor der neue Verkehr erbracht
wird, einen Antrag auf Beteiligung stellt und so die Betriebsaufnahme da-
durch zunächst verzögert wird?

12. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um ihrer Verantwortung
für den Erhalt von Sozial- und Tarifstandards im Personennahverkehr auf
der Schiene und der Straße gerecht zu werden?

13. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um bei künftigen
Ausschreibungen in den einzelnen Ländern der Europäischen Union ein-
heitliche Vorgaben für Sozial- und Tarifstandards zu erreichen?

Berlin, den 1. Dezember 2009

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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