BT-Drucksache 17/14411

Alleinerziehende Frauen und Armut

Vom 18. Juli 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14411
17. Wahlperiode 18. 07. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jörn Wunderlich, Yvonne Ploetz und der Fraktion DIE LINKE.

Alleinerziehende Frauen und Armut

Die soziale Absicherung alleinerziehender Familien in der Bundesrepublik
Deutschland ist unzureichend. Im europäischen Vergleich bildet die Bundes-
republik Deutschland sogar „das Schlusslicht“, so eine aktuelle Studie des
Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES) zu „Familiä-
ren Risikogruppen“ (2013). Laut Studie leben in Deutschland fast zwei Drittel
der Alleinerziehenden unter der Armutsgrenze – 30 Prozent der Alleinerziehen-
den sind nicht erwerbstätig, 35 Prozent beziehen einen Niedriglohn.

In der Bundesrepublik Deutschland sind Alleinerziehende zu 90 Prozent
Frauen. Sie sind besonders von Armut bedroht und überdurchschnittlich häufig
auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Hartz IV) ange-
wiesen: wegen Erwerbslosigkeit, zu niedriger Erwerbsbeteiligung oder der ge-
nerell schlechteren Bezahlung in den sogenannten typischen Frauenberufen.
Aber auch nach staatlichen Transfers bleibe rund die Hälfte aller erwerbslosen
Alleinerziehenden in Deutschland unter der Armutsgrenze von 50 Prozent des
nationalen Median-Haushaltseinkommens (Böckler Impuls Ausgabe 12/2013).
Ein Ausbau der sozialen Sicherung für nichterwerbstätige und geringverdie-
nende alleinerziehende Frauen steht daher dringend an; ebenso eine bessere In-
tegration ins Erwerbsleben. Die Programme der Bundesregierung, die Alleiner-
ziehende auf ihrem Weg ins Berufsleben unterstützen sollen, verfestigen oft
Rollenklischees und vermitteln Frauen zu oft in niedrig entlohnte Beschäfti-
gungsverhältnisse.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele alleinerziehende Frauen gibt es in Deutschland?

Wie hoch ist das monatliche Nettoeinkommen von alleinerziehenden
Frauen, und wie verteilt sich dies für alle alleinerziehende Frauen auf die
Kategorien: unter 500, 500 bis 900, 900 bis 1 300, 1 300 bis 1 500, 1 500 bis
1 700, 1 700 bis 2 000, 2 000 bis 2 600, 2 600 bis 3 200, 3 200 bis 4 500,
4 500 Euro und mehr (bitte im Vergleich zu den Jahren 1990, 2000, 2010
und 2012)?

2. Wie viele alleinerziehende Männer gibt es in Deutschland?
Wie hoch ist das monatliche Nettoeinkommen von alleinerziehenden Män-
nern, und wie verteilt sich dies für alle alleinerziehende Männer auf die Ka-
tegorien: unter 500, 500 bis 900, 900 bis 1 300, 1 300 bis 1 500, 1 500 bis
1 700, 1 700 bis 2 000, 2 000 bis 2 600, 2 600 bis 3 200, 3 200 bis 4 500,
4 500 Euro und mehr (bitte im Vergleich zu den Jahren 1990, 2000, 2010
und 2012)?

Drucksache 17/14411 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Wie hoch ist das durchschnittliche Einkommen in Deutschland, und wie
viel Prozent dieses durchschnittlichen Einkommens steht alleinerziehenden
Frauen zur Verfügung (bitte im Vergleich zu den Jahren 1990, 2000, 2010
und 2012)?

4. Wie hoch ist die Armutsquote derzeit in Deutschland für alle Haushalte,
und wie hoch ist sie bei alleinerziehenden Frauen (bitte im Vergleich zu
den Jahren 1990, 2000, 2010 und 2012)?

5. Wie verteilt sich die Erwerbstätigenquote bei alleinerziehenden Frauen
(bitte nach Frauen mit Kindern unter 3 Jahren, 3 bis unter 6 Jahren, 6 bis
unter 10 Jahren, 10 Jahren und älter sowie nach Vollzeit und Teilzeit auf-
schlüsseln, im Vergleich zu den Jahren 1990, 2000, 2010 und 2012)?

6. Wie viele alleinerziehende Frauen gehen einer Erwerbsarbeit nach?

Und wenn ja, in welcher Branche arbeiten die Frauen (bitte nach Vollzeit
und Teilzeit aufschlüsseln sowie nach Bundesländern und im Vergleich zu
den Jahren 1990, 2000, 2010 und 2012)?

7. Durch welche staatlichen Leistungen werden alleinerziehende Frauen un-
terstützt?

Wie hoch sind die Auszahlungen der staatlichen Leistungen (bitte die ein-
zelnen Leistungen aufzählen)?

8. Wie verteilt sich die Selbständigenquote bei alleinerziehenden Frauen
(bitte nach Frauen mit Kindern unter 3 Jahren, 3 bis unter 6 Jahren, 6 bis
unter 10 Jahren, 10 Jahren und älter, sowie nach Vollzeit und Teilzeit auf-
schlüsseln, im Vergleich zu den Jahren 1990, 2000, 2010 und 2012)?

9. Wie viele alleinerziehende Frauen sind selbständig (bitte nach Unterneh-
mensformen aufschlüsseln)?

Und wenn ja, in welcher Branche arbeiten sie selbständig?

Wie hoch ist der durchschnittliche Verdienst einer alleinerziehenden Frau,
die selbständig ist?

10. Wie viele alleinerziehende Frauen müssen mit staatlichen Transferleistun-
gen ihren Lebensunterhalt aufstocken (bitte nach Leistungen wie z. B. Un-
terhaltsvorschuss, Hartz IV usw. aufschlüsseln)?

11. Wie lange beziehen alleinerziehende Frauen Transferleistungen?

12. Welche Maßnahmen oder Förderprogramme hat die Bundesregierung ge-
startet, um alleinerziehende Frauen besser zu unterstützen, und welche
messbaren Erfolge konnten damit erzielt werden?

Welche Bedingungen will die Bundesregierung für alleinerziehende Frauen
schaffen?

13. Wie verteilt sich der Anteil der Frauen, die alleinerziehend sind, auf die Al-
tersgruppen (bitte aufschlüsseln für unter 25-Jährige, 25 bis 35, 35 bis 45,
45 bis 55, 55 bis 65, 65 bis 75, 75 bis 85, älter als 85 Jahre)?

Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus?

14. Wie viele alleinerziehende Frauen müssen einen Unterhaltsvorschuss be-
ziehen, und in welcher Höhe?

Wie viele Anträge auf Unterhaltsvorschuss wurden 2012 abgelehnt, und
warum?

15. Wie hoch wäre bei einer „Modellfamilie“ der Bedarf nach dem Zweiten
Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14411

16. Wie hoch müsste das Bruttomonatseinkommen aus einer Erwerbstätigkeit
der Mutter sein, damit sich die Familie inklusive Kinderzuschlag, Unter-
haltsvorschuss, Kindergeld und Wohngeld aus der Bedürftigkeit im Sinne
des SGB II lösen könnte (wie hoch wäre dann das verfügbare Einkom-
men)?

Wie hoch wäre die Bruttoentgeltschwelle im gleichen Fall, wenn kein Un-
terhaltsvorschuss beantragt worden wäre (wie hoch wäre dann das verfüg-
bare Einkommen)?

17. Wie viele Menschen konnten mit Hilfe der Aktion „Ich bin gut“ vom Job-
center in eine feste Anstellung vermittelt werden?

Wie viele alleinerziehende Frauen wurden vermittelt, und in welche Be-
rufe?

18. Welche Agentur hat das Konzept für die Aktion „Ich bin gut“ erstellt, und
wie viel hat dies gekostet?

19. Wie viele alleinerziehende Frauen wurden 2012 darin unterstützt, ihren
Schulabschluss nachzuholen oder zu verbessern, und mit welchen Maßnah-
men wurden sie unterstützt?

20. Wie viele alleinerziehende Frauen wurden 2012 darin unterstützt, ihre Aus-
bildung zu beenden oder zu beginnen, und mit welchen Maßnahmen wur-
den sie unterstützt?

21. Wie viele alleinerziehende Frauen und Männer haben bisher eine Privatin-
solvenz beantragt (bitte nach Männern und Frauen sowie Höhe der Ver-
schuldung und Jahr der Privatinsolvenzbeantragung aufschlüsseln)?

22. Unter welchen gesundheitlichen Folgen leiden alleinerziehende Frauen auf
Grund der Doppelbelastung von Familie und Beruf?

Wie lange verbleiben sie durchschnittlich im Krankenstand?

Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um alleinerzie-
hende Frauen zu entlasten?

23. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Alterseinkommenssitua-
tion von Frauen, die längere Zeit alleinerziehend gewesen sind?

24. Wie hoch wäre der Rentenanspruch einer alleinerziehenden Frau, die
40 Erwerbsjahre einen Lohn in Höhe von 800 Euro brutto erhalten und drei
Jahre Kindererziehungszeit genommen hat?

Berlin, den 18. Juli 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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