BT-Drucksache 17/14357

Versorgungslage chronisch schmerzkranker Menschen

Vom 10. Juli 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14357
17. Wahlperiode 10. 07. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Bärbel Bas, Elke Ferner, Petra Ernstberger, Dr. Edgar Franke,
Iris Gleicke, Angelika Graf (Rosenheim), Dr. Karl Lauterbach,
Steffen-Claudio Lemme, Hilde Mattheis, Aydan Özog˘uz, Thomas Oppermann,
Mechthild Rawert, Dr. Carola Reimann, Ewald Schurer, Dr. Marlies Volkmer,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Versorgungslage chronisch schmerzkranker Menschen

In Deutschland leiden mehrere Millionen Menschen an chronischen Schmer-
zen. Gleichzeitig fehlt es an einer ausdifferenzierten, flächendeckenden Versor-
gung. Die Wartezeiten bis zur richtigen Diagnose sind lang, oftmals weit über
ein Jahr, teilweise sogar sechs Jahre. Neben den speziellen Problemen einer ad-
äquaten Versorgung im Bereich Akutschmerz stellt die chronische Schmerzer-
krankung für Patientinnen und Patienten eine große individuelle Belastung dar.
Schmerz tritt hier neben der Grunderkrankung als eigenständiges Krankheits-
bild in den Vordergrund und bedarf dringend einer spezialisierten Therapie. Die
Versorgungslage hingegen ist noch immer extrem lückenhaft.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Menschen leiden nach Kenntnis der Bundesregierung in der Bun-
desrepublik Deutschland an chronischen Schmerzen?

Auf welche Diagnosegruppen verteilen sich die Leiden der chronischen
Schmerzkranken?

Bei welchen Erkrankungen spielt Schmerz eine große Rolle?

Wie hoch ist die Zahl chronisch schmerzkranker Kinder- und Jugendlicher
bzw. Seniorinnen und Senioren?

2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Versorgungslage im Be-
reich Akutschmerz?

Welche Daten zur Versorgungssituation bestehen?

Welche Erkenntnisse über Qualitätsunterschiede in der Versorgung zwischen
den Krankenhäusern sind der Bundesregierung bekannt?

3. Welche Informationen besitzt die Bundesregierung über die Dimension der
Schmerzbelastung der Bevölkerung, das heißt vor allem zur schmerzbeding-
ten Inanspruchnahme ambulanter und stationärer Einrichtungen, zur

schmerzbedingten Arbeitsunfähigkeit, zur schmerzbedingten Berufs- bzw.
Erwerbsunfähigkeit und Frühverrentung?

4. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über besonders erfolgreiche
Programme der Integration von Schmerzpatienten in den Arbeitsmarkt vor?

Gibt es hierzu einen koordinierten Fachdialog zwischen dem Bundesminis-
terium für Arbeit und Sozialordnung, dem Bundesministerium für Gesund-
heit und den Behörden in den Geschäftsbereichen der beiden Häuser?

Wie sehen die Maßnahmen und Ergebnisse dieser Zusammenarbeit aus?

Drucksache 17/14357 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Welche epidemiologischen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über
die Themenzusammenhänge „Kinder und Schmerz“ sowie „Senioren und
Schmerz“ vor?

6. Welche epidemiologischen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über
die Themenzusammenhänge „Gender und Schmerz“ sowie „Migranten und
Schmerz“ vor?

7. Welche Bedeutung kommt nach Auffassung der Bundesregierung den ver-
schiedenen Formen der Schmerzprävention zu?

Welchen Stellenwert misst die Bundesregierung der Prävention im Vorfeld
der Schmerzkrankheit zur Vermeidung von Chronifizierung und zur erfolg-
reichen Rehabilitation bei?

8. Welchen Stellenwert hat nach Auffassung der Bundesregierung die
Schmerztherapie bei der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung in
der Bundesrepublik Deutschland, und wie bewertet sie diesen im Vergleich
zu dem Rang, den diese in Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung bzw. EU-Mitgliedsländern einnimmt?

9. Welche Maßnahmen, Programme und Initiativen werden auf EU-Ebene un-
ter Beteiligung der Bundesregierung durchgeführt?

In welchem Maß wird die Bundesregierung das Thema Schmerz zum Ge-
genstand der EU-Gesundheitspolitik sowie EU-Forschungspolitik machen?

Welche nationalen Initiativen der EU-Mitgliedsländer sind der Bundes-
regierung bezüglich des Themas Schmerz bekannt?

10. Von welchen, durch die Schmerzkrankheit verursachten, volkswirtschaft-
lichen Kosten geht die Bundesregierung aus?

Auf welche Quellen stützt sie sich dabei?

11. Wie viele schmerztherapeutische Einrichtungen gibt es nach Kenntnis der
Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland?

Wie beurteilt die Bundesregierung die Qualität dieser Einrichtungen?

Welche Kriterien sind der Bundesregierung bekannt, um Verbrauchern und
Patienten eine Wahlentscheidung bei ihrer Suche nach einer besonders qua-
lifizierten Einrichtung zur Schmerzbehandlung zu unterstützten?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung den Stand der Qualitätssicherung in der
Schmerztherapie?

Welche Handlungsfelder der Qualitätssicherung im Bereich Schmerzthera-
pie sind nach Ansicht der Bundesregierung prioritär?

Welche Instrumente und Maßnahmen stehen dabei derzeit den Vertrags-
partnern und dem System der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV)
zur Verfügung?

13. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung einleiten, um die Qualitäts-
sicherung und Qualitätsentwicklung in der Schmerztherapie in Deutschland
zu verbessern?

Welche Empfehlungen gibt die Bundesregierung zur Qualitätsentwicklung
und Qualitätssicherung in der Schmerztherapie an die jeweiligen Akteure?

14. Welche Initiativen zur Einführung standardisierter Methoden zur Doku-
mentation und Wirksamkeitskontrolle von Schmerzdiagnostik und -thera-
pie sind der Bundesregierung bekannt und werden von ihr unterstützt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14357

15. In welchem Ausmaß werden nach Kenntnis der Bundesregierung standardi-
sierte Instrumente der Dokumentation, Qualität und insbesondere Therapie-
ergebniskontrolle in schmerztherapeutischen Einrichtungen routinemäßig
eingesetzt, und welchen gesetzgeberischen Handlungsbedarf bzw. Hand-
lungsbedarf der Selbstverwaltungspartner sieht die Bundesregierung?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung die Deckung des schmerztherapeu-
tischen Bedarfs im Rahmen der ambulanten Bedarfsplanung nach dem
Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)?

Was wird sie unternehmen, um den schmerztherapeutischen Bedarf im
Rahmen der ambulanten Bedarfsplanung zu decken?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Grad der Spezi-
fizierung der Landeskrankenhauspläne im Bereich der Schmerzversorgung
der Kliniken bezüglich der Akutschmerztherapie und bezüglich einer mul-
timodalen Schmerztherapie?

Wie ist die Versorgungslage im Detail?

Plant die Bundesregierung eine versorgungsorientierte Darstellung der Ver-
sorgungslage?

18. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung eine schmerztherapeutische Unter-
oder Fehlversorgung akut und chronisch Schmerzkranker, und wie beab-
sichtigt die Bundesregierung diese gegebenenfalls zu beheben?

19. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit 2009 unternommen, um
die Versorgung von Schmerzpatienten zu verbessern?

Wo und wann hat sie dazu mit den Bundesländern, den Krankenkassen
oder anderen beteiligten Akteuren gesprochen?

20. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung im Bereich Schmerz im Rah-
men der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) angeregt?

Plant die Bundesregierung, das Thema Unter-/Fehlversorgung bei Schmer-
zen im Rahmen eines Gutachtens des Sachverständigenrates zur Begutach-
tung der Entwicklung im Gesundheitswesen behandeln zu lassen?

Falls nein, warum nicht?

21. Welche besonderen Initiativen oder Verträge der Krankenkassen im Be-
reich der multimodalen Schmerztherapie sind der Bundesregierung be-
kannt?

22. Welche Modellprogramme zur multimodalen Schmerztherapie fördert die
Bundesregierung in welchem Umfang, und welche Modellprogramme be-
absichtigt sie zu fördern?

23. Wie beurteilt die Bundesregierung die spezielle Schmerztherapie im Be-
reich der kassenärztlichen Versorgung?

Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, wie lange es
dauert, bis Patientinnen und Patienten erstmals einem Schmerzspezialisten
vorgestellt werden?

24. Welche Anreize bestehen aus Sicht der Bundesregierung im Gesundheits-
wesen, um ein umfassendes ambulantes und stationäres Angebot einer
multimodalen schmerztherapeutischen Versorgung aufzubauen?

25. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über das Entlassungs-
management von Schmerzpatienten vor, und wie beurteilt sie diese?

Welche Kosten entstehen den Leistungsträgern der Sozialversicherung
durch abgerochene oder falsch fortgesetzte Schmerzbehandlungen nach

stationären Behandlungen oder Reha-Behandlungen oder auf Grund von
fehlenden Strukturen zur ambulanten Weiterbehandlung?

Drucksache 17/14357 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
26. Welche Bedeutung hat nach Auffassung der Bundesregierung die Schmerz-
therapie für die unterschiedlichen Formen der Hospizversorgung, und in
welchem Umfang wird sie dort nach Kenntnis der Bundesregierung im am-
bulanten und stationären Bereich praktiziert?

27. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Stand der Vorbereitungen der Medizinischen Fakultäten auf die
Anforderungen der Ausbildung im Bereich des bei der letzten Novelle der
Ärztlichen Approbationsordnung neu eingeführten Querschnittsbereichs
Schmerzmedizin Q14?

Wie will die Bundesregierung die Bundesländer bei der Einführung eines
entsprechenden innovativen Lehrangebots und dem Erfahrungsaustausch
unterstützen?

28. Wie beabsichtigt die Bundesregierung die Bundesländer dabei zu unterstüt-
zen, das Problemfeld Schmerz in der universitären und nach-universitären
Ausbildung zum Psychologen entsprechend seiner Bedeutung für die
Schmerztherapie im Curriculum zu verankern bzw. zu verstärken?

29. Wird sich die Bundesregierung bei den Bundesländern für die Schaffung
von zusätzlichen Lehrstühlen für Schmerztherapie einsetzen?

30. Mit welchen Programmen fördert die Bundesregierung derzeit

a) die experimentelle Forschung,

b) die klinische Forschung,

c) die sozialwissenschaftliche Forschung,

d) die Versorgungsforschung und

e) die epidemiologische Forschung im Bereich Schmerz?

31. Wie verhält sich der Umfang der von der Bundesregierung geförderten
Programme im Vergleich zu anderen Förderprogrammen der Bundesregie-
rung mit Medizinbezug?

32. In welchem Umfang wird die Bundesregierung ihre Forschungsförderung
im Bereich Schmerztherapie und Ursachen von Schmerz ausbauen?

33. Wann wird die Bundesregierung ein „Nationales Aktionsprogramm
Schmerz“ auflegen, um Maßnahmen ressort- und akteursübergreifend zu
bündeln und zu verstärken?

34. Welche Bedeutung kommt im schmerztherapeutischen Kontext nach Auf-
fassung der Bundesregierung der Selbsthilfe der Betroffenen zu?

Durch welche politischen und rechtlichen Schritte plant die Bundesregie-
rung, das Selbsthilfepotential bei Schmerzpatienten in der Allgemeinbevöl-
kerung sowie infrastrukturell über das bestehende Maß hinaus zu stärken?

35. Durch welche Publikationen oder Maßnahmen im Bereich der Öffentlich-
keitsarbeit informiert die Bundesregierung über Ergebnisse der Schmerz-
therapie, Schmerzforschung sowie Therapie-, Selbsthilfe- und Präventions-
möglichkeiten?

Berlin, den 10. Juli 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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