BT-Drucksache 17/14356

Fairer Wettbewerb, gute Arbeitsbedingungen und Barrierefreiheit im Fernbuslinienverkehr

Vom 10. Juli 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14356
17. Wahlperiode 10. 07. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martin Burkert, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer,
Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Ulrike Gottschalck, Michael Groß,
Hans-Joachim Hacker, Gustav Herzog, Ute Kumpf, Kirsten Lühmann,
Thomas Oppermann, Florian Pronold, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der
Fraktion der SPD

Fairer Wettbewerb, gute Arbeitsbedingungen und Barrierefreiheit im
Fernbuslinienverkehr

Mit der am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Novelle des Personenbeförde-
rungsgesetzes (PBefG) wurde der Markt für Fernbuslinienverkehre weitgehend
liberalisiert.

Zum Schutz des öffentlich finanzierten Nahverkehrs gilt jedoch für Fernbus-
linien ein Bedienungsverbot bei einem Haltestellenabstand unter 50 Kilometern
bzw. einer Reisezeit mit dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) von bis zu
einer Stunde. Um ein für Kundinnen und Kunden transparentes Angebot zu er-
möglichen, sind die Anbieter verpflichtet, der Genehmigungsbehörde ihre
Fahrplandaten in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.

Aufgrund der ins deutsche Recht übernommenen UN-Behindertenrechtskonven-
tion, die aufgibt, für Menschen mit und ohne Behinderung in allen Lebensberei-
chen gleichwertige Bedingungen zu schaffen, müssen ab 2016 neu zugelassene
Fernlinienbusse, ab Ende 2019 dann alle Fernlinienbusse entsprechend der EU-
Vorschriften barrierefrei und mit mindestens zwei Stellplätzen für Rollstuhlnut-
zerinnen und -nutzer ausgerüstet sein.

Zum 1. Januar 2017 muss die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag
einen Bericht darüber vorlegen, wie sich die Marktöffnung im Fernlinienbus-
verkehr ausgewirkt hat, insbesondere mit Blick auf die Sozialbedingungen des
Fahrpersonals.

Mit der Verabschiedung der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes am
27. September 2012 hat der Deutsche Bundestag mit breiter Mehrheit einem
Entschließungsantrag (Bundestagsdrucksache 17/10859) zugestimmt, der das
Interesse an einem fairen Wettbewerb, guten Arbeitsbedingungen und sicherer
Beförderung sowie barrierefreiem Zugang beim neu entstehenden Fernbuslini-
enverkehr bekräftigt. Der Deutsche Bundestag hat die Bundesregierung darin

aufgefordert, für eine effektive Kontrolle der Sozialvorschriften und möglichst
europaweit einheitliche Standards der Barrierefreiheit Sorge zu tragen.

Drucksache 17/14356 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welcher Form beobachtet die Bundesregierung die Entwicklung des
Fernbuslinienverkehrs seit der Marktöffnung am 1. Januar 2013, auch mit
Blick auf die im Gesetz verankerte Berichtspflicht?

2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie sich die Zahl
der Genehmigungsanträge bzw. der Genehmigungen für Fernbuslinien im
ersten Halbjahr dieses Jahres entwickelt hat?

3. Wie viele Bedienungsverbote zwischen Haltestellen wegen eines Abstandes
unter 50 Kilometern (§ 42a Satz 2 Nummer 1 PBefG) bzw. einer Fahrzeit
einer parallelen SPNV-Verbindung von unter einer Stunde (§ 42a Satz 2
Nummer 2 PBefG) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung ausgespro-
chen und wie viele Bedienungen wurden aufgrund eines nicht ausreichenden
Nahverkehrsangebotes (§ 42a Satz 3 Nummer 1 PBefG) bzw. einer nur un-
erheblichen Beeinträchtigung des vorhandenen Verkehrsangebotes (§ 42a
Satz 3 Nummer 2 PBefG) zugelassen?

4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele Fahrten-
paare auf wie vielen Relationen angeboten werden?

5. Welche Unternehmen haben nach Kenntnis der Bundesregierung welchen
Anteil an den bisher erteilten Linienverkehrsgenehmigungen bzw. der an-
gebotenen Verkehrsleistung im Fernbuslinienverkehr?

6. Wird die Bundesregierung darauf hinwirken, dass auch Fernbuslinien in die
elektronische Fahrplanauskunft DELFI im Sinne einer einfachen, kunden-
freundlichen und verkehrsmittelübergreifenden Auskunft integriert werden
und dieses Vorhaben fördern?

7. Plant die Bundesregierung eine Initiative für ein gemeinsames Ticketbu-
chungssystem für Fernbuslinien, um die Kundenfreundlichkeit und Attrak-
tivität gegenüber dem Individualverkehr zu erhöhen?

Wenn ja, wie will sie dieses Vorhaben auf den Weg bringen?

Wenn nein, warum nicht?

8. Haben sich alle Anbieter von Fernbuslinien zur Teilnahme am Schlich-
tungsverfahren nach § 6 des EU-Fahrgastrechte-Kraftomnibus-Gesetzes be-
reit erklärt?

Wenn nein, was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, damit sich das
für Verbraucherinnen und Verbraucher einfache und kostenlose außerge-
richtliche Streitbeilegungsinstrument flächendeckend durchsetzt?

9. Hält die Bundesregierung die vorhandene Infrastruktur an Fernbusbahnhö-
fen im Hinblick auf die Verkehrssicherheit und das Vorhandensein von
Kundentoiletten, Warteräumen und Sitzgelegenheiten für ausreichend?

Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
daraus?

10. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, ob bzw. inwieweit sich die
Liberalisierung des Marktes für Fernbuslinien negativ auf die Einhaltung
von Sozial- und arbeitsrechtlichen Standards und die Höhe der Entlohnung
ausgewirkt hat?

11. Was hat die Bundesregierung getan, um sich darüber zu informieren, ob
bzw. inwieweit sich die Liberalisierung des Marktes für Fernbuslinien ne-
gativ auf die Einhaltung von Sozial- und arbeitsrechtlichen Standards und
die Höhe der Entlohnung ausgewirkt hat?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14356

12. Welche Initiativen hat die Bundesregierung seit dem 1. Januar 2013 ergrif-
fen, um die vom Deutschen Bundestag geforderte effektive Kontrolle der
Sozialvorschriften im Fernbuslinienverkehr zu gewährleisten?

13. Inwieweit wurde die personelle Ausstattung des Bundesamtes für Güter-
verkehr (BAG) im Jahr 2013 gegenüber 2012 im Hinblick auf die Durch-
führung von Kontrollen des Fernbuslinienverkehrs verbessert, und inwie-
weit hat sich die Zahl der Kontrollen von Omnibussen durch das BAG im
ersten Halbjahr 2013 erhöht?

14. Auf welcher Grundlage und in welcher Höhe schätzt die Bundesregierung
die Entwicklung des Verkehrsaufkommens im Fernbuslinienverkehr in den
Jahren 2013 und 2014 ein?

15. Welche jährliche Kontrolldichte bei Fernlinienbussen – im Vergleich zur
Kontrolldichte bei LKW – wird angestrebt, und welcher zusätzliche Perso-
nalbedarf beim BAG ergibt sich in den Jahren 2013 und 2014 aus dieser
angestrebten Kontrolldichte?

16. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass Busunternehmen der
Deutschen Bahn AG ausländische Töchter mit der Erbringung von Ver-
kehrsleistungen im Fernlinienbusverkehr beauftragen, wobei die Fahrer zu
Heimatlohnbedingungen (700 bis 800 Euro/Monat) in Deutschland arbeiten,
und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie aus diesen?

17. Welche Initiativen hat die Bundesregierung ergriffen, um entsprechend des
Beschlusses des Deutschen Bundestages zu prüfen, ob auf EU-Ebene Re-
gelungen geschaffen oder verbessert werden müssen, um einen europaweit
einheitlichen barrierefreien Fernbusverkehr zu gewährleisten, und mit wel-
chem Ergebnis?

18. Wie werden Verkehrsunternehmen und Verbände von Menschen mit Be-
hinderungen – entsprechend des Beschlusses des Deutschen Bundestages –
in diese Prüfung einbezogen?

19. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, die Initiative zur Änderung
EU-rechtlicher Vorschriften zur Barrierefreiheit bei Bussen allgemein bzw.
Fernlinienbussen zu ergreifen?

20. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Problematik, dass nicht alle Rollstühle für die Sicherung mit Rück-
haltesystemen geeignet sind und zudem über keine entsprechende Kenn-
zeichnung verfügen?

21. Welche Initiativen hat die Bundesregierung ergriffen, um einen sicheren
Transport von Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrern in Fernlinienbus-
sen zu gewährleisten und Rechtssicherheit sowohl für Fernbusanbieter und
Fahrerinnen und Fahrer wie auch für Rollstuhlnutzerinnen und -nutzer zu
schaffen?

Berlin, den 10. Juli 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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