BT-Drucksache 17/14330

Flughafen Zürich - Sachstand zum Staatsvertrag mit der Schweiz

Vom 1. Juli 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14330
17. Wahlperiode 01. 07. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Harald Ebner, Stephan Kühn, Dr. Anton Hofreiter, Bettina
Herlitzius, Markus Tressel, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Flughafen Zürich – Sachstand zum Staatsvertrag mit der Schweiz

Der vom Flughafen Zürich ausgehende Fluglärm belastet die Menschen in Süd-
baden seit Jahrzehnten. Am 29. Januar 2012 haben der Bundesminister für Ver-
kehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, und seine Schweizer
Amtskollegin Doris Leuthard in der sogenannten Davoser Erklärung – nach
Informationen der Fragesteller ohne Abstimmung mit dem Land Baden-
Württemberg – verkündet, dass auf der Basis von Eckpunkten ein Staatsvertrag
zur Lösung des Fluglärmstreits abgeschlossen werden soll. Am 4. September
2012 haben der Bundesminister und seine Amtskollegin trotz erheblicher
Bedenken und offener Fragen der betroffenen Südbadener Bevölkerung den
Staatsvertrag unterzeichnet. Am 7. Juni 2013 stimmte der Schweizer eidgenös-
sische Nationalrat mit 110 zu 66 Stimmen für den Vertrag. Zum Inkrafttreten
des Vertrages fehlt noch die Ratifizierung durch den Deutschen Bundestag.
Ebenfalls am 7. Juni 2013 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Klage
der Schweiz gegen die vom Luftfahrt-Bundesamt erlassenen Nachtflugbe-
schränkungen für den Flughafen Zürich abgewiesen. Der von Deutschland ein-
gerichtete nächtliche Lärmschutz bleibt damit bestehen (Az.: C-547/10 P). Ins-
gesamt bleibt mehr als fraglich, ob durch den vorliegenden Vertrag ein besserer
und ausreichender Lärmschutz für die Bevölkerung in Südbaden erreicht wer-
den kann. Im vorliegenden Vertrag bestehen weite Interpretationsspielräume
hinsichtlich der Anzahl der möglichen Nord-Anflüge, welche die zu erwartende
Lärmbelastung für die Bevölkerung in Südbaden unkalkulierbar machen. Ent-
sprechende Nachverhandlungen sind daher unausweichlich.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Zustimmung
des Schweizer Nationalrates zum Staatsvertrag, und wie wird sich die Bun-
desregierung positionieren?

2. Wann plant die Bundesregierung den Staatsvertrag dem Deutschen Bundes-
tag zur Ratifizierung vorzulegen, und wie ist der Sachstand bei den vom
Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer angekündigten Nachverhand-

lungen?

3. Mit welchen Folgen rechnet die Bundesregierung bei einem Scheitern des
Vertrages im Deutschen Bundestag, und welche Auswirkungen hätte dies
auf die deutsch-schweizerischen Beziehungen?

Drucksache 17/14330 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Bestimmungen zu Fragen
der Flugsicherung, Lärmverteilung und zum Anflugregime in völkerrecht-
lich verbindlichen Begleitdokumenten mit der Schweiz zu vereinbaren?

5. Im welchen Ausmaß wird die Kooperation der Flugsicherungsorganisationen
beider Länder die Möglichkeit des „Gekröpften Nordanfluges“ kontrollieren
können, und wie wird die vorgesehene gemeinsame Bewirtschaftung des
Luftraums die schweizerischen Entscheidungen beeinflussen können?

6. Auch wenn durch eine Ausweitung der Sperrzeiten die Zahl der Anflüge
zunächst reduziert wird, wie lässt sich garantieren, dass diese Zahl ent-
sprechend dem Wachstum des Flughafens in den nächsten Jahren nicht
stark ansteigen wird?

Wie hoch schätzt die Bundesregierung das Risiko ein, dass sowohl durch
die Sperrzeiten als auch durch andere Routen für An- und Abflüge auf den
Flughafen Zürich die Lärmbelastung in Konstanz und Friedrichshafen an-
steigen könnte?

7. Vor dem Hintergrund, dass der Warteraum RILAX für Anflüge aus Norden
aus flugbetrieblichen Gründen beibehalten werden muss, wurde auf Basis des
Staatsvertrages geprüft, ob der Warteraum RILAX geringfügig nach Westen
oder Osten verlagert werden kann, um damit die Zahl der Lärmbetroffenen
signifikant von heute ca. 77 000 auf ca. 11 000/19 000 zu senken?

Falls ja, mit welchem Ergebnis?

Falls nein, warum wurde dies nicht geprüft?

8. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Einwand der Bürgerinitiative Schwarzwald-Baar-Kreis, dass
durch die geplante Absenkung der Mindesthöhe für Anflüge von 3 600 m
auf 2 400 m der zu erwartende Lärmpegel drastisch steigt?

9. Trifft es zu, dass nach dem Staatsvertrag oberhalb der Mindesthöhen unbe-
grenzt geflogen werden darf, also auch während der Schutzzeiten?

10. Inwieweit besteht Klarheit über die künftigen Flugrouten (ab 2020) über
deutschem Gebiet?

11. Inwieweit kann mit der gemeinsamen Neuausrichtung der Flugrouten zum
und vom deutschen Staatsgebiet durch die Schweizer Skyguide und die DFS
Deutsche Flugsicherung GmbH verhindert werden, dass die Schweizer
Seite einseitig Flugrouten mit Auswirkungen auf den deutschen Luftraum
festlegen wird?

12. Zu welchem Termin wird die deutsch-schweizerische Luftverkehrskom-
mission eingerichtet?

13. Über welche Informationen verfügt die Bundregierung zum Ausbaustand
des Pistensystemausbaus am Flughafen Zürich, und wird sie bei den Pla-
nungen regelmäßig konsultiert?

Falls nicht, welche Sanktionen sieht der Staatsvertrag vor?

14. Warum wurde die Denkschrift des Bundesministeriums für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung zum Staatsvertrag nicht öffentlich zugänglich ge-
macht?

15. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung für Neuverhandlungen
des Staatsvertrages, und welche Akteure sollten bei möglichen Verhand-
lungen beteiligt werden?

Berlin, den 28. Juni 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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