BT-Drucksache 17/14265

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens "Aufbauhilfe" und zur Änderung weiterer Gesetze (Aufbauhilfegesetz)

Vom 25. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14265
17. Wahlperiode 25. 06. 2013

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Arnold Vaatz, Veronika Bellmann, Norbert Brackmann,
Dirk Fischer (Hamburg), Steffen Bilger, Peter Götz, Michael Grosse-Brömer,
Karl Holmeier, Thomas Jarzombek, Hans-Werner Kammer, Ulrich Lange,
Matthias Lietz, Daniela Ludwig, Stefan Müller (Erlangen), Patrick Schnieder,
Reinhold Sendker, Gero Storjohann, Volkmar Vogel (Kleinsaara),
Peter Wichtel, Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Horst Meierhofer, Oliver Luksic, Dr. Christel
Happach-Kasan, Petra Müller (Aachen), Patrick Döring, Werner Simmling,
Sebastian Körber, Torsten Staffeldt, Rainer Brüderle und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 17/14078, 17/14264 –

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens
„Aufbauhilfe“ und zur Änderung weiterer Gesetze
(Aufbauhilfegesetz)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das enorme Hochwasser in Süd-, Ost- und Norddeutschland im Mai/Juni 2013
zeigt, wie wichtig ein effektiver und funktionierender Hochwasserschutz ist.
Dort, wo nach dem Augusthochwasser 2002 (Elbe- und Donauhochwasser)
Maßnahmen für einen besseren Hochwasserschutz umgesetzt werden konnten,
haben diese auch funktioniert und Menschen und Sachgüter erfolgreich ge-
schützt. Es wurde aber auch offenbar, dass an Stellen, wo noch keine Hochwas-
serschutzmaßnahmen getroffen werden konnten, die Konsequenzen teilweise
schwerwiegender waren als bei dem Hochwasser 2002. Die Gründe, weshalb
die erforderlichen Hochwasserschutzmaßnahmen dort noch nicht ergriffen wur-
den, müssen für die Erarbeitung von Vorschlägen zur Beschleunigung von
Hochwasserschutzmaßnahmen rasch und umfassend geklärt werden.
Eine Verbesserung des Hochwasserschutzes für den dicht besiedelten Raum ist
nur durch eine Kombination aus technischem Hochwasserschutz und vorsor-
gendem Hochwasserschutz durch naturnahe Maßnahmen zu erreichen. In hoch-
wassergefährdeten Gebieten dürfen keine neuen Siedlungsgebiete mehr ausge-
wiesen werden. Für die Schaffung von entlastenden natürlichen Überflutungs-
flächen an den Flüssen, z. B. durch die Zurückverlagerung von Deichen auch
unter Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen, müssen gemeinsam mit

Drucksache 17/14265 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

den Betroffenen verträgliche Regelungen gefunden werden. Ziel muss es sein,
unseren Flüssen wieder mehr Raum zu geben und Flusslandschaften naturnah
zu gestalten, wodurch Anwohner und Natur gleichermaßen profitieren. Es müs-
sen zusätzliche Polder ausgewiesen werden, die im Fall eines Hochwassers zur
Verfügung stehen. Bund und Länder werden durch ein Aufbauhilfegesetz und
die Bereitstellung von 8 Mrd. Euro dafür Sorge tragen, dass den Opfern der
Flutkatastrophe bei der Beseitigung der Schäden schnellstmöglich geholfen
werden kann und der Wiederaufbau schnell und reibungslos funktioniert. Die
Soforthilfen des Bundes und der betroffenen Länder haben die geschädigten
Menschen, Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe bereits unterstützt.

Für den künftigen Schutz der hochwassergefährdeten Regionen sind die Mög-
lichkeiten für beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren für Hoch-
wasserschutzanlagen auszuschöpfen, um die Menschen und ihre Güter soweit
wie möglich wirksam vor extremen Hochwasserereignissen schützen zu kön-
nen. Hierzu sind sowohl bundes- als auch landesrechtliche Regelungen auf den
Prüfstand zu stellen und anzupassen. Bei der Konferenz der Bundeskanzlerin
mit den Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen der Länder am
13. Juni 2013 wurde zudem die Verpflichtung von Bund und Ländern betont,
„in einer abgestimmten Strategie präventive Investitionen in einem nationalen
Hochwasserschutzprogramm zu ergreifen“.

Besonders würdigt der Deutsche Bundestag schließlich das Engagement der
vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die den betroffenen Menschen
in der durch das Hochwasser bedingten Not geholfen und Leben gerettet haben.
Das Technische Hilfswerk (THW) wie auch die Freiwilligen Feuerwehren und
viele andere ehrenamtliche Helfer haben ebenso wie die Soldaten der Bundes-
wehr, die Polizisten von Bund und Ländern, der Zoll und die Berufsfeuerwehr
unermüdlich und ohne Rücksicht auf eigene Gefahr Hab und Gut sowie Leib
und Leben geschützt. Durch die hervorragende Fachkenntnis des THW und der
Feuerwehren bei der Hochwasserbekämpfung, durch deren Fahrzeuge zu Land
und zu Wasser, aber auch durch deren technische Ausstattung konnte vielerorts
Schlimmeres verhindert werden. Das Hochwasser hat aber auch gezeigt, dass
auch in Zukunft eine angemessene personelle und technische Ausstattung der
ehrenamtlichen Helfer und ihrer Organisationen dringend erforderlich ist.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel

1. gemeinsam mit den Ländern bis Mitte November 2013 die Ergebnisse der
Prüfung für erforderliche gesetzliche Änderungen zur Beschleunigung und
Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für Hochwasser-
schutzanlagen vorzulegen und entsprechende Vorschläge zu unterbreiten;

2. zum Schutz von Menschen und ihrem Eigentum in hochwassergefährdeten
Gebieten den Grundsatz einzubeziehen, dass unter Wahrung der Einspruchs-
möglichkeiten der Betroffenen in den Verwaltungsverfahren dem öffent-
lichen Interesse Vorrang vor den Interessen Einzelner eingeräumt werden
kann;

3. für den Hochwasserschutz länderübergreifend einheitliche Maßstäbe u. a.
für die Deichhöhen eines Flusslaufes koordiniert festzulegen sowie zu prü-
fen, ob der Schutz von Überschwemmungsgebieten gestärkt werden kann;

4. zu prüfen, ob vergleichbar mit dem Gesetz zur Beschleunigung von Pla-
nungsverfahren für Infrastrukturvorhaben auch für Hochwasserschutzanla-
gen die Verkürzung der Verwaltungsverfahren zu erreichen ist. Einzubezie-
hen in die Überlegungen ist unter anderem die Verkürzung von Fristen für

einzelne Verfahrensschritte bei den Planfeststellungsverfahren sowie die Ver-
kürzung des Instanzenzuges im Verwaltungsgerichtsverfahren;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14265

5. zu prüfen, ob unter Beachtung der EU-rechtlichen Vorgaben für den unver-
änderten Wiederaufbau von Deichen ein Verzicht auf eine Planfeststellung
oder eine Plangenehmigung für den Hochwasserschutz möglich ist. Auch
ist zu prüfen, ob eine Vereinfachung der Vergabeverfahren für den dring-
lichen Wiederaufbau von Hochwasserschutzanlagen möglich ist;

6. zu prüfen, wie zur Verfahrensvereinfachung die Kompensation von Hoch-
wasserschutzmaßnahmen flexibel und praxisorientiert zur Verbesserung
der Ökologie der Flusslandschaften gehandhabt werden kann;

7. mit den Ländern die Zuständigkeit für wasserwirtschaftliche Ausbaumaß-
nahmen an Bundeswasserstraßen abschließend zu klären. Zu den wasser-
wirtschaftlichen Ausbaumaßnahmen zählen auch ökologisch notwendige
und oftmals unverzichtbare Maßnahmen – gerade im Hinblick auf die
Erreichung der durch die Wasserrahmenrichtlinie vorgegebenen Ziele;

8. gemeinsam mit den Ländern flächendeckend für alle Flussgebietsgemein-
schaften Zielwerte für die Renaturierung von Auen und Flussläufen ent-
sprechend der regionalen Gegebenheiten zu erstellen. Die Zielwerte sollen
vorgeben, wie viel zusätzliche Überschwemmungs- und Rückhalteflächen
und Deichrückverlegungen für die jeweilige Flussgebietsgemeinschaft in
einem klar definierten Zeithorizont durchzuführen sind;

9. gemeinsam mit den Bundesländern darauf hinzuwirken, dass im Rahmen
der Agrarumweltprogramme Hochwasserschutz auf landwirtschaftlichen
Flächen beispielsweise durch eine Auenprämie effektiv und gezielt geför-
dert wird.

10. zu berücksichtigen, Landwirten, die Polder bewirtschaften, vertraglich eine
Entschädigung zu gewähren, um beispielsweise Ernteverluste auszu-
gleichen, sofern die Polder bei Hochwasser überflutet werden;

11. gemeinsam mit den Ländern als Teil einer abgestimmten Strategie die in den
Flussgebieten länderübergreifend vorrangigen präventiven Maßnahmen
und Investitionen für einen vorsorgenden Hochwasserschutz zu identifizie-
ren und in einem nationalen Hochwasserschutzprogramm zusammenzufas-
sen sowie auf dessen zügige Umsetzung hinzuwirken; dabei auch die Mög-
lichkeit der Bereitstellung zusätzlicher Bundesmittel in Betracht zu ziehen;

12. in Zusammenarbeit mit den Ländern bzw. Flussgebietsgemeinschaften für
die bisher abgestimmten Werte für das Bemessungshochwasser der Elbe,
Donau und anderer Flüsse zu prüfen, ob höhere Werte als bisher verbind-
lich, länderübergreifend und flusseinzugsgebietsbezogen festzulegen sind;

13. gemeinsam mit den Ländern dafür Sorge zu tragen, dass das Technische
Hilfswerk und Freiwillige Feuerwehren angemessen mit Personal und tech-
nischen Mitteln ausgestattet sind, um effektiv bei Hochwasserkatastrophen
eingreifen zu können;

14. gemeinsam mit den Ländern weiter daran zu arbeiten, dass ehrenamtliches
Engagement beim Technischen Hilfswerk und bei den Freiwilligen Feuer-
wehren gefördert, unterstützt und gesellschaftlich gewürdigt wird.

Berlin, den 25. Juni 2013

Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und Fraktion
Rainer Brüderle und Fraktion

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