BT-Drucksache 17/14106

zu dem Antrag der Abgeordneten Krista Sager, Ekin Deligöz, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/11687 - Partizipation an forschungsrelevanten Entscheidungen verbessern

Vom 25. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14106
17. Wahlperiode 25. 06. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Krista Sager, Ekin Deligöz, Kai Gehring,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/11687 –

Partizipation an forschungsrelevanten Entscheidungen verbessern

A. Problem

Von der Forschungs- und Wissenschaftspolitik wird gefordert, sich stärker als
bislang den Prinzipien von Transparenz und Information, Konsultation und Mit-
bestimmung zu verpflichten. Diese Forderung zielt auf mehr als nur auf die Aus-
weitung von Öffentlichkeitsbeteiligung. Vor dem Hintergrund des rasanten ge-
sellschaftlichen Bedeutungszuwachses, den wissenschaftliche Erkenntnisse in
den letzten Jahren erfahren, steht das im Wandel befindliche Verhältnis zwi-
schen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zur Debatte. For-
schung und Wissenschaft werden nicht nur als wichtige Grundlage für gesell-
schaftlichen Fortschritt, Innovation und Wohlstandsentwicklung angesehen,
sondern es besteht zunehmend die Erwartungshaltung, dass Wissenschaft Ant-
worten und Lösungen für große gesellschaftliche Fragen und globale Herausfor-
derungen entwickelt.

Vor diesem Hintergrund werden aus unterschiedlichen Richtungen Forderungen
nach Transparenz, Mitgestaltung und Einbeziehung in politische Entscheidungs-
prozesse gefordert.

B. Lösung

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, die Impulse zu mehr Transpa-
renz und Partizipation, die im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2012 an die
Politik ergangen sind, aufzugreifen und auf eine nachhaltige Basis zu stellen.
Ergänzend zu den Vorschlägen des Antrags „Transparenz als verbindliches

Grundprinzip in der öffentlich finanzierten Wissenschaft verankern“ (Druck-
sache 17/11029) solle die Bundesregierung u. a. folgende Maßnahmenschritte
umsetzen:

• ein Programm zur Entwicklung und Aufbereitung konzeptioneller Grund-
lagen für partizipative und inklusive Verfahren im Rahmen von Forschungs-
agendasettingprozessen aufzulegen;

Drucksache 17/14106 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

• laufende Evaluierungen und Professionalisierungen von bestehenden partizi-
pativen Beteiligungsverfahren durchzuführen;

• die Zusammensetzung von Beratungsgremien und anderen Foren, welche die
Bundesregierung zur Vorbereitung von Forschungsagenden einsetzt, um Ver-
treterinnen und Vertreter aus der Zivilgesellschaft zu erweitern;

• die Erarbeitung eines Konzepts für ein Kooperationsprogramm, das die Zu-
sammenarbeit zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft unterstützt, zu
initiieren;

• die Erarbeitung eines Konzepts zu initiieren, mit welchem zukünftig auch in
der Ressortforschung systematisch Forschungsbedarfe und Forschungsfra-
gen partizipativ identifiziert werden können;

• und schließlich zu gewährleisten, dass eine Aufstockung der Mittel für so-
zial-ökologische Forschung im Einzelplan 30 um jährlich 5 Prozent erfolgt.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14106

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/11687 abzulehnen.

Berlin, den 27. Februar 2013

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ulla Burchardt
Vorsitzende

Tankred Schipanski
Berichterstatter

René Röspel
Berichterstatter

Dr. Martin Neumann (Lausitz)
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Krista Sager
Berichterstatterin

schätzung oder auch aus der transdisziplinären Forschung

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im

federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlage in seiner 96. Sitzung am

resultierten und die sich bereits mit Fragen, wie nach den
Erfolgsbedingungen für den Wissenstransfer, auseinander-
gesetzt hätten. Man sei als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN der Meinung, dass Interesse bestehe, zivilgesell-
Drucksache 17/14106 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Tankred Schipanski, René Röspel, Dr. Martin Neumann
(Lausitz), Dr. Petra Sitte und Krista Sager

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 214. Sitzung am
13. Dezember 2012 den Antrag auf Drucksache 17/11687
beraten und dem Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung zur Beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Von der Forschungs- und Wissenschaftspolitik werde gefor-
dert, sich stärker als bislang den Prinzipien von Transparenz
und Information, Konsultation und Mitbestimmung zu ver-
pflichten. Diese Forderung ziele auf mehr als nur auf die
Ausweitung von Öffentlichkeitsbeteiligung. Vor dem Hin-
tergrund des rasanten gesellschaftlichen Bedeutungszu-
wachses, den wissenschaftliche Erkenntnisse in den letzten
Jahren erfahren hätten, stehe das im Wandel befindliche Ver-
hältnis zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivil-
gesellschaft zur Debatte. Forschung und Wissenschaft wür-
den nicht nur als wichtige Grundlage für gesellschaftlichen
Fortschritt, Innovation und Wohlstandsentwicklung angese-
hen, sondern Wissenschaft sehe sich zunehmend der Erwar-
tungshaltung gegenüber, Antworten und Lösungen für große
gesellschaftliche Fragen und globale Herausforderungen zu
entwickeln.

Vor diesem Hintergrund würden aus unterschiedlichen Rich-
tungen Forderungen nach Transparenz, Mitgestaltung und
Einbeziehung in politische Entscheidungsprozesse gefor-
dert.

So bestünde eine veränderte Erwartungshaltung an Wissen-
schaft und Forschung heute, die nicht nur auf die Auswei-
tung der Öffentlichkeitsbeteiligung ziele. Zur Debatte stünde
ein im Wandel befindliches Verhältnis zwischen Wissen-
schaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Dabei gelte
es, die Vielfalt der Wissenschaft zu wahren; schließlich läge
Forschung eine eigene Erkenntnisdynamik zugrunde, die im
wesentlichen auf der Offenheit von Suchprozessen beruhe.
Um ein präziseres Verständnis davon zu entwickeln, wo par-
tizipative Elemente im Forschungs- und Forschungspolitik-
bereich von Nutzen wären, müsse jedoch zuallererst eine
Bestandsaufnahme erarbeitet werden. Dort, wo Agenda-
settingprozesse im politischen Raum stattfänden, sei es der
Politik aber geboten, gesellschaftliche Stakeholder breit ein-
zubinden. Um mehr partizipative Beteiligung zu erreichen,
müssten Konzepte hierfür aufgestellt werden. Schließlich
sollten die langjährigen Erfahrungen der transdisziplinären
Nachhaltigkeitsforschung auf dem Gebiet partizipativer For-
schungsstrategien in der Diskussion um eine stärkere Betei-
ligung der Zivilgesellschaft genutzt werden.

nen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktio-
nen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt fest, dass
es im Wissenschaftsjahr 2012 viele Veranstaltungen gegeben
habe, die sich den Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz so-
wie Beiträgen der Forschung zur Transformation der Gesell-
schaft in Richtung auf eine nachhaltige Entwicklung gewid-
met hätten. Deutlich sei dabei geworden, dass auch aus der
Zivilgesellschaft heraus verstärkt gefragt würde, wer darüber
entscheide, wo, wie und wie viel Geld für welche Fragestel-
lungen und Programme im Forschungsbereich eingesetzt
würde. Der Wunsch nach Partizipation an forschungspoliti-
schen Entscheidungsprozessen, z. B. welche Fragen aus der
Gesellschaft heraus an die Wissenschaft gestellt würden,
nehme zu. Die Wissenschaft habe einen erheblichen gesell-
schaftlichen Bedeutungszuwachs erfahren. Auch dadurch sei
das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik enger ge-
worden.

Die Forderung nach Partizipation habe durchaus verschiede-
ne Aspekte. Zum einen gehe es darum, wer dort, wo definiert
wird, welche Fragen die Gesellschaft an die Wissenschaft
herantrage, mitreden könne. Es gehe aber auch darum, die
Erfolgsbedingungen für den Transfer von wissenschaftlicher
Erkenntnis in die Gesellschaft durch Einbeziehung von
Sachverstand aus der Zivilgesellschaft abzuklären und zu
verbessern. Schließlich gehe es auch um die Frage, wie an
der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft
nichtwissenschaftliches Wissen und Expertise in der For-
schung selbst Berücksichtigung finden könne. Anerkannt
werde, dass es einzelne Beispiele für gelungene Dialoge zwi-
schen Wissenschaft und Gesellschaft gebe, die NanoKom-
mission sei hierfür ein Beispiel oder Veranstaltungen im Zu-
sammenhang mit der sozialökologischen Forschung oder
zum Thema Nachhaltigkeit. Nach Auffassung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei dieser Dialog aber durch-
aus ausbau- und verbesserungsfähig. Wichtiger Gesichts-
punkt dabei sei, Transparenz darüber herzustellen, was, wo,
wie und von wem mit öffentlichen Mitteln geforscht werde
und wo forschungspolitische Entscheidungen getroffen wür-
den. Dies sei Voraussetzung dafür, Bürgerinnen und Bürgern
überhaupt die Option zu eröffnen, sich am Dialog über for-
schungspolitische Entscheidungen beteiligen zu können.

Notwendig sei, eine Bestandsaufnahme über bestehende Dia-
logprozesse und die aus ihnen resultierenden Erfahrungen zu
erarbeiten. Dann wäre es möglich, weitere Konzepte und
Standards für die Weiterentwicklung der forschungspoliti-
schen Partizipation zu entwickeln. Hierbei könnte auf Erfah-
rung zurückgegriffen werden, die aus der Technikfolgenab-
27. Februar 2013 beraten und empfiehlt Ablehnung des An-
trags auf Drucksache 17/11687 mit den Stimmen der Fraktio-

schaftliche Kräfte durch „Capacity Building“ zu unterstüt-
zen, um ihnen auf Augenhöhe eine Teilnahme an solchen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/14106

Dialogprozessen zu ermöglichen. Die Zeit von reiner Akzep-
tanzkommunikation sei vorbei, statt dessen würde eine echte
Beteiligung gefordert, weshalb solche Verfahren auch evalu-
iert und auch professionalisiert werden müssten. Eine echte
Beteiligung bräuchte Spielregeln, sonst seien Enttäuschun-
gen vorprogrammiert.

Gefordert würde in diesem Zusammenhang auch, dass be-
stimmte Beratungsgremien, die Einfluss auf Forschungspro-
gramme nähmen, geöffnet werden sollten, um auch anderen
zivilgesellschaftlichen Gruppen, jenseits der üblichen Stake
holder, die Möglichkeit der Partizipation zu eröffnen. Eine
weitere Idee der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei
die Auflegung eines Pilot-Programmes, welches Menschen,
die nicht selber in der Wissenschaft tätig seien, die Möglich-
keit eröffne, mit innovativen und pionierhaften Projekten
über den Weg eines wettbewerblichen Verfahrens Mittel für
eigene Forschungsprojekte zu beantragen. So könnten innova-
tive Vorhaben aus der Gesellschaft aufgegriffen werden, die
sonst verloren gingen. In der Wissenschaft herrsche für eine
Öffnung gegenüber der Zivilgesellschaft und einen solchen
Dialog zunehmend Offenheit. Die Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN wünsche sich außerdem, dass die Einsparung
bei der sozialökologischen Forschung rückgängig gemacht
würden und dass die sozialökologische Forschung, die über
sehr viel Expertise in diesem Bereich verfüge, auch nachho-
lend an den 5-prozentigen Aufwüchsen für die außeruniver-
sitären Forschungseinrichtungen teilhaben könnten.

Die Fraktion der CDU/CSU stellt fest, dass sich ihre Sicht-
weise und die der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in
Bezug auf Dialogformen mit der Wissenschaft unterschie-
den. Das bürgerliche Lager ginge von einem vertrauensvol-
len Miteinander zwischen Wissenschaft und Bürgern oder
Wissenschaftlern untereinander aus und erachte Transparenz
als gegeben. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rede
von Misstrauen, von Verdächtigungen und plädiere für um-
fängliche Kontrolle. Die Fraktion der CDU/CSU sage, die
bestehenden Kontrollmechanismen reichten aus, da man
sich der Integrität der Wissenschaftler sehr wohl bewusst sei.
Man erwarte von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
dass konkrete Beispiele benannt würden, dann würde man
für Lösungsansätze in konkreten Einzelfällen mit Sicherheit
zur Verfügung stehen. So gebe es einen „Code of conduct“,
Offenlegungspflichten, Informationsvorschriften und auch
die geforderte Transparenz sei vollumfänglich vorhanden.

Der Antrag fordere ein „Agenda Setting“, was bereits thema-
tisiert worden sei. Es existierten Forschungseinrichtungen
und Beratergremien, die Akademien, die Räte, das TAB, die
regelmäßig im Ausschuss vortrügen und informierten. Eine
transparentere Darstellung sei eigentlich kaum noch mög-
lich. Der Abgeordnete Tankred Schipanski verweist auf ein
Beispiel aus seinem Wahlkreis, wo es gerade erst eine Bür-
gerdialogveranstaltung zum Thema „Demographischer
Wandel“ gegeben habe. Hier würden Bürger eingeladen, da-
mit diese ihre Ideen einbrächten, die von den anwesenden
Wissenschaftlern und regierungsseitig eingebundenen Orga-
nisationen aufgenommen und Partizipationsmöglichkeiten
gelebt würden. Alles in allem bestände ein gut funktionieren-
des System was das „Agenda Setting“, die Transparenz und
die Partizipationsmöglichkeiten betreffe.

schaft und Forschungspolitischen Entscheidungen für unter-
stützenswert erachte, habe dies, da es sich durchaus um ein
Defizit in der deutschen Wissenschafts- und Forschungs-
politik handele, auch wiederholt mitgeteilt. Die Fraktion der
SPD glaube, im Vergleich zu anderen Ländern beobachtet zu
haben, dass man einen Dialog bereits weiter handhabe, und
das nicht nur im Forschungs-, sondern auch im Gesundheits-
bereich. Eine Beteiligung könne zweierlei Ergebnisse zeiti-
gen, nämlich erstens eine Prüfung ob das, was an Forschung
und Wissenschaft in Deutschland gemacht würde, tatsächlich
das sei, was den Bürgerinnen und Bürgern auf den Nägeln
brenne und ob sich am gesellschaftlichen Bedarfen orientiert
werde. Zweites könne festgestellt werden, ob es nicht viel-
leicht Lücken gebe oder Bedarfe innerhalb der Gesellschaft,
die als Gegenstand der Forschung noch nicht erfasst worden
seien.

Die Fraktion der SPD finde es unterstützenswert, eine Be-
standsaufnahme und Evaluierung zu machen. Es gebe natür-
lich bereits Konsensus-Konferenzen oder Bürgerdialoge,
beispielsweise zum demographischen Wandel, die aber nicht
dazu dienten, forschungsrelevante Themen aufzuarbeiten,
sondern die eher einer Bestandsaufnahme seien. Es sei daher
ein durchaus berechtigtes Anliegen, eine Bestandsaufnahme
einzufordern und darauf aufbauend zu überlegen, wie Zivil-
gesellschaft stärker beteiligt werden könne. Gleichfalls stehe
man der Idee eines themenoffenen Programms aufgeschlos-
sen gegenüber. Zum Beispiel würden von Bürgerinnen und
Bürgern in Bürgersprechstunden interessante Vorschläge ge-
macht. Die Frage sei dann, wo es für solche Ideen geeignete
Ansprechpartner gebe, die die eingebrachten Vorschläge ob-
jektiv bewerten könnten. Die Fraktion der SPD unterstütze
auch die Forderung nach der Aufstockung der Mittel für so-
zialökologischen Forschung, da man diese seit langem eben-
falls aufgestellt habe.

Die Fraktion der FDP fragt, wie der Dialog mit den Bür-
gern im Bereich der Forschungspolitik verbessert werden
könne. Bürgerbeteiligung sei keine neue Erfindung, sondern
in diesem Bereich gebe es schon unendlich viele Möglich-
keiten des Bürgerdialoges, worüber gute Erfahrungen und
Ergebnisse vorlägen.

Dem Antrag mangele es aus Sicht der Fraktion der FDP
an der klaren Benennung der Defizite, wenn auch die Pro-
blematik dargestellt worden sei. Auch nehme man mit Be-
fremden zur Kenntnis, dass einerseits von der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wiederholt Programme der
Regierungskoalition im Bereich Bildung abgelehnt worden
seien, nun aber mit diesem Antrag anderseits ein Programm
gefordert würde. Die Fraktion der FDP stellt fest, dass viele
gute Erfahrungen gemacht worden seien, gute Formate eben-
so wie Plattformen existierten, weshalb man die Notwendig-
keit des Antrags nicht erkenne. In einem Punkt gebe man der
Intention des Antrages recht, ohne allerdings ein Defizit zu
erkennen. Dies betreffe den möglichst zeitnahen Einbezie-
hungsprozess, der zu einer größeren Aufgeschlossenheit in
der Gesellschaft und zu mehr Partizipation sowie zu einer
Versachlichung kontroverser Debatten mit dem Ziel führen
könnte, zu einem besseren Austausch zwischen Bevölkerung
und den Entscheidungsträgern in Wissenschaft, Wirtschaft
und Politik zu gelangen.
Die Fraktion der SPD stellt fest, dass sie die Idee der stär-
keren Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern an Wissen-

Im Bereich der Plattformen könne man nationale und inter-
nationale Erfahrungen heranziehen. Es existierten unter-

Drucksache 17/14106 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

schiedlich gute Formate in Großbritannien oder auch in den
USA. Ebenso existierten Plattformen, wo zivilgesellschaft-
liche Interessenvertreter an forschungsrelevanten Entschei-
dungen Beteiligung fänden. Beispielsweise seien im Bereich
Biomedizin zahlreiche eigene Bürgerdialogverfahren weiter
entwickelt worden, darunter die 2006 initiierte NanoKom-
mission. Man könne sagen, diese Art von Vorläufer sei dem
Bürgerdialog ähnlich, wo Akteure der Technikentwicklung
aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik mit zivilgesell-
schaftlichen Interessenvertretern diskutierten. Für einen sol-
chen Prozess sei wichtig, dass aus ihm Handlungsempfeh-
lungen abgeleitet würden. Überflüssig sei die Feststellung,
dass zivilgesellschaftliche Interessenvertreter ausgiebig in
die Erarbeitung von Forschungsprogrammen einbezogen
werden sollten, da dies etwas sei, was tatsächlich bereits
stattfinde. Der Antrag vermittele den Eindruck, dass solche
Austausch- und Einbindungsprozesse nicht ausreichend
existierten. Diesen Eindruck mit der Forderung nach mehr
struktureller Einbindung hervorrufen zu wollen, sei jedoch
nicht richtig. Gegenstand vieler Debatten sei die Frage, wie
die Abgeordneten, das Parlament, in die Diskussion und den
Austausch einbezogen werden könnten. Wenn man sich die
Situation konkret ansehe, so bestehe sicherlich ein Verbesse-
rungsbedarf. Dies läge aber nicht am Fehlen eines Formats
oder mangelnder Strukturen, sondern daran, dass die Quali-
tät inhaltlich erhöht werden müsse.

Die Fraktion DIE LINKE. hält die in Verbindung mit dem
Antrag geführte Diskussion als zu eng gefasst. Grundsätzlich
stellt sie fest, habe sich in der Gesellschaft in dieser Hinsicht
viel bewegt. Zum einen wollten sich viele Gruppen, Ver-
bände und Organisationen an den Diskussionsprozessen
beteiligen. Zweitens wollten sie dafür verbindliche Struk-
turen haben. Diese Gruppen wollten dann aber nicht nur
gehört werden, sondern es solle auch ein Ergebnis infolge
einer solchen Diskussion erzielt werden. Die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nähme mit diesem Antrag eine
Debatte auf, die während des vergangenen Wissenschafts-
jahres geführt worden sei und an der sich vermutlich alle
Fraktionen beteiligt hätten. Demokratisierung forschungspoli-
tischer Prozesse habe die Überschrift gelautet. Die Fraktion
DIE LINKE. habe festgestellt, dass im Zuge der Diskussio-
nen zivilgesellschaftliche Organisationen, Nichtregierungs-
organisationen (NGOs) und Gewerkschaften zum Ausdruck
gebracht hätten, sich nicht ausreichend an der thematischen
Schwerpunktsetzung für große Forschungsprogramme der
Bundesregierung beteiligt zu fühlen. Auch das Parlament
werde an diesen Programmen prospektiv nicht beteiligt.
Mehr Mitsprache über die Verteilung von Mitteln bedeute
auch mehr Mitsprache über die Verteilung von Steuergel-
dern.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN äh-
nele etwas den Papieren, die im Ergebnis der Initiative For-
schungswende entstanden seien, allerdings sei er zu unver-
bindlich. Unverbindlich seien die genannten Punkte der
Erstellung eines Konzeptes oder Auflage eines Programmes
zur Erarbeitung von konzeptionellen Grundlagen. Im Wis-
senschaftsjahr habe es eine Menge Hinweise für Diskussio-
nen über staatliche Forschungs- und Innovationsförderungen
gegeben, wie diese vor dem Hintergrund des sozialen und
ökologischen Wandelns und der Nachhaltigkeitsaspekte in

che Debatte sei jene, wie sie um das Elektroauto geführt wor-
den sei, wobei ausschließlich die individuelle Ebene disku-
tiert worden sei. Es seien Milliarden in dieses Programm
hineingegeben worden, wobei sogar Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler, insbesondere nach den Erfahrungen in
den Modellregionen, gesagt hätten, es handele sich um Indi-
vidualverkehr, es gehe aber eigentlich um Nutz- und Trans-
portfahrzeuge, welche aber nicht Gegenstand des Konzeptes
gewesen wären. So sei erstens keine Verkehrswende im Er-
gebnis konzipiert worden, da – bei Expertengremien in der
nationalen Plattform für Elektromobilität von 148 Experten,
von denen 111 von der Industrie entsandt worden seien –
man nicht nur bestimmt habe, wohin es inhaltlich gehe, son-
dern auch Zugriff auf die Förderungsmöglichkeiten erhalten
hätte, deren Höhe man zudem hätte bestimmen können. Da-
her müssten die Alltagserfahrungen derer, die in den Kom-
munen, auf dem Land lebten, mit aufgenommen werden, um
dem Übergewicht an Industrielobbyisten etwas entgegenzu-
setzen.

Die Fraktion DIE LINKE. beabsichtige, im März 2013 einen
eigenen Antrag in den Ausschuss einzubringen, der ein
Stück weitergehe. Insbesondere habe man die gleichberech-
tigte Einbeziehung von zivilgesellschaftlichen Organisatio-
nen, Gewerkschaften und NGOs in den Beratungsgremien
der Bundesregierung im Blick. Feststellen müsse man auch,
dass sich in diesen NGOs Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftler engagierten, die offenbar an ihren Hochschulen für
eine kritische Begleitung von Entwicklungsprozessen gar
keinen Platz fänden. Eine solche Einbeziehung gehöre aber
zu einer kritischen Wissenschaft. Erreichen wolle die Frak-
tion DIE LINKE., dass vor dem Hintergrund einer Um-
schichtung von Forschungsmitteln, solche Anregungen stär-
ker aufgenommen und Transformationsforschung unterstützt
werden, wobei das Augenmerk auf sozialer Innovation und
Dienstleistung läge. Entsprechende Forschungsprogramme
sollten künftig vor dem Hintergrund ihrer strategischen Aus-
richtung verbindlich diskutiert werden und eine verbindliche
finanzielle Ausstattung erlangen. Fragen wie Open Innova-
tion und Open Access müssten in diese Punkte mit integriert
werden, nicht zuletzt, um Rückkopplungspunkte zu schaf-
fen. Letztlich sollten verwaltungsfreie Institute oder freige-
meinnützige Träger in die Förderung im Rahmen von Ver-
bundprojekten mit aufgenommen und ihnen auch die
Möglichkeit eröffnet werden, direkt Forschungsaufträge mit
zu vergeben.

Die Bundesregierung versteht den Antrag so, eine stärke
Transparenz, Information und Partizipation zu ermöglichen,
wobei auch NGOs mit einzubeziehen seien. Dies sei ein
wichtiges Anliegen der Bundesregierung, für dessen Umset-
zung man bereits vielfältige Vorkehrungen getroffen habe. In
Forschungsbereichen, die von hoher gesellschaftlicher Rele-
vanz seien, beabsichtige man, Partizipationsprozesse stärker
in die Entwicklung von Forschungsagenden mit einzubezie-
hen. Auch gebe es ein Programm für Bürgerinnovationen,
welches den Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bereits umsetzen, Bürgern einen Ansprechpartner
in Form eine Einrichtung zur Verfügung zu stellen, bei wel-
cher sie ihre Ideen einbringen könnten und welche diese
dann auf Forschungsförderung prüfte. Das Bundesministeri-
um für Bildung und Forschung unterstütze dieses Programm
der Gesellschaft zu führen wären. Ein Beispiel für eine sol- finanziell im Rahmen der Innovations- und Technikanalyse
(ITA); verantwortlich sei die Fraunhofer- Gesellschaft.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/14106

Der von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN aufgestellten Behauptung, die Mittel für die sozial-
ökologische Forschung seien gekürzt worden, trete man ent-
gegen. Die jetzige Bundesregierung habe die Mittel für die
sozialökologische Forschung ausgeweitet und zwar von im

Berlin, den 27. Februar 201

Tankred Schipanski
Berichterstatter

z)

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin
Ein weiteres Feld, auf welchem ein breit angelegter Agenda-
prozess vorangetrieben worden sei, sei die Entwicklung der
„Nationalen Plattform Zukunftsstadt“, die die CO2-neutrale
resp. CO2-arme Energie- und ressourceneffiziente Stadt als
Zielperspektive habe. Am 5. März 2013 sei die Gründungs-
veranstaltung vorgesehen, wobei sich alle relevanten zivil-
gesellschaftlichen Organisationen, z. B. Naturschutzbund,
NABU oder German Watch, engagieren wollten.

Mit Blick auf die Forderung der Fraktion der SPD, eine Be-
standaufnahme zu Bürgerbeteiligungsformaten anzuferti-
gen, verweise man darauf, dass das Bundesministerium für
Bildung und Forschung dies bereits tue, indem ein entspre-
chendes Verbundprojekt partizipativer Verfahren existiere.
Dieses würde mit 1,1 Mio. Euro gefördert.

3

René Röspel
Berichterstatter

Dr. Martin Neumann (Lausit
Berichterstatter

Krista Sager
Berichterstatterin
Jahr 2005 aufgebrachten 6,8 Mio. Euro auf 19,4 Mio. Euro
im Jahr 2012. Im Jahr 2013 würden 20 Mio. Euro für den Be-
reich der sozialökologische Forschung investiert werden.

Im Bereich der sozialökologischen Forschung entwickele
man Forschungsagenden innerhalb eines sehr partizipativen
Prozesses. Beispielsweise sei im März 2012 eine Agenda-
konferenz durchgeführt worden, an der rund 200 Wissen-
schaftler, Personen aus NGOs und Vertreter aus der Wirt-
schaft teilgenommen hätten. Seither hätten fast 1 000 Fach-
leute aus der Wissenschaft und aus NGOs das entsprechende
Memorandum der Fachszene mit unterschrieben.

Darüber hinaus seien „Soziale Innovationen“ in Deutschland
zum Gegenstand eines gleichnamigen Projektes geworden,
in dessen Mittelpunkt vor allem gesellschaftliche Herausfor-
derungen, insbesondere übergreifende Kooperation zwi-
schen Unternehmen und NGOs, stünden.

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