BT-Drucksache 17/1410

Gentechnisch veränderte Amflora-Kartoffel zuverlässig aus der Lebensmittel- und Futtermittelkette fernhalten

Vom 20. April 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1410
17. Wahlperiode 20. 04. 2010

Antrag
der Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß, Dr. Wilhelm Priesmeier, Ulrich Kelber,
Petra Crone, Iris Gleicke, Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Holger Ortel, Heinz
Paula, Kerstin Tack, Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD

Gentechnisch veränderte Amflora-Kartoffel zuverlässig aus der
Lebensmittel- und Futtermittelkette fernhalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Am 19. April 2010 wurde in Mecklenburg-Vorpommern mit dem Anbau der
gentechnisch veränderten Industriekartoffel Amflora begonnen. Klare Anbau-
regelungen fehlen.

Bei der Abstimmung im EU-Rat im Juli 2007 zur Amflora hatte Deutschland die
Zustimmung zur Zulassung an einige Bedingungen geknüpft, die in einer Proto-
kollnotiz festgehalten wurden:

– Die Zulassung sollte weder die Verwendung als Futtermittel noch als Lebens-
mittel beinhalten.

– Das Fernhalten des in der Amflora enthaltenen Antibiotikaresistenz-Marker-
gens aus Lebensmittel- und Futtermittelkette sollte oberste Priorität haben.

– Aus sorgfältigen Untersuchungen sollten unter Beteiligung aller interessierten
Kreise konkrete Anforderungen für Anbau, Lagerung, Transport und sonsti-
gen Umgang sowie die Weiterverarbeitung der Amflora erarbeitet werden,
die jegliche Vermischung von Amflora mit konventionellen Kartoffeln und
Einträge in die Futtermittel- und Lebensmittelkette zuverlässig vermeiden.

– In einem Monitoring sollten die Auswirkungen auf die Bodenökologie genau
beobachtet werden, damit keine Resistenzgene in nachfolgend angebaute
Pflanzen und darüber in die Nahrungskette gelangen.

Bisher wurde keine dieser Bedingungen erfüllt. Dagegen sieht die EU-Zulas-
sung sogar ausdrücklich die Verwendung der Abfälle zu Futterzwecken vor und
beinhaltet zudem einen Toleranzwert von 0,9 Prozent für Lebensmittel.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– den kommerziellen Anbau der gentechnisch veränderten Kartoffel Amflora
in Deutschland zu stoppen, weil der Eintrag von Amflora in die Lebensmittel-
und Futtermittelkette nicht ausgeschlossen ist und damit die von Deutschland
für die Zulassung aufgestellten Bedingungen nicht erfüllt sind;

Drucksache 17/1410 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
– einen Teil der bereits bepflanzten Fläche im Rahmen eines Monitorings zur
Beobachtung der Auswirkungen des Anbaus von Amflora auf die Bodenöko-
logie zu nutzen, um zu vermeiden, dass Resistenzgene in die nachfolgend an-
gebauten Pflanzen und darüber in die Nahrungskette gelangen;

– wegen des Antibiotikaresistenzgens und wegen möglicher Mängel bei der
vorgeschriebenen Überprüfung der Auswirkungen auf Gesundheit und Um-
welt die Rechtmäßigkeit der Zulassung überprüfen zu lassen;

– sich für Rechtsverbindlichkeit für die gentechnikfreien Regionen in Deutsch-
land einzusetzen und die Spielräume zur Verankerung gentechnikfreier
Regionen im nationalen Recht zu nutzen. Gemäß Artikel 26a der Richtlinie
2001/18/EG können die Länder und Kommunen ermächtigt werden, sich zu
gentechnikfreien Anbaugebieten zu erklären, wobei die europarechtlichen
Vorgaben zu beachten sind. Es empfiehlt sich daher, in entsprechenden Be-
schlüssen fruchtartspezifische Regelungen zu entwickeln, die Gegebenheiten
vor Ort darzulegen (kleinteilige Landwirtschaft, Vermehrungsflächen, Natur-
schutzgebiete etc.) und wissenschaftliche Erkenntnisse sowie den Verhältnis-
mäßigkeitsgrundsatz zu berücksichtigen;

– sich auf europäischer Ebene für eine Änderung des EU-Rechts einzusetzen,
damit Länder und Gemeinden sich rechtsverbindlich zu GVO-freien (GVO =
gentechnisch veränderte Organismen) Anbaugebieten erklären können;

– die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass auch die wirtschaftlichen und so-
zialen Auswirkungen und die Möglichkeiten und Kosten der Kontrolle und
der Verhinderung von Verunreinigungen abgeschätzt bzw. abgewogen wer-
den und zu einem Verbot des Anbaus führen können.

Berlin, den 20. April 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

Begründung

– Die Zulassung der Amflora, die ein Antibiotikaresistenzgen enthält, ent-
spricht nicht dem Vorsorgeprinzip. Dies bestätigen auch Organisationen wie
die EU-Arzneimittelbehörde und die Weltgesundheitsorganisation WHO.

– Die Akzeptanz in der Bevölkerung für die gentechnisch veränderte Kartoffel
ist gering.

– Auch die Wirtschaft hat wenig Interesse an dieser Kartoffel. Viel zu groß ist
das Risiko, dass Amflora in die Lebensmittel- und Futtermittelkette gerät.

– Es gibt gentechnikfreie Alternativen.

– Die Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt sind möglicherweise nur
mangelhaft überprüft worden. Laut einer neuen Studie (März 2010) im Auf-
trag von Greenpeace wurden z. B. der Einfluss auf Wildtiere nicht untersucht,
obwohl Rehe und Hasen immer wieder Pflanzen und Knollen von Kartoffel-
äckern fressen. Und auch über die Auswirkungen auf die Bodenökologie ist
wenig bekannt.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.