BT-Drucksache 17/13900

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Dr. h. c. Gernot Erler, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SP - Drucksache 17/12379 - Ernährung sichern, (Über-)Lebensbedingungen in Entwicklungsländern strukturell verbessern - Ländliche Entwicklung als Schlüssel zur Bekämpfung von Hunger und Armut b) zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Harald Ebner, Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/13492 - Für eine kohärente Politikstrategie zur Überwindung des Hungers

Vom 12. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13900
17. Wahlperiode 12. 06. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Dr. h. c. Gernot Erler,
Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/12379 –

Ernährung sichern, (Über-)Lebensbedingungen in Entwicklungsländern
strukturell verbessern – Ländliche Entwicklung als Schlüssel zur Bekämpfung
von Hunger und Armut

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Harald Ebner, Uwe Kekeritz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/13492 –

Für eine kohärente Politikstrategie zur Überwindung des Hungers

A. Problem

Zu Buchstabe a

Das Recht auf Nahrung ist das weltweit am häufigsten verletzte Menschen-
recht: Gegenwärtig müssen rund 870 Millionen Menschen hungern und jedes
Jahr 2,5 Millionen Kinder an Mangelernährung sterben. Ursächlich hierfür ist
nicht etwa eine unzureichende Weltproduktion von Nahrungsmitteln, sondern
das Problem des Zugangs und der Verteilung, insbesondere in den Entwick-
lungsländern.

Ziel der Entwicklungspolitik muss es sein, Hunger und Armut bis zum Jahr
2030 endgültig zu überwinden. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Entwick-
lung des ländlichen Raums in den Entwicklungsländern zu, denn nach wie vor
leben rund 80 Prozent der Bevölkerung und ca. 75 Prozent der absolut Armen

dieser Länder in ländlichen Regionen.

Ein moderner Begriff von ländlicher Entwicklung muss heute sehr viel mehr
abbilden als nur die Unterstützung kleinbäuerlicher Betriebe durch technische
Hilfeleistung. Es geht um die betriebsgrößenunabhängige Einbeziehung wirt-
schafts-, sozial-, umwelt- und klimapolitischer Aspekte.

Drucksache 17/13900 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Vor dem Hintergrund einer stetig wachsenden Weltbevölkerung und sich än-
dernder Konsumgewohnheiten müssen eine Vielzahl von Herausforderungen
bewältigt werden, um dieses Ziel zu erreichen.

Da sind zunächst einmal die nach wie vor gewährten internen Stützungen der
europäischen Landwirtschaft durch die Europäische Union. Sie tragen indirekt
mit dazu bei, dass der Markt in den Entwicklungsländern durch Dumping-
exporte geschwächt und die Entwicklung der agrarischen Produktion vor Ort
behindert wird.

Da sind die zunehmenden Spekulationen mit Nahrungsmitteln bzw. Agrarroh-
stoffen, die zu Preissteigerungen und Preisschwankungen führen. Es ist vor al-
lem die mit den Warenterminbörsengeschäften verbundene erhöhte Volatilität
der Preise, die Unsicherheit in die Agrarrohstoffmärkte bringt.

Da sind die immer schneller getätigten großflächigen Landnahmen von über-
wiegend privaten Investoren durch langfristige Pacht- oder Kaufverträge (land
grabbing), die in Verbindung mit der ungebremsten Bodendegration infolge des
Klimawandels die schon vorhandenen Verteilungsungerechtigkeiten massiv
verstärken und aufgrund des erschwerten Zugangs zu Lebensmitteln ökonomi-
schen Wachstumsverlusten, Unruhen und politischen Turbulenzen Vorschub
leisten. Um dem entgegenzuwirken, bedürfe es einer umfassenden Agrar- und
Bodenrechtsreform.

Da sind die strukturellen Benachteiligungen von Frauen insbesondere in Af-
rika, die immerhin bis zu 80 Prozent der Grundnahrungsmittel produzieren.
Würde man den Zugang zu Landtiteln für Frauen erleichtern, könnte dies zu ei-
nem signifikanten Wachstum der landwirtschaftlichen Produktion beitragen.

Da sind die landwirtschaftlich typischen Risiken wie Ernteausfälle oder Dür-
ren, die sozial abgesichert werden müssen. Systeme der sozialen Grundsiche-
rung müssen integraler Bestandteil einer nachhaltigen ländlichen Entwicklung
werden.

Und da ist schließlich die strategische Ausrichtung der Entwicklungspolitik, die
dergestalt weiterentwickelt werden muss, dass die Förderung der ländlichen
Entwicklung als Querschnittsthema in den Gesamtkontext deutscher und vor
allem multilateraler Förderpolitik mit verlässlichen Finanzzusagen integriert
wird.

Zu Buchstabe b

Das Millenniumsentwicklungsziel 1 (Extreme Armut und Hunger beseitigen)
wird aller Voraussicht nach nicht erfüllt werden. Hunger in einer Welt des
Überflusses aber ist ein Skandal. Das Recht auf angemessene Ernährung muss
als fundamentales Menschenrecht endlich umgesetzt werden.

Die tatsächliche Zahl hungernder Menschen weltweit muss aus diversen erfas-
sungsmethodischen Gründen wohl höher als von der Ernährungs- und Landwirt-
schaftsorganisation der Vereinten Nationen zuletzt im Oktober 2012 geschätzt
angesetzt werden; vermutlich liege sie bei einer Milliarde. Hinzu kommen mehr
als eine Milliarde Menschen, die unter „verborgenem Hunger“ leiden, also der
chronischen Unterversorgung mit lebenswichtigen Mikronährstoffen. Hunger
und Mangelernährung sind weltweit die häufigsten altersunabhängigen Todes-
ursachen.

Hunger ist ein überwiegend ländliches Phänomen – etwa Dreiviertel der Hun-
gernden leben auf dem Lande – und hat ein überwiegend weibliches Gesicht –
Frauen und Mädchen machen 70 Prozent der Unter- und Mangelernährten aus.

Über Jahrzehnte hinweg ist die Förderung der Landwirtschaft im ländlichen

Raum vernachlässigt und sind geplante Bodenreformen nicht umgesetzt wor-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13900

den. Eine ausschließlich agro-industriell ausgerichtete Landwirtschaft in Ver-
bindung mit dem Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen wäre aber eher Teil
des Problems als Teil der Lösung. Hinzu kommen sich verschärfende Flächen-
nutzungskonkurrenzen (Biotreibstoffe) und die Folgen des Klimawandels. Der
Förderung des ländlichen Raumes muss Priorität eingeräumt werden.

Darüber hinaus ist die Handels- und Fischereipolitik, die die einheimischen
Märkte in den Entwicklungsländern schwächt und die Bildung von lokalen und
regionalen Wertschöpfungsketten verhindert, nicht minder für diesen Zustand
verantwortlich.

Unter- und Mangelernährung sind heute nicht nur eine Frage des unzureichen-
den Angebotes, sondern primär eine Frage von Zugangs- und Verteilungsge-
rechtigkeit. Zu dem Ursachenbündel zählen auch Aspekte wie Armut, fehlende
soziale Grundsicherung, Preissteigerungen durch Nahrungsmittelspekulatio-
nen, Landverlust durch Klimawandel.

Vor diesem Hintergrund kann der Hunger in der Welt nur mit einem ganzheit-
lichen Ansatz und einer kohärenten, ressortübergreifenden Politikstrategie
überwunden werden. Eine notwendige weltweite Agrarwende hätte sich am
Leitbild einer standortangepassten nachhaltigen Landwirtschaft zu orientieren,
in der vor allem die Potentiale einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft stärker
genutzt werden.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/12379 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion
DIE LINKE.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/13492 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen SPD
und DIE LINKE.

C. Alternativen

Zu den Buchstaben a und b

Annahme der Anträge.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

E. Erfüllungsaufwand

Der Antrag macht keine Angaben über entstehenden Erfüllungsaufwand.

Drucksache 17/13900 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/12379 abzulehnen;

b) den Antrag auf Drucksache 17/13492 abzulehnen.

Berlin, den 5. Juni 2013

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dagmar G. Wöhrl
Vorsitzende

Helmut Heiderich
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Dr. Christiane Ratjen-Damerau
Berichterstatterin

Niema Movassat
Berichterstatter

Thilo Hoppe
Berichterstatter

parenz- und Kontrollpflichten sollen verbessert werden.
Schließlich soll die Bundesregierung dafür Sorge tragen,
Auf EU-Ebene soll sich die Bundesregierung dafür einset-
zen, dass alle EU-Agrarexportsubventionen abgeschafft
werden und ein entwicklungsorientierter Abschluss der
WTO-Verhandlungen zustande kommt. Die EU-Freihan-

dass Frühwarnsysteme zur rechtzeitigen Erkennung von
Hungerkrisen international so aufgestellt werden, dass ei-
nerseits die nationale Not- und Übergangshilfe handlungsfä-
hig reagieren kann, andererseits Soforthilfemaßnahmen mit
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/13900

Bericht der Abgeordneten Dr. Helmut Heiderich, Dr. Sascha Raabe, Dr. Christiane
Ratjen-Damerau, Niema Movassat und Thilo Hoppe

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/12379 in seiner 222. Sitzung am 21. Februar 2013 bera-
ten und an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenar-
beit und Entwicklung zur federführenden Beratung und an
den Auswärtiger Ausschuss, den Finanzausschuss, den
Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz, den Ausschuss für Arbeit und So-
ziales, den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend, den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung, den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit, den Ausschuss für Menschenrechte und humani-
täre Hilfe und den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/13492 in seiner 240. Sitzung am 16. Mai 2013 beraten
und an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung zur federführenden Beratung und an den
Finanzausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
nologie, den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, den Ausschuss für Arbeit und Soziales,
den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit, den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Euro-
päischen Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Mit dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert,
sich auf internationaler Ebene für die Überwindung von
Hunger und Armut bis zum Jahr 2030 einzusetzen und da-
mit verbunden für eine stärker multilaterale Förderung in-
ternationaler Organisationen wie den Internationalen Fonds
für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), die Ernäh-
rungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Na-
tionen (FAO) und das UN-Welternährungsprogramm
(WFP).

Spekulationen mit Index- und Investmentfonds, die Roh-
stoffpreise oder Rohstoffpreisindizes für Agrarrohstoffe,
Nahrungsmittel und Energierohstoffe abbilden, sollen in-
ternational verboten werden. Durch Obergrenzen für das
Handelsvolumen (ex-ante Positionslimits), eine Mindest-
verweildauer, eine Anhebung der Sicherheitsleistungen
(Margin), den Nachweis von Kundenaufträgen und die Ein-
führung einer Finanztransaktionssteuer soll eine Entschleu-
nigung der Finanzmärkte herbeigeführt werden. Die Trans-

menschenrechtlicher, ökologischer und sozialer Mindest-
standards wie die ILO-Kernarbeitsnormen verbindlich fest-
zulegen und die Mitwirkungsrechte der nationalen Parla-
mente über diese Abkommen zu verbessern sind.

Auf nationaler Ebene soll die Bundesregierung ihre Pro-
gramme zur Förderung der ländlichen Entwicklung stärker
auf die am wenigsten entwickelten Länder konzentrieren
(LDC). Im Kampf gegen „land grabbing“ sollen von den
Partnerländern Land- und Bodenreformen eingefordert wer-
den. Aufbau und Arbeitsweise des Justiz- und Katasterwe-
sen sollen flankierend gefördert werden. Ergänzend hierzu
sollen die Rechte und der Zugang zu Wasser für die länd-
liche Bevölkerung in den Partnerländern gesichert, das Was-
sermanagement verbessert, Bewässerungssysteme effizien-
ter und die Preise für Wasser als Gut der öffentlichen Da-
seinsvorsorge staatlich kontrolliert und ggf. auch reguliert
werden.

Bei ihren Partnerländern soll die Bundesregierung für mehr
Eigenverantwortung bei der Einhaltung der Maputo Decla-
ration on Agriculture and Food Security werben (Einpla-
nung von zehn Prozent der nationalen Budgets für ländliche
Entwicklung) und vor Ort Wertschöpfungsketten fördern
und den Marktzugang sicherstellen.

Flankierend soll die Bundesregierung ihr Engagement bei
Infrastrukturmaßnahmen (u. a. Logistik, Telekommunika-
tion, Energieversorgung) sowie beim Aufbau von Genos-
senschaftsbanken und sozialen Sicherungssystemen in Ent-
wicklungsländern massiv erhöhen. Mit dem Auf- und Aus-
bau von solidarischen Gesundheitssystemen und einer gesi-
cherten Bildung für alle soll die Attraktivität des ländlichen
Raums verbessert werden.

Darüber hinaus sollen die Rechte und Chancen von Frauen
in ländlichen Räumen gestärkt werden, insbesondere ihr Zu-
gang zu Land, Krediten und Bildungsangeboten, aber auch
ihre soziale Absicherung.

Bei allen Fragen der ländlichen Entwicklung sollen Aspekte
der Fischereipolitik (u. a. Bestandsschutz, Wertschöpfung
vor Ort), der nachhaltigen Bewirtschaftungsformen und der
Biodiversität (inkl. der Erhaltung großer Sortenvielfalt beim
Saatgut), des adaptiven Klimaschutzes und der Reduktion
von Treibhausgasemissionen mit berücksichtigt werden.
Der Anbau von Pflanzen zur Agrokraftstoffproduktion darf
nicht zu Lasten der Ernährungssicherheit gehen. Hierzu
müssen strenge Zertifizierungsauflagen und hinreichende
Kontrollen geschaffen werden.
dels- und Partnerschaftsabkommen sind entwicklungswirk-
sam auszurichten, das meint, dass in ihnen die Einhaltung

langfristig entwicklungsorientierten Aufbauhilfen verknüpft
werden können.

Drucksache 17/13900 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Buchstabe b

Mit dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, die
deutsche ODA-Quote (Official Development Assistance)
bis spätestens 2017 auf 0,7 Prozent des BNE zu steigern und
mindestens zehn Prozent der deutschen ODA-Mittel für die
Förderung der ländlichen Entwicklung im Sinne der Ernäh-
rungssicherung einzusetzen sowie die Empfängerländer auf-
zufordern, gemäß der von der Afrikanischen Union verab-
schiedeten Maputo-Erklärung ebenfalls mindestens zehn
Prozent ihrer Staatshaushalte für Landwirtschaft und ländli-
che Entwicklung bereitzustellen.

Die Bundesregierung wird ferner aufgefordert, das im Ja-
nuar 2013 in Kraft getretene Nahrungsmittelhilfe-Überein-
kommen (Food Assistance Convention) zu unterzeichnen.
Bei Neuverhandlungen soll sie sich für die Wiedereinfüh-
rung mehrjähriger Minimalverpflichtungen, insbesondere
aber für Hilfen in Form von reinen Zuschüssen stark ma-
chen, mit denen ungebunden lokal oder regional Nahrungs-
mittel eingekauft werden können. Grundsätzlich sollen die
Mittel für Nahrungsmittelhilfe deutlich erhöht werden. Im
Rahmen von Nahrungsmittelhilfsprogrammen soll in Zu-
kunft dem Aspekt Mikronährstoffe mehr Beachtung ge-
schenkt werden.

Im Rahmen ihrer EZ-Programme im Bereich Ländliche Ent-
wicklung und Ernährungssicherung soll die Bundesregie-
rung insbesondere den Zugang von Kleinbauern und Pasto-
ralisten zu Kleinkrediten, die Gründung von genossen-
schaftlichen Selbstorganisationen und Genossenschaftsban-
ken, die Zertifizierung für Biolandwirtschaft- und Fairtrade-
Siegel, die Weiterentwicklung von Praktiken angepasster,
bodenschonender landwirtschaftlicher Nutzungssysteme,
ganzheitliche agrar-ökologische Anbauverfahren, die Wie-
derbelebung der Vielfalt der Sorten durch den freien Aus-
tausch traditionellen Saatgutes, den Aufbau von nationalen
Wertschöpfungsketten sowie den Aufbau von Infrastruktu-
ren fördern, die der Vermeidung von Nachernteverlusten
dienen. Zusätzlich sollen lokale und regionale Nahrungs-
mittelreserven in von Dürre und Hunger betroffenen Gebie-
ten angelegt und transparent und partizipativ verwaltet wer-
den.

Darüber hinaus soll die Bundesregierung der Benachteili-
gung von Frauen und Mädchen in der Landwirtschaft entge-
genwirken und sich auch hier für deren Zugang zu Land,
Wasser und sanitärer Versorgung einsetzen. Um die Umset-
zung der „Freiwilligen Leitlinien für die verantwortungs-
volle Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten,
Fischgründen und Wäldern im Rahmen der nationalen Er-
nährungssicherheit“ und der „Grundprinzipien und Leit-
linien zu Zwangsräumungen und Zwangsvertreibungen“ zu
forcieren, sollen Fördermaßnahmen von internationalen
Entwicklungsbanken und deutschen Durchführungsorgani-
sationen der EZ von deren Einhaltung abhängig gemacht
werden. Grundsätzlich soll einkommensschwachen Bevöl-
kerungsgruppen der Zugang zu Nahrung durch soziale Si-
cherungssysteme ermöglicht werden.

Mit Blick auf den Nexus von landwirtschaftlicher Entwick-
lung und Klimawandel soll die Bundesregierung eine Kli-
mapolitik der unterschiedlichen Geschwindigkeiten verfol-

zent bis 2020 einsetzen. Sie soll sich international dafür ver-
wenden, dass bis zum Jahr 2020 100 Mrd. US-Dollar für
Maßnahmen gegen den Klimawandel bereitgestellt werden;
davon soll Deutschland einen angemessenen Anteil über-
nehmen.

Der Prozentsatz der Mittel für Anpassungsmaßnahmen soll
auf mindestens 50 Prozent erhöht werden; die von Deutsch-
land auf der CBD COP 9 in Bonn im Jahr 2008 zugesagten
jährlich aufzubringenden 500 Mio. Euro für den internatio-
nalen Biodiversitäts- und Waldschutz sollen dauerhaft haus-
haltsmäßig abgesichert werden.

Um Spekulationen mit Nahrungsmitteln einzudämmen soll
die Bundesregierung auf EU-Ebene dafür werben, dass für
alle Händler an allen europäischen Börsen strenge Berichts-
pflichten und Preis- und Positionslimits eingeführt werden.

Grundsätzlich soll die Verwendung von Nahrungsmitteln
zur direkten menschlichen Ernährung Vorrang gegenüber
anderen Verwendungszwecken haben (z.B. zur Energiege-
winnung und zur Fleischproduktion). Beim Import von Bio-
masse in die EU sollen die Erzeugerländer nachweisen, dass
der Anbau von Pflanzen für den Export weder zur Zerstö-
rung wichtiger Ökosysteme noch zu Vertreibungen führt
und auch das Recht auf angemessene Nahrung der eigenen
Bevölkerung nicht untergräbt.

Im Rahmen der Gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik
der EU (GAP und GFP) sollen alle restlichen Agro-Subven-
tionen abgeschafft werden.

Schließlich wird vorgeschlagen, einen ressortübergreifen-
den Koordinierungskreis zur Umsetzung der Politikkohä-
renz im Sinne des Rechts auf Nahrung einzurichten.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Auswärtige Ausschuss, der Finanzausschuss, der
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, der Aus-
schuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz, der Ausschuss für Arbeit und Soziales, der
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, der
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit, der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe und der Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union haben den Antrag auf Drucksache
17/12379 in ihrer Sitzung am 5. Juni 2013 beraten.

Der Haushaltsausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/12379 in seiner Sitzung am 15. Mai 2013 beraten.

Die Ausschüsse empfehlen mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthal-
tung der Fraktion DIE LINKE., den Antrag abzulehnen.

Zu Buchstabe b

Der Finanzausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, der Ausschuss für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz, der Ausschuss für Arbeit
gen. In diesem Zusammenhang soll sie sich innerhalb der
EU für eine Erhöhung der CO2-Reduktionsziele auf 30 Pro-

und Soziales, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit und der Ausschuss für Menschen-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/13900

rechte und humanitäre Hilfe haben den Antrag auf Druck-
sache 17/13492 in ihrer Sitzung am 5. Juni 2013 beraten.

Die Ausschüsse empfehlen mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktionen SPD und DIE LINKE., den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europä-
ischen Union hat den Antrag auf Drucksache 17/13492 in
seiner Sitzung am 5. Juni 2013 beraten. Er empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.,
den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Zu den Buchstaben a und b

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat die Anträge auf den Drucksachen 17/12379
und 17/13492 gemeinsam in seiner 82. Sitzung am 5. Juni
2013 beraten.

Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung
der Fraktion DIE LINKE., den Antrag auf Drucksache
17/12379 abzulehnen.

Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen SPD
und DIE LINKE., den Antrag auf Drucksache 17/13492 ab-
zulehnen.

Die Fraktion der SPD erinnert an das gemeinsame Ziel, bis
2030 Hunger und extreme Armut abschaffen zu wollen. Der
Großteil der Menschen und 70 Prozent der Ärmsten lebten
im ländlichen Raum, und deshalb müsse man sich um länd-
liche Entwicklung kümmern. In den 80er- und 90er-Jahren
habe man wenig tun können, weil die Agrarsubventionen
der EU und der USA viele Entwicklungsprojekte zunichte
gemacht hätten. Erst mit den steigenden Agrarpreisen in den
zurückliegenden sieben bis acht Jahren mache es wieder
Sinn, in diesen Sektor zu investieren. Wie von vielen Nicht-
regierungsorganisationen berichtet würde, habe sich hier
aber bisher wenig getan. Entsprechend fordere man die
Bundesregierung auf, mehr Mittel bereitzustellen. Im An-
trag werde auch ein Schwerpunkt auf die Schaffung von Ar-
beitsplätzen außerhalb des Landwirtschaftssektors gelegt,
um die Weiterverarbeitung der Agrarprodukte zu ermög-
lichen und damit Wertschöpfungsketten aufzubauen. Das
gelinge aber nur, wenn durch faire Freihandelsabkommen
mit entsprechenden Schutzmöglichkeiten und Standards wie
Kernarbeitsnormen und ökologischen und sozialen Min-
deststandards gleichzeitig ein gerechter Welthandel ge-
schaffen würde. Unabhängig davon müssten bestimmte
Gruppen wie Nomadenvölker über soziale Sicherungssys-
teme Zugang zu sozialen Mindestleistungen haben, da die
Ernährungssicherheit dieser Gruppen nicht über eine För-
derung der Landwirtschaft gesichert werden könne. Wenn

werde, leiste man zugleich einen Beitrag zur nachhaltigen
Chancenverbesserung. Da die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN in ihrem Antrag fordere, dass das 0,7-Prozent-
Ziel schon bis 2017 erreicht werden solle, was man selbst
aufgrund des Versagens der derzeitigen Regierung für un-
realistisch halte, werde man sich bei der Abstimmung ent-
halten. Man selbst fordere 1 Mrd. Euro zusätzlich pro Jahr,
bis die 0,7-Prozent-Marke erreicht sei; aber das werde man
unmöglich bis 2017 schaffen können.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verweist auf
den entwicklungspolitischen Konsens, das 0,7-Prozent-Ziel
bis 2017 erreichen zu wollen. Daran müsse man festhalten.
Es gebe auch Vorschläge, wie man die Finanzierung sicher-
stellen könne. Dem Antrag der Fraktion der SPD werde man
zustimmen, da die dort gestellten Forderungen mit denen in
einem bereits vor Jahren gestellten eigenen Antrag de-
ckungsgleich seien. Der jetzt vorgelegte Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehe aber über diesen rein
entwicklungspolitischen Ansatz hinaus. Ihm liege die Ein-
sicht zugrunde, wenn man Hunger wirklich wirksam be-
kämpfen wolle, dann brauche man einen ressortübergreifen-
den Ansatz. Beispielsweise würde aufgrund des Klimawan-
dels in einigen Ländern bereits heute schon bis zu 20 Pro-
zent der fruchtbaren Böden verloren gehen. Ein anderes
Beispiel sei die unfaire Handelspolitik, wo mit Subventio-
nen großer Schaden angerichtet würde. Auch die Spekula-
tionen mit Agrarrohstoffen wirkten sich schädlich aus.
Nicht zu vergessen sei eine notwendig andere Umwelt- und
Klimapolitik sowie die Einführung von sozialen Siche-
rungssystemen. Nur in der Gesamtschau lasse sich der
Hunger effektiv bekämpfen. Innerhalb der landwirtschaft-
lichen Förderpolitik müsse man mehr auf die Bedürfnisse
der Kleinbauern, der Pastoralisten und der handwerklichen
Fischerei achten, beispielsweise durch verstärkte Unterstüt-
zung mit Mikrokrediten oder durch die Sicherung des Zu-
gangs zu Wasser und zu Land. Man sehe mit Sorge, dass
über die G8-Allianz für Ernährungssicherheit sehr unter-
schiedliche Konzepte verfolgt würden. Große Lösungen mit
agro-industriellen Methoden tendierten eher dazu, die Basis
der Ernährungssicherung und damit die Ernährungssouverä-
nität der Menschen vor Ort zu zerstören. Nur dort, wo
gleichzeitig auch Wertschöpfungsketten im Land imple-
mentiert werden könnten, wie etwa in Malawi, seien solche
Ansätze akzeptabel.

Die Fraktion der CDU/CSU lehnt beide Anträge ab, weil
sie erstens zwei Wochen vor Ende der Legislaturperiode
keinen erkennbaren praktischen Sinn mehr machten, und
weil hier zweitens Forderungen erhoben würden, die von
der Bundesregierung längst umgesetzt worden seien. Die
Fraktion der SPD fordere einmal mehr eine Erhöhung der
Mittel und verkenne dabei, dass die Bundesregierung die
Mittel in diesem Bereich in den zurückliegenden vier Jahren
verdoppelt habe. Deutschland sei mittlerweile der zweit-
größte Geber in diesem Sektor. Auch die Food and Agri-
culture Organization (FAO), die gerade erst einen Bericht
vorgelegt habe, sei auf dem Weg, ihre Ziele zu verändern.
So sollten zukünftig verstärkt private Investitionen in den
ländlichen Raum erfolgen, und die Produktivität der Klein-
bauern solle erhöht werden. Diesen Kurs werde man unter-
das wie in Brasilien vorbildlich und erfolgreich mit Aufla-
gen wie die Teilnahme an Bildungsangeboten verbunden

stützen, zumal er genau auf der Linie der von der Bundes-
regierung seit Jahren verfolgten Strategie liege.

Berlin, den 5. Juni 2013

Helmut Heiderich
Berichterstatter

-Damerau

Niema Movassat
Berichterstatter

H. Heene
ese
GRÜNEN klarer ausfalle, gehe auch er nicht weit genug,
beispielsweise bei der Frage der Kraft- und Brennstoffe aus
Biomasse. Auch bei der Zusammenarbeit mit der Groß-
industrie ließen die Formulierungen einen zu großen Inter-
pretationsspielraum zu.

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Dr. Christiane Ratjen
Berichterstatterin

Thilo Hoppe
Berichterstatter
Drucksache 17/13900 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die Fraktion der FDP teilt die in den Anträgen vertretene
Auffassung, dass es Hauptziel der Entwicklungspolitik sein
müsse, Armut und Hunger in dieser Welt zu bekämpfen. Die
Regierungsfraktionen hätten hierzu in dieser Legislaturpe-
riode eine Reihe von Anträgen gestellt. Das Ministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
habe ein überzeugendes Konzept erarbeitet und bereits vie-
les auf den Weg gebracht, und vieles davon sei auch schon
umgesetzt. Die vorliegenden Anträge litten darunter, dass
man versucht habe, alle Probleme dieser Welt mit einem
Antrag abarbeiten zu wollen. Zudem würde ausschließlich
darauf gesetzt, die Probleme mit immer mehr Geld lösen zu
wollen. Nicht zuletzt werde versucht, die Menschen in ihrem
gesamten Verhalten zu bevormunden. Das lehne man grund-
sätzlich ab, und darum werde man diese Anträge ablehnen.

Die Fraktion DIE LINKE. begrüßt beide Anträge, weil sie
im Grundsatz einen richtigen Ansatz verfolgten. Die Frak-
tion werde sich aber bei beiden Anträgen enthalten, da ent-
scheidende Punkte im Unklaren bleiben würden. Die Frak-
tion der SPD setze beispielsweise beim Anbau von Agro-
kraftstoffen auf Zertifizierung und Kontrolle. Das reiche
nicht. Man selbst fordere ein klares EU-Importverbot. Auch
beim Thema Wasser lasse es die Fraktion der SPD an der
nötigen Bestimmtheit vermissen. Wasser müsse konsequent
von jeder Form der Privatisierung ausgeschlossen werden.
Wiewohl der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
mann

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