BT-Drucksache 17/13895

Grünland effektiv schützen

Vom 11. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13895
17. Wahlperiode 11. 06. 2013

Antrag
der Abgeordneten Dr. Wilhelm Priesmeier, Elvira Drobinski-Weiß, Petra Crone,
Willi Brase, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Gabriele Groneberg, Ulrich Kelber,
Astrid Klug, Ute Kumpf, Dr. Matthias Miersch, Thomas Oppermann, Holger Ortel,
Heinz Paula, Michael Roth (Heringen), Kerstin Tack, Ute Vogt, Waltraud Wolff
(Wolmirstedt), Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Grünland effektiv schützen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

In Deutschland werden etwa fünf Millionen Hektar als Dauergrünland bewirt-
schaftet. Das entspricht knapp 30 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen
Nutzfläche. Grünlandflächen haben vielfältige ökologische Funktionen und leis-
ten einen maßgeblichen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Die Speicher-
fähigkeit von Kohlenstoff und damit klimarelevanter Gase ist auf Grünland-
standorten um ein Vielfaches höher als beispielsweise bei Ackerland. Grün-
landflächen besitzen darüber hinaus wichtige Puffer- und Filterfunktionen für
Oberflächen- und Grundwasser und leisten einen wichtigen Beitrag zum Hoch-
wasserschutz. Durch die permanente Bodenbedeckung auf Grünlandflächen
werden die Böden vor Erosion geschützt. Gleichzeitig bieten sie Lebensraum für
Tiere und Pflanzen und sind damit für die Erhaltung beziehungsweise die Erhö-
hung der Artenvielfalt von wesentlicher Bedeutung. Je extensiver das Grünland
bewirtschaftet wird, desto höher ist die biologische Vielfalt.

Grünland ist ein bedeutender Produktionsstandort für die Landwirtschaft. Vor
allem in der Milchviehhaltung sind Gras, Heu und Silage die wichtigsten
Futterbestandteile. Ertragreiches und nachhaltig bewirtschaftetes Grünland un-
terstützt die Wirtschaftlichkeit der Betriebe.

Wiesen und Weiden prägen die vielfältigen Kulturlandschaften in Deutschland.
Sie unterstützen die Naherholungsfunktion ländlicher Gebiete und sind die
Grundlage für einen erfolgreichen ländlichen Tourismus.

Oberstes Ziel muss es deshalb sein, die Grünlandstandorte in Deutschland lang-
fristig zu schützen und die Produktivität nachhaltig zu sichern. Insbesondere
die Erhaltung der artenreichen Grünlandstandort, die nur noch 14 Prozent der
gesamten Grünlandfläche ausmachen, muss mit geeigneten Maßnahmen unter-
stützt werden. Diese Flächen bleiben zwar oft Grünland, verlieren für den

Naturschutz aber wegen fortschreitender Nutzungsintensivierung ihren Wert.

Täglich werden durchschnittlich etwa 80 Hektar land- und forstwirtschaftliche
Fläche durch Infrastrukturprojekte und andere Bauvorhaben versiegelt. Da-
durch geht neben Ackerfläche auch ein nicht unerheblicher Teil der Grünland-
standorte unwiederbringlich verloren. Auch der im Rahmen des Erneuerbaren-
Energie-Gesetzes geförderte Anbau von Biomasse zur Erzeugung von Energie

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erhöht den Druck auf die Milchvieh- und Grünlandbetriebe. Vielerorts kommt
es daher zu Grünlandumbrüchen und zur Umwandlung von Grünland in Acker-
land.

Der Grünlandverlust lag im Bundesdurchschnitt in dem Zeitraum von 2003 bis
2012 bei 3,6 Prozent. Auf regionaler Ebene sind die Verluste zum Teil noch
deutlich größer. So weisen die Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Hol-
stein und Nordrhein-Westfalen Grünlandverluste von über 5 Prozent auf. Diese
Zahlen belegen, dass die gegenwärtige Förderung von Grünland im Rahmen
von Agrarumweltmaßnahmen und vertraglichen Naturschutzprogrammen nicht
ausreichend sind. Auch der auf europäischer Ebene diskutierte Vorschlag, den
Umbruch von Dauergrünland im Betrieb künftig auf höchstens 5 Prozent zu
begrenzen, ist unzureichend. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um wert-
volle Grünlandflächen zu erhalten. Von dieser Entwicklung sind insbesondere
die Wiesenvogelarten betroffen, die heute fast alle auf der Roten Liste der be-
drohten Tierarten stehen.

Die Politik ist aufgefordert, einen effektiveren Grünlandschutz ab 2014 zu ge-
währleisten. Dieser ermöglicht eine Verbesserung der Umweltwirksamkeit und
ist zur Erreichung zentraler europäischer und nationaler Umweltziele notwen-
dig – wie Natura 2000, der europäischen und nationalen Biodiversitätsstrategie,
des 2020-Ziels zu Stopp und Umkehr der Biodiversitätsverluste, der deutschen
Nachhaltigkeitsstrategie, der Wasserrahmenrichtlinie usw. Gleichzeitig ist eine
extensive Nutzung von Grünlandstandorten zu fördern. Sie ist aus umwelt- und
naturschutzrechtlicher Sicht willkommen, ja notwendig, und daher auch aus
den Mitteln der Agrarfonds zu fördern. Hier können Ziele der wirtschaftlichen
Nutzbarkeit mit jenen des Natur- und Umweltschutzes vereint werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. ein striktes nationales Grünlandumbruchverbot als Greening-Anforderung
durchzusetzen;

2. die Möglichkeit zu nutzen, 15 Prozent des Gesamtvolumens der Direktzah-
lungen an die deutsche Landwirtschaft für die Politik zur Entwicklung der
ländlichen Räume zu nutzen und damit vor allem Maßnahmen zu finanzie-
ren, die den Zielen der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten im Be-
reich Natura 2000, Anhangarten von Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, Vogel-
schutzrichtlinie sowie Wasserrahmenrichtlinie dienen;

3. Grünland unter Einschluss von Landschaftselementen praxisnäher zu defi-
nieren. Die Definition sollte sich an der des Europäischen Parlaments orien-
tieren, die wie folgt lautet: „Dauergrünland und Dauerweideland: Flächen,
die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von
Futterpflanzen, Grünpflanzen, Sträuchern und/oder Bäumen oder jeder an-
deren für Weiden geeigneten Art genutzt werden und nicht Bestandteil der
Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs sind und seit mindestens sie-
ben Jahren nicht umgepflügt wurden; sie können auch andere Eigenschaften
aufweisen, die für ihre Einstufung als Dauerweideland von Bedeutung
sind“;

4. einen Nutzungscode „landwirtschaftlich genutzte Naturschutzfläche“ zu
schaffen, um die Ziele der europäischen und nationalen Biodiversitätsstrate-
gien zu unterstützen, gleichzeitig Rechtssicherheit zu schaffen sowie den
Verwaltungsaufwand, Sanktions- wie Anlastungsrisiken für Weidebetriebe
und die Verwaltung zu mindern;

5. eine Förderung naturschutzfachlich relevanter Flächen durch Mittel der
„Gemeinsamen Agrarpolitik“ (GAP) zu ermöglichen, um damit die Ziele

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der EU im Naturschutz und in Richtung der Wasserrahmenrichtlinie
(WRRL) zu unterstützen;

6. die Prämienfähigkeit eindeutig zu definieren, um Flächen einzubeziehen, die
der Zielsetzung nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, der Vogelschutz-
richtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie dienen;

7. die Programme zur Erhaltung und Förderung extensiver Weidenutzung und
der Finanzierung von Weideinfrastruktur im Rahmen der „Gemeinschafts-
aufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“
(GAK) und der „Gemeinsamen Agrarpolitik“ (GAP) auszubauen;

8. die Möglichkeit zu nutzen, im Rahmen der Flächenprämie mit einer so-
genannten Weideprämie den Weidegang zu fördern.

Berlin, den 11. Juni 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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