BT-Drucksache 17/12938

Zusammenhang zwischen den maximal erlaubten Transportzeiten für Tiere sowie den Lenk- und Ruhezeiten für Fahrer

Vom 25. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12938
17. Wahlperiode 25. 03. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Dr. Valerie Wilms, Cornelia Behm,
Harald Ebner, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch,
Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zusammenhang zwischen den maximal erlaubten Transportzeiten für Tiere sowie
den Lenk- und Ruhezeiten für Fahrer

Die Tiertransporte in Deutschland und der EU nehmen stetig zu.

Nach dem Bericht der Europäischen Kommission 2011 stieg alleine die Zahl
der transportierten Schweine in der EU zwischen den Jahren 2005 und 2009 um
70 Prozent. Deutschland erhielt dabei mehr als 50 Prozent der transportierten
Schweine. Insgesamt haben Tiertransporte in den genannten Jahren um
27 Prozent zugenommen. Dabei nahmen vor allem die Transporte über lange
Strecken zu (37 Prozent zwischen 2005 und 2009).

Die maximalen Fahrzeiten für Tiertransporte sind nach Tierarten in der „Ver-
ordnung (EG) Nr. 1/2005 […] über den Schutz von Tieren beim Transport“
festgelegt. Die Lenk- und Ruhezeiten für Fahrer sind in der „Verordnung (EG)
Nr. 561/2006 […] zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Stra-
ßenverkehr“ festgelegt.

In der Studie „Zur Beachtung der Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer im Zusam-
menhang mit Langstreckentransporten von Tieren“ (2012) haben Dr. A. Rabitsch
(Tierärztliche Praxis Rosental) und Dr. W. Wessely (Institut für Staats- und Ver-
waltungsrecht an der Universität Wien) festgestellt, dass beide Verordnungen
teilweise gegenläufig wirken. Werden die maximalen Fahrzeiten für Pferde,
Schweine, Rinder, Schafe und Ziegen ausgeschöpft, kommt es beim Einsatz
von ein oder zwei Fahrern zwingend zur Übertretung der Ruhe- und Pausenzei-
ten für Fahrer. Lediglich beim Einsatz von drei Fahrern oder dem Transport von
nicht abgesetzten Kälbern, Lämmern, Zickeln, Fohlen und Ferkeln ist die Aus-
schöpfung der maximalen Fahrtzeit unter Einhaltung beider Verordnungen
möglich, da hier die maximal erlaubten Fahrtzeiten deutlich kürzer sind.

Wir fragen die Bundesregierung:

Verladezeiten

1. Müssen nach Auffassung der Bundesregierung auf Grundlage der Tier-

schutztransportverordnung (EG) Nr. 1/2005 Verlade- und Abladezeiten in
die Berechnung der Transportdauer aufgenommen werden?

2. Gibt es hierzu nach Kenntnis der Bundesregierung unterschiedliche Rechts-
auffassungen, und wenn ja, welche, von wem, und welche Schlussfolgerun-
gen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen?

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3. Gibt es in Deutschland gegebenenfalls eine einheitliche nationale Regelung
zur Berücksichtigung der Verladezeiten, und wenn ja, wie sieht diese aus,
und wo ist sie festgehalten?

Navigationssysteme

4. Welcher Prozentsatz der in Deutschland für Tiertransporte eingesetzten
Fahrzeuge ist nach Kenntnis der Bundesregierung mit einem Satelliten-
navigationssystem zur Aufzeichnung der Fahrtdaten ausgestattet, und wie
stellt, sich die Situation in anderen EU-Ländern dar?

5. Ist trotz der Verwendung eines Satellitennavigationssystems im Fahrzeug
eine Vorabgenehmigung der Transportfahrten erforderlich?

6. Wie, durch wen und in welcher Intensität erfolgt nach Kenntnis der Bun-
desregierung die Auswertung und Kontrolle der Daten aus den Naviga-
tionssystemen?

Kontrollen

7. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung anhand der Daten aus den
Navigationssystemen nur die Vorgaben der EU-Tierschutztransportverord-
nung (EG) Nr. 1/2005 überprüft oder sind auch die Lenk- und Ruhezeiten für
Fahrer der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 Gegenstand der Überprüfung?

8. Welche Aspekte der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 und der Verordnung
(EG) Nr. 561/2006 sind nach Kenntnis der Bundesregierung bei Fahr-
zeugen mit und ohne Satellitennavigationssystem Gegenstand einer Ge-
nehmigung vor Fahrtantritt, und welche werden nach der Fahrt bzw. in
Stichproben überprüft?

9. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bei Kontrollen der EU-Food
and Veterinary Office in Deutschland fehlende oder mangelhafte Kontrol-
len der geplanten Routen bzw. der Fahrtenbücher bemängelt, und wenn ja,
welche Verfehlungen wurden in welchem Umfang in den letzten fünf Jah-
ren kritisiert (bitte Aufstellung nach Jahren)?

10. Liegen der Bundesregierung Daten aus den Ländern vor, in welchem
Umfang in den letzten fünf Jahren bei Kontrollen durch die zuständige
Veterinärbehörde unrealistische Fahrtzeiten bei der Fahrtenplanung fest-
gestellt wurden (bitte Aufstellung nach Jahren)?

Zusammenhang zwischen der Tierschutztransportverordnung (EG) Nr. 1/2005
und der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 über Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer

11. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Einschätzung der Studie von Dr. A. Rabitsch und Dr. W. Wessely
(2012), dass die durch die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 maximal möglichen
Transportzeiten unter Umständen durch Begrenzungen der Ruhe- und Pausen-
zeiten der Fahrer nicht ausgeschöpft werden können?

12. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass die nach der Verord-
nung (EG) Nr. 1/2005 für Schweine und Pferde maximal mögliche Trans-
portdauer von 24 Stunden mit nur zwei Fahrern nicht ausgeschöpft werden
kann, ohne die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zu verletzen?

Wenn nein, mittels welcher Einteilung von Fahr-, Pausen- und Ruhezeiten
ist dies nach Auffassung der Bundesregierung möglich?

13. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass die nach der Verord-

nung (EG) Nr. 1/2005 maximal mögliche Transportzeit für Rinder, Schafe
und Ziegen (14 Stunden, mindestens eine Stunde Pause, weitere 14 Stun-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12938

den) mit zwei Fahrern nicht ausgeschöpft werden kann, ohne die Einhal-
tung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zu verletzen?

Wenn nein, mittels welcher Einteilung von Fahr-, Pausen- und Ruhezeiten
ist dies nach Auffassung der Bundesregierung möglich?

14. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung die nach Verordnung (EG)
Nr. 1/2005 maximal mögliche Fahrzeit bei Schweinen und Pferden (24 Stun-
den) bzw. bei Rindern, Schafen und Ziegen (14 Stunden, eine Stunde Pause,
weitere 14 Stunden) mit zwei Fahrern in der Praxis genehmigt?

15. Gibt es einen Austausch der Bundesregierung mit der Europäischen Kom-
mission und/oder den Ländern zur Tatsache, dass die maximalen Tiertrans-
portzeiten nur mit drei Fahrern (Ausnahme nicht abgesetzte Tiere) ausge-
schöpft werden kann, und was ist gegebenenfalls dessen Ergebnis?

16. Haben nach Kenntnis der Bundesregierung Veterinärbehörden bei der Vor-
abgenehmigung von Transporten Einblick in die Planung der Fahrerbeset-
zung?

17. Müssten nach Auffassung der Bundesregierung Veterinärbehörden melden,
wenn Regelungen, die nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen, übertre-
ten werden bzw. offensichtlich nicht eingehalten werden können (z. B. un-
realistische Fahrerbesetzungen)?

18. Ist der Bundesregierung bekannt, welche Stellen in Bundes- und Landes-
behörden in jene Kontrollen involviert sind, die die Einhaltung der Lenk-
und Ruhezeiten überprüfen?

19. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr ein, dass Fahrer Lenkpausen
oder Ruhezeiten im Fahrzeug verbringen bzw. dass diese andere Arbeiten
(wie das Tränken oder das Auf- und Abladen der Tiere) ausführen, und
welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um diese Gefahr zu ban-
nen?

20. Stehen nach Auffassung der Bundesregierung die Verordnung (EG) Nr. 1/
2005 und die praktische Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006
teilweise im Gegensatz zueinander, und welche Schlussfolgerungen zieht
die Bundesregierung gegebenenfalls hieraus?

Tränksysteme

21. Wie viel Prozent der Transporter für Tiertransporte haben nach Kenntnis
bzw. Schätzung der Bundesregierung ein automatisches Tränksystem in-
stalliert?

22. Teilt die Bundesregierung die Ansicht des Scientific Committee on Animal
Health and Animal Welfare (SCAHAW), dass der Zeitaufwand für das
Tränken bestimmter Tiere, insbesondere von Pferden, häufig zum nicht
ausreichenden Tränken der Tiere führt (SCAHAW-Report „The Welfare of
Animals during Transport“, März 2002)?

23. Wie viele Verstöße mit nicht ausreichend getränkten Tieren wurden nach
Kenntnis der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren festgestellt (bitte
Aufstellung nach Jahren), wie viele davon waren auf fehlende automa-
tische Tränksysteme zurückzuführen, und welche Maßnahmen sollten nach
Auffassung der Bundesregierung ergriffen werden, um diese Verstöße zu
unterbinden?

Berlin, den 25. März 2013
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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