BT-Drucksache 17/12899

Stand der Einrichtung funktionsfähiger Luftraumblöcke in Europa

Vom 20. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12899
17. Wahlperiode 20. 03. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, Martin Burkert, Petra
Ernstberger, Iris Gleicke, Ulrike Gottschalck, Michael Groß, Hans-Joachim Hacker,
Gustav Herzog, Ute Kumpf, Kirsten Lühmann, Thomas Oppermann, Florian
Pronold, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Stand der Einrichtung funktionsfähiger Luftraumblöcke in Europa

Das Ziel einer einheitlichen Luftraumüberwachung begleitet die Europäische
Union (EU) seit ihren Anfängen. Vor dem Hintergrund des weltweit steigenden
Luftverkehrsaufkommens und angesichts ambitionierter Klimaschutz- und
Nachhaltigkeitsziele stellt ein grenzüberschreitend organisiertes Luftraumma-
nagement der Flugsicherungen eine wichtige Säule der nationalen und europä-
ischen Luftfahrtpolitik dar. Mit einem Gesetzespaket zur Schaffung eines einheit-
lichen europäischen Luftraums (Single European Sky/SES) hat die Europäische
Kommission die Initiative ergriffen, um die Nutzung und Überwachung des Luft-
raums künftig effizienter zu gestalten.

Allerdings kommt die Bildung der sog. funktionalen Luftraumblöcke (Functional
Airspace Block/FABs) in Europa nicht voran. Deutschland war – wie die anderen
Mitgliedstaaten – aufgefordert, bis zum 4. Dezember 2012 seine Luftraumkon-
trolle mit den europäischen Partnerländern grenzübergreifend zusammenzufüh-
ren. Aber eine Umsetzung des im Jahre 2010 mit Frankreich, den Benelux-Staa-
ten und der Schweiz geschlossenen Vertrages zur Einrichtung des FAB Europe
Central (FABEC) steht bisher aus.

Zur Verbesserung der Leistung von Flugsicherungsdiensten und Netzfunktionen
im europäischen Luftraum hat die EU einen rechtlichen Rahmen für die Fest-
legung, Durchführung und Durchsetzung verbindlicher Leistungsziele in den
Schlüsselbereichen Sicherheit, Kosteneffizienz, Umwelt, Kapazität und zivil-
militärische Zusammenarbeit geschaffen. Das neue EU-Leistungsschema soll zu
mehr Dynamik und Effizienz beitragen. Die Regeln schreiben vor, dass die Mit-
gliedstaaten zwischen 2012 und 2014 von der Kommission genehmigte natio-
nale Ziele zur Senkung der Kosten und zur Steigerung der Kapazität einhalten
müssen. Denn nach Schätzung der Europäischen Kommission verursacht die
derzeitige Zersplitterung zusätzliche Kosten in Höhe von bis zu 5 Mrd. Euro pro
Jahr; diese sind vor allem von den Fluggesellschaften sowie den Passagieren zu
tragen.
Doch das Vorhaben eines Single European Sky wird aktuell durch die man-
gelnde Bereitschaft der Mitgliedstaaten gefährdet, den europäischen Luftraum
und seine Überwachung nach tatsächlichen Verkehrsflüssen statt wie bisher
nach nationalen Grenzen zu organisieren. Mehrere Staaten, darunter Deutsch-
land, wurden aufgefordert, ihren „Performance Plan“ zu überarbeiten, um die
EU-weiten Leistungsziele zu erreichen. Nun droht die Europäische Kommission
den Mitgliedstaaten sogar mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof

Drucksache 17/12899 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

wegen der Nichteinhaltung von EU-Recht, und das Europäische Parlament will
die Mitgliedstaaten mit Hilfe von Sanktionen unter Druck setzen, damit sie ihren
Verpflichtungen künftig nachkommen.

Es stellt sich daher die Frage, mit welchen Maßnahmen die Bundesregierung
ihren Beitrag leisten will, um die Arbeitsfähigkeit des FABEC sicherzustellen
und für eine leistungsstarke und effiziente Flugsicherung in Europa zu sorgen
und damit für weniger Verspätungen, stabilere Flugpläne und erhebliche Einspa-
rungen bei Treibstoff und Emissionen – im Interesse der Verbraucherinnen und
Verbraucher und zum Nutzen der Umwelt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hat sich das Luftverkehrsaufkommen im Jahr 2012 gegenüber den Ver-
kehrsprognosen entwickelt, auf denen die EU-weit geltenden Leistungsziele
zur Erbringung von Flugsicherungsdiensten beruhen (vgl. Bericht des
Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – BMVBS –
„Sachstand Umsetzung des gemeinsamen europäischen Luftraums (Single
European Sky)“/Ausschussdrucksache 17(15)509), und wie lässt sich aus
Sicht der Bundesregierung die Differenz zwischen aktuellen Verkehrszahlen
und Prognosen erklären?

2. Wie wirkt sich die ggf. rückläufige Luftverkehrsentwicklung auf die Kenn-
zahlen der Deutsche Flugsicherung GmbH aus, und von welchen Annahmen
geht die Bundesregierung für die Referenzperiode 2 (2015 bis 2019) aus?

3. Hat die Bundesregierung vor diesem Hintergrund versucht, im Europäischen
Rat Einfluss auf die Ausgestaltung der EU-weit geltenden Leistungsziele zu
nehmen?

a) Wenn ja, in welcher Form, und mit welchem Ergebnis?

b) Wenn nein, wie begründet sie ihre Entscheidung?

4. In welchem Umfang hat die Europäische Kommission Verbesserungen an
den von Deutschland vorgelegten nationalen Leistungszielen für die Refe-
renzperiode 1 (2012 bis 2014) gefordert (bitte jeweils nach Leistungszielen
aufschlüsseln)?

5. In welchen Bereichen konnte Deutschland im Zuge der Überarbeitung der
Leistungspläne Verbesserungen erzielen (bitte nach Leistungszielen auf-
schlüsseln), und durch welche Maßnahmen wurde dies im Einzelnen erreicht?

6. In welchen Bereichen sind diese Verbesserungen aus Sicht der Bundesregie-
rung als substanziell zu bezeichnen, und welchen Rang nimmt Deutschland
mit seinen nationalen Leistungszielen im EU-Vergleich ein?

7. Wie erklärt die Bundesregierung die unterschiedliche Bewertung der Frage,
ob die in den SES-Verordnungen genannten FAB-Kriterien erfüllt sind, durch
Europäische Kommission und Mitgliedstaaten (vgl. Bericht des BMVBS,
S. 2), und inwieweit steht nach Kenntnis der Bundesregierung in diesem Zu-
sammenhang ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik
Deutschland oder andere EU-Mitgliedstaaten bevor oder wurde bereits ein-
geleitet?

8. Welche Gründe sieht die Bundesregierung dafür, dass Deutschland bei dem
Ziel der Kosteneffizienz hinter dem verbindlichen Leistungsziel der EU zu-
rückliegt (vgl. Bericht des BMVBS), und mit welchen Maßnahmen will sie
die Zielgebühr laut EU-Vorgabe erreichen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12899

9. Welche Konsequenzen hat diese Abweichung gegenüber der Regulierungs-
vorgabe für die Kennzahlen der Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS), und
inwieweit können die dadurch entstehenden Mindereinnahmen bei den Ge-
bühren durch Eigenkapital der DFS ausgeglichen werden?

10. Von welchen Mehrkosten für die Nutzer geht die Bundesregierung in die-
sem Zusammenhang aus?

11. Können Mindereinnahmen bei der Deutsche Flugsicherung GmbH nach
Ansicht der Bundesregierung zu Nachschussverpflichtungen für den Bund
führen?

12. In welchen Bereichen ist aus Sicht der Bundesregierung Kostensenkungs-
potenzial vorhanden, und wie haben sich Produktivität und Kosteneffizienz
der Deutsche Flugsicherung GmbH im Zuge der Umsetzung des Pro-
gramms „Heading 2012“ nach ihrer Kenntnis entwickelt?

13. Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung aus den Ergebnissen der
Referenzperiode 1 (2012 bis 2014) hinsichtlich der Festlegung der nationa-
len Leistungsziele in der Referenzperiode 2 (2015 bis 2019) ziehen, und
durch welche Maßnahmen lassen sich aus ihrer Sicht wesentliche Verbesse-
rungen bei der Erreichung der EU-Vorgaben erzielen?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die aktuelle
Entwicklung des Personalbedarfs bei der Deutsche Flugsicherung GmbH
und im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie
die Höhe der notwendigen Investitionen zur Anpassung der nationalen
Werte an die EU-Vorgaben?

15. In welchen Bereichen ist aus Sicht der Bundesregierung eine Überarbeitung
des Regelwerks durch die Europäische Kommission erforderlich, und wie
begründet sie dies?

16. Welche Vorschläge hat die Bundesregierung, um die Kostenregulierung für
die Flugsicherungen in Europa „künftig realitätsnäher“ zu gestalten (vgl.
Bericht des BMVBS, S. 3), und wann wird sie diese auf europäischer Ebene
vorlegen?

17. Welche Auswirkungen hat in diesem Zusammenhang aus Sicht der Bundes-
regierung die Anpassung der Verordnung (EU) Nr. 691/2010 zur Festlegung
eines Leistungssystems für Flugsicherungsdienste und der sog. Gebühren-
verordnung (EU) Nr. 1191/2010?

18. Zu welchem Zeitpunkt ist aus Sicht der Bundesregierung mit einer Erfül-
lung der EU-Leistungsziele zu rechnen, wenn sich die technologische Säule
von SES – das Single European Sky ATM Research Programme – derzeit
erst in der Vorbereitungsphase befindet (vgl. Bericht des BMVBS, S. 3),
und wird sie sich gegenüber der Europäischen Kommission für eine Über-
arbeitung des Zeitplans zur Umsetzung der EU-Vorgaben einsetzen?

Berlin, den 20. März 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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