BT-Drucksache 17/12891

Wohnungsunternehmen und die Erzeugung erneuerbarer Energien

Vom 19. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12891
17. Wahlperiode 19. 03. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Daniela Wagner, Oliver Krischer, Hans-Josef Fell,
Bettina Herlitzius, Harald Ebner, Dr. Anton Hofreiter, Markus Tressel,
Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wohnungsunternehmen und die Erzeugung erneuerbarer Energien

Die Bundesregierung sieht in der Wohnungswirtschaft einen entscheidenden
Akteur der Energiewende. Sowohl in dem Energiekonzept als auch in den Eck-
punkten Energieeffizienz der Bundesregierung wurde festgelegt, dass der ver-
bleibende Energiebedarf von Gebäuden zum überwiegenden Teil durch erneuer-
bare Energien gedeckt werden soll. Eine entsprechende Formulierung ist auch
hinsichtlich zu errichtender Niedrigstenergiegebäude im § 2a des Entwurfs eines
Vierten Gesetzes zur Änderung des Energieeinsparungsgesetzes enthalten. Dort
heißt es, dass der Energiebedarf des Gebäudes sehr gering sein muss und, soweit
möglich, zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energien aus erneuerbaren
Quellen gedeckt werden soll.

Da Einkünfte von Privatpersonen aus Vermietung und Verpachtung nicht der
Gewerbesteuer unterliegen, wurde im Steuerrecht eine Begünstigungsvorschrift
für Wohnungsunternehmen in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften und
Genossenschaften im Gewerbesteuergesetz erlassen, siehe § 5 Absatz 1 Num-
mer 10 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und § 9 Nummer 1 Satz 2 ff. des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Voraussetzung für eine erweiterte Gewerbe-
steuerkürzung für Grundstücksunternehmen ist, dass diese ihre geschäftlichen
Tätigkeiten ausschließlich auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grund-
besitzes beschränken, auf die Einnahmen aus diesem Geschäftsbereich wird die
Kürzung des Gewerbeertrags angewendet. Hinzu kommen die gesetzlich zuge-
lassenen Nebentätigkeiten (Verwaltung und Nutzung des eigenen Kapitalvermö-
gens, Betreuung von Wohnungsbauten sowie das Errichten und Veräußern von
Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen), diese
sind unschädlich für die oben genannte Begünstigungsvorschrift. Die Einnah-
men aus diesen Geschäftsbereichen sind aber dennoch voll gewerbesteuerpflich-
tig.

Es kommt zum Verlust der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücks-
unternehmen, wenn diese andere geschäftliche Tätigkeiten ausüben, die nicht in
der Liste der zugelassenen Nebentätigkeiten aufgeführt sind und 10 Prozent der
gesamten Einnahmen des Unternehmens übersteigen. Dies betrifft nicht nur den

Betrieb von Photovoltaik- oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, auch die Ver-
mietung oder Verpachtung von Dachflächen zur Erzeugung erneuerbarer Ener-
gien kann gegebenenfalls zum Verlust der erweiterten Gewerbesteuerkürzung
führen.

Hinzu kommt, dass auch die Gründung eigener Tochtergesellschaften zu Erzeu-
gung und Vertrieb von erneuerbaren Energien nach Rechtsprechung des Bundes-

Drucksache 17/12891 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

finanzhofs zur Betriebsaufspaltung zum Verlust der erweiterten Gewerbesteuer-
kürzung für Grundstücksunternehmen führen würde.

Entsprechend zurückhaltend sind nach Aussage von Branchenvertretern die Ak-
teure der Wohnungswirtschaft, sowohl Kapitalgesellschaften als auch Genos-
senschaften, hinsichtlich des Ausbaus von erneuerbarer Energien.

Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestags-
drucksache 17/7055 geht hervor, dass ihr bekannt ist, dass Unternehmen, welche
die Steuervergünstigung des § 5 Absatz 1 Nummer 10 KStG bzw. § 9 Nummer 1
Satz 2 ff. GewStG in Anspruch nehmen, den Anspruch auf die Steuervergünsti-
gung verlieren, wenn sie ihre Geschäftstätigkeit um nicht begünstigte Tätig-
keiten erweitern. Zur beschriebenen Thematik hatte die Bundesregierung im
September 2009 ein Fachgespräch mit den betroffenen Verbänden durchgeführt
und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat
ein Forschungsvorhaben zum Thema „Steuerrechtliche Hemmnisse beim weite-
ren Ausbau erneuerbarer Energien“ in Auftrag gegeben.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Akteure waren an dem Fachgespräch im September 2009 eingeladen
und haben teilgenommen?

2. Was war Inhalt und Ergebnis des Fachgesprächs im September 2009?

3. Wie ist der Sachstand hinsichtlich des Forschungsvorhabens zum Thema
„Steuerrechtliche Hemmnisse beim weiteren Ausbau erneuerbarer Energien“
im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit?

4. Was war Inhalt und Fragestellung des Forschungsvorhabens zum Thema
„Steuerrechtliche Hemmnisse beim weiteren Ausbau erneuerbarer Energien“
im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit?

5. Was waren die Ergebnisse des Forschungsvorhabens zum Thema „Steuer-
rechtliche Hemmnisse beim weiteren Ausbau erneuerbarer Energien“ im
Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit?

6. Liegt bereits ein schriftlicher Abschlussbericht des Forschungsvorhabens
vor, und wird die Bundesregierung diesen Bericht veröffentlichen?

Wenn nein, wann wird der Bundesregierung ein schriftlicher Bericht vorlie-
gen?

7. Ist es zutreffend, dass die gesetzlich zugelassenen Nebentätigkeiten, die un-
schädlich für die erweiterte Kürzung hinsichtlich der Verwaltung und Nut-
zung eigenen Grundbesitzes sind, voll der Gewerbesteuerpflicht unterliegen?

8. Inwiefern stimmt die Bundesregierung der Feststellung zu, dass die Auf-
nahme der Erzeugung von erneuerbaren Energien als legale gewerbliche
Tätigkeit in die Liste gesetzlich zugelassener Nebentätigkeiten keinen neuen
steuerrechtlichen Ausnahmetatbestand schaffen würde, sondern nur die In-
fektion der gewährten erweiterten Gewerbesteuerkürzung auf den Ertrag aus
Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes verhindern würde?

9. Inwiefern stimmt die Bundesregierung zu, dass die Aufnahme der Erzeugung
von erneuerbaren Energien als legale gewerbliche Tätigkeit in die Liste ge-
setzlich zugelassener Nebentätigkeiten voll der Gewerbesteuerpflicht unter-
liegen würde?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12891

10. Inwiefern stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass auch im Fall
der Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft zu Erzeugung und Vertrieb
von erneuerbaren Energien der Verlust der erweiterten Gewerbesteuerkür-
zung für Grundstücksunternehmen eintreten würde?

11. Welche Ertragsteuerbelastung ergibt sich insgesamt für ein Grundstücks-
unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft bei Vorliegen der
Bedingungen für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für den gesamten
Gewinn, jeweils im Thesaurierungs- und im Ausschüttungsfall?

12. Welche Ertragsteuerbelastung ergibt sich insgesamt für ein Grundstücks-
unternehmen in der Rechtsform eines Einzelunternehmens oder einer Per-
sonengesellschaft bei Vorliegen der Bedingungen für die erweiterte Gewer-
besteuerkürzung für den gesamten Gewinn?

13. Inwiefern und wodurch ist eine sich ergebende unterschiedliche Auswir-
kung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung bei Kapitalgesellschaften und
anderen Unternehmen und die sich daraus ergebenden Unterschiede in der
Gesamtsteuerbelastung aus Sicht der Bundesregierung gerechtfertigt?

14. Inwiefern stimmt die Bundesregierung zu, dass die Vermietung und Ver-
pachtung von Flächen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien an Dritte
zum Verlust der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunter-
nehmen führt?

15. Inwiefern stimmt die Bundesregierung zu, dass die Energiewende „mit ei-
nem ,weiter so‘ im bisherigen Instrumentenmix“ im Gebäudebereich nicht
vorankommt und wirtschaftliche Anreize in den Mittelpunkt der Politik zu
stellen sind?

16. Inwiefern sieht die Bundesregierung in der oben beschriebenen Problema-
tik ein Hindernis zur Erfüllung von § 2a hinsichtlich der zur Deckung des
Energiebedarfs zu errichtender Niedrigstenergiegebäude, wie im Entwurf
eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Energieeinsparungsgesetzes for-
muliert?

17. Wie fällt die Abwägung des steuersystematischen Grundsatzes der Kür-
zungsvorschriften in § 5 Absatz 1 Nummer 10 KStG und § 9 Nummer 1
Satz 2 ff. GewStG gegenüber den energie- und klimapolitischen Zielen der
Bundesregierung aus?

Berlin, den 19. März 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.