BT-Drucksache 17/12842

Tiergerechte Legehennnenhaltung stärken

Vom 20. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12842
17. Wahlperiode 20. 03. 2013

Antrag
der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Cornelia Behm, Harald Ebner,
Nicole Maisch, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), Markus Tressel,
Hans-Josef Fell, Bettina Herlitzius, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl,
Oliver Krischer, Stephan Kühn, Dr. Hermann E. Ott, Dorothea Steiner,
Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Tiergerechte Legehennenhaltung stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Verbraucherinnen und Verbraucher haben sich längst entschieden: Mehrheitlich
wollen sie keine Eier aus Käfighaltungen. Seit Einführung der Eierkennzeich-
nung im Jahr 2004 ist der Marktanteil von Schaleneiern aus Boden-, Freiland-
und Bio-Haltung auf über 95 Prozent gestiegen. Die meisten Handelsunter-
nehmen haben Käfigeier mangels Nachfrage ausgelistet. Eine Ausweitung
dieses Erfolgsmodells auf verarbeitete Produkte, die Eier enthalten, ist über-
fällig.

Doch die Bundesregierung setzt sich nicht für eine erweiterte Eierkennzeich-
nung ein und verweigert einer tiergerechteren Legehennenhaltung generell ihre
Unterstützung. Obwohl das Bundesverfassungsgericht 2010 zum zweiten Mal
nach 1999 die Käfighaltung von Legehennen für mit dem Grundgesetz unver-
einbar erklärt hat, ist die Bundesregierung dem daraus folgenden Auftrag, bis
März 2012 eine überarbeitete Legehennenhaltungsverordnung vorzulegen,
nicht nachgekommen. Aus fadenscheinigen Gründen weigert sie sich, die im
Bundesrat am 2. März 2012 beschlossene Fünfte Verordnung zur Änderung der
Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, in der die Beendigung der verfassungs-
widrigen Kleingruppenhaltung mit angemessenen Übergangsfristen geregelt
wird, in Kraft zu setzen. Anstatt bundesweite Rechtssicherheit zu schaffen,
nimmt sie in Kauf, dass ein föderaler Flickenteppich entsteht. Dies ist nicht im
Sinne des Tier- und Verbraucherschutzes und unverantwortbar hinsichtlich der
Planungssicherheit für Legehennenbetriebe.

Die Bundesregierung geht sogar noch einen Schritt weiter. Mit Hermes-
bürgschaften unterstützt sie den Bau von Anlagen zur Legehennenhaltung, die
weder nach deutschem noch nach EU-Recht zulässig sind, beispielsweise in der
Ukraine. Während sie bei jeder Diskussion über höhere Tierhaltungsstandards

auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Betriebe pocht, unter-
stützt sie gleichzeitig die Billigproduktion von Eiern im Ausland.

Die aktuellen Lebensmittelskandale zeigen allzu deutlich, dass ein System der
Lebensmittelerzeugung und des Lebensmittelhandels, das vor allem auf Masse
und billige Preise setzt, intransparente Strukturen fördert und Betrügereien zur
Gewinnmaximierung Vorschub leistet. Im Februar dieses Jahres wurde bekannt,
dass in Niedersachsen gegen 150 Legehennenhaltungsbetriebe ermittelt wird,

Drucksache 17/12842 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
die die Besatzdichten systematisch um bis zu 40 Prozent überschritten haben.
Betroffen hiervon waren alle Haltungsformen. Dieser Skandal muss lückenlos
aufgeklärt werden. Die Betriebe, die in betrügerischer Absicht gegen be-
stehende Gesetze verstoßen haben, müssen hart bestraft werden, bis hin zum
Entzug der Zulassung.

Gleichzeitig brauchen wir einen grundsätzlichen Kurswechsel in der Agrar-
politik – weg von Intensivierung und Exportorientierung hin zur Förderung
einer tiergerechten, nachhaltigen, bäuerlichen und regional orientierten Land-
wirtschaft.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

• die im Bundesrat beschlossene Fünfte Verordnung zur Änderung der Tier-
schutz-Nutztierhaltungsverordnung (Bundesratsdrucksache 95/12) unver-
züglich in Kraft zu setzen;

• alle Hermesbürgschaften für den Export und den Bau von Tierhaltungsanla-
gen, die deutschem oder europäischem Recht widersprechen, zu stoppen und
sich auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, entsprechende Tierschutz-
standards zum verbindlichen Kriterium bei der Vergabe von Kreditbürg-
schaften zu machen;

• die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung so zu ändern, dass Angaben
zur Haltungsform der Legehennen bei allen Lebensmitteln und anderen Pro-
dukten, die Ei als Zutat enthalten, verpflichtend vorgeschrieben werden, und
sich auch auf EU-Ebene für eine solche Kennzeichnungspflicht einzusetzen;

• gemeinsam mit den Bundesländern an Verbesserungen der Tierhaltungs- und
Lebensmittelkontrollen zu arbeiten, um Wege zu finden, wie die systemati-
sche Überbelegung von Legehennenställen verhindert werden kann;

• sich im Rahmen der Überarbeitung der Haltungsvorschriften für Bio-Lege-
hennen in der EU-Öko-Verordnung (EG) Nr. 834/2007 dafür einzusetzen,
dass neben Herdengrößen auch klare Bestandsobergrenzen festgeschrieben
und Teilbetriebsumstellungen verboten werden.

Berlin, den 20. März 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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