BT-Drucksache 17/12786

zu dem Antrag der Abgeordneten Sören Bartol, Florian Pronold, Hans-Joachim Hacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - Drucksache 17/9156 - Für einen neuen Infrastrukturkonsens: Gemeinsam Zukunft planen - Infrastruktur bürgerfreundlich voranbringen

Vom 18. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12786
17. Wahlperiode 18. 03. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (15. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Sören Bartol, Florian Pronold,
Hans-Joachim Hacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/9156 –

Für einen neuen Infrastrukturkonsens: Gemeinsam Zukunft planen –
Infrastruktur bürgerfreundlich voranbringen

A. Problem

Die Antragsteller haben einen Antrag eingebracht, nach dem der Deutsche
Bundestag die Bundesregierung u. a. auffordern soll, für bessere öffentliche
Akzeptanz von Infrastrukturprojekten, von Modernisierungs- und Ausbaumaß-
nahmen bei Verkehrswegen und Energienetzen zu sorgen, indem die Öffent-
lichkeit früher und umfassender als bisher in die Verfahren eingebunden wird
und alle relevanten Planungsunterlagen zur Verfügung gestellt bekommt. Die
Mitwirkungsmöglichkeiten für interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie
Verbände sollen mit den in dem Antrag genannten Maßnahmen verbessert wer-
den. Die Öffentlichkeitsbeteiligung soll künftig schon bei der Ermittlung und
Überprüfung des Bedarfs einsetzen; Ergebnisse sollen u. a. in Berichten an den
Deutschen Bundestag dokumentiert werden. Ein mit entsprechendem Etat aus-
zustattender Bürgeranwalt soll Interessenten in Fragen ihrer Beteiligungsrechte
beraten. Schon im Vorfeld einer Planfeststellung soll die Öffentlichkeit in alle
wichtigen Entscheidungsprozesse, insbesondere die Alternativenprüfung, ein-
bezogen werden; Genehmigungsbehörden bzw. Vorhabenträger sollen sich mit
Bürgervorschlägen auseinandersetzen müssen und dies schriftlich dokumentie-
ren. Die Transparenz und Verständlichkeit von Planungsverfahren soll erhöht
werden, auch durch verstärkte Nutzung digitaler Kommunikation und des Inter-
nets. Auch bei der Planung neuer Flughäfen, Landebahnen und Flugrouten sol-
len Betroffene und die Öffentlichkeit früher und umfassender als bisher betei-
ligt werden. Rechtlich geregelt werden sollen Qualitätsstandards für die Bür-

gerbeteiligung sowie der Ablauf von Mediationsverfahren.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Drucksache 17/12786 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12786

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/9156 abzulehnen.

Berlin, den 14. März 2013

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Dr. Anton Hofreiter
Vorsitzender

Patrick Schnieder
Berichterstatter

Der Rechtsausschuss hat den Antrag in seiner 92. Sitzung gerbeteiligung. Der Ansatz der Antragsteller dagegen führe

am 26. September 2012 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimm-

zwangsläufig zu einem Aufwuchs an Bürokratie und zu ei-
ner Verkomplizierung von Verfahren. Die Fraktion der
CDU/CSU empfehle, die in dem Antrag vorgesehenen
Drucksache 17/12786 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Patrick Schnieder

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/9156 in seiner 172. Sitzung am 29. März 2012 beraten
und an den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung zur federführenden Beratung sowie an den Innenaus-
schuss, den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie und an den Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller haben einen Antrag eingebracht, nach
dem der Deutsche Bundestag die Bundesregierung u. a. auf-
fordern soll, für bessere öffentliche Akzeptanz von Infra-
strukturprojekten, von Modernisierungs- und Ausbaumaß-
nahmen bei Verkehrswegen und Energienetzen zu sorgen,
indem die Öffentlichkeit früher und umfassender als bisher
in die Verfahren eingebunden wird und alle relevanten Pla-
nungsunterlagen zur Verfügung gestellt bekommt. Die Mit-
wirkungsmöglichkeiten für interessierte Bürgerinnen und
Bürger sowie Verbände sollen mit den in dem Antrag ge-
nannten Maßnahmen verbessert werden. Die Öffentlich-
keitsbeteiligung soll künftig schon bei der Ermittlung und
Überprüfung des Bedarfs einsetzen; Ergebnisse sollen u. a.
in Berichten an den Deutschen Bundestag dokumentiert
werden. Ein mit entsprechendem Etat auszustattender Bür-
geranwalt soll Interessenten in Fragen ihrer Beteiligungs-
rechte beraten. Schon im Vorfeld einer Planfeststellung soll
die Öffentlichkeit in alle wichtigen Entscheidungsprozesse,
insbesondere die Alternativenprüfung, einbezogen werden;
Genehmigungsbehörden bzw. Vorhabenträger sollen sich
mit Bürgervorschlägen auseinandersetzen müssen und dies
schriftlich dokumentieren. Die Transparenz und Verständ-
lichkeit von Planungsverfahren soll erhöht werden, auch
durch verstärkte Nutzung digitaler Kommunikation und des
Internets. Auch bei der Planung neuer Flughäfen, Lande-
bahnen und Flugrouten sollen Betroffene und die Öffent-
lichkeit früher und umfassender als bisher beteiligt werden.
Rechtlich geregelt werden sollen Qualitätsstandards für die
Bürgerbeteiligung sowie der Ablauf von Mediationsverfah-
ren.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Innenausschuss hat den Antrag auf Drucksache 17/
9156 in seiner 81. Sitzung am 26. September 2012 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag in seiner 77. Sitzung am 26. September 2012 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN dessen Ablehnung.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit hat den Antrag in seiner 78. Sitzung am 26. Sep-
tember 2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dessen Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat
in seiner 72. Sitzung am 9. Mai 2012 beschlossen, eine öf-
fentliche Anhörung zu dem Antrag durchzuführen.

Die öffentliche Anhörung wurde in der 76. Sitzung des Aus-
schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am
13. Juni 2012 durchgeführt. An der Anhörung nahmen als
Sachverständige teil: Stefan Gerwens (Pro Mobilität – Ini-
tiative für Verkehrsinfrastruktur e. V.), Prof. Dr. Thomas
Groß (Universität Osnabrück, European Legal Studies Insti-
tute), Tilmann Heuser (BUND – Bund für Umwelt und Na-
turschutz Deutschland, Landesverband Berlin), Folkert
Kiepe (Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenver-
bände/Deutscher Städtetag), Dr. Ben Möbius (BDI – Bun-
desverband der Deutschen Industrie e. V., Abteilung Mobi-
lität und Kommunikation), Prof. Dr. Andrea Versteyl (Fach-
anwältin für Verwaltungsrecht) sowie Siegfried de Witt
(Fachanwalt für Verwaltungsrecht). Bezüglich der Ergeb-
nisse der Anhörung wird auf das Protokoll der 76. Sitzung
des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit
den anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen ver-
wiesen.

In seiner 90. Sitzung am 16. Januar 2013 hat der Ausschuss
die Vorlage abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, man stimme mit dem
Antrag der Fraktion der SPD in den Grundaussagen zuguns-
ten einer frühzeitigen und umfassenden Bürgerbeteiligung
überein; in der praktischen Ausgestaltung ergäben sich al-
lerdings erhebliche Differenzen. Das Bundesministerium
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) habe
jüngst das „Handbuch für eine gute Bürgerbeteiligung“ vor-
gestellt, das einen anderen Ansatz verfolge. Statt starrer
Vorgaben beinhalte dieser einen Werkzeugkasten mit pas-
senden Instrumenten für jedes einzelne Vorhaben. Man
setze insbesondere auf eine vorgeschaltete, optionale Bür-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN des-
sen Ablehnung.

neuen Pflichten und Vorgaben keinesfalls flächendeckend
einzuführen, sondern sie allenfalls in einzelnen Bundeslän-

ren. Der Antrag sei im Vorfeld mit Verbänden und Bürger-
initiativen intensiv diskutiert und abgestimmt worden. Auch
bei der Anhörung im Ausschuss sei er auf umfassende Zu-
stimmung gestoßen, so dass unverständlich sei, weshalb er
jetzt von den Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP
abgelehnt werden solle. Das erwähnte Handbuch sei ein ers-
ter Schritt, enthalte jedoch noch nicht die erforderlichen
rechtlichen Rahmenbedingungen. Ein klarer Rechtsrahmen
sei wichtig für die Beschleunigung von Planungen, auch bei
der Gestaltung der Energiewende. Am Beispiel des Flugha-
fens Berlin Brandenburg (BER) könne man erkennen, wie
Probleme und Bürgerproteste dadurch entstünden, dass
etwa eine Flugroutenplanung erst am Ende eines Planungs-
prozesses durchgeführt werde. Eine frühe Bürgerbeteiligung
hätte hier dazu beitragen können, Konflikte rechtzeitig zu
diskutieren und nicht erst, nachdem Planungsbüros bereits
zwei Jahre Arbeit investiert hätten. Es sei an der Zeit, Leh-
ren aus Fällen wie dem BER zu ziehen.

Die Fraktion der FDP merkte an, dass das bestehende Pla-
nungsrecht nicht so schlecht sei. Zwar könne man bündeln
und entbürokratisieren sowie zeitraubende Redundanzen
vermeiden. Auch sei die personelle Ausstattung der Behör-
den unzureichend sowie bundeseinheitliche Standards not-
wendig. Die Fraktion der FDP habe dazu bereits Schritte an-
gestoßen; auch habe das BMVBS ein Handbuch für gute
Bürgerbeteiligung vorgelegt. Die Antragsteller setzten nun
zu sehr auf eine Bürokratisierung, die der Beschleunigung
von Planungsprozessen eher schade. Das Beispiel Stutt-
gart 21 zeige, dass Bürgerbeteiligung einen lebendigen Aus-
handlungsprozess darstelle. Eine verlässliche Rechtsgrund-
lage sei nötig, doch könne sie nicht alles regeln. Benötigt
würden Handlungsspielräume für flexible Lösungen.

mente freiwillig stärker nutzen würden. Der Antrag der
Fraktion der SPD sei durchdacht und sinnvoll. Als schwie-
rig könne sich höchstens herausstellen, eine Beteiligung
auch beim „Ob“ einer Maßnahme im Prozess zu verankern.
Zu begrüßen sei aber auch der Lernprozess, der in den letz-
ten Jahren stattgefunden habe; der Antrag der Fraktion der
SPD stelle eines der Ergebnisse dieses Lernprozesses dar.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verwies dar-
auf, dass für mehr Bürgerbeteiligung auch Änderungen im
Planungsrecht erforderlich seien. Das Handbuch des
BMVBS sei in dieser Hinsicht naiv. Die Forderungen der
SPD seien leider nicht ausreichend gewichtet, aber im Kern
richtig, insbesondere hinsichtlich der Frage der direkt-de-
mokratischen Instrumente auf der Stufe des „Ob“ einer Pla-
nung. Nur damit sei eine ernsthafte, ergebnisoffene Bürger-
beteiligung statt einer Akzeptanzbeteiligung zu erreichen.
Positiv zu werten seien auch die Forderung nach Transpa-
renzstandards sowie der Erwähnung der Flugroutenplanung.
Bei dieser sei klassisch gar keine Bürgerbeteiligung vorge-
sehen; auch daran werde die Notwendigkeit von Änderun-
gen im Planungsrecht deutlich. Kritisch zu werten seien un-
ter anderem die geforderte Beschränkung der gerichtlichen
Überprüfbarkeit von Planfeststellungsverfahren sowie die
vorgeschlagene Zusammenlegung von Raumordnungs- und
Planfeststellungsverfahren.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD
und DIE LINKE. bei Stimmenenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag auf Druck-
sache 17/9156 abzulehnen.

Berlin, den 14. März 2013

Patrick Schnieder
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12786

dern zu erproben, um die entsprechenden Bürokratiefolgen
in der Praxis beobachten zu können.

Die Fraktion der SPD erklärte, ihr Antrag sei eine Antwort
auf die vielen Konflikte, die in den letzten Jahren bei Infra-
strukturprojekten zutage getreten seien. Fehlende Akzep-
tanz sei oft auf mangelnde Bürgerbeteiligung zurückzufüh-

Die Fraktion DIE LINKE. hob hervor, dass das erwähnte
Handbuch die an den aktuellen Konflikten beteiligten Bür-
gerinitiativen und Verbände in keiner Weise zufriedenstel-
len könne. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb zu erwar-
ten sein solle, dass dieselben Behörden, die auf heute schon
rechtlich vorgesehene Beteiligungsmöglichkeiten oft ver-
zichteten, zukünftig entsprechende Beteiligungsinstru-

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