BT-Drucksache 17/12690

Hochschulpakt aufstocken - Finanzierung von wachsenden Studienkapazitäten an den Hochschulen langfristig sicherstellen

Vom 12. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12690
17. Wahlperiode 12. 03. 2013

Antrag
der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Dr. Ernst Dieter Rossmann,
Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus Barthel, Willi Brase, Ulla Burchardt, Petra Ernstberger,
Michael Gerdes, Iris Gleicke, Klaus Hagemann, Christel Humme, Oliver Kaczmarek,
Daniela Kolbe (Leipzig), Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Florian Pronold, René
Röspel, Marianne Schieder (Schwandorf), Stefan Schwartze, Andrea Wicklein,
Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Hochschulpakt aufstocken – Finanzierung von wachsenden Studienkapazitäten
an den Hochschulen langfristig sicherstellen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die seit Jahren kontinuierlich steigenden Studierendenzahlen sind politisch
gewollt und hoch erfreulich. Von 2005 bis 2011 stieg die Zahl der Studienanfän-
gerinnen und Studienanfänger von rund 356 000 auf rund 518 000 – die Zahl der
Studierenden insgesamt von rund 2 Millionen auf 2,4 Millionen.

Der 2007 zwischen Bund und Ländern vereinbarte Hochschulpakt 2020 hat in
den vergangenen Jahren erfolgreich zum Ausbau der Studienkapazitäten an den
Hochschulen beigetragen. Dieser bisherige Erfolg ist nur deshalb möglich gewe-
sen, weil im Rahmen der Föderalismusreform 2006 – gegen die ursprünglichen
Planungen – die Kooperation von Bund und Ländern in der Wissenschaft ver-
ankert werden konnte. Ohne diese Möglichkeit gäbe es keinen Hochschulpakt
und keinen Ausbau der Studienkapazitäten mit Hilfe des Bundes.

Die Vorausberechnungen der Studienanfängerzahlen 2012 bis 2025 der Kultus-
ministerkonferenz (KMK) von Januar 2012 sowie die „Schnellmeldungsergeb-
nisse der Hochschulstatistik zu Studierenden und Studienanfänger/-innen“ des
Statistischen Bundesamtes für das Wintersemester 2012/2013 zeigen akuten
Handlungsbedarf, um der weiterhin steigenden Nachfrage nach Studienplätzen
gerecht zu werden. Mit 518 748 Studienanfängerinnen und -anfängern 2011 und
492 674 im Jahr 2012 wurden die beiden höchsten Werte in der Geschichte
erreicht. Ebenso war die Studienanfängerquote in diesen beiden Jahren mit
54,7 bzw. 54 Prozent so hoch wie nie zuvor. Für 2013 werden wieder etwa
490 000 Studienanfänger erwartet. Laut KMK-Vorausberechnung werden die
Studienanfängerzahlen bis 2019 jährlich deutlich über 450 000 liegen. Ins-

gesamt liegen die bis zum Jahr 2025 aktuell vorausberechneten Studienanfän-
gerzahlen erheblich über den Zahlen, die 2005 als Basis für den Hochschulpakt
vorlagen – auch unter Einbezug der Anpassung aufgrund des Wegfalls der Wehr-
pflicht.

Seit Vorlage der KMK-Vorausberechnung ist bekannt, dass die Zahl der erwar-
teten Studienanfängerinnen und -anfänger die zusätzlichen Studienmöglichkei-

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ten, die nach derzeitiger Vereinbarung des Hochschulpakts in den Jahren 2011
bis 2015 finanzierbar sind, mit Beginn des Wintersemesters 2013/2014 über-
schreiten wird.

Im Vergleich zur gültigen Beschlusslage werden aufgrund der aktuellen Berech-
nung nun 601 388 zusätzliche Studienanfängerinnen und -anfänger bis 2015 er-
wartet. Das sind etwa 270 000 mehr als aktuell ausfinanziert.

Gute Bildung braucht gute Rahmenbedingungen und langfristige Planungssicher-
heit. Der Hochschulpakt war und ist eine Erfolgsgeschichte, die fortgeführt
werden muss. Der Deutsche Bundestag hat bereits mehrfach über die notwendige
Weiterentwicklung debattiert (zuletzt zur Vorlage auf Bundestagsdrucksache
17/7340). Weiterhin ist die Einführung eines Abschlussbonus unverzichtbar, um
nicht nur den Studienbeginn zu fördern, sondern auch den Hochschulen Anreiz
und Unterstützung für das erfolgreiche Studium zu geben. Ebenso bedarf es
einer gezielten Förderung fehlender Master-Studienplätze. Ganz offenkundig ist
auch die mehrfach angemahnte verbesserte Studienplatzberechnung auf der
Basis einer soliden Datenbasis nötig. Darüber hinaus wurde versäumt, die soziale
Infrastruktur an Hochschulen diesen veränderten Verhältnissen anzupassen.
Mehr Kapazitäten für Mensen, Wohnheime, Betreuung und Beratung für Studie-
rende wäre die notwendige Konsequenz, die allerdings von der Bundesregierung
nicht gezogen wurde.

In diesem Moment vordringlich ist die Aufstockung des Hochschulpaktes. Mit
der unzureichenden Finanzierung im Hochschulpakt verkennt die Bundesregie-
rung die Tatsachen. In der von der Bundeskanzlerin ausgerufenen „Bildungs-
republik“ Deutschland stehen herausragende Leistungen von Hochschulen, Stu-
dierenden und Lehrenden einer chronischen Unterfinanzierung, dem Chaos bei
der Hochschulzulassung sowie hohen Studienabbruchquoten und einem
schlechten Betreuungsschlüssel gegenüber.

Auf der einen Seite wird von der Bundesregierung Bildung als die einzige Res-
source der Bundesrepublik Deutschland gepriesen und ein Mangel an Fachkräf-
ten und Akademikerinnen und Akademikern beklagt, auf der anderen Seite ist
sie jedoch durch ihre Politik maßgeblich für die derzeitigen Probleme an den
Hochschulen verantwortlich. Der Hochschulpakt ist im Rahmen der zweiten
Phase für die stetig steigenden Studierendenzahlen schlichtweg ungenügend.
Darüber hinaus ist es bereits jetzt notwendig, die erforderlichen Rahmenbedin-
gungen für die dritte Phase ab dem Jahr 2016 festzulegen.

Nicht zuletzt die Zahlen der KMK-Vorausberechnungen sprechen eine deutliche
Sprache, so dass auch die Bundesregierung erstmalig im November 2012 end-
lich anerkannt hat, dass die Studienanfängerzahlen über den durch den Hoch-
schulpakt finanzierten Zahlen liegen. Die Bundesregierung muss nun dringend
ihre Versäumnisse wettmachen und den Ländern ein Angebot machen, um die
Länder bei den Herausforderungen zu unterstützen. Fehlende Studienplätze
schaffen Unsicherheit für Studienwillige, verhindern Teilhabechancen und sind
auch ökonomisch falsch, gedankenlos und leichtfertig.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

unverzüglich mit den Ländern Verhandlungen aufzunehmen und konkrete Vor-
schläge zu unterbreiten, mit dem Ziel,

1. auf Grundlage der KMK-Vorausberechnungen, die Bundesmittel bedarfs-
gerecht anzupassen und damit den Ausgabendeckel im Hochschulpakt II an-
zuheben, um die notwendige Finanzierung zusätzlicher Studienkapazitäten
zu gewährleisten;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12690

2. den Hochschulpakt um eine dritte Programmphase von 2016 bis 2020 zu
erweitern, um bedarfsgerecht Studienplätze zur Verfügung zu stellen und
Planungssicherheit bei den Ländern und Hochschulen zu schaffen.

Berlin, den 12. März 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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