BT-Drucksache 17/12630

Reformvorschläge für das Grundstückverkehrs- und für das Landpachtrecht

Vom 5. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12630
17. Wahlperiode 05. 03. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Cornelia Behm, Harald Ebner, Bärbel
Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Markus Tressel und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Reformvorschläge für das Grundstückverkehrs- und für das Landpachtrecht

Angesichts des vielfach beklagten Einstiegs von außerlandwirtschaftlichen
Investoren in den landwirtschaftlichen Bodenmarkt wird über Reformvor-
schläge im Bereich des Grundstückverkehrs- und des Landpachtrechtes disku-
tiert.

Das Grundstückverkehrsgesetz und das Landpachtverkehrsgesetz liegen nach
der Föderalismusreform in der Hoheit der Bundesländer. Es besteht demnach
keine Möglichkeit mehr für den Bund, diese Gesetze zu ändern. Dennoch ist der
Bund aufgerufen, sich mit den Reformvorschlägen zu beschäftigen und sich an
der Reformdiskussion zu beteiligen, weil dieser Diskussion nicht nur regionale
Probleme, sondern ein allgemeiner Trend zugrundeliegen und weil viele
Akteure ein über die Ländergrenzen einheitliches Grundstückverkehrsrecht
erhalten wollen.

Nach bisheriger Rechtslage kann das Grundstückverkehrsgesetz (GrdstVG) in
Verbindung mit dem Reichssiedlungsgesetz (RSG) genutzt werden, um orts-
ansässigen Landwirten ein Vorkaufsrecht gegenüber nichtlandwirtschaftlichen
Investoren einzuräumen. Die Genehmigung von Verkäufen an Nichtlandwirte
kann von der zuständigen Behörde versagt werden, wenn durch die Veräuße-
rung eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden entsteht, wenn Grund-
stücke des Veräußerers unwirtschaftlich verkleinert werden oder wenn der Preis
im groben Missverhältnis zum Wert des Grundstücks (mehr als 150 Prozent des
„innerlandwirtschaftlichen Verkehrswertes“) steht. Die Genehmigung des Ver-
kaufs einzelner Flächen kann allerdings nur versagt werden, wenn es einen
Landwirt gibt, der in den Vertrag einsteigen will. Dann kann die Landgesell-
schaft bzw. die Landsiedlungsgesellschaft gemäß RSG das Vorkaufsrecht aus-
üben und anschließend an den Landwirt weiterverkaufen.

Als problematisch kann bei der Anwendung des GrdstVG angesehen werden,
dass die Gefahr willkürlicher Entscheidungen besteht. Außerdem kann das
GrdstVG auch dazu führen, dass die Neugründung von Betrieben verhindert
wird, weil es sich am Kaufinteresse bereits aktiver Landwirte orientiert.
Das Landpachtverkehrsgesetz enthält analoge Regelungen. So besteht eine
Anzeigepflicht für und ein Beanstandungsrecht von Landpachtverträgen. Bei
diesem Gesetz besteht ein schwerwiegendes Vollzugsdefizit. Nur ein Bruchteil
der abgeschlossenen oder geänderten Landpachtverträge wird tatsächlich bei
den Behörden angezeigt, weil die Nichtanzeige nicht sanktioniert wird.

Drucksache 17/12630 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Landverkäufe wurden nach Kenntnis der Bundesregierung auf
Grundlage des GrdstVG in den letzten zehn Jahren geprüft (bitte nach Jah-
ren und Bundesländern aufschlüsseln)?

2. Wie oft wurde nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn
Jahren das Vorkaufsrecht auf Grundlage des GrdstVG ausgeübt (bitte nach
Jahren und Bundesländern aufschlüsseln)?

3. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der nach dem
GrdstVG geprüften Verkäufe an der Gesamtzahl der Verkäufe (bitte nach
Bundesländern aufschlüsseln)?

4. a) Sieht die Bundesregierung aufgrund negativer Entwicklungen auf dem
landwirtschaftlichen Grundstücksmarkt und des vermehrt festzustellen-
den Ankaufs von Agrarland und von Teilen oder vollständigen Agrar-
betrieben durch außerlandwirtschaftliche Investoren einen Reform-
bedarf im Grundstückverkehrs- und im Landpachtrecht?

b) Wenn nein, warum nicht?

c) Wenn ja, welche Reformen hält die Bundesregierung für sinnvoll?

Grundstückverkehrsrecht

5. a) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung aus dem Vorschlag, im Grundstückverkehrsrecht die Genehmi-
gungspflichtgrenze, die in den meisten Bundesländern bei 2 ha liegt,
herabzusetzen?

b) Was wäre aus Sicht der Bundesregierung eine sinnvolle Genehmigungs-
pflichtgrenze?

6. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Vorschlag, im Grundstückverkehrsrecht ein Klagerecht, so wie es
dem Verkäufer und seinem ursprünglich vorgesehenem Erwerber zusteht,
auch für erwerbswillige Landwirte einzuführen?

7. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Vorschlag, ein Vorkaufsrecht der Landgesellschaften „auf Vorrat“
einzuführen, also nicht nur für den Fall, dass direkt ein erwerbswilliger
Landwirt bereitsteht, sondern auch für den späteren Verkauf z. B. in einer
Frist von z. B. zehn Jahren?

8. Aus welchen Gründen lehnt es die Bundesregierung ab, den Landgesell-
schaften für den Fall der Nutzung des grundstückverkehrsrechtlichen Vor-
kaufsrechtes eine Grundsteuerbefreiung einzuräumen, um eine doppelte
Grunderwerbsteuer zu vermeiden?

9. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Vorschlag, ein direktes Vorkaufsrecht erwerbswilliger Landwirte
einzuführen, um den Umweg über die Landgesellschaft u. a. zur Ver-
meidung der doppelten Grunderwerbsteuer vermeiden zu können?

10. a) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung aus dem Vorschlag, die Preisobergrenze von 150 Prozent, ab der
landwirtschaftliche Grundstücksverkäufe als überhöht beanstandet wer-
den können, zu senken?

b) Was könnte hier ggf. eine geeignete Höhe sein?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12630

11. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Vorschlag, die grundstückverkehrsrechtliche Genehmigungs-
pflicht auf die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen landwirtschaftlicher
Unternehmen auszuweiten?

12. Welche Regelungen könnten aus Sicht der Bunderegierung geeignet sein,
die Versagensgründe für Grundstücksverkäufe noch stärker zu objekti-
vieren, um möglichen Vorwürfen der Vetternwirtschaft zu begegnen und
Widersprüche und Klagen zu vermeiden?

13. a) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung aus den Auswirkungen des GrdstVG, das sich am Kaufinteresse
bereits aktiver Landwirte orientiert, auf die Neugründung von Agrarbe-
trieben?

b) Sieht die Bundesregierung im Hinblick auf die politisch gewünschte Un-
terstützung von Betriebsneugründungen Änderungsbedarf im GrdstVG,
und wenn ja, welche?

Landpachtrecht

14. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Vorschlag, zur Gewährleistung einer regelmäßigen Anwendung
des Landpachtgesetzes und zur Ermöglichung einer regelmäßigen Kon-
trolle von Landpachtverträgen gesetzlich festzulegen, dass Landpachtver-
träge erst nach erfolgter Anzeige bei den Behörden wirksam werden?

15. a) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung aus dem Vorschlag, eine konkrete gesetzliche Definition unange-
messener Pachtzinsen festzulegen?

b) Wie könnte eine solche Definition aus Sicht der Bundesregierung
gegebenenfalls aussehen?

Berlin, den 5. März 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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