BT-Drucksache 17/1261

Steuerrechtliche Benachteiligung der Dauerwaldbewirtschaftung gegenüber der Kahlschlagswirtschaft

Vom 26. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1261
17. Wahlperiode 26. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch,
Ulrike Höfken, Friedrich Ostendorff, Bärbel Höhn und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Steuerrechtliche Benachteiligung der Dauerwaldbewirtschaftung gegenüber der
Kahlschlagswirtschaft

Das Bundesnaturschutzgesetz verlangt von den Waldbesitzern in § 5 Absatz 3,
ihren Wald kahlschlagfrei zu bewirtschaften. Naturschutzrechtliches Ziel ist
demnach eine nachhaltige Dauerwaldbewirtschaftung in Deutschland.

Das Einkommensteuerrecht konterkariert diese Regelung jedoch, indem es die
Dauerwaldbewirtschaftung gegenüber der Kahlschlagswirtschaft steuerlich be-
nachteiligt.

In zwei Urteilen des Bundesfinanzhofes wurde festgestellt, dass der Bestand an
Holz in Wäldern mit einer Größe von mindestens einem Hektar zum nicht
abnutzbarenAnlagevermögen gehört. Das hat bei Forstbetrieben, die ihren steuer-
lichen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Absatz 3 des Ein-
kommensteuergesetzes (EStG) ermitteln, zur Folge, dass die bei der Dauerwald-
bewirtschaftung erforderliche einzelstammweiseEntnahme vonBäumen aus dem
Bestand zu keinerlei Minderung des Wertes des Holzbestandes im Betriebsver-
mögen führt.

Bei einem Kahlschlag als Endnutzung ist es hingegen möglich, den Wert des
Holzbestandes im Betriebsvermögen vollständig abzuschreiben und damit Ge-
winn mindernd geltend zu machen. Als Wert des neuen Bestandes müssen ledig-
lich die Kosten der gegebenenfalls erforderlichen Wiederaufforstung neu in das
Betriebsvermögen aufgenommen werden.

Das Einkommensteuerrecht schafft damit Anreize, der Endnutzung von mindes-
tens 1 ha großen Flächen den Vorzug zu geben und damit Kahlschlagwirtschaft
zu betreiben. Dies widerspricht grundlegend den aktuellen Zielen der Natur-
schutzgesetzgebung und derWaldgesetzgebungmehrerer Bundesländer und den
Prämissen der eingeführten forstlichen Zertifizierungssysteme im Hinblick auf
einen naturnahen und strukturreichen Waldaufbau mit dauerwaldartigen Besto-
ckungen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung den oben geschilderten Sachverhalt?

2. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass diese steuerrechtliche Be-
nachteiligung der Dauerwaldbewirtschaftung korrigiert werden sollte, und
wenn nein, warum nicht?

Drucksache 17/1261 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3. Hält die Bundesregierung eine Teilwertabschreibung nach § 6Absatz 1 Num-
mer 2 Satz 2 EStG im Falle einer erheblichen Holzbestandsminderung für
zulässig, und wenn ja, bei welcher Minderung des Holzbestandes wäre die
Grenze zu ziehen?

4. Falls nein, erwägt sie eine dahingehende Rechtsänderung?

5. Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die steuerrechtliche Benachteili-
gung der Dauerwaldbewirtschaftung ohne Änderung von Gesetzen und Ver-
ordnungen aufzuheben, und wenn ja, wie?

6. Sieht die Bundesregierung zur Aufhebung dieser Benachteiligung eine Ände-
rung des Einkommensteuergesetzes als notwendig an, und wie könnte eine
solche Änderung aussehen?

7. Sieht die Bundesregierung zur Aufhebung dieser Benachteiligung eine Ände-
rung von Verordnungen als notwendig an, und wenn ja, welche, und was
müsste darin geändert werden?

8. Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die einkommensteuerlichen
Regelungen mit dem wald- und naturschutzpolitischen Ziel einer kahlschlag-
freie Dauerwaldbewirtschaftung, das im Bundesnaturschutzgesetz und meh-
reren Landeswaldgesetzen verankert ist, in Einklang zu bringen?

Berlin, den 26. März 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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