BT-Drucksache 17/12529

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 17/12046, 17/12302 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften

Vom 27. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12529
17. Wahlperiode 27. 02. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 17/12046, 17/12302 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften

A. Problem

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat festgestellt,
dass die mit der Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften verbundene
Pflicht eines Grundeigentümers, die Ausübung der Jagd durch Dritte auf sei-
nem Grundstück trotz entgegenstehender ethischer Motive zu dulden, gegen
Artikel 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 (Schutz des Eigentums) der Europäischen
Menschenrechtskonvention verstößt.

B. Lösung

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften soll
das Urteil des EGMR vom 26. Juni 2012 in nationales Recht umgesetzt werden.
Der Entwurf ermöglicht unter anderem Grundeigentümern, die einer Jagdge-
nossenschaft angehören und die Bejagung ihrer Flächen aus ethischen Gründen
ablehnen, auf Antrag aus der Jagdgenossenschaft auszuscheiden. Flankierende
Regelungen enthält der Entwurf zur Haftung des ausscheidenden Grundeigen-
tümers für Wildschäden, zur Wildfolge und zum jagdlichen Aneignungsrecht.
Darüber hinaus wird die Strafvorschrift zur Jagdwilderei (§ 292 des Strafge-
setzbuchs – StGB) an die neu geschaffene Befriedung aus ethischen Gründen
angepasst. Damit soll laut Bundesregierung sichergestellt werden, dass ein Be-
treten der aus ethischen Gründen befriedeten Grundflächen, die in der Flur
nicht unbedingt als solche erkennbar sind, für die im Jagdbezirk zur Jagdaus-
übung befugten Personen keine Strafbarkeit nach sich zieht.
Unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

Drucksache 17/12529 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Zur Beendigung der Pflichtmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften ist ein
Antrag des Grundeigentümers erforderlich, bei dem er die ethischen Motive für
die Ablehnung der Jagd glaubhaft zu machen hat. Der dadurch entstehende
Aufwand ist laut Bundesregierung geringfügig, da zur Glaubhaftmachung die
Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ausreicht.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft wird nach Darstellung der Bundesregierung keine Informa-
tionspflicht oder weitere Vorgabe neu eingeführt, geändert oder abgeschafft.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Wurden nicht erörtert.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Bund

Durch das Gesetz entstehen laut Bundesregierung für den Haushalt des Bundes
keine Mehrkosten.

Länder

Für die Verwaltung der Länder entsteht nach Darstellung der Bundesregierung
zusätzlicher Vollzugsaufwand durch Amtshandlungen bei der Antragsbearbei-
tung. Im Einzelnen stellt sich laut Bundesregierung der Erfüllungsaufwand für
die Länder wie folgt dar:

Bundesweit werden laut Bundesregierung voraussichtlich maximal 300 Anträge
auf Austritt aus der Jagdgenossenschaft gestellt werden. Der Bearbeitungs-
aufwand pro Antrag wird bei etwa 30 Stunden durch einen Mitarbeiter des
gehobenen Dienstes (pro Stunde 35,10 Euro) liegen. Der jährliche Erfüllungs-
aufwand für die Verwaltung wird daher nach Darstellung der Bundesregierung
bis zu 315 900 Euro betragen.

F. Weitere Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12529

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksachen 17/12046, 17/12302 unverändert anzuneh-
men.

Berlin, den 27. Februar 2013

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Hans-Michael Goldmann
Vorsitzender

Cajus Caesar
Berichterstatter

Kerstin Tack
Berichterstatterin

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin

gung der Bundesregierung bei der Entscheidung über den
Antrag neben den Interessen des Antragstellers auch ver-

schiedene Allgemeinwohlbelange sowie die Interessen be-
troffener Dritter (insbesondere Land- und Forstwirtschaft)
von der Behörde gegeneinander abzuwägen. Die Behörde
hat vor ihrer Entscheidung über den Antrag eine Anhörung

Folgende Sachverständige – Verbände, Ministerien und
Institutionen – sowie Einzelsachverständige hatten Gele-
genheit zur Stellungnahme in der öffentlichen Anhörung:

Sachverständige
Drucksache 17/12529 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Cajus Caesar, Kerstin Tack, Dr. Christel Happach-Kasan,
Dr. Kirsten Tackmann und Cornelia Behm

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bun-
desregierung auf Drucksachen 17/12046, 17/12302 in der
217. Sitzung am 17. Januar 2013 an den Ausschuss für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zur
federführenden Beratung sowie an den Innenausschuss und
den Rechtsausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
hat festgestellt, dass die mit der Zwangsmitgliedschaft in
Jagdgenossenschaften verbundene Pflicht eines Grund-
eigentümers, die Ausübung der Jagd durch Dritte auf sei-
nem Grundstück trotz entgegenstehender ethischer Motive
zu dulden, gegen Artikel 1 Protokoll Nr. 1 (Schutz des
Eigentums) der Europäischen Menschenrechtskonvention
verstößt. Nach dem Bundesjagdgesetz gehören Eigentümer
von Grundstücken mit einer Fläche von weniger als 75 ha
einer Jagdgenossenschaft an und müssen die Bejagung ihrer
Flächen dulden. Hiergegen hatte sich nach Darstellung der
Bundesregierung ein Grundstückseigentümers gewandt, der
die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt. Der EGMR hat sei-
ner Beschwerde stattgegeben und eine unverhältnismäßige
Belastung des Eigentums festgestellt. Die Bundesrepublik
Deutschland hat als Unterzeichnerstaat der Menschen-
rechtskonvention die Pflicht, das Urteil umzusetzen und
eine konventionskonforme Rechtslage herzustellen.

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtli-
cher Vorschriften soll das Urteil des Europäischen Gerichts-
hofs für Menschenrechte (EGMR) vom 26. Juni 2012 in na-
tionales Recht umgesetzt werden. Der Entwurf ermöglicht
unter anderem Grundeigentümern, die einer Jagdgenossen-
schaft angehören und die Bejagung ihrer Flächen aus
ethischen Gründen ablehnen, auf Antrag aus der Jagdgenos-
senschaft auszuscheiden. Praktisch wird dies laut Bundes-
regierung dadurch erreicht, dass das betroffene Grundstück
durch die zuständige Behörde unter bestimmten Vorausset-
zungen aus ethischen Gründen für befriedet erklärt werden
kann. Die ethischen Motive sind vom Grundeigentümer
glaubhaft zu machen. Die Befriedung hat zur Folge, dass die
betreffende Fläche grundsätzlich nicht mehr bejagt werden
darf. Da nach Aussage der Bundesregierung die Nichtbeja-
gung einzelner Flächen des gemeinschaftlichen Jagdbezirks
in mehrfacher Hinsicht erhebliche Auswirkungen auf die
übrigen Flächen haben kann – insbesondere bezüglich der
Regulierung des Wildbestandes, Vermeidung von Wildschä-
den, Vermeidung von Wildseuchen etc.) – sind nach Darle-

ter, angrenzende Grundeigentümer, Jagdbeirat sowie Träger
öffentlicher Belange anzuhören.

Flankierende Regelungen enthält der Entwurf zur Haftung
des ausscheidenden Grundeigentümers für Wildschäden, zur
Wildfolge und zum jagdlichen Aneignungsrecht. Darüber
hinaus wird die Strafvorschrift zur Jagdwilderei (§ 292
StGB) an die neu geschaffene Befriedung aus ethischen
Gründen angepasst. Damit soll laut Bundesregierung sicher-
gestellt werden, dass ein Betreten der aus ethischen Grün-
den befriedeten Grundflächen, die in der Flur nicht unbe-
dingt als solche erkennbar sind, für die im Jagdbezirk zur
Jagdausübung befugten Personen keine Strafbarkeit nach
sich zieht.

Der Bundesrat hat in seiner 906. Sitzung am 1. Februar
2013 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf der Bundesregie-
rung auf Drucksache 17/12046 gemäß Artikel 76 Absatz 2
des Grundgesetzes eine Stellungnahme abzugeben, auf die
eine Gegenäußerung der Bundesregierung erfolgte. Die
Stellungnahme des Bundesrates als auch die Gegenäuße-
rung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bun-
desrates ist der Drucksache 17/12302 zu entnehmen.

III. Stellungnahme der mitberatenden
Ausschüsse

Der Innenausschuss hat in seiner 94. Sitzung am 27. Februar
2013 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, empfohlen, den Gesetz-
entwurf der Bundesregierung auf Drucksachen 17/12046,
17/12302 unverändert anzunehmen.

Der Rechtsausschuss hat in seiner 119. Sitzung am 27. Fe-
bruar 2013 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Gesetz-
entwurf der Bundesregierung auf Drucksachen 17/12046,
17/12302 unverändert anzunehmen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

1. Öffentliche Anhörung

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz hat in seiner 86. Sitzung am 20. Februar 2013
zum Thema „Änderungen des Bundesjagdgesetzes“ auf der
Grundlage des Gesetzentwurfes der Bundesregierung auf
Drucksache 17/12046 eine öffentliche Anhörung durchge-
führt.
unter Einbeziehung aller Betroffenen durchzuführen: neben
dem Antragsteller sind auch Jagdgenossenschaft, Jagdpäch-

– Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft Lan-
desgruppe Brandenburg e. V., Dietrich Mehl

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12529

– Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbrau-
cherschutz Mecklenburg-Vorpommern, Martin Rackwitz

– Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden in
Westfalen-Lippe e. V., Rechtsanwalt Jürgen Reh

– Deutscher Jagdschutzverband e. V., Dr. Daniel Hoffmann

– AGDW – Die Waldeigentümer, Norbert Leben.

Einzelsachverständige

– Elisabeth Emmert (Bundesvorsitzende des Ökologischen
Jagdverbands – ÖJV)

– Prof. Dr. Dr. Sven Herzog (Technische Universität Dres-
den, Institut für Waldbau und Forstschutz).

Die Sachverständigen/Einzelsachverständigen bewerteten
den Gesetzentwurf der Bundesregierung unterschiedlich.

Die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung vom 20. Februar
2013 sind in die Beratungen des Ausschusses mit eingeflos-
sen. Die schriftlichen Stellungnahmen der geladenen Sach-
verständigen und Einzelsachverständigen – die Ausschuss-
drucksachen 17(10)1190-A, 17(10)1190-B, 17(10)1190-C,
17(10)1190-D, 17(10)1190-E, 17(10)1190-F und
17(10)1190-G sowie unter anderem der Videomitschnitt des
Parlamentsfernsehens von der Anhörung sind der Öffent-
lichkeit über die Webseite des Deutschen Bundestages
(www.bundestag.de) zugänglich. Zudem wurden an den
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz im Zusammenhang mit der Novellierung des Jagdge-
setzes mehrere schriftlichen Stellungnahmen unaufgefordert
übermittelt, die in den Beratungsprozess eingeflossen sind.

2. Abschließende Beratung

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf
Drucksachen 17/12046, 17/12302 in seiner 88. Sitzung am
27. Februar 2013 abschließend beraten. Die Beratung wurde
im nicht öffentlichen 88. Kurzprotokoll des Ausschusses
festgehalten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN brachte zum
Gesetzentwurf der Bundesregierung einen Entschließungs-
antrag auf Ausschussdrucksache 17(10)1207 ein, der fol-
genden Wortlaut hatte:

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das von Jagdgegnern vor dem Europäischen Menschen-
rechtsgerichtshof (EGMR) erstrittene Urteil ist ohne Ab-
striche in deutsches Recht umzusetzen. Es darf nicht der
Versuch unternommen werden, dieses Urteil ganz oder teil-
weise ins Leere laufen zu lassen. Im Interesse der Rechts-
sicherheit sind Regelungen zu treffen, die sowohl dem Sinn
des Urteils entsprechen als auch von den Betroffenen an-
wendbar und behördlicherseits kontrollierbar sind.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung wird
diesem Anspruch jedoch nur zum Teil gerecht. Er dient er-
kennbar in erster Linie dem Interesse, eine flächendeckende
Bejagung so weit wie möglich sicherzustellen. Dazu ist das
EGMR-Urteil von der Bundesregierung sehr eng ausgelegt
worden. Die Grenzen dessen, was rechtlich und politisch

ten. Dies gilt insbesondere für die Regelung zum Inkrafttre-
ten der ethischen Befriedung.

Das EGMR-Urteil zur Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenos-
senschaften stärkt die Eigentümerrechte im Jagdrecht. Die-
ses Urteil sollte zum Anlass genommen werden, um nun
auch im deutschen Jagdrecht insgesamt die rechtliche Stel-
lung von Eigentümern und Landnutzern gegenüber den
Jagdausübungsberechtigen zu verbessern.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

den Gesetzentwurf zu überarbeiten und dabei folgende Än-
derungen vorzunehmen:

1. Die Bedingungen für eine mögliche Ablehnung ethisch
begründeter Befriedungsanträge, die im Vorhinein erfol-
gen soll, sind enger zu fassen, um zu gewährleisten, dass
eine Ablehnung ethisch befriedeter Anträge im Vorhinein
nur im Ausnahmefall erfolgt. Stattdessen ist eine Rück-
nahme einer genehmigten ethischen Befriedung für die
Fälle zu ermöglichen, in denen im Nachhinein tatsäch-
lich eine erhebliche Beeinträchtigung der genannten
öffentlichen Belange festgestellt werden konnte. Das ist
insbesondere dann der Fall, wenn mehrfach eine
Zwangsbejagung der Grundstücke angeordnet werden
musste.

2. Für juristische Personen des Privatrechts muss es mög-
lich sein, Anträge auf ethische Befriedung zu stellen.

3. Eine ethische Befriedung von Eigenjagdbezirken ist zu
ermöglichen, sofern für diese Abschusspläne gelten.

4. a) Das Inkrafttreten der Befriedung ist auf den Termin
des Endes des Jagdjahres nach Genehmigung des
Antrages auf Befriedung festzulegen.

b) Die vorgesehene Schadenersatzpflicht des Eigentü-
mers des befriedeten Bezirks gegenüber der Jagdge-
nossenschaft für den Fall, dass er vor dem Ende
eines Jagdpachtvertrags aus der Jagdgenossenschaft
austreten kann, ist zu streichen. Stattdessen muss für
jeden Fall eines Austritts aus der Jagdgenossenschaft
gelten, dass die vereinbarte Jagdpacht um den Anteil
der befriedeten Fläche am Jagdbezirk vermindert
wird.

5. Für eine mögliche Zwangsbejagung befriedeter Bezirke
muss der Nachweis erforderlich sein, dass die Befrie-
dung die Schäden herbeigeführt hat.

6. a) Auf die Mithaftung der Eigentümer befriedeter Be-
zirke für Wildschäden innerhalb des Gemeinschafts-
jagdbezirkes, die nach dem Austritt aus der Jagdge-
nossenschaft entstehen, ist zu verzichten. Dazu ist
festzulegen, dass ethisch befriedete Bezirke nicht
mehr Teil des eines Gemeinschaftsjagdbezirkes sind.
Die Mithaftungspflicht für Wildschäden, die vor dem
Austritt aus der Jagdgenossenschaft entstanden sind,
bleibt jedoch bestehen.

b) Bei Landpachtverträgen, die nichts anderes vorsehen,
muss der Grundstückseigentümer eines ethischen be-
friedeten Bezirks für Wildschäden seiner Landpächter
nach den gültigen Standards haften.

7. Die Wildfolge wird im Interesse des Tierschutzes sowohl

angemessen ist, um dem EGMR-Urteil gerecht zu werden,
hat die Bundesregierung dabei zum Teil deutlich überschrit-

in befriedeten Bezirken als auch in Jagdbezirken grund-
sätzlich und ohne bürokratische Hürden zulässig.

Drucksache 17/12529 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Begründung

Zu 1 (zur Ablehnung ethisch begründeter Befriedungs-
anträge)

Die Gründe für eine mögliche Ablehnung ethisch begründe-
ter Befriedungsanträge sind in Absatz 1 sehr weit gefasst.
Das gilt insbesondere für die Nummern 1-2 (Erhaltung
eines artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie der
Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen, Schutz der
Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft vor übermäßigen
Wildschäden). Diese stellen die Begründung für die Jagd
überhaupt dar. Es besteht die Gefahr, dass diese Ausschluss-
gründe je nach Auslegung durch die Unteren Jagdbehörden
zu einem sehr hohen Anteil abgelehnter Anträge und zu Ver-
stößen gegen die Eigentumsrecht der Grundeigentümer füh-
ren könnten. Das wäre dann eine Missachtung des EGMR-
Urteils. Hinzu kommt, dass eine Beurteilung der Auswirkun-
gen im Vorhinein in aller Regel schwer möglich ist. Eine Be-
urteilung der Folgen ist im Regelfall erst im Nachhinein an-
hand tatsächlicher Erfahrungen möglich. Von daher sollte
anstelle einer Ablehnung im Vorhinein ohne Belege der Ge-
fährdung der genannten öffentlichen Belange eher einer
Rücknahme einer genehmigte ethische Befriedung in Be-
tracht kommen. Diese Möglichkeit muss im Gesetz aber
zunächst einmal geschaffen werden.

Zu 2 (zum Ausschluss juristischer Personen von der Befrie-
dungsmöglichkeit)

Gemäß Absatz 1 dürfen sämtliche juristische Personen
keine Befriedungsanträge stellen. Die Begründung, dafür
überzeugt in der Sache nicht, denn viele juristische Perso-
nen des Privatrechts sind freie Zusammenschlüsse natür-
licher Personen und können infolgedessen einen ethisch be-
gründeten und in einer Satzung o. ä. festgelegten ethischen
Zweck verfolgen. In diesem Fall, und nur in diesem Fall,
sollten auch sie die Möglichkeit zur Befriedung haben. Das
gilt aber nur für juristische Personen des Privatrechts, nicht
aber für juristische Personen des öffentlichen Rechts, da
letztere keine freier Zusammenschlüsse natürlicher Perso-
nen sind.

Zu 3 (zum Ausschluss der Befriedung von Eigenjagdbezirken)

Gemäß Absatz 1 können für Eigenjagdbezirke keine Befrie-
dungsanträge gestellt werden. Zwar haben Eigenjagdbesit-
zer einen erheblichen Einfluss auf Art und Umfang der Jagd
in ihrem Eigenjagdbezirk. Dort, wo sie jedoch zur Erfüllung
behördlicher Abschusspläne für Schalenwild verpflichtet
sind, müssen sie die Jagd entweder selber ausüben, einen
Dritten mit der Jagd beauftragen oder die Jagd verpachten
und dann die Jagd dulden. Dies dürfte die Rechte von
Eigenjagdbesitzern, die die Jagd ablehnen, im selben Maße
beeinträchtigen wie die Eigentümer von Grundstücken in
Gemeinschaftsjagdbezirken, auch wenn das EGMR-Urteil
von einem Jagdgenossen erstritten wurde und von daher
formal nur für Jagdgenossen gilt. Daher sollte der Geist des
EGMR-Urteils aufgegriffen und die Befriedungsmöglichkeit
auch für Eigenjagdbesitzer geschaffen werden.

Zu 4 a (zum Inkrafttreten der Befriedung)

Die Befriedung tritt gemäß Absatz 2 erst zum Ende der
Laufzeit des Pachtvertrages in Kraft. Das kann angesichts
einer gesetzlichen Mindestpachtzeit von 9 Jahren in sehr

Einhaltung ihrer Rechte warten zu lassen. Diese Regelung
unterläuft daher in erheblichem Maße das EGMR-Urteil
und damit die Eigentumsrechte der betroffenen Eigentümer
noch für einen sehr langen Zeitraum. Die Ausnahmemög-
lichkeit, die der Satz 2 vorsieht, heilt das nur unzureichend.

Zu 4 b (zur Übergangsregelung bis zum Inkrafttreten der
Befriedung)

Der Versuch, mit dem Inkrafttreten der Befriedung zum
Ende der Laufzeit des Pachtvertrages Übergangsregelun-
gen für laufende Pachtverträge überflüssig zu machen, wird
durch die Ausnahmemöglichkeit ohnehin konterkariert.
D. h. für diese Ausnahmefälle müssen ohnehin Übergangre-
gelungen geschaffen werden. Dabei ist ein Minderung der
Jagdpacht um den Anteil der befriedeten Jagdfläche an der
gesamten bejagdbaren Flächen angemessen.

Zu 5 (zur Zwangsbejagung befriedeter Bezirke)

Auch hier besteht die Gefahr, dass die Jagdbehörden je
nach Auslegung die Befriedung regelmäßig aushebeln
könnten. Dem kann die Pflicht zum Nachweis, dass die Be-
friedung die Schäden tatsächlich herbeigeführt hat, vorbeu-
gen. Diese Nachweispflicht ist auch deshalb notwendig,
weil auch die bestehende Form der Jagdausübung (inkl.
Hege- und Fütterungsmaßnahmen) vielfach zu überhöhten
Schäden durch Schalenwild beiträgt.

Zu 6 a (zur Wildschadenhaftung von Eigentümern befriede-
ter Bezirke innerhalb des gemeinschaftlichen Jagdbezirks)

Der befriedete Bezirk bleibt gemäß dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung nach der Änderung des Bundesjagdgeset-
zes formal weiter Teil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks,
der Eigentümer aber nicht Mitglied der Jagdgenossen-
schaft. Es ist sehr fraglich, dass die Mithaftung der Eigen-
tümer befriedeter Bezirke für Wildschäden im gemeinschaft-
lichen Jagdbezirk, die nach dem Austritt aus der Jagd-
genossenschaft entstehen, vor dem Hintergrund des EGMR-
Urteils für Grundeigentümer, die die Jagd aus ethischen
Gründen ablehnen, als zumutbar angesehen werden kann.
Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen die Jagd-
genossenschaft sich ihrer Wildschadensersatzpflicht per
Jagdpachtvertrag entledigt hat. Aber auch in den Fällen, in
denen die Jagdgenossenschaft weiter für Wildschäden haf-
tet, ist eine Haftung von Grundbesitzern, die nicht mehr
Mitglied dieser Jagdgenossenschaft sind, systemwidrig. In
jedem Fall liegt es in der Hand der Jagdausübungsberech-
tigten, Wildschäden durch Abschüsse zu vermeiden. Im
Falle höherer Wildtierbestände durch eine ethische Befrie-
dung muss die Jagd auf den benachbarten bejagten Flächen
entsprechend intensiver ausgeübt werden. Hier besteht kein
Unterschied zu Jagdausübungsberechtigen, deren Jagd-
bezirk in der Nachbarschaft eines Jagdbezirks mit hege-
bedingt überhöhten Schalenwildbeständen liegt, ohne dass
diese benachbarte Jagdausübungsberechtigten dafür haft-
bar machen könnten. Aus diesem Gründen sollte auf diese
Mithaftung für Wildschäden, die nach dem Austritt aus der
Jagdgenossenschaft entstehen, verzichtet werden. Dazu ist
der befriedete Bezirk auch formal aus dem Gemeinschafts-
jagdbezirk auszugliedern. So wird die fragwürdige recht-
liche Konstruktion, dass ein Grundeigentümer nicht mehr
Mitglied der Jagdgenossenschaft, sein Grundstück aber
noch Teil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks der Jagdge-
vielen Fällen noch sehr viele Jahre dauern. Es ist nicht
akzeptabel, die Grundeigentümer noch viele Jahre auf die

nossenschaft ist, er dort also nicht mehr mitbestimmen darf,
aufgehoben. Für Wildschäden, die vor dem Austritt aus der

Berlin, den 27. Februar 2013

Cajus Caesar
Berichterstatter

Kerstin Tack
Berichterstatterin

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/12529

Jagdgenossenschaft entstanden sind, muss selbstverständ-
lich mitgehaftet werden.

Zu 6 b (zur Wildschadenhaftung von Eigentümern befriedeter
Bezirke gegenüber ihren Landpächtern)

Absatz 6 lässt offen, ob ein Landpächter, der Land in einem
befriedeten Bezirk gepachtet hat, Wildschadensersatz gel-
tend machen kann. Der Landeigentümer ist aber keineswegs
immer auch der Landnutzer. Bei landwirtschaftlichen Nutz-
flächen liegt der Pachtanteil bei ca. 60 %. Dieser Wild-
schadensersatz durch den Landeigentümer ist jedoch in
jeder Hinsicht legitim, denn es ist die Entscheidung des
Grundeigentümers, dass auf die Jagd als Mittel gegen Wild-
schäden verzichtet wird, nicht die des Landpächters. Dem-
entsprechend muss der Grundeigentümer auch die wirt-
schaftlichen Folgen dieser Entscheidung tragen, nicht der
Landpächter. Daraus folgt, dass der Grundeigentümer ge-
genüber seinem Landpächter wildschadenserstatzpflichtig
werden muss, sofern im Landpachtvertrag nichts anderes
vereinbart ist. Dieser Wildschadensanspruch dürfte auch
bereits aus dem Haftungsrecht des Bürgerlichen Gesetz-
buches resultieren. Dann aber ist es sinnvoll, dies auch im
Jagdrecht noch einmal klar und deutlich zum Ausdruck zu
bringen, anstatt wie bei der Verkehrssicherungspflicht auf
zukünftiges Richterrecht zu verweisen. Bei dieser Regelung
verbleibt dennoch die Möglichkeit, diese Haftung durch
eine entsprechende Regelung im Landpachtvertrag im Falle
einer Neuverpachtung vertraglich auszuschließen, wobei
entsprechend den Marktverhältnissen ggf. ein entsprechend
niedrigerer Pachtzins akzeptiert werden muss. Bei bereits

abgeschlossenen Landpachtverträgen konnte die neue Mög-
lichkeit der ethischen Befriedung jedoch noch nicht berück-
sichtigt werden. Deshalb muss hier eine gesetzliche Ver-
pflichtung zum Wildschadensersatz durch den Eigentümer
greifen.

Zu 7 (zur Wildfolge in befriedeten Bezirken)

Die Regelung in Absatz 8, der zufolge Grundeigentümer be-
friedeter Grundstücke über die Notwendigkeit der Wildfolge
bereits vor dem Beginn der Wildfolge unverzüglich in
Kenntnis zu setzen ist, sind praxisfremd und bürokratisch
und können eine Wildfolge in der Praxis verhindern. Aus
Tierschutzsicht sollte eine Wildfolge aber in jedem Fall
möglich sein, um angeschossene Wildtiere von unnötigen
Schmerzen erlösen zu können.

3. Abstimmungsergebnisse

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. gegen Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem Deutschen
Bundestag zu empfehlen, den Gesetzentwurf auf Druck-
sachen 17/12046, 17/12302 unverändert anzunehmen.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. gegen Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Ausschussdrucksache 17(10)1207 abzulehnen.

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