BT-Drucksache 17/12365

zu dem Antrag der Abgeordneten Marianne Schieder (Schwandorf), Ulla Burchardt, Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. sowie der Abgeordneten Krista Sager, Kai Gehring, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/9978 - Frauen in Wissenschaft und Forschung - Mehr Verbindlichkeit für Geschlechtergerechtigkeit

Vom 19. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12365
17. Wahlperiode 19. 02. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Marianne Schieder (Schwandorf), Ulla Burchardt,
Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, Matthias W. Birkwald,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
sowie der Abgeordneten Krista Sager, Kai Gehring, Ekin Deligöz, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/9978 –

Frauen in Wissenschaft und Forschung – Mehr Verbindlichkeit
für Geschlechtergerechtigkeit

A. Problem

Frauen haben bei gleicher Qualifikation schlechtere Entwicklungs- und Karriere-
chancen in Wissenschaft und Forschung. Dies führt zu einer Vergeudung des
intellektuellen Potentials von Frauen und führt zu einem gravierenden Innova-
tions- und Qualitätsdefizit in Forschung und Wissenschaft. Sowohl an den Uni-
versitäten als auch an den außeruniversitären Einrichtungen besteht ein großer
Nachholbedarf für weibliches wissenschaftliches Führungspersonal. Selbst in
den wissenschaftlichen Beratungsgremien der Bundesregierung sind Frauen mit
noch nicht einmal einem Viertel der Stellen vertreten. Zugleich sind Wissen-
schaftlerinnen besonders von den zunehmend schwierigeren Beschäftigungs-
bedingungen, die maßgeblich durch die sich verschlechternde Grundausstattung
der Hochschulen verursacht werden, in benachteiligender Weise betroffen.

B. Lösung

Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit den Ländern in der
Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz eine Strategie für mehr Geschlechter-
gerechtigkeit im Wissenschaftsbereich zu entwickeln und umzusetzen, die kon-

krete Ziele sowie mehr Verbindlichkeit und überprüfbare Vereinbarungen be-
inhaltet. Zudem soll die Bundesregierung einmal pro Legislaturperiode einen
Fortschrittsbericht „Geschlechtergerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung“
vorlegen, der insbesondere eine Evaluierung aller gleichstellungspolitischen
Programme, Maßnahmen und Initiativen des Bundes enthalten soll. Letztlich
soll die Bundesregierung als Geldgeberin von Forschungsaufträgen qualitative
und quantitative Vorgaben zur Steigerung der Anteile von Frauen insgesamt

Drucksache 17/12365 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

und vor allem in Führungspositionen einfordern und systematisch kontrollie-
ren.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12365

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/9978 abzulehnen.

Berlin, den 12. Dezember 2012

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ulla Burchardt
Vorsitzende

Anette Hübinger
Berichterstatterin

Marianne Schieder (Schwandorf)
Berichterstatterin

Dr. Martin Neumann (Lausitz)
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Krista Sager
Berichterstatterin

trägen aller parlamentarischen Fraktionen des Deutschen
Bundestages geführt, die die Bundesregierung dazu auf-

Der mitberatende Ausschuss für Wirtschaft und Techno-
logie, der Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie der
gefordert haben, in Zusammenarbeit mit den Ländern und
Wissenschaftseinrichtungen zukünftig einen deutlichen
Schwerpunkt auf die Erhöhung des Frauenanteils in höheren
Statusgruppen und Spitzenpositionen zu legen. Letztlich sei

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
haben jeweils in ihren Sitzungen am 12. Dezember 2012 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
Drucksache 17/12365 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Anette Hübinger, Marianne Schieder (Schwandorf),
Dr. Martin Neumann (Lausitz), Dr. Petra Sitte und Krista Sager

A. Allgemeiner Teil
I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/9978 in seiner 187. Sitzung am 28. Juni 2012 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung sowie an
den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales und an den Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung
überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN stellen fest, dass Frauen in Wissenschaft und
Forschung stark unterrepräsentiert sind. Zwar ließen sich in
den letzten Jahren Fortschritte bei dem Anteil von Wissen-
schaftlerinnen in höheren Qualifikations- bzw. Karrierestu-
fen der Wissenschaft erkennen, doch sei die Entwicklungs-
dynamik zu langsam und die Ergebnisse seien zu unbe-
friedigend. Es sei daher höchste Zeit, Hochschulen und
außeruniversitäre Forschungseinrichtungen verbindlich zu
verpflichten, Zielquoten zu bestimmen, deren Nichterfül-
lung Konsequenzen in der regulären Mittelvergabe zur
Folge habe. Gelinge es auch zukünftig nicht, mehr Wissen-
schaftlerinnen für verantwortliche Positionen zu gewinnen
und die Unterrepräsentanz von Frauen in führenden Posi-
tionen zu überwinden, werde dies zu bedeutenden Innova-
tions- und Qualitätseinbußen in Forschung und Wissen-
schaft führen. Darüber hinaus führe ein solches Versäumnis
zu großen volkswirtschaftlichen Verlusten, da die Nicht-
berücksichtigung von Frauen, insbesondere auf der Ebene
von Führungs- und Entscheidungspositionen im Wissen-
schaftssystem, zu einer Vergeudung des intellektuellen
Potentials von Wissenschaftlerinnen führe. Dieses Problem
werde durch den demographischen Wandel noch vergrößert.

Auch sei festzustellen, dass Frauen im Vergleich zu Män-
nern langfristig in ihren Entwicklungsmöglichkeiten, ihrer
Einkommenssituation sowie bei der Anerkennung ihrer wis-
senschaftlichen Leistungen benachteiligt würden. Wissen-
schaftlerinnen seien darüber hinaus von den zunehmend
schwierigeren Beschäftigungsbedingungen, die maßgeblich
durch sich verschlechternde Grundausstattungen der Hoch-
schulen verursacht seien, in besonders benachteiligender
Weise betroffen.

Bereits in der 16. Legislaturperiode habe eine Experten-
anhörung im Ausschuss für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages zu An-

einem Beschluss des Deutschen Bundestages aus dem Jahr
1994 weit unterrepräsentiert seien.

Die antragsstellenden Fraktionen fordern, der Deutsche
Bundestag solle die Bundesregierung auffordern, gemein-
sam mit den Ländern in der Gemeinsamen Wissenschafts-
konferenz (GWK) eine Strategie für mehr Geschlechter-
gerechtigkeit im Wissenschaftsbereich zu entwickeln und
umzusetzen, die konkrete Ziele sowie mehr Verbindlichkeit
und überprüfbare Vereinbarungen beinhaltet. Hierzu gehöre
insbesondere:

– Zielquoten nach dem Kaskadenmodell in den For-
schungsorganisationen einzuführen,

– die institutionelle und projektgebundene Forschungsför-
derung an gleichstellungspolitische Verpflichtungen zu
knüpfen,

– die Erreichung gleichstellungspolitischer Ziele und Vor-
gaben anhand von Kennzahlen und Leistungsindikatoren
zu kontrollieren und transparent zu evaluieren,

– mittelfristig einen Anteil jeden Geschlechts auf Ent-
scheidungsebene und in Evaluationsgremien in For-
schungseinrichtungen und Hochschulen von mindestens
40 Prozent zu erreichen,

– hochschul- und forschungsbezogene Programme ab
2013 mit spezifischen Maßnahmen und verbindlichen
Zielsetzungen zur Sicherung von Geschlechtergerechtig-
keit und Gleichstellung in der Wissenschaft auszustatten.

Darüber hinaus soll dem Deutschen Bundestag einmal pro
Legislaturperiode ein Fortschrittsbericht „Geschlechterge-
rechtigkeit in Wissenschaft und Forschung“ vorgelegt wer-
den, der die Evaluation der gleichstellungspolitischen Pro-
gramme, Maßnahmen und Initiativen des Bundes sowie die
gleichstellungspolitischen Maßnahmen der außeruniversitä-
ren Forschungseinrichtungen und die Wirkung von Hoch-
schul- und Qualitätspakt im Hinblick auf gleichstellungs-
politische Maßnahmen beinhalten solle.

Weitergehend soll die Bundesregierung neben einer Viel-
zahl weiterer Maßnahmen insbesondere aufgefordert wer-
den, als Geldgeberin und als Mitglied von Kuratorien oder
Aufsichtsräten darauf hinzuwirken, dass wissenschaftliche
Einrichtungen und Forschungsvorhaben qualitative und
quantitative Vorgaben zur Steigerung der Anteile von
Frauen insgesamt und in Führungspositionen konsequent
umsetzen und systematisch kontrollieren.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
darauf hinzuweisen, dass Frauen auch in den wissenschaft-
lichen Beratungsgremien der Bundesregierung entgegen

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 17/9978 abzulehnen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12365

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung hat zu dem Thema „Frauen in Wissenschaft
und Forschung“ eine öffentliche Anhörung am 11. Juni
2012 mit den nachfolgend aufgeführten Sachverständigen
durchgeführt:

Jutta Dalhoff – Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft
und Forschung (CEWS) am GESIS – Leibniz-Institut für
Sozialwissenschaften

Dr. Edit Kirsch-Auwärter – Universität Göttingen, Bundes-
konferenz der Frauenbeauftragten und Gleichstellungsbe-
auftragten an Hochschulen (BuKoF)

Prof. Dr. Ing. Wolfgang Marquardt – Vorsitzender des Wis-
senschaftsrates

Prof. Dr. Joybrato Mukherjee – Präsident der Justus-Liebig-
Universität Gießen

Prof. Dr. Martina Schraudner – TU Berlin, Fraunhofer-
Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung
e. V.

Dr. Dagmar Simon – Wissenschaftszentrum Berlin für So-
zialforschung, Institut für Forschungsinformation und Qua-
litätssicherung.

Die Ergebnisse der Anhörung sind in die Schlussberatung
der Vorlage in der 90. Sitzung am 12. Dezember 2012 ein-
geflossen. Der Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung empfiehlt:

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/9978 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärt, dass der Sachstand
bereits erörtert worden sei und daher nur zwei Bemerkun-
gen angebracht seien:

Zum einen sei man sich einig, dass Frauen in der Wissen-
schaft etwas mehr Aufmerksamkeit brauchen würden. Aus
der Anhörung in der letzten Legislaturperiode erinnere man
sich an eine Aussage der Vertreterin der Max-Planck-
Gesellschaft, die sagte, dass, wenn man im Hinblick auf den
demographischen Wandel Forschungskapazitäten behalten
wolle, man vermehrt Senioren und Frauen rekrutieren solle.
Hier müsse man Frauen eigentlich an erster Stelle nennen
und Senioren ihren wohlverdienten Ruhestand lassen. Des-
wegen sei es so wichtig, dafür zu sorgen, dass Frauen ver-
stärkt in Führungspositionen hineinkommen. Als „kritische
Masse“ habe man 40 Prozent Frauenanteil auf jeder Ebene
festgelegt. Dieser Anteil werde dafür sorgen, dass das Sys-
tem von innen heraus weiter wachsen und die jeweils
nächsthöhere Stufe qualitativ gut besetzt werden könne.

Es wird zudem auf die verschiedenen Anreizmodelle hinge-
wiesen. Es gebe da drei Verfahren: eine verbindliche aber
flexible Quote, ambitionierte aber realistische Vorgaben und
der Vorrang von Anreizen vor Sanktionen. Die Fraktion der
CDU/CSU wolle die Anreize stärker betonen.

Man unterstreiche zwar viele der Ausführungen in dem

nachvollziehbar. Man habe das Professorinnenprogramm
fortgeschrieben, um das Zeitfenster bis 2019 zu nutzen und
die Frauenquote zu erhöhen, wenn Professorinnen und Pro-
fessoren in den Ruhestand gingen. Zudem habe man in den
Pakten die Frauenförderung mit verankert. Auch das gehöre
zu den wesentlichen Zielen. Man beschränke sich also nicht
auf reine Rhetorik.

Ferner wolle man auf die Erklärung der Bundesregierung
hinweisen, dass der GWK-Beschluss nun in allen Bereichen
umgesetzt werde, die das Ministerium zu verantworten
habe. Im Übrigen lobe man den Antrag der Opposition, der
in einigen Punkten jedoch nicht tragbar sei.

Die Fraktion der SPD erläutert zunächst, dass sich der vor-
liegende Antrag von der Großen Anfrage ableite, die sie ge-
meinsam mit den Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN zum Thema Frauen in Wissenschaft und
Forschung eingereicht habe. Die Antwort der Bundesregie-
rung (Drucksache 17/7756) habe bestätigt, dass es zwar
erfolgreiche Frauen in Wissenschaft und Forschung gebe,
diese aber schlechtere Aufstiegschancen hätten. Je höher die
Karrierestufe sei, desto stärker sinke der Frauenanteil. So
habe im Jahr 2009 die Frauenquote in den Bachelor-Stu-
diengängen 51,7 Prozent, im Bereich der C-4- und W-3-Pro-
fessuren hingegen nur 13,6 Prozent betragen. Das Zeitfens-
ter für Veränderungen sei eng: Von 2010 bis 2019 würden
29,3 Prozent der Professorinnen und Professoren in den
Ruhestand gehen. Wolle man frei werdende Stellen mit
Frauen besetzen, so müsse man dies jetzt tun.

Die Große Anfrage habe aber auch gezeigt, dass die Bun-
desregierung das Thema nicht ernst genug nehme. Es seien
zu wenige Daten vorhanden und der Handlungsbedarf
werde nicht richtig erkannt. Vielmehr beschränke sich die
Bundesregierung auf Appelle, die schon in den vergangenen
Jahrzehnten keine Wirkung gezeigt hätten.

Man müsse nun dazu übergehen, überprüfbare Ziele zu ver-
einbaren und die Sache mit Nachdruck zu verfolgen. Dazu
liste man in dem Antrag eine große Anzahl von Forderun-
gen auf, die das Ziel hätten, Frauen in Wissenschaft und
Forschung voranzubringen. So verlange man, dass das Kas-
kadenmodell, welches schon im November 2011 in der
GWK beschlossen worden sei, weiterentwickelt und ver-
bindlich ausgestaltet werde. Mittelfristig strebe man einen
Anteil von 40 Prozent jeden Geschlechts in den Entschei-
dungsebenen und Evaluationsgremien von Forschungsein-
richtungen an. In jeder Legislaturperiode solle es einen
Fortschrittsbericht zum Thema Geschlechtergerechtigkeit in
Wissenschaft und Forschung geben, um die Erreichung der
Ziele zu überprüfen. Vor allem wünsche man sich von der
Bundesregierung, dass diese in den betreffenden Gremien
ihren Einfluss geltend mache und das Thema entschlossen
angehe, bevor es zu spät sei.

Verbindlichkeit bedeute auch, dass man die Mittelvergabe
anpassen müsse. Eine Nichterfüllung der Vorgaben müsse
finanzielle Konsequenzen haben, um einen Anreiz zu set-
zen, die gesteckten Ziele beharrlich zu verfolgen. Man
werbe daher um Unterstützung für den Antrag. Dieser be-
schreibe konkret, welche Schritte notwendig seien. Weitere
Antrag der Opposition. Der Vorwurf der Passivität, der an
die Bundesregierung gerichtet werde, sei hingegen nicht

Jahrzehnte nur der Diskussionen könne man sich nicht
erlauben.

Drucksache 17/12365 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die Fraktion der FDP führt aus, dass sie die Zielstellung
der Fraktion der CDU/CSU teile. Es stelle sich daher die
Frage, wie man diese Ziele erreichen könne. Zunächst
müsse auf den 16. Fortschreibungsbericht der GWK verwie-
sen werden. Dort zeichne sich ein Wachstum des Frauen-
anteils in den Bereichen Studienabschluss, Promotion,
Habilitation und Professur ab. Die Frage an die Fraktion der
SPD laute demgemäß: Welche Rolle könne der Bund über-
nehmen? Welche Notwendigkeiten würden die Länder
sehen? Es seien keine Programme in den Bundesländern be-
kannt. Es bestünden Zweifel an der Aufgabenverteilung
zwischen Bund und Ländern. Der Bund könne nur Impuls-
geber sein. Das Ziel erreiche man mit einer von der GWK
und den Ländern getragenen Strategie. Wichtig sei das Zu-
sammenspiel von Bund und Ländern. Man müsse dort an-
setzen, wo Verantwortung für das Hochschulsystem über-
nommen werde.

Wenn man das Thema Qualität und Wettbewerb anspreche,
sei es wichtig, das Kaskadenmodell nicht nur als Grundlage
anzusehen, sondern als tatsächliche Voraussetzung für eine
Frauenquote im Wissenschaftssystem zu begreifen. Man
müsse sich aber auch die Ursachen genauer anschauen und
nicht nur auf eine Quotenregelung vertrauen. Man wolle
nicht über das Ziel hinaus schießen.

Man dürfe sich zudem in der Diskussion nicht auf einzelne
Lebensläufe beschränken. Vielmehr sei ein Rahmen erfor-
derlich, der alle Voraussetzungen und Bedingungen berück-
sichtige. Man nähere sich dann einer nationalen Strategie
von Bund und Ländern, denn die Verantwortung für die
Hochschulen und die Wissenschaftsorganisationen liege
nicht nur beim Bund. Hier könne man nur dann zielführend
aktiv werden, wenn man gemeinsam handele.

Die Fraktion DIE LINKE. nimmt auf die Ausführungen
der Fraktion der SPD Bezug und weist darauf hin, dass der
Antrag zwar auf eine Große Anfrage zurückgehe, tatsäch-
lich aber eine viel längere Vorgeschichte habe. Diese reiche
bis in die vergangene Legislaturperiode zurück und sei
durch den Deutschen Frauenrat und die Gemeinschaft der
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kritisch begleitet
worden. In diesem Zusammenhang hätten sich Fragen nach
der Erweiterung der Qualität und dem Kompetenzgewinn in
Wissenschaft und Forschung gestellt. Man hätte es daher
begrüßt, wenn die Fraktionen der CDU/CSU und FDP sich
bei der großen Anfrage beteiligt hätten. Bei anderen Anträ-
gen im Deutschen Bundestag hätte sich eine große Schnitt-
menge gezeigt. Man bedauere es, dass in diesem Fall sekto-
ral gedacht worden sei, und fordere die Koalition auf, den
Antrag nicht einfach ungeprüft abzulehnen, sondern sich
mit den einzelnen Punkten auseinanderzusetzen. Dazu sei
das Thema zu wichtig. Es gehe dabei nicht nur um einige
Frauen mehr in der Wissenschaft, sondern um die Frage
nach Gender in der Forschung. Man müsse diese Kompe-
tenz in das Studium, die Promotionsverfahren und die Ent-
scheidungsgremien der Wissenschaftsorganisationen und
Hochschulen einbringen.

Man habe bei der Großen Anfrage festgestellt, dass mit
Selbstverpflichtungen nur wenig zu erreichen sei. Druck sei
da ein besseres Mittel, sowohl aus der Gemeinschaft selbst
als auch von außen durch Anreize und Sanktionen. Die Er-

lichen Sanktionen arbeiten. Wenn eine Quote oder eine Ziel-
vereinbarung nicht erreicht werde, dann müsse dies Konse-
quenzen bei der Mittelvergabe haben. Der Antrag solle An-
regungen geben, wie man den Druck erhöhen könne. Wenn
die Bundesregierung hingegen weiter nur beobachte, dann
werde man die erklärten Ziele erst zum Ende des Jahrhun-
derts erreichen. Man unterstütze das Kaskadenmodell, weil
es ein erster Schritt in die Richtung einer paritätischen Be-
setzung der Gremien im Hochschulsystem sei.

Als letztes sei die Max-Planck-Gesellschaft hervorzuheben.
Diese habe bei gleichen Ausgangsbedingungen bessere
Fortschritte erzielt als die Fraunhofer-Gesellschaft. Dies sei
bemerkenswert und zeige, dass die Politik an diesen Stellen
aktiver in das Geschehen eingreifen müsse. Die Fraktion
DIE LINKE. freue sich, dass der Antrag interfraktionell zu
Stande gekommen sei. Es gehe dabei nicht um Auseinan-
dersetzungen politischer Art, sondern um die wichtige
Frage der Gleichberechtigung.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nimmt Bezug
auf die große Anhörung aus dem Jahre 2008 zum gleichen
Thema. In diesem Jahr habe man wieder eine Anhörung
zum Thema „Frauen in Wissenschaft und Forschung“ ge-
habt. Betrachte man die Entwicklungen in den vier Jahren,
die seitdem vergangen seien, dann stelle man fest, dass sich
im Bereich der Wissenschaft bei den Verantwortlichen die
Erkenntnis durchgesetzt habe, dass man mehr Verbindlich-
keit brauche; mehr Verbindlichkeit werde v. a. durch fach-
und entwicklungsspezifische Quoten bei Orientierung am
Kaskadenmodell erreicht. Dies komme auch in den Emp-
fehlungen des Wissenschaftsrates, den DFG-Gleichstel-
lungsstandards und dem Beschluss der Gemeinsamen Wis-
senschaftskonferenz aus dem letzten Jahr zum Ausdruck.

Im Mittelpunkt des Oppositionsantrages stehe also die Ver-
bindlichkeit. Da sei man sich mit den Beteiligten des Wis-
senschaftssystems einig.

Es seien einige Punkte hervorzuheben: Zum einen sei die
Feststellung von Prof. Wolfgang Marquardt wichtig, dass
eine ungünstige Personalstruktur und fehlende Planbarkeit
von Karrierewegen dazu beitrügen, dass junge hochbegabte
Wissenschaftlerinnen verstärkt aus dem System herausge-
drängt würden. Entscheidend für Kontrolle und Transparenz
über Gleichstellungserfolge sei ein konsequentes Gleichstel-
lungscontrolling und Monitoring. Denn auch Zielquoten und
das Kaskadenmodell schlössen nicht aus, dass man nachläs-
sig bei der Überprüfung der eigenen Ziele werde. Wichtig
sei auch eine wissenschaftliche Begleitung der Gleichstel-
lungsmaßnahmen, bei der man begutachte, welche Instru-
mente sich bewährt hätten.

Man brauche zudem eine Weiterentwicklung der DFG-
Gleichstellungsstandards und eine Implementierung von
Gleichstellungsstandards in anderen Bereichen wie der For-
schungsförderung des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung und der Ressortforschung. Völlig zu Recht
werde für wissenschaftliche Gremien eine Frauenquote von
mindestens 40 Prozent gefordert.

Mit Blick auf die Bundesregierung sei Folgendes erwähnt:
Bei der Verfolgung des GWK-Beschlusses zur Einführung
der Kaskade solle man alle Hierarchiestufen der verschiede-
fahrung zeige, dass Anreize bisweilen nicht wirkungsvoll
genug seien. In solchen Fällen müsse man mit empfind-

nen Wissenschaftsorganisationen einbeziehen. Angefangen
bei den studentischen Hilfskräften über den akademischen

rücksichtigt bleiben. Über die Gleichstellungsstandards in
den eigenen Förderkriterien denke man intensiv nach und

wesentlich erfolgversprechender, als der Versuch einer För-
derung der konkreten Professur.

Berlin, den 12. Dezember 2012

Anette Hübinger
Berichterstatterin

Marianne Schieder (Schwandorf)
Berichterstatterin

Dr. Martin Neumann (Lausitz)
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Krista Sager
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/12365

Mittelbau bis hin zur Leitungsebene. In Richtung Bundes-
regierung richtet die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
folgende Fragen: Wäre es sinnvoll, mindestens einmal pro
Legislaturperiode einen Bericht über die Fortschritte bei der
Gleichstellung anzufertigen? Sehe man die Notwendigkeit,
die Gleichstellungsstandards der DFG auch in anderen Be-
reichen zu implementieren? Welche Ansätze wolle man ver-
folgen, um die Geschlechterforschung in die Forschungsför-
derung des Bundes stärker zu integrieren? Wie wolle man
die eigenen Programme zur Gleichstellung in Zukunft eva-
luieren und darüber berichten?

Die Bundesregierung erläutert zum Fortschrittsbericht,
dass die Zahlen, Daten und Fakten zur Gleichstellungspoli-
tik seit 2007 ein wesentliches Element des Paktes seien und
2012 einen noch größeren Raum einnehmen würden. Man
käme somit dem allgemeinen Wunsch nach und liefere
regelmäßig Zahlen, an denen sich Forstschritte klar ablesen
ließen. An dieser Stelle bestünde somit im Moment kein
Handlungsbedarf.

Als zweites müsse erwähnt werden, dass vieles von dem,
was zurzeit umgesetzt werde, in der Diskussion noch nicht
ausreichend gewürdigt worden sei. So habe es in der Zeit
des Hochschulpaktes von 2005 bis 2010 einen Anstieg von
8 Prozent bei den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und
fünf Prozent bei den Professorinnen gegeben. Die Finanzie-
rung der Gender-Forschung habe im gleichen Zeitraum eine
Steigerung von 40 Prozent erfahren. Dies solle nicht unbe-

kommuniziere das auch so mit der Wissenschaftsgemeinde.
Die Fraktion der CDU/CSU habe zutreffend festgestellt,
dass die GWK beschlossen habe, diese Gleichstellungsstan-
dards auch für die Universitäten vorzusehen, soweit die
Länder den Hochschulen Vorgaben machen könnten. Es
gelte aber zu bedenken, dass man solche Vorgaben nicht in
kurzer Zeit umsetzen könne. Aus diesem Grunde prüfe man
das sehr ernsthaft. Die Hochschulen, die jetzt auf Fördermit-
tel spekulieren würden, müssten sich erst mal darauf einstel-
len. Ein guter Zeitpunkt, um zu entscheiden, ob man das
einführe, sei nach der Evaluation, welche die DFG angekün-
digt habe. Auf dieser Grundlage werde man dies dann
durchführen.

Die Bundesregierung hält die konkrete Förderung von
Frauen an den Universitäten, möglicherweise durch sinn-
volle Initiativen des Bundes, für notwendig. Es müsse aber
darauf hingewiesen werden, dass man mit der spezifischen
Förderungen von Professuren, nicht nur im Hinblick auf
Gleichstellung, die Erfahrung gemacht habe, dass man da-
mit nur unzureichend in der Lage sei, Strukturen zu verän-
dern. Nach Ablauf der Förderperiode habe man sehr häufig
das Problem, dass der Wunsch und Wille wieder abebben
würde. Aus diesem Grund habe man beim Professorinnen-
programm, welches jetzt fortgesetzt werde und sehr positiv
evaluiert worden sei, einen anderen Ansatz gewählt. Die-
jenigen, die eine Professorin beriefen, würden eine Förde-
rung erhalten, um ihre gesamte strukturelle Gleichstellungs-
politik an der Universität voran bringen zu können. Dies sei

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