BT-Drucksache 17/12362

Keine offenen Daten im neuen Portal "govdata.de" des Bundes

Vom 18. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12362
17. Wahlperiode 18. 02. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Jan Korte, Agnes Alpers, Herbert Behrens,
Dr. Rosemarie Hein, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Keine offenen Daten im neuen Portal govdata.de des Bundes

Offene Daten sind die Grundlage für transparente Prozesse, Partizipations-
modelle, neue Bildungs- und Kulturangebote, wissenschaftlichen Erkenntnis-
fortschritt und auch neue kommerzielle Anwendungen. Im Rahmen der Natio-
nalen E-Government-Strategie der Bundesrepublik Deutschland wird ein Daten-
portal umgesetzt, das den Zugang zu Datensätzen aus Verwaltungen, Behörden,
Forschungs- und Kultureinrichtungen bieten soll. Vorbilder sind etwa die Por-
tale data.gov (USA) oder data.gov.uk (GB), die bereits seit längerem einen sol-
chen Zugang bieten. Zur Vorbereitung eines solchen Portals in Deutschland
wurde die Studie „Open Government Data Deutschland“ erstellt, die die Rahmen-
bedingungen für die offene Zugänglichmachung von Daten aus staatlichen Ein-
richtungen untersucht. In der Studie empfehlen die Autorinnen und Autoren
eine weitgehend freie Öffentlichmachung, die auch bei der geltenden Rechts-
lage umzusetzen sei. Der Bundesminister des Innern, Dr. Hans-Peter Friedrich,
erklärte anlässlich der Veröffentlichung der Studie am 1. August 2012, man
werde die zentralen Empfehlungen aufgreifen: „Die Bundesregierung hat sich
ein offeneres Regierungs- und Verwaltungshandeln zum Ziel gesetzt. Grund-
lage hierfür sind frei zugängliche Daten und Informationen, die für Dritte ein-
fach und in standardisierten Formaten verfügbar sein müssen.“

Dem IT-Planungsrat, in dem Bund, Länder und Kommunen vertreten sind,
oblag die Schaffung des entsprechenden Portals, unter Federführung des
Bundesministeriums des Innern sowie des Fraunhofer-Instituts für Offene
Kommunikationssysteme (FOKUS). In so genannten Community Workshops
kamen Akteure der Open-Data-Bewegung zu Wort und fanden Austausch mit
den Zuständigen aus der Verwaltung zu den rechtlichen und technischen Leit-
linien des Portals. Besonders zur Frage der Lizenzierung aber auch des
Umfangs der veröffentlichten Datenbestände wurden Konflikte deutlich. Zivil-
gesellschaftliche Organisationen setzten sich für offene Lizenzen ein, die weit-
gehende, auch kommerzielle Nutzungen der Datensätze ermöglichen. Eine
solche Lizenz wäre unter den international üblichen Standards von Open Data
geboten und würde Rechtsunsicherheiten vermeiden.

Im Ergebnis wurde auf dem letzten Community Workshop am 1. Februar 2013

ein Prototyp vorgestellt, der entgegen des Arbeitstitels nur noch govdata.de
heißt. Der Zusatz „Open“ wurde gestrichen. Die angebotenen Daten sollen unter
zwei eigens für das Portal entwickelten „Datenlizenzen Deutschland“ veröffent-
licht werden. Das Portal soll in einer ersten Version noch vor der Computer-
messe CEBIT online gehen.

Drucksache 17/12362 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Kosten fallen für die Konzeption, die Entwicklung und den Betrieb
des neuen Datenportals an?

2. Aus welchem Haushalt werden diese Kosten getragen?

3. Welche Dritten bzw. Auftragnehmer sind in die Umsetzung des Portals ein-
gebunden?

4. Welche Leistungen zur Konzeption, zur Entwicklung und zum Betrieb des
neuen Datenportals wurden wann ausgeschrieben?

5. Welche Anzahl von Datensätze wird „datagov.de“ zum Start des Portals
enthalten (bitte nach Herkunft, Verwendung und Lizenz aufschlüsseln)?

6. Welche Institutionen werden Datensätze in das neue Portal einstellen
können bzw. dürfen?

7. Plant die Bundesregierung gesetzliche oder untergesetzliche Maßnahmen,
um Behörden und öffentliche Einrichtungen zu einer Zugänglichmachung
weiterer Datensätze zu verpflichten?

Wenn nein, warum nicht?

8. Plant die Bundesregierung Anreize über die reine Freiwilligkeit hinaus, die
Behörden und öffentliche Einrichtungen zu einer Offenlegung von Daten-
sätzen bewegen sollen?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

9. Wo werden bei den beteiligten Ebenen von Kommunen bis zu Bundes-
behörden nach Kenntnis der Bundesregierung in der Regel die Ent-
scheidungen über eine Zugänglichmachung von Daten in „datagov.de“
getroffen?

10. Ist gesetzlich eine Umkehr der Begründungspflicht für die Nichtveröffent-
lichung von Datensätzen geplant (open by default)?

11. Welche Gründe bewegten die Bundesregierung, den Namen des Portals von
„Open Government Data Deutschland“ in „GovData Deutschland“ umzu-
benennen?

12. Aus welchem Grund sollen eigens entwickelte „Daten-Lizenzen Deutsch-
land“ bei der Zugänglichmachung von Datensätzen zum Einsatz kommen
statt der interoperableren Lizenzen wie Creative Commons BY oder anderen
Open-Lizenzen?

13. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Vorwurf, durch die eigenen Lizenzen würde eine weitere Fragmen-
tierung der Lizenzlandschaft befördert und damit die Interoperabilität
behindert?

14. Welchen Umfang werden zum Start von „govdata.de“ Datensätze ein-
nehmen, deren Lizenzierung nur eine nichtkommerzielle Nutzung zulässt
(NC-Lizenzen)?

15. Welche rechtlichen Unsicherheiten sieht die Bundesregierung bei der Nut-
zung von NC-lizenzierten Daten etwa im Bereich Journalismus oder bei
kollektiv erstellten Werken wie der Wikipedia?

16. Aus welchem Grund sollen NC-Lizenzen bei „govdata.de“ zum Einsatz
kommen?
17. Vertritt die Bundesregierung die Auffassung, den Zielen der Richtlinie
2003/98/EG und dem Informationsweiterverwendungsgesetz durch die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12362

Verwendung der Deutschland-Lizenzen für das Datenportal gerecht zu
werden – insbesondere dem Ziel der Förderung der Schaffung von gemein-
schaftsweiten Dienstleistungen, die öffentliche Informationen integrieren
oder darauf basieren sowie zur Verbesserung der grenzüberschreitenden
Weiternutzung öffentlicher Informationen?

18. Wie bewertet die Bundesregierung den Einsatz der „Deutschland-Lizenz“
bei gemeinfreien Werken nach § 5 des Urheberrechtsgesetzes?

19. Plant die Bundesregierung eine Änderung des § 5 des Urheberrechtsgesetzes,
um weitere öffentliche Daten und Werke in die Gemeinfreiheit zu überführen?

20. Wie soll die Einhaltung der NC-Lizenzen im Nachgang geprüft werden?

21. Wie soll im Fall eines Konfliktes zwischen Nutzern und Anbietern der
Datensätze verfahren werden?

Plant die Bundesregierung, die Einrichtung einer Clearingstelle?

22. Welche Lizenz hält die Bundesregierung zur Veröffentlichung von öffent-
lichen Daten unter Berücksichtigung der OpenStreetMap-Teilnehmer-
vereinbarung für OpenStreetMap-kompatibel?

Plant die Bundesregierung, die dort verwendeten Lizenzen einzusetzen?

23. Sollen auch Metadaten und Datenverzeichnisse maschinenlesbar zur Ver-
fügung stehen?

Wenn ja, in welcher Form, und unter welcher Lizenz?

24. Welche Erfahrungen hat die Bundesregierung mit der Zugänglichmachung
von Haushaltsdaten unter www.bundeshaushalt-info.de gesammelt – ins-
besondere mit der kommerziellen Nutzung dieser Daten?

25. Plant die Bundesregierung die Zugänglichmachung weiterer Haushalts-
daten etwa zu den einzelnen Erläuterungspunkten in den Haushaltstiteln?

26. Ist die Einbindung der Daten des Statistischen Bundesamtes in das neue
Portal geplant?

27. Welchen Entwicklungsstand hat nach Kenntnis der Bundesregierung das
geplante dezentrale Open-Data-Portal der Europäischen Kommission?

28. Wie soll das Portal „datagov.de“ in das von der Europäischen Kommission
angekündigte dezentrale Open-Data-Projekt eingebunden werden?

29. Welche Position vertritt die Bundesregierung im Rat der Europäischen
Union im Hinblick auf Open Data sowie die Deutschland-Lizenzen – ins-
besondere vor dem Hintergrund, dass die Europäische Kommission zurzeit
eine Rahmenrichtlinie für die kollektive Rechteverwertung erarbeitet, bei
der auch die Empfehlung der Organisation für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung „OECD Recommendation of the Council for
Enhanced Access and More Effective Use of Public Sector Information“
Berücksichtigung finden soll?

30. Warum ist Deutschland bislang nicht der internationalen OpenGovernment-
Partnership beigetreten?

31. Plant die Bundesregierung, das Thema Open Government beim Staats-
minister im Bundeskanzleramt anzusiedeln – analog etwa der Situation in
Großbritannien?

Berlin, den 18. Februar 2013
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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