BT-Drucksache 17/12257

Vorschläge der Europäischen Kommission zur Verbesserung der Klimabilanz von Biokraftstoffen

Vom 4. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12257
17. Wahlperiode 04. 02. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Bärbel Höhn, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Dorothea Steiner,
Stephan Kühn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg),
Nicole Maisch, Dr. Hermann E. Ott und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Vorschläge der Europäischen Kommission zur Verbesserung der
Klimabilanz von Biokraftstoffen

Mitte Oktober des vergangenen Jahres hat die Europäische Kommission einen
Richtlinienvorschlag zur Verbesserung der Klimabilanz bei der Herstellung von
Biokraftstoffen (COM(2012) 595) vorgelegt. Mit diesem Vorschlag will die
Europäische Kommission die umwelt- und klimaschädlichen Landnutzungs-
änderungen begrenzen, die durch Herstellung von Biokraftstoffen verursacht
werden. Bei den europäischen Beratungen zu diesem Richtlinienvorschlag kann
die Bundesregierung ihre Position nutzen, um sich für die Vermeidung von
Emissionen aus indirekten Landnutzungsänderungen einzusetzen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung grundsätzlich das Thema Landnutzungs-
änderungen (Land Use Change – LUC) durch die Erweiterung der Agrar-
produktion, von welchen Agrarprodukten gehen hier nach Kenntnis der Bun-
desregierung die größten Effekte aus, und als wie relevant betrachtet die
Bundesregierung dies unter Klimaschutzgesichtspunkten?

2. Wie bewertet die Bundesregierung das Problem der indirekten Landnut-
zungsänderungen bei Biokraftstoffen, und sieht sie die Notwendigkeit, dass
so genannte ILUC-Faktoren (ILUC = indirekte Landnutzungsänderung) ver-
pflichtend in die Berechnungen der Klimabilanz von Biokraftstoffen mit ein-
bezogen werden?

3. Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den Richtlinien-
vorschlag der Europäischen Kommission zur Begrenzung der Emissionen
aus indirekten Landnutzungsänderungen, die durch die Produktion von Bio-
kraftstoffen verursacht werden?

Wie ist die derzeitige Verhandlungsposition der Bundesregierung zum Kom-
missionsvorschlag, und wie positioniert sie sich zu den folgenden Kommis-
sionsvorschlägen:

a) die Erhöhung der Mindestschwellenwerte für die Treibhausgasreduktion

bei neuen Anlagen auf 60 Prozent, um die Effizienz der Verfahren zur Bio-
kraftstoffherstellung zu verbessern und weitere Investitionen in Anlagen
mit schlechterer Treibhausgasbilanz unattraktiv zu machen,

b) die Einbeziehung von ILUC-Faktoren in die Berichterstattung der Kraft-
stofflieferanten und Mitgliedstaaten über die Reduzierung von Treibhaus-
gasemissionen bei Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen,

Drucksache 17/12257 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

c) die Begrenzung der Menge der aus Nahrungsmittelpflanzen hergestellten
Biokraftstoffe und flüssigen Biobrennstoffe, die bei der Erreichung des
Ziels der Europäischen Union (EU) berücksichtigt werden kann,

d) die Schaffung von Marktanreizen für Biokraftstoffe der zweiten und drit-
ten Generation, deren Produktion meist ohne oder nur mit geringen
Emissionen aufgrund indirekter Landnutzungsänderungen verbunden
ist,

e) Biokraftstoffe aus Abfällen vierfach auf die Treibhausgaseinsparungen
anzuerkennen?

4. Werden die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Richtlinien-
änderungen zum Umgang mit ILUC-Emissionen nach Einschätzung der
Bundesregierung zu einem spürbaren Rückgang der ILUC-Emissionen füh-
ren, und wenn ja, in welchem Umfang?

5. Hat die Bundesregierung gegebenenfalls eigene Vorschläge zur Begrenzung
von Emissionen aus indirekten Landnutzungsänderungen entwickelt, die sie
aktuell in Brüssel einbringt, und wie sehen diese Vorschläge konkret aus?

6. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus Vorschlägen, Bio-
kraftstoffe und ihre Rohstoffe, die aus Ländern stammen, in denen es auf-
grund mangelnder oder unzureichender Schutzbestimmungen zur direkten
und indirekten Umwandlung von wertvollen Naturflächen kommt, vom eu-
ropäischen Markt ganz auszuschließen?

7. Welcher Anteil des in Deutschland produzierten Pflanzenöls wird nach
Kenntnis der Bundesregierung aktuell für Biokraftstoffe, welcher als Spei-
seöl, welcher als Rohstoff für die chemische bzw. industrielle Verarbeitung
genutzt (absolut und prozentual), und wie haben sich die Mengen bzw. An-
teile nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren verän-
dert?

8. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Import von Biokraft-
stoffen nach Deutschland seit dem Jahr 2001 bis heute jährlich entwickelt,
und wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Export von Bio-
kraftstoffen aus Deutschland vom Jahr 2001 bis heute jährlich entwickelt
(bitte nach Ziel- bzw. Herkunftsländer aufschlüsseln)?

9. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der Agrarflä-
chen, auf denen in Deutschland Pflanzen für die Biokraftstoffproduktion an-
gebaut werden, seit dem Jahr 2001 jährlich verändert, und in welchen Bun-
desländern ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil von Flächen
zum Anbau von Rohstoffen für Biokraftstoffe am höchsten?

10. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell die Klimabilanz der un-
terschiedlichen in der EU und Deutschland produzierten Biokraftstoffe in
Abhängigkeit von der genutzten Biomasse, und wie haben sich die Produk-
tionsmengen dieser Biokraftstoffe in den letzten zehn Jahren jeweils in
Deutschland und der EU entwickelt?

11. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Bestand von Biokraft-
stoffanlagen in Deutschland in den letzen fünf Jahren entwickelt, wie sieht
nach Auffassung der Bundesregierung der Bestandsschutz für die Anlagen
in Deutschland aus, und welche Schlussfolgerungen zieht sie aus Vorschlä-
gen, den Bestandsschutz für Biokraftstoffanlagen nach dem Jahr 2017 oder
spätestens nach dem Jahr 2020 auslaufen zu lassen?

12. Teilt die Bundesregierung die Erkenntnisse einer Studie von Ecofys, wo-
nach die meisten Biokraftstoffanlagen durch eine Bestandsschutzklausel in

der EU-Richtlinie Erneuerbare-Energien von wirtschaftlichen Ausfällen
durch mögliche gesetzliche Änderungen nicht betroffen sind?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12257

13. Wie bewertet die Bundesregierung die klima- und umweltbezogenen Aus-
wirkungen von Landnutzungsänderungen, die mit der Förderung fossiler
Brennstoffe einhergehen, insbesondere mit der zunehmenden Ausbeutung
von Ölsanden?

14. a) Verfolgt die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregie-
rung weiterhin Pläne, Nachhaltigkeitsanforderungen für feste und für
gasförmige Bioenergieträger, die im Rahmen der Erneuerbare-Energien-
Richtlinie 2009/28/EG und der Bioenergie- und der Biokraftstoffförde-
rung als erneuerbare Energien anerkannt werden, festzulegen?

b) Wenn sie das für feste oder für gasförmige Bioenergieträger nicht mehr
beabsichtigt, was hindert die Bundesregierung dann daran, für genau
diese Bioenergieträger, für die die EU keine Nachhaltigkeitsanforderun-
gen plant, eine Verordnung mit Nachhaltigkeitsanforderungen gemäß
§ 64b des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vorzulegen?

Berlin, den 1. Februar 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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