BT-Drucksache 17/12147

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union im Jahr 2012

Vom 22. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12147
17. Wahlperiode 22. 01. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dag˘delen, Petra Pau und der
Fraktion DIE LINKE.

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die
Europäische Union im Jahr 2012

Seit 1990 gab es zahlreiche Fälle, in denen Flüchtlinge an den Außengrenzen
der Bundesrepublik Deutschland tot oder verletzt aufgefunden wurden, teil-
weise infolge von Unfällen, infolge der Umstände der Flucht oder mittel- oder
unmittelbar bedingt durch Grenzkontrollmaßnahmen. Diese Fälle haben in den
vergangenen Jahren, insbesondere durch den Ausbau der Grenzüberwachung in
den süd- und osteuropäischen Nachbarländern, deutlich abgenommen.

Die Wege in die Europäische Union, vor allem über die Seegrenzen, bedeuten
für Flüchtlinge regelmäßig eine hohe Lebensgefahr. Die Überfahrt über das
Mittelmeer ist von einem hohen Risiko gekennzeichnet. Dennoch haben im
vergangenen Jahr erstmals wieder eine sehr hohe Anzahl von Migranten und
Schutzsuchenden versucht, über das Meer in die Europäische Union zu gelan-
gen. Schätzungen von Nichtregierungsorganisationen gehen von annähernd
2 000 Menschen aus, die beim Versuch der Flucht über das Mittelmeer zu Tode
gekommen sind.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2012

a) an den Landesgrenzen, Küsten, Seehäfen, Flughäfen bzw. im Grenz-
gebiet der Bundesrepublik Deutschland sowie

b) an den Grenzen der Europäischen Union insgesamt

tot aufgefunden worden (bitte nach Datum und Ort des Auffindens, Nationa-
lität des Opfers und Todesart bzw. Umständen des Todes aufschlüsseln)?

2. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2012
mit körperlichen Verletzungen durch Erfrierungen, Unterkühlungen, Hun-
ger/Durst o. Ä. aufgegriffen worden, die sie sich im Zuge ihres gegebenen-
falls unerlaubten Grenzübertritts

a) in die Bundesrepublik Deutschland sowie
b) in die Europäische Union

zugezogen hatten (bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers, Kör-
perverletzungsart aufschlüsseln)?

Drucksache 17/12147 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr
2012 im Zuge ihres gegebenenfalls unerlaubten Grenzübertritts

a) durch Bundespolizei- oder Zollbeamte in Deutschland sowie

b) durch Bundespolizei- oder Zollbeamte in der Europäischen Union

durch die Anwendung unmittelbaren Zwangs bzw. im Zuge einer entspre-
chenden Nacheile körperlich verletzt?

c) Wie viele Ermittlungs- und Disziplinarverfahren wurden diesbezüglich
eingeleitet und mit welchem Ergebnis abgeschlossen (bitte aufschlüsseln)?

4. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2012

a) in der Bundesrepublik Deutschland sowie

b) in der Europäischen Union

im Zuge ihrer gegebenenfalls unerlaubten Grenzübertritte durch Privat-
personen verletzt bzw. getötet (bitte nach Datum und Ort, Nationalität des
Opfers und Todes- bzw. Verletzungsart aufschlüsseln)?

c) Wie viele Ermittlungsverfahren wurden diesbezüglich eingeleitet und mit
welchem Ergebnis abgeschlossen (bitte aufschlüsseln)?

5. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2012

a) in der Bundesrepublik Deutschland sowie

b) in der Europäischen Union

– tot aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der gege-
benenfalls unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bzw.
Europäischen Union in ihrem Transportmittel Sauerstoffmangel, Hunger,
Durst, Kälte, Überhitzung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Datum und
Ort, Nationalität der Opfer, Transportmittel und Todesart aufschlüsseln);

– verletzt aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der
gegebenenfalls unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland
bzw. Europäische Union in ihrem Transportmittel Sauerstoffmangel,
Hunger, Durst, Kälte, Überhitzung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Da-
tum und Ort, Nationalität der Opfer, Transportmittel und Verletzungsart
aufschlüsseln)?

6. Falls jeweils zu den Fragen 1 bis 5b, insbesondere im Hinblick auf die EU-
Außengrenzen, keine auf amtlichen Daten basierende Antwort gegeben wer-
den kann,

a) welche Daten und sonstigen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung dazu
ansonsten vor, z. B. aus den Berichten der bei der Europäischen Agentur
für operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (FRONTEX) einge-
setzten Bundesbeamten oder entsprechende Daten, mit denen etwa Ein-
richtungen, wie das „Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale
Migration“ (GASiM), arbeiten,

b) welche Daten von internationalen Organisationen oder Nichtregierungs-
organisationen hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen, und
welche Schlüsse zieht sie daraus,

c) wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass im Rahmen der
Tätigkeit der FRONTEX solche Daten systematisch erhoben und der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, und wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 22. Januar 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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