BT-Drucksache 17/12116

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Tankred Schipanski, Dr. Stefan Kaufmann, Albert Rupprecht (Weiden), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Martin Neumann (Lausitz), Patrick Meinhardt, Dr. Peter Röhlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP - Drucksache 17/9396 - Exzellente Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs fortentwickeln b) zu dem Antrag - Drucksache 17/6336 - Personaloffensive für den wissenschaftlichen Nachwuchs starten c) zu dem Antrag - Drucksache 17/4423 - Wissenschaft als Beruf attraktiv gestalten - Prekarisierung des akademischen Mittelbaus beenden d) zu dem Antrag - Drucksache 17/4203 - Einen Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs und zukunftsfähige Personalstrukturen an den Hochschulen initiieren

Vom 17. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12116
17. Wahlperiode 17. 01. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Tankred Schipanski, Dr. Stefan Kaufmann,
Albert Rupprecht (Weiden), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Martin Neumann (Lausitz), Patrick Meinhardt,
Dr. Peter Röhlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 17/9396 –

Exzellente Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs fortentwickeln

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau),
Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/6336 –

Personaloffensive für den wissenschaftlichen Nachwuchs starten

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, Nicole Gohlke,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/4423 –

Wissenschaft als Beruf attraktiv gestalten – Prekarisierung des akademischen
Mittelbaus beenden

d) zu dem Antrag der Abgeordneten Krista Sager, Kai Gehring, Priska Hinz

(Herborn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/4203 –

Einen Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs und zukunftsfähige
Personalstrukturen an den Hochschulen initiieren

Drucksache 17/12116 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

A. Problem

Zu Buchstabe a

Der wissenschaftliche Nachwuchs – Promovierende, Postdoktorandinnen und
- doktoranden – spielt eine zentrale Rolle für die Sicherung der Innovationskraft
und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Zur Entfaltung seiner Potenziale sind
gute Rahmenbedingungen, optimale Entwicklungsperspektiven und Qualifizie-
rungswege ausschlaggebend. Sie müssen sich an den Bedürfnissen junger Wis-
senschaftlerinnen und Wissenschaftler im Hinblick auf Anstellungskonditionen,
Aufstiegsmöglichkeiten, Planbarkeit und persönliche Sicherheit, aber auch am
Wettbewerbsgedanken und an wissenschaftlichen Qualitätsansprüchen orien-
tieren.

Zu Buchstabe b

Der wissenschaftliche Nachwuchs sieht sich derzeit großen Unsicherheiten und
Unwägbarkeiten in der Karriereplanung ausgesetzt, insbesondere hinsichtlich
der konkreten Beschäftigungsbedingungen und der Vereinbarkeit von Karriere
und Familie. Angesichts der Schlüsselrolle der jungen Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler ist daher die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als For-
schungs-, Entwicklungs- und Produktionsstandort bedroht.

Zu Buchstabe c

Eine zunehmend prekäre Finanzsituation und eine überholte Personalstruktur
an Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen führen zunehmend zu ver-
schlechterten Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Personals. Eine
Kompensation der vielerorts schlechten Grundfinanzierung durch Drittmittel
wirkt sich nachteilig auf Bedingungen und Perspektiven von Beschäftigung,
Forschung und Lehre, insbesondere aber auf die Situation des Mittelbaus aus.

Zu Buchstabe d

Das deutsche Hochschulsystem bietet dem wissenschaftlichen Nachwuchs vor
dem Hintergrund befristeter und teilweise prekärer Beschäftigungsverhältnisse
keine verlässlichen Karriereperspektiven. Bis ins fünfte Lebensjahrzehnt blei-
ben berufliche Perspektiven oft unberechenbar und ist die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf nicht gegeben. Die Hochschule ist als Arbeitgeber gegen-
über der Privatwirtschaft und ausländischen Arbeitgebern nicht konkurrenz-
fähig.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, die bereits exzellenten Perspek-
tiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs aufgrund wachsender Herausforde-
rungen mit einem 15-Punkte-Plan weiterzuentwickeln. Das Maßnahmenbündel
umfasst u. a. das Abstellen von Defiziten in der Beschäftigungspraxis, die Ver-
besserung der Datenlage und der Berichterstattung, die Einführung neuer Pro-
fessorenkategorien, die Entfristung von Stellen, den Ausbau einer strukturierten
Doktorandenausbildung und die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und
Familie.

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/9396 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12116

Zu Buchstabe b

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, gemeinsam mit den Ländern eine
Personaloffensive für die Hochschulen zu starten. Sie umfasst, die Finanzierung
im Rahmen des Hochschulpakts II durch Bundesförderung bedarfsgerecht und
zweckgebunden anzupassen, die Programmpauschalen bei der DFG-Förderung
(DFG = Deutsche Forschungsgemeinschaft) anzuheben, zeitnah den Entwurf
eines Wissenschaftsfreiheitsgesetzes vorzulegen sowie in einem neuen Gesetz-
entwurf die Tarifsperre des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes aufzuheben.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/6336 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der
SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe c

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, mit den Bundesländern im Rah-
men der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) die Finanzierung, die
Personalstrukturen sowie das Personalrecht der Dynamik des Wissenschafts-
systems anzupassen. Die Wissenschaft als Berufsfeld muss durch einen neuen
Sektor unbefristeter und eigenständiger Tätigkeit aufgewertet werden.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/4423 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

Zu Buchstabe d

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, zusammen mit den Bundes-
ländern und der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) einen Pakt für
den wissenschaftlichen Nachwuchs und den Aufbau zukunftsfähiger Personal-
strukturen zu vereinbaren.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/4203 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen SPD
und DIE LINKE.

C. Alternativen

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/9396.

Zu Buchstabe b

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/6336.

Zu Buchstabe c

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/4423.

Zu Buchstabe d

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/4203.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/12116 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/9396 anzunehmen,

b) den Antrag auf Drucksache 17/6336 abzulehnen,

c) den Antrag auf Drucksache 17/4423 abzulehnen,

d) den Antrag auf Drucksache 17/4203 abzulehnen.

Berlin, den 9. Mai 2012

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ulla Burchardt
Vorsitzende

Tankred Schipanski
Berichterstatter

Swen Schulz (Spandau)
Berichterstatter

Dr. Martin Neumann (Lausitz)
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Krista Sager
Berichterstatterin

perspektiven und Qualifizierungswege ausschlaggebend.
Sie müssten sich an den Bedürfnissen junger Wissenschaft-

habe die Erwartungen bisher nicht erfüllen können.
lerinnen und Wissenschaftler im Hinblick auf Anstellungs-
konditionen, Aufstiegsmöglichkeiten, Planbarkeit und per-
sönlicher Sicherheit, aber auch am Wettbewerbsgedanken
und wissenschaftlichen Qualitätsansprüchen orientieren.

Die Fraktion der SPD sieht die Ursache für die Personal-
misere in der aktuellen Unterfinanzierung der Hochschulen.
Einem geringen Anstieg finanzieller Grundmittel stünden
ein stark angewachsener Finanzierungsbetrag aus Dritt-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12116

Bericht der Abgeordneten Tankred Schipanski, Swen Schulz (Spandau),
Dr. Martin Neumann (Lausitz), Dr. Petra Sitte und Krista Sager

I. Überweisung
Zu Buchstabe a

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/9396 in seiner 175. Sitzung am 26. April 2012 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung und an den
Innenausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für
Arbeit und Soziales sowie den Ausschuss für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/6336 in seiner 127. Sitzung am 22. September 2011 bera-
ten und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung und an
den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, den Ausschuss für Arbeit und Soziales, den
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung sowie den Ausschuss für Kultur und Medien zur
Mitberatung überwiesen.

Zu Buchstabe c

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/4423 in seiner 84. Sitzung am 20. Januar 2011 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung und an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Mitberatung über-
wiesen.

Zu Buchstabe d

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/4203 in seiner 84. Sitzung am 20. Januar 2011 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung und an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Mitberatung über-
wiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Zu Buchstabe a

Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP heben die zentrale
Rolle des wissenschaftlichen Nachwuchses – Promo-
vierende, Postdoktorandinnen und -doktoranden – für die
Sicherung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit
Deutschlands hervor. Zur Entfaltung seiner Potenziale seien
jedoch gute Rahmenbedingungen, optimale Entwicklungs-

laufende Qualifizierungsprozesse und der Aufbau von For-
schung über den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Vor dem Hintergrund des hohen Anteils kinderloser Akade-
mikerinnen und Akademiker seien die bereits laufenden
Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von wis-
senschaftlicher Karriere und Familie zu erweitern. Darüber
hinaus sollten die Orientierungs- und Beratungsmöglichkei-
ten sowie die Zulassungs-, Übergangs- und Qualifizierungs-
phase optimiert werden. Schließlich seien für eine nach-
haltige und hochwertige Nachwuchsförderung die Bereit-
stellung ausreichender finanzieller Mittel notwendig.

Die Bundesregierung solle vor dem Hintergrund des Be-
funds aufgefordert werden, die bereits exzellenten Perspek-
tiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs aufgrund
wachsender Herausforderungen mit einem 15-Punkte-Plan
weiter zu entwickeln. Dabei wird von der grundsätzlichen
Verantwortung der Länder für die Personalstruktur an den
Hochschulen ausgegangen.

Das Maßnahmenbündel umfasse u. a. das Abstellen von De-
fiziten in der Beschäftigungspraxis, die Verbesserung der
Datenlage und der Berichterstattung, die Einführung neuer
Professorenkategorien, die Entfristung von Stellen, den Aus-
bau einer strukturierten Doktorandenausbildung und die Ver-
besserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Durch
moderne Anreizsysteme wie Zielvereinbarungen, For-
schungsprämien und leistungsbezogene Mittelverteilung so-
wie Tenure-Track-Modelle sollen Attraktivität und Karriere-
möglichkeiten im Wissenschaftssystem verbessert werden.

Schließlich fordern die Antragsteller, Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern über geeignete Maßnahmen wie Men-
toringprogramme frühzeitig auch Wege für alternative Kar-
rieremöglichkeiten, z. B. in der Wirtschaft und Verwaltung,
aufzuzeigen.

Zu Buchstabe b

Die Fraktion der SPD führt aus, dass sich der wissenschaft-
liche Nachwuchs derzeit großer Unsicherheiten und Un-
wägbarkeiten in der Karriereplanung ausgesetzt sehe, insbe-
sondere hinsichtlich der konkreten Beschäftigungsbedin-
gungen und der Vereinbarkeit von Karriere und Familie.
Angesichts der Schlüsselrolle der jungen Wissenschaftlerin-
nen und Wissenschaftler sei die Wettbewerbsfähigkeit
Deutschlands als Forschungs-, Entwicklungs- und Produk-
tionsstandort bedroht. An den Hochschulen stehe einer stark
angewachsenen Zahl der Studierenden nur ein mäßiger Auf-
wuchs der Professorenstellen gegenüber. Der wissenschafts-
bezogene Personalausbau erfolge vorwiegend über befris-
tete Stellen. Die Juniorprofessur als Weg zum Lehrstuhl
Grundlage für politische Entscheidungen zur Verbesserung
der Rahmenbedingungen seien eine gute Datenlage über

mitteln gegenüber. Die Grundlast in der Forschung und vor
allem in der Lehre werde daher zunehmend von befristeten

Drucksache 17/12116 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Teilzeitkräften oder Honorarkräften getragen. Die Hürden
zu einer Professur seien für den weiblichen wissenschaftli-
chen Nachwuchs besonders hoch.

Die Situation der außeruniversitären Forschungseinrichtun-
gen wird von der Fraktion der SPD auf Grund der For-
schungsfokussierung positiver eingeschätzt. Die enormen
Anstrengungen von Bund und Ländern seit 2004, unter an-
derem durch den Pakt für Forschung und Innovation sowie
die Exzellenzinitiative, hätten zwar Wirksamkeit gezeigt,
seien aber noch nicht ausreichend. Vor dem Auslaufen der
Initiativen sollten jedoch Planungssicherheit gewährleistet
und eine Vollkostenförderung angestrebt werden.

Die Antragsteller beklagen Defizite im Wissenschaftsma-
nagement und der Personalentwicklung an den Hochschulen
und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Die För-
dermittel von Bund und Ländern eröffneten aber große
Handlungsspielräume für die Einrichtung zusätzlicher unbe-
fristeter und perspektivisch attraktiver Stellen.

Die Bundesregierung solle vor diesem Hintergrund aufge-
fordert werden, gemeinsam mit den Ländern eine Personal-
offensive für die Hochschulen zu starten. Im Wesentlichen
solle die Finanzierung im Rahmen des Hochschulpakts II
durch Bundesförderungsbedarf gerecht und zweckgebunden
angepasst, die Programmpauschalen bei der DFG-Förde-
rung angehoben, der Entwurf eines Wissenschaftsfreiheits-
gesetzes zeitnah vorgelegt sowie in einem neuen Gesetzent-
wurf die Tarifsperre des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
aufgehoben werden.

Das Maßnahmenpaket beinhaltet im Einzelnen unter ande-
rem den Aufbau zusätzlicher Professuren und Juniorprofes-
suren, Einführung des Tenure Track bei Juniorprofessuren
und befristeten Post-Doc-Stellen, eine bessere Betreuung
des wissenschaftlichen Nachwuchses, Steigerung des Frau-
enanteils in Führungsgremien der Hochschulen sowie Maß-
nahmen zur besseren Vereinbarkeit von Karriere und Fami-
lie.

Der Entwurf eines Wissenschaftsfreiheitsgesetzes solle un-
ter anderem die Übertragung der Personalverantwortung auf
die außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die Verrin-
gerung der Anzahl befristeter Post-Doc-Stellen sowie den
Ausbau der „Heisenberg-Professur“, des „Emmy-Noether-
Programms“ und der „Eigenen Stelle“ im Rahmen der
DFG-Förderung vorsehen.

Zu Buchstabe c

Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, dass eine zunehmend pre-
käre Finanzsituation und eine überholte Personalstruktur an
Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen zunehmend
zu verschlechterten Arbeitsbedingungen des wissenschaft-
lichen Personals führe. Eine Kompensation der vielerorts
schlechten Grundfinanzierung durch Drittmittel wirke sich
nachteilig auf Bedingungen und Perspektiven von Beschäf-
tigung, Forschung und Lehre aus. Als Folge befristeter Mit-
telzusagen und leistungsbezogener Mittelvergabesysteme
gerieten die Wissenschaftseinrichtungen unter erheblichen
Druck, ihren Personalbestand zu flexibilisieren. Als Folge
sei der unbefristet beschäftigte wissenschaftliche Mittelbau
weitgehend abgeschafft. Die Personalstruktur weise offiziell

Diese Zustände trügen im internationalen Vergleich nicht
zur Attraktivität des wissenschaftlichen Nachwuchses bei.
Sie belasteten die Familienplanung und verhinderten die
Geschlechtergerechtigkeit.

Die Bundesregierung solle daher aufgefordert werden, mit
den Bundesländern im Rahmen der Gemeinsamen Wissen-
schaftskonferenz (GWK) die Finanzierung, die Personal-
strukturen sowie das Personalrecht der Dynamik des Wis-
senschaftssystems anzupassen. Die Wissenschaft als Be-
rufsfeld müsse durch einen neuen Sektor unbefristeter und
eigenständiger Tätigkeiten aufgewertet werden. Institute,
Fakultäten und Hochschulen sollten selbst die Verantwor-
tung der Personalplanung und -entwicklung neben dem
Lehrstuhlprinzip übernehmen können.

Die Bundesregierung und die Bundesländer sollen in einem
Maßnahmenbündel unter anderem

• ein Programm für 10 000 Post-Doc-Stellen mit Tenure
Track an Hochschulen vereinbaren,

• im Rahmen des Pakts für Forschung und Innovation eine
höhere Zahl von Qualifikationsstellen für Promovie-
rende mit mindestens 25 Prozent der Arbeitszeit für die
Qualifikation gewährleisten,

• den Ausbau unbefristeter und mit Tenure Track ausge-
statteter Beschäftigungsverhältnisse im Post-Doc-Be-
reich fördern,

• die Finanzierung über Stipendien im Post-Doc-Bereich
nicht unterstützen,

• die Förderung von Wissenschaftlerinnen auf der Grund-
lage des Kaskadenmodells anstreben und die Mitbestim-
mung der Beschäftigten verbessern.

Mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) solle
unter anderem der Ausbau des „Emmy-Noether-Pro-
gramms“ und die „Finanzierung der eigenen Stelle“ verein-
bart werden. Ferner gelte es, die Überarbeitung des Wissen-
schaftszeitvertragsgesetzes zu novellieren und die darin ent-
haltene Tarifsperre zu streichen sowie wissenschaftsspezifi-
sche Regelungen in den Tarifverträgen des öffentlichen
Dienstes zu verhandeln.

Zu Buchstabe d

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, dass das
deutsche Hochschulsystem dem wissenschaftlichen Nach-
wuchs vor dem Hintergrund befristeter und teilweise prekä-
rer Beschäftigungsverhältnisse keine verlässlichen Karriere-
perspektiven biete. Bis ins fünfte Lebensjahrzehnt blieben
berufliche Perspektiven oft unberechenbar und sei die Ver-
einbarkeit von Familie und Beruf nicht gegeben. Die Hoch-
schule sei als Arbeitgeber gegenüber der Privatwirtschaft
und ausländischen Arbeitgebern nicht konkurrenzfähig.

Der sinkende Anteil der Grundmittel an der Finanzierung
der Hochschulen bei wachsenden Aufgaben in Forschung
und Lehre habe die Tendenz verstärkt, mehr Personal zu
möglichst kostengünstigen Bedingungen einzustellen. Da
unterhalb der Professuren keine dauerhaften Beschäfti-
gungsmöglichkeiten für Wissenschaftlerinnen und Wissen-
nur Professorinnen und Professoren sowie den wissen-
schaftlichen Nachwuchs auf dem Weg zur Professur auf.

schaftler existierten, entstehe ein „Karriereflaschenhals“,
der auch durch die Exzellenzinitiative, den Pakt für For-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/12116

schung und Innovation und die Internationalisierungsstrate-
gie nicht geweitet werden könnte.

Vor diesem Hintergrund solle der Deutsche Bundestag die
Bundesregierung auffordern, zusammen mit den Bundeslän-
dern und der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK)
einen Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs und den
Aufbau zukunftsfähiger Personalstrukturen zu vereinbaren.

Kernelemente der Vereinbarungen sind

• die Einrichtung zusätzlicher Professuren aufgrund der
wachsenden Studierendenzahlen und zusätzlicher For-
schungs- und Managementaufgaben,

• zusätzliche unbefristet Beschäftigte für Daueraufgaben
in Forschung und Lehre einzustellen,

• die Aufhebung der Tarifsperre, Einführung eines Wis-
senschaftstarifvertrags und Gründung eines Arbeitgeber-
verbands „Wissenschaft“,

• quantitative und qualitative Aufwertung der Junior-
professur und Verbesserung ihrer Perspektiven durch
Tenure-Track-Optionen,

• Nachwuchsgruppenleiter dem Status von Professoren
mit Promotionsrecht gleichzustellen,

• Anreize für die Einrichtung unbefristeter Stellen durch
die Drittmittelprogramme des Bundes und der Deut-
schen Forschungsgemeinschaft (DFG) und

• dass in der Post-Doc-Phase sozial abgesicherten Stellen
gegenüber Stipendien der Vorzug gegeben werden soll.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der mitberatende Innenausschuss, der Haushaltsaus-
schuss, der Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie der
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
haben jeweils in ihren Sitzungen am 9. Mai 2012 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 17/9396 anzunehmen.

Zu Buchstabe b

Der mitberatende Haushaltsausschuss, der Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie, der Ausschuss für Arbeit
und Soziales, der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, der Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der Ausschuss
für Kultur und Medien haben jeweils in ihren Sitzungen
am 9. Mai 2012 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei
Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 17/6336 abzulehnen.

Zu Buchstabe c

Der mitberatende Ausschuss für Arbeit und Soziales hat

men der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den An-
trag auf Drucksache 17/4423 abzulehnen.

Zu Buchstabe d

Der mitberatende Ausschuss für Arbeit und Soziales hat
in seiner Sitzung am 9. Mai 2012 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthal-
tung der Fraktionen SPD und DIE LINKE. empfohlen, den
Antrag auf Drucksache 17/4203 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung hat in seiner 70. Sitzung am 28. März 2012 ein
öffentliches Fachgespräch zum Thema „Perspektiven für
den wissenschaftlichen Nachwuchs“ mit den nachfolgend
aufgeführten Sachverständigen durchgeführt:

Dr. Isolde von Bülow,
Graduate Center, Ludwig-Maximilians-Universität
München

Prof. Dr. rer. nat. Sabine Jeschke,
RWTH Aachen

Dr. Andreas Keller,
GEW-Hauptvorstand, Frankfurt a. M.

Prof. Dr. Reinhard Kreckel,
Institut für Hochschulforschung Wittenberg (HoF) e. V. an
der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Dr. Alexander Kurz,
Fraunhofer-Gesellschaft München

Dr. Jan Siemens,
Max-Delbrueck-Center for Molecular Medicine (MDC),
Berlin

Die schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen und
die Ergebnisse des Fachgesprächs sind in die Beratung der
Vorlagen eingegangen. Es liegt ein Wortprotokoll des Fach-
gesprächs vor.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung hat die Vorlagen in seiner 73. Sitzung
am 9. Mai 2012 beraten und empfiehlt:

Zu Buchstabe a

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/9396 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/6336 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe c
in seiner Sitzung am 9. Mai 2012 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stim-

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/4423 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP ge-

Drucksache 17/12116 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimment-
haltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe d

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/4203 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktionen SPD und DIE LINKE.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärt, dass sie sich ange-
sichts der Länderkompetenz für das Thema Zeit für eine
gründliche Beratung gelassen habe. Die Kernthemen seien
die Befristung der Beschäftigungsverhältnisse und der
„Flaschenhals“ bei den W3-Professuren. Sie habe sich nicht
an den Anträgen der Oppositionsfraktionen orientiert, son-
dern unter anderem an den Sachverständigenanhörungen
und diversen anderen Anregungen. Verfassungsrechtlich
trügen die Länder die Verantwortung für die Personalstruk-
tur an den Hochschulen. Der Bundesgesetzgeber könne
folglich nur Impulse geben. Dies sei weitreichend gesche-
hen und der verfolgte Ansatz sei innovativ.

Zwar sei der Bund für das Wissenschaftszeitvertragsgesetz
zuständig, allerdings gebe es – neben einer Gesetzesände-
rung – auch die Möglichkeit, sich an Artikel 5 Absatz 3 GG
zu orientieren. Man setze damit auf Selbstverpflichtungs-
erklärungen, die auch von den Sachverständigen als sinn-
voll und richtig erachtet worden seien.

Die Fraktion der CDU/CSU weist darauf hin, dass die Be-
fristungen an die Projektdauer angeglichen werden sollten.
Eine gesetzliche Festlegung sei nicht mit Artikel 5 Absatz 3
GG kompatibel. Selbständigkeit, Unabhängigkeit und Ver-
antwortung der Länder und der Hochschulen müssten erhal-
ten werden. Überdies sei der Assistent-Professor an interna-
tionalen Verhältnissen orientiert und man gebe keine Wer-
tung hinsichtlich seiner Unabhängigkeit ab.

Mit der Einführung einer Zwischenebene werde die Verbes-
serung der Personalstruktur angestrebt. Die Kopplung an
die Laufzeitprojekte sei ein wesentlicher Punkt, man wolle
aber keine Dauerverhältnisse ohne Leistung. Die Auswei-
tung des „Flaschenhalses“ halte man jedoch für sinnvoll.
Man verstehe sich als Impulsgeber für die Bundesländer.
Die Mittel des Bundes – Qualitätspakt Lehre, Exzellenzini-
tiative, Hochschulpakt – seien Stellschrauben, die jedoch
sensibel zu behandeln seien.

Der Koalitionsantrag sei konkret sowie weitreichend und
unterscheide sich damit von den „Blumenstrauß-Anträgen“
der Opposition. Man habe intensive Gespräche mit vielen
Organisationen und den Ländervertretern geführt und weit-
reichende Unterstützung signalisiert bekommen.

Die Fraktion der SPD erklärt, sie habe angesichts der An-
hörungen, Fachgespräche und der Evaluation des Wissen-
schaftszeitvertragsgesetzes mehr von den Anträgen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP erwartet. Deren Ana-
lyse sei zwar richtig, es fehle aber an Konkretisierungen,
Druck auf die Zuständigen und Vorschläge zur Durchsetz-
barkeit. Der vorgeschlagene Leitfaden bleibe vage. Die Ein-
führung einer Berichterstattung, die Entwicklung einer Da-
tengewinnungsstrategie und die Zuschüsse für die Begab-
tenförderwerke seien wichtig. Der Antrag beschränke sich

Der Bund könne die rechtlichen Rahmenbedingungen – etwa
das Wissenschaftszeitvertragsgesetz – durchaus regeln. Zum
anderen gebe es auch Förderinstrumente, die man mit ent-
sprechenden Anforderungen an die Akteure verbinden
könne. Die Fraktion der SPD strebe Betreuungsvereinbarun-
gen und Pflichten zur Kooperation an. Zudem spreche man
sich für eine Frauenquote und den Ausbau der Kinderbetreu-
ungsangebote aus. Desweiteren schlage man die Änderung
des Hochschulpaktes vor. Der Mittelfluss müsse jedoch an
Anforderungen geknüpft sein. Die Koalitionsfraktionen
seien angehalten zu erklären, wie man die Ziele zu erreichen
gedenke.

Die Fraktion der SPD weist darauf hin, dass sie die Tarif-
sperre in der Großen Koalition zwar mitgetragen, jedoch
auch auf die Notwendigkeit einer Evaluation hingewiesen
habe. Zwar sei man in der Koalition offenbar bereit, sich der
Realität zu nähern, jedoch seien die Forderungen wenig am-
bitioniert. Die Instrumente des Bundes würden nicht ge-
nutzt, zum Beispiel eine Änderung des Wissenschaftszeit-
vertragsgesetzes oder die Verknüpfung der Förderungen mit
Zielvereinbarungen. Die Koalitionsfraktionen erschöpften
sich darin, als Argument die Kompetenzordnung des
Grundgesetzes anzuführen.

Zudem könne man auch bei einer entsprechenden Grundge-
setzänderung das Problem nicht im gesamten Wissen-
schaftssystem lösen. Die Koalitionsfraktionen beabsichtig-
ten, exzellente Einrichtungen zu fördern. Es sei demnach
unklar, wie die anderen 95 Prozent der Wissenschaftsstand-
orte profitieren sollten. Insbesondere in Anbetracht des Ent-
wurfs des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes gerate der Antrag
zum wissenschaftlichen Nachwuchs in eine Schieflage. Die
Koalition fördere lediglich im Spitzensegment, die Lösung
der Probleme beim wissenschaftlichen Nachwuchs bliebe
jedoch nebulös.

Die Fraktion der FDP betont, dass der wissenschaftliche
Nachwuchs von höchster Bedeutung für die Zukunft des
Landes sei. Man sei sich aber einig, dass die Befristungs-
praxis, Juniorprofessur und die teilweise unzureichende
Betreuung der Doktoranden an den Hochschulen einer Ver-
besserung bedürften. Der Koalitionsantrag enthalte daher
15 konkrete Forderungen an die Verantwortlichen. Aller-
dings liege die Zuständigkeit bei den Ländern. Er verstehe
sich damit nicht als Regelwerk. Insofern sei der Vorwurf der
Abstraktheit nicht haltbar. Man wolle eine politische Signal-
wirkung erzeugen. Gegenüber der Wissenschaft und den
Ländern solle zum Ausdruck gebracht werden, dass der
Bund dem wissenschaftlichen Nachwuchs eine besondere
Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des Landes beimesse.
Die Verfassungslage bestätige diese Vorgehensweise. Kon-
kret werde man bei den Themen „Hochschulpakt 2020“,
„Exzellenzinitiative“, „Qualitätspakt Lehre“ und bei der Er-
höhung der Zuschüsse an die Begabtenförderwerke.

Die Fraktion der FDP wünsche sich vor dem Hintergrund
der angestrebten Änderung des Artikel 91b GG deutlichere
Zugeständnisse der Oppositionsfraktionen, um den Hoch-
schulen helfen zu können. Im Antrag der SPD-Fraktion
bleibe die Tatsache unerwähnt, dass die Suche nach neuem
Wissen und neuen Erkenntnissen in der Wissenschaft auch
von Unwägbarkeiten begleitet werde. Der Antrag der Frak-
jedoch darauf, auf die Zuständigkeit der Hochschulen zu
verweisen.

tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehe auf Kompetenzfel-
der des Bundes ein. Die Länder müssten jedoch ihrer Ver-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/12116

antwortung gerecht und den Hochschulen Freiräume gege-
ben werden. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. sugge-
riere eine vermeintlich prekäre Situation des
wissenschaftlichen Nachwuchses.

Die Fraktion der FDP erinnert daran, dass ein Problem für
die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses die
strukturelle Unterfinanzierung der Hochschulen sei. Die
„Schere“ zwischen den außeruniversitären Forschungsein-
richtungen und den Hochschulen gehe immer weiter ausein-
ander. Es müsse sichergestellt werden, dass eine Bundes-
finanzierung nicht mit einem Abrücken der Länder einher-
gehe. Ohne Zielvereinbarung werde man nicht auskommen.
In Nordrhein-Westfalen habe der Wegfall der Studiengebüh-
ren zum Wegfall vieler Tutoren-Stellen geführt. Aus befris-
teten Stellen seien so „ehemalige“ Stellen geworden.

Zudem müsse im Dialog mit den Ländern das Thema „Ver-
einbarkeit von Beruf und Familie“ angesprochen werden.
Die Verantwortung dürfe nicht abgeschoben werden.

Ungeachtet einiger verbesserungswürdiger Punkte müsse
man konstatieren, dass Deutschland im internationalen Ver-
gleich nicht schlecht dastehe. Es sei richtig und wichtig, die
Lage des wissenschaftlichen Nachwuchses im Ausschuss zu
diskutieren und sich für Änderungen, beispielsweise die an-
gestrebte Verfassungsänderung, einzusetzen. Man sei zuver-
sichtlich, dass die gemeinsame Diskussion sowie die ge-
meinsamen Anstrengungen des Bundes, der Länder und der
Hochschulen am Ende zum Erfolg führen würden.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, man wisse bereits seit
der letzen Legislatur von gravierenden Strukturproblemen
im Wissenschaftssystem. Die Perspektiven seien seitdem
noch unsicherer geworden. Die zeitlichen Befristungen von
Stellen hätten ein zu großes Ausmaß erreicht. Es sei bemer-
kenswert, wie ausgerechnet jene Personengruppe in einem
System der Unsicherheit agieren müsse, die als perspektivi-
sche Kraft und Zukunft des Landes gelte. Auch andere Län-
der seien mittlerweile attraktiv für Hochqualifizierte aus
Deutschland. Dort würden etwa 65 Prozent des wissen-
schaftlichen Personals eine Professur oder Dauerstelle be-
kommen, während die Quote in Deutschland bei lediglich
14 Prozent liege. Darüber hinaus weise dort etwa die Hälfte
der Verträge Laufzeiten von unter einem Jahr auf, was hin-
sichtlich Konsistenz und Verlässlichkeit ebenfalls höchst
kontraproduktiv sei. Vor diesem Hintergrund sei eine Nach-
besserung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes angezeigt.
Eine Veränderung der Laufzeiten tauche im Koalitions-
antrag aber lediglich als Selbstverpflichtungserklärung auf,
die sich in diesem Bereich stets als nutzlos erwiesen habe.

Einem einheitlichen Doktorandenstatus stehe man von Sei-
ten der Fraktion DIE LINKE. zwar interessiert gegenüber,
leider fehle es aber an genaueren Ausführungen hierzu. Bei
der Einführung der Assistent- und Associate-Professur
bleibe unklar, wem diese Stellen eigentlich zugänglich sein
sollten. Zudem sei die Assistent-Professur auch befristet
und löse damit nicht die Probleme. Der Vorschlag, das Bes-
serstellungsverbot zu streichen, müsse auch für Nachwuchs-
wissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler gel-
ten. Auch den Tarifpartnern solle eine entsprechende Ver-
einbarung gestattet sein.

Sonderprogramm vorgeschlagen. Vor dem Hintergrund der
Problematik müsse man verbindliche Standards verhandeln
und mehr Stellen statt Stipendien schaffen. Der Bund müsse
diesbezüglich für die entsprechende Finanzierung sorgen.
Man spreche lediglich von einer Anschubfinanzierung
durch den Bund und nicht von einem langwierigen Pro-
gramm. Die Grundfinanzierung der Hochschulen sei ein
Grund für die prekäre Situation der Länderhaushalte.

Die Antragsteller bekräftigen, dass man angesichts der
wachsenden Studierendenzahlen ein besseres Betreuungs-
verhältnis anstreben müsse. Man stelle auch nicht „Wirt-
schaft gegen Wissenschaft“, sondern wolle lediglich die
Chancen auf einen Verbleib im Wissenschaftssystem er-
höhen.

Vielen jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nach-
wuchswissenschaftlern sei die nicht sachgerechte und unan-
gemessene Bezahlung bewusst. Der Bund solle eine Finan-
zierung an Zielvereinbarungen knüpfen, sonst werde das
Problem nicht gelöst, da das Geld bei einfacher Forschungs-
finanzierung stets in einem Teilsegment des Systems ver-
sickere. Dafür sei auch keine grundgesetzliche Änderung
erforderlich.

Zudem bestehe das Problem des Doktorandenstatus und der
Krankenversicherung. Die Situation der Stipendiaten sei,
dass bis zu 25 Prozent des Stipendiums als Beitrag zur
Kranken- und Pflegeversicherung eingezogen werde. Durch
Wegfall der Mittel fiele dieser Personenkreis in „Hartz IV“,
was nicht der Anspruch eines Hochschulsystems der Bun-
desrepublik Deutschland sein könne. Die sozialen Voraus-
setzungen müssten insofern verbessert werden. Die Mög-
lichkeiten, die das Wissenschaftsfreiheitsgesetz für Spitzen-
wissenschaftler biete, seien auch für die Nachwuchswissen-
schaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler zu schaffen.
Insofern benötige man eine vernünftige, rechtliche Homo-
genität.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erinnert da-
ran, dass sie bereits 2010 in ihrem Antrag einen Pakt für den
wissenschaftlichen Nachwuchs gefordert habe. Ausgangs-
punkt sei die schlechte Planbarkeit der Karrierewege junger
Menschen insbesondere in der Post-Doc-Phase gewesen.
Diese seien häufig gekennzeichnet durch kurze Beschäfti-
gungszeiten, Teilzeitarbeit und andere Formen unsicherer
Beschäftigung. Daher habe sie eine bessere Personalstruktur
und mehr unbefristete Stellen für erfahrene Wissenschaftle-
rinnen und Wissenschaftler gefordert. Das Wissenschafts-
zeitvertragsgesetz sei reformbedürftig, insbesondere sei die
Aufhebung der Tarifsperre notwendig. Zudem strebe man
ein Programm für Juniorprofessuren mit Tenure Track so-
wie eine Stärkung der Nachwuchsgruppenleiterinnen und
- leiter durch das Recht zur Promotion an. Man solle in den
Drittmittelprogrammen der öffentlichen Hand Anreize zur
Verbesserung der Personalstrukturen schaffen. Darüber hin-
aus sollten die verschiedenen Pakte mit Codes of Conduct
für bessere Beschäftigungsverhältnisse verbunden und der
Hochschulpakt so weiterentwickelt werden, dass eine ver-
lässliche und planbare Perspektive für die Hochschulen er-
reicht wird.

Die Antragsteller stellen fest, dass auch die Koalitionsfrak-
tionen offensichtlich die schwierige Situation junger Men-
Die Fraktion DIE LINKE. betont die Notwendigkeit, ver-
bindliche Regelungen zu schaffen und sie habe dazu ein

schen in der Post-Doc-Phase wahrgenommen hätten. Aller-
dings seien ihre Forderungen wenig lösungsorientiert. Sie

hohen Studierendenzahlen seien indes kein vorübergehendes
Phänomen. Man müsse die Personalstruktur verbessern, um
die hohen Studierendenzahlen nicht vorrangig mit befristet
und prekär Beschäftigten in der Lehre bewältigen zu wollen.

Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Änderung des
Artikel 91b GG greife zu kurz, denn eine dadurch mögliche
Bundesfinanzierung von 10 bis 15 „Leuchtturmprojekten“
behebe die Probleme im Wissenschaftssystem schließlich
nicht.

Die geringe Zahl an Juniorprofessuren sei auf eine Blockade
der konservativ regierten Länder zurückzuführen. Inzwi-
schen sei dies jedoch ein bewährter Karriereweg. Es sei un-
verständlich, dass sich die Koalitionsfraktionen nicht in
ihrem Antrag dazu durchgerungen hätten, diesen Karriere-
weg in Richtung Tenure Track zu fördern. Es werde ver-
mutet, das zuständige Bundesministerium habe sich gegen
eine Finanzierung gesträubt. Aufgrund der Problemanalyse
sei auch eine Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgeset-
zes angezeigt. Reine Appelle seien wenig zielführend, da
die Hochschulen aufgrund der schlechten Grundfinanzie-
rung das Problem nicht allein bewältigen könnten.

Von Seiten der Bundesregierung wird betont, dass die
Länder für das Personal und seine Finanzierung verantwort-
lich sei. Die Schaffung von Dauerstellen gestalte sich als
schwierig. Eine solche Stelle bestehe 30 Jahre nebst 20 Jah-
ren Pensionslasten. Ein entsprechendes Programm umfasse
damit eine Dauer von 50 Jahren. 2 500 Stellen auf dem
Niveau der Juniorprofessur hätten bereits den Umfang eines
Sechs-Milliarden-Programms. Es gebe jedoch Gespräche
mit den Ländern, und man habe die Absicht, das Thema in
der GWK anzusprechen. Es sei allerdings angesichts der
Schuldenbremse und der ohnehin extrem hohen Pensions-
lasten ein schwieriges Thema.

des Artikel 91b GG sei der beste Weg, um langfristige
Hochschulfinanzierung sicherzustellen. Dieses Vorhaben sei
am besten unbelastet durch andere Forderungen anzugehen,
um das Projekt nicht zu gefährden.

Die Zielvereinbarungen würden im Rahmen der Global-
haushalte für die Wissenschaftsorganisationen getroffen.
Der jährliche finanzielle Aufwuchs sei stets an Bedingun-
gen im Sinne des wissenschaftlichen Nachwuchses, der
Frauenförderung und wissenschaftlicher Zielerreichung ge-
knüpft. Das sei zwar nicht im Wissenschaftsfreiheitsgesetz
geregelt, aber dafür im „Pakt für Forschung und Innova-
tion“.

Die Länder seien gegenüber den Dauerstellen skeptisch ein-
gestellt. Das oppositionell geforderte Anstoßprogramm
blende die restlichen 47 Jahre aus, in denen die Länder das
Problem zu bewältigen hätten.

Bezüglich der Grundgesetzänderung wird von Seiten der
Bundesregierung ausgeführt, dass der Bund jährlich 6 Mrd.
Euro für Bildung ausgebe, die Länder zusammen genommen
über 100 Mrd. Euro. Selbst bei einer Verdopplung des Bil-
dungsbudgets gebe es nur eine fünfprozentige Steigerung
der Bildungsfinanzierung insgesamt. Das fiele in der Grund-
finanzierung kaum ins Gewicht. Daher wolle man keine Er-
höhung der Grundfinanzierung. Die Debatte über den Arti-
kel 91b GG sei insofern falsch aufgenommen worden. Viel-
mehr strebe man eine Exzellenzförderung in einer gewissen
Breite an. Durch eine solche Förderung profitierten 20 Pro-
zent der Hochschulstandorte, und viele Postdoktoranden
seien davon ebenso betroffen. Der „Berg“ sei nicht durch die
Grundfinanzierung der Länder entstanden, sondern durch
das Bundesprogramm. Um die Abwanderungstendenz zu
bremsen und das Problem in den Griff zu bekommen, sei der
Artikel 91b GG gut geeignet.

Berlin, den 9. Mai 2012

Tankred Schipanski
Berichterstatter

Swen Schulz (Spandau)
Berichterstatter

Dr. Martin Neumann (Lausitz)
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Krista Sager
Berichterstatterin
Drucksache 17/12116 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

begnügten sich z. B. damit, die Juniorprofessur in Assis-
tenzprofessur umzubenennen. Der Antrag der Regierungs-
koalition sei impulsarm und gehe an der realen Situation des
wissenschaftlichen Nachwuchses vorbei.

Zur Frage der Finanzierung wird ausgeführt, dass die Länder
im „Pakt für Forschung und Innovation“ jedes Jahr fünf Pro-
zent Aufwuchs für die außeruniversitären Forschungsein-
richtungen mitfinanzieren müssten. Dieses Geld fehle bei der
Grundfinanzierung der Hochschulen. Gleichzeitig stünden
die Länder unter dem Druck der Schuldenbremse. Der Hoch-
schulpakt bringe zwar mehr Geld an die Hochschulen, finan-
ziere jedoch nicht die Vollkosten eines Studienplatzes. Die

Eine Post-Doc-Stelle werde in einer dreißigjährigen Periode
ca. fünfmal besetzt. Die Umwandlung in eine Dauerstelle
bedeute demnach den Ausschluss von vier potentiellen Wis-
senschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Diese Auffassung
teilten viele Postdoktoranden selbst. Zudem ginge ein gro-
ßer Teil am Ende auch in die freie Wirtschaft. Die Grund-
frage, die man volkswirtschaftlich oder gesamtgesellschaft-
lich diskutieren müsse, sei daher, ob man den wissenschaft-
lichen Personalkörper auf mittlere und längere Sicht vergrö-
ßern müsse. Dies bejahe die Bundesregierung ausdrücklich.

Es sei seitens des Bundes vernünftig, die strukturelle Ver-
antwortung für Institutionen zu übernehmen. Die Änderung

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