BT-Drucksache 17/1203

Hofabgabe als Voraussetzung für den Bezug einer Altersrente für Landwirte abschaffen

Vom 24. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1203
17. Wahlperiode 24. 03. 2010

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Behm, Friedrich Ostendorff, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg),
Nicole Maisch, Alexander Bonde, Markus Tressel, Hans-Josef Fell, Bettina
Herlitzius, Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver
Krischer, Ingrid Nestle, Dr. Hermann Ott, Dorothea Steiner, Daniela Wagner,
Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hofabgabe als Voraussetzung für den Bezug einer Altersrente für Landwirte
abschaffen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Abschaffung der Abgabe des Unter-
nehmens der Landwirtschaft als Voraussetzung für den Bezug einer Regelalters-
rente der Altersicherung der Landwirte (die so genannte Hofabgabeklausel)
regelt.

Berlin, den 23. März 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Die Abgabe des Hofes als Voraussetzung für eine Altersrente für Landwirte
gemäß § 11 Absatz 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte
(ALG) ist zutiefst ungerecht und schon längst nicht mehr zeitgemäß.

Die Hofabgabeklausel ist nicht mehr zeitgemäß, weil es angesichts von demo-
graphischem Wandel, Höfesterben und vielfach fehlenden Hofnachfolgern aus
der eigenen Familie nicht mehr richtig sein kann, Landwirte bei Eintritt ins Ren-
tenalter zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit auf dem eigenen Hof zu drängen.
Vielmehr beschleunigt die Hofabgabeklausel das Höfesterben und den Struktur-

wandel in der Landwirtschaft. Das Ziel der Förderung des Generationswechsels
in der Landwirtschaft trägt nicht mehr, weil die Kinder altersrentenberechtigter
Landwirte in der Regel selbst in einem Alter sind, wo sie sich bereits beruflich,
familiär und hinsichtlich des Wohnortes auf ein vom elterlichen Hof unabhängi-
ges Leben eingestellt haben. In anderen Fällen ist der Landwirt kinderlos. Er
müsste den Hof an einen Fremden abgeben. Da bäuerliche Betriebe nicht nur
Arbeitsstätten, sondern Lebensmittelpunkt des Landwirtes sind, ist er im Allge-

Drucksache 17/1203 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
meinen erst dazu bereit, wenn er den Hof gesundheits- oder altersbedingt verlas-
sen muss.

Die Hofabgabeklausel ist zutiefst ungerecht, weil sie Landwirten, die ihren Hof
aus den verschiedensten Gründen nicht abgeben wollen oder können, ihre Rente
vorenthält, obwohl sie jahrzehntelang ihre Beiträge an die landwirtschaftliche
Alterskasse gezahlt haben. Die Landwirte werden so um die Früchte ihrer lang-
jährigen Beitragszahlung betrogen. Das ist ein eklatanter Verstoß gegen die
Beitragsgerechtigkeit und eine massive Ungleichbehandlung gegenüber Arbeit-
nehmern. Sie können eine Rente beziehen, auch wenn sie weiter einer Erwerbs-
tätigkeit nachgehen.

Besonders skandalös und diskriminierend ist es, dass Landwirten eine Rente
verweigert wird, wenn sie den Hof an einen mehr als zehn Jahre jüngeren
Ehegatten abgeben. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum ein älterer
Ehegatte den Hof weiterführen darf, eine jüngerer Ehegatte aber nicht. Diese
Regelung führt das vorgebliche Ziel der Hofabgabeklausel, für eine jüngere
Altersstruktur bei den Landwirten zu sorgen, völlig ad absurdum.

Auch die um 10 Prozent bessere Beitrags-Leistungs-Relation in der Alterskasse
der Landwirte gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung, die nur zu einem
Teil auf den verminderten Rentenzahlungen aufgrund der Hofabgabeklausel
beruht, kann diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Schließlich büßt ein
kleiner Teil der Landwirte ihren Rentenanspruch vollständig ein, damit alle
Landwirte einen geringfügig vergünstigten Beitrag zur Alterkasse zahlen kön-
nen. Diese Art der Umverteilung lässt sich nicht rechtfertigen.

Die in diesem Zusammenhang geschürte Befürchtung, die Beiträge zu den land-
wirtschaftlichen Alterskassen könnten sich im Falle der Abschaffung der Hof-
abgabeklausel vervielfachen, entbehrt jeglicher Grundlage. Die ursprüngliche
Bindung des Bundeszuschusses zur Altersicherung der Landwirte an die Hof-
abgabeklausel, wie sie in den 50er-Jahren galt, hat im politischen Raum schon
lange keinen Bestand mehr. Die Höhe des Bundeszuschusses zur Altersicherung
der Landwirte ergibt sich vor allem aus der bestehenden Beitrags-Leistungs-
Relation in der gesetzlichen Rentenversicherung, dem Zuschussbedarf für die
Beitragszuschüsse und dem Beitragsaufkommen der Landwirte. Es ist nicht
erkennbar, dass eine Bundestagsmehrheit daran im Falle der Abschaffung der
Hofabgabeklausel etwas ändern würde.

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