BT-Drucksache 17/11826

Deutschen Innovationsfonds einrichten - Gravierende Förderlücke im deutschen Innovationssystem endlich schließen

Vom 11. Dezember 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11826
17. Wahlperiode 11. 12. 2012

Antrag
der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Willi Brase,
Ulla Burchardt, Petra Ernstberger, Michael Gerdes, Iris Gleicke, Klaus Hagemann,
Oliver Kaczmarek, Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Florian Pronold,
Marianne Schieder (Schwandorf), Swen Schulz (Spandau), Dagmar Ziegler,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Deutschen Innovationsfonds einrichten – Gravierende Förderlücke im deutschen
Innovationssystem endlich schließen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Wissenschaft und Forschung aus Deutschland zeichnen sich durch eine hohe in-
ternationale Wettbewerbsfähigkeit und durch ein großes Innovationspotenzial
aus. Leider bestehen jedoch seit Jahren Defizite in den Strukturen zum Transfer
von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen in wirtschaftlich verwertbare Pro-
dukte und Dienstleistungen.

Diese finanzielle Förderlücke kann durch Maßnahmen der so genannten Validie-
rungsforschung überbrückt werden. Es handelt sich bei einer modernen Validie-
rungsforschung um eine Art unabhängigen „Stresstest“ zur Überprüfung des
Realisierungs- und Wertschöpfungspotenzials einer Idee bzw. einer wissen-
schaftlichen Innovation. Hierdurch wird wirksam dem Problem begegnet, dass
zahlreichen akademischen Forschungsergebnissen die Reife für eine wirtschaft-
liche Nutzung fehlt bzw. die Frage ungeklärt ist, ob diese Ergebnisse ökono-
mische Perspektiven bieten.

Ein besonders großes Potenzial tragen wissenschaftliche Innovationen, deren
Transfer in wirtschaftlich verwertbare Produkte und Dienstleistungen mit einem
hohen Risiko behaftet ist. Klassische Förderinstrumente von der Ausgründung
bis zu Risikokapital greifen hier aufgrund der erheblichen Unsicherheiten meist
nicht. Eine Validierung von Grundlagenerkenntnissen kann dazu beitragen, Un-
sicherheiten abzumildern und die von vielen Expertinnen und Experten beklagte
Förderlücke dauerhaft zu schließen.

Bedauerlicherweise hat sich die Bundesregierung entschieden, anstatt wirklich
neue Wege zur Innovationsförderung einzuschlagen, lieber in der klassischen
Form der Projektförderung das Potenzial akademischer Forschung für die kom-

merzielle Nutzung zu validieren. Mit der im Mai 2010 angekündigten Förder-
maßnahme „Validierung des Innovationspotenzials wissenschaftlicher For-
schung – VIP“ soll nach Vorstellung des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung (BMBF) die höchst kritische Lücke von akademischer Erkenntnis
und ökonomischer Verwertung geschlossen werden. Hierzu kann für maximal
drei Jahre ein Projekt mit bis zu 500 000 Euro jährlich gefördert werden. Maxi-
mal kann somit ein Projekt mit 1,5 Mio. Euro gefördert werden. Neben der tech-

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nischen Machbarkeit eines Projekts soll die Förderung auch dazu dienen, eine
Idee technisch weiterzuentwickeln.

Unterstützt werden Forscherinnen und Forscher von einem so genannten Inno-
vations-Mentor, der das erforderliche wirtschaftliche Wissen mit in das Projekt
einbringen soll. Die Maßnahme VIP verbleibt jedoch in der gesamten Struktur
der klassischen Projektförderung verhaftet. Es lässt sich kaum von einer An-
schlussfinanzierung unterscheiden und wird folglich auch nicht wirksam die be-
stehende Validierungslücke schließen können. Dies gilt ungeachtet der Tatsache,
dass die zusätzlichen Finanzmittel für die Validierungsforschung im Rahmen
der Fördermaßnahme natürlich von Wissenschaft und Industrie begrüßt wurden
und werden. Hinzu kommt, dass sich die Maßnahme lediglich an Hochschulen
und Forschungseinrichtungen, die ganz oder anteilig vom Bund finanziert wer-
den, richtet.

Damit hat die Bundesregierung darauf verzichtet, einen neuen Baustein zur Ver-
besserung des wissenschaftlichen Technologietransfers zu entwickeln. Die Er-
kenntnis zahlreicher Expertinnen und Experten für Wissenstransfer und Validie-
rungsforschung, dass bestehende Förderinstrumente und Organisationsformen
nicht hinreichend geeignet sind, um die weithin attestierte Validierungslücke zu
schließen, blieb auf Seiten der Bundesregierung offenkundig ohne Folgen. Das
Beispiel VIP verdeutlicht, dass auch das zuständige BMBF zu stark in etablierten
Verfahren und Strukturen denkt und hierdurch Innovationen in der Validierungs-
förderung behindert. Dabei ist der erfolgreiche Transfer von innovativen Ideen
aus Wissenschaft und Forschung abhängig von einer kreativen Förderung im
Rahmen eines neuen Validierungsinstruments.

Nur wenige Wochen nach der Ankündigung der neuen Fördermaßnahme „Vali-
dierung des Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung – VIP“ be-
schloss die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e. V. die
Einrichtung des Helmholtz-Validierungsfonds. Hierbei handelt es sich um ein
die Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft übergreifendes Finanzierungsinstru-
ment zur Schließung der Lücke zwischen (wissenschaftlicher) Idee und (kom-
merzieller) Anwendung. Mit einem Budget von 26 Mio. Euro über fünf Jahre
fördert der neue Fonds Validierungsprojekte von Helmholtz-Zentren. Die Pro-
jekte werden mit maximal 2 Mio. Euro über maximal zwei Jahre gefördert, um
aus einer Produktidee ein kommerzialisierbares Ergebnis zu entwickeln. Damit
setzt die Helmholtz-Gemeinschaft im Grundsatz auf die auch von der Fraktion
der SPD geforderte Fondslösung zur Finanzierung von Validierungsprojekten.

Die Max-Planck-Gesellschaft setzt bereits seit vielen Jahren auf die Arbeit der
Max-Planck-Innovation GmbH (1970 als Garching Instrumente GmbH gegrün-
det, 1993 bis 2006 unter dem Namen Garching Innovation) als Technologie-
transfereinrichtung. Zu den Aufgaben der Max-Planck-Innovation GmbH zählt
insbesondere die Unterstützung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
bei der Bewertung von Erfindungen, der Anmeldung von Patenten und dem
Transfer der Innovationen in Unternehmen bzw. in Unternehmensgründungen.

Die Expertenkommission Forschung und Innovation hat in ihrem Gutachten im
Jahr 2009 mit Nachdruck die Entwicklung und regelmäßige Evaluation von För-
derinstrumenten zur Validierungsforschung gefordert. Nach Auffassung der
Expertinnen und Experten sollten diese Forschung technologieoffen gestaltet und
auch sehr risikoreiche Forschungsprojekte förderfähig sein. Die Kommission
stellte auch heraus, dass die öffentliche Validierungsförderung nicht die privaten
Entscheidungsprozesse duplizieren sollte, um einen Mehrwert zu generieren.

All dies zeigt, dass der Bedarf im deutschen Wissenschafts- und Forschungssys-
tem für einen Deutschen Innovationsfonds groß ist. Das Innovations- und Wert-
schöpfungspotenzial eines solchen Fonds wäre erheblich, wie sich an den Er-

fahrungen der genannten Technologietransfereinrichtungen ablesen lässt. Der

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Deutsche Innovationsfonds wäre ein geeignetes Instrument, um die Innovations-
kraft der deutschen Volkswirtschaft wirksam und dauerhaft zu stärken.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. dem Deutschen Bundestag einen Entwurf zur Einrichtung eines Deutschen
Innovationsfonds vorzulegen. Dieser Entwurf soll sich an folgenden Punkten
orientieren:

– Einrichtung des Deutschen Innovationsfonds in Stiftungsform ab dem
Jahr 2014;

– Ausstattung des Deutschen Innovationsfonds mit 100 Mio. Euro im ersten
Jahr mit der Perspektive für einen weiteren bedarfsgerechten Mittelauf-
wuchs in den folgenden Jahren;

– Aufgabenstellung: organisatorische und inhaltliche Unterstützung von
Forscherinnen und Forschern im Rahmen von Validierungsprojekten, Fi-
nanzierung von Validierungsprojekten, Koordination mit Unternehmen
und Risikokapitalgebern;

– Bewertung der Validierungsprojekte durch industrieerfahrene Entwick-
lungsspezialisten;

– Verbleib des geistigen Eigentums bei den antragstellenden Forschungsein-
richtungen, damit die beteiligten Forscherinnen und Forscher ein originäres
Interesse an der Weiterentwicklung der Projekte hegen, geringe Refinan-
zierung der Stiftung über Lizenzanteile;

– Themenoffenheit für alle Branchen mit technisch-naturwissenschaftlicher
Basis sowie für Dienstleistungsprojekte;

– antragsberechtigt sind alle akademischen Institutionen sowie Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen;

– die Ziele der Verwertung sind offenzuhalten (Ausgründungen, Lizenzen
usw.);

2. die zu stark im System der klassischen Projektförderung verhaftete Förder-
maßnahme „Validierung des Innovationspotenzials wissenschaftlicher For-
schung – VIP“ zugunsten des neuen Deutschen Innovationsfonds auslaufen
zu lassen.

Berlin, den 11. Dezember 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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