BT-Drucksache 17/11768

Bedeutung der Erdgasversorgung für die Energiewende

Vom 30. November 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11768
17. Wahlperiode 30. 11. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia
Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Hermann E. Ott,
Dorothea Steiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bedeutung der Erdgasversorgung für die Energiewende

Im Februar 2012 kam es zu einem Engpass in der Gasversorgung in Süddeutsch-
land, welcher die Abschaltung mehrerer Kraftwerke zur Folge hatte. Diese
Unterbrechung des Gaszustroms war unter anderem die Folge einer reduzierten
Einspeisung am deutsch-tschechischen Grenzübergangspunkt Waidhaus (Bayern)
sowie der anhaltend hohen Nachfrage infolge sehr niedriger Temperaturen in
ganz Europa. Zudem gab es eine hohe Prognoseabweichung, welche zu einer
Ausreizung der Regelenergiereserve geführt hat. Die Bundesregierung versucht
mit der Reform des Dritten Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrecht-
licher Vorschriften daher auch der Versorgungssicherheit im Gasnetz Rechnung
zu tragen. Allerdings ist fraglich, ob die Verpflichtung auf einen Brennstoff-
wechsel oder das Kontrahieren fester Kapazitäten dafür ausreichend sind.
Zugleich erstellt die Bundesnetzagentur (BNetzA) gemeinsam mit den Fern-
leitungsbetreibern einen Netzentwicklungsplan-Gas (Gas-NEP), dessen Szena-
riorahmen einen sinkenden Gasbedarf in Deutschland prognostiziert. Folglich
stehen im „Leitszenario“ (Szenario II) des Gas-NEP auch nur 357 Megawatt
neuer Verdichterleistung bei 738 Kilometer neuer Leitung.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ab wann werden nach Planung der Bundesregierung die in § 13c des Ener-
giewirtschaftsgesetzes (EnWG) getroffenen Maßnahmen wirksam werden,
und ist die Bundesregierung der Auffassung, dass diese Maßnahmen ausrei-
chen, um einen erneuten Versorgungsengpass, wie im Februar 2012 aufgetre-
ten, auszuschließen?

2. Erwartet die Bundesregierung für den Winter 2013 bei ähnlichen Rahmen-
bedingungen wie im Winter 2012 (hohe Nachfrage aufgrund niedriger Tem-
peraturen) einen erneuten Versorgungsengpass im Gasnetz?

3. Welche bereits im Winter 2013 greifenden Maßnahmen werden bzw. wurden
von der Bundesregierung umgesetzt, um einen erneuten Versorgungsengpass
zu vermeiden?
4. Welche weiteren Maßnahmen werden von der Bundesregierung umgesetzt,
um einen erneuten Versorgungsengpass im Winter 2014 zu vermeiden?

5. Mit welchen Maßnahmen plant die Bundesregierung, die deutschen Erdgas-
importe weiter zu diversifizieren?

Drucksache 17/11768 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Versorgungssicherheit aller Gasab-
nehmer im Fall eines Lieferengpasses wie im Januar 2009 (sog. Ukraine-
Krise) bei gleichzeitigen tiefen Temperaturen (unter minus 10 Grad Cel-
sius)?

7. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Versorgungssicher-
heit aller Gasabnehmer in einem solchen Szenario zu gewährleisten?

8. Hält die Bundesregierung die im Gas-NEP geplanten zusätzlichen Verdich-
ter für ausreichend, und wenn nein, warum nicht?

9. Sind in Deutschland derzeit genug Verdichterstationen in Betrieb, um die
Gasversorgung an allen Verbrauchsstellen auch in Zeiten eines Versor-
gungsengpasses zu sichern, und wenn nein, warum nicht?

10. Wo ist in Deutschland nach Informationen der Bundesregierung der Neubau
von Verdicherstationen geplant, und wie ist der aktuelle Planungsstand die-
ser Projekte?

11. Hält die Bundesregierung die im Gas-NEP geplanten zusätzlichen Leitun-
gen für ausreichend?

Falls nein, warum nicht?

12. Wie spiegelt sich die Engpasssituation vom Februar 2012 in der Planung für
einen Gas-Notfallplan, wie er durch die Verordnung (EU) Nr. 994/2012 ge-
fordert wird, wider?

13. Welche Gaskraftwerke können nach Kenntnis der Bundesregierung nicht
auf feste Buchungen umgestellt werden und können ebenfalls nicht den
Brennstoff wechseln?

14. Können diese Kraftwerke dennoch als „systemrelevant“ ausgewiesen wer-
den, und wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?

15. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Abgeordneten der Regie-
rungskoalition (z. B. Arnold Vaatz am 17. Oktober 2012 bei n-tv), nach der
zur Sicherstellung der Stromversorgung in Süddeutschland eine Laufzeit-
verlängerung von Atomkraftwerken erforderlich sein könnte, und wenn ja,
warum?

16. Plant die Bundesregierung die Anregung von Investitionen in neue Gas-
kraftwerke in Süddeutschland, und wenn ja, durch welche Mechanismen
(etwa durch Kapazitätsmärkte) soll dies geschehen?

17. Welche Kosten wären mit diesen Maßnahmen verbunden?

18. Wären nach Kenntnis der Bundesregierung diese Maßnahmen zur Anregung
zusätzlich benötigter Kapazitäten auch zusätzlich zu einer „Strategischen
Reserve“ denkbar?

19. Plant die Bundesregierung Anreize für Investitionen in neue Erdgasspeicher
in Süddeutschland einzuführen, und wenn ja, durch welche Mechanismen
soll dies geschehen?

20. Welche Mittel plant die Bundesregierung für diese Maßnahmen aufzuwen-
den?

21. Anhand welche Kriterien sollen nach Auffassung der Bundesregierung die
Übertragungsnetzbetreiber bei gleichzeitigen Versorgungsengpässen im
Strom- und Gasnetz im Rahmen einer systemübergreifenden Folgenab-
schätzung aufgrund der nachrangigen Einschränkbarkeit systemrelevanter
Gaskraftwerke (nach § 16 Absatz 2a EnWG laut Formulierungshilfe, Aus-

schussdrucksache 17(9)970) entscheiden, welche anderen Gasabnehmer
eingeschränkt versorgt werden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11768

22. Werden diese Kriterien in einem Gesetz oder einer Verordnung von der
Bundesregierung festgelegt, und wenn nein, warum nicht?

23. Gab es bereits Gespräche mit einzelnen Gasabnehmern oder Branchenver-
bänden bezüglich einer Regelung über eine freiwillige Unterbrechung der
Gaslieferung, und welches Ergebnis hatten diese Gespräche?

24. Welche Schlussfolgerungen ergeben sich für die Bundesregierung aus den
Betrachtungen von Power-to-Gas im Gas-NEP 2012, und plant die Bundes-
regierung weitere Initiativen zur Förderung von Power-to-Gas?

25. Welche Kapazitäten an durch die Power-to-Gas-Technologie gewonnenes
Erdgas könnte allein das Erdgasnetz aufnehmen?

Welche weiteren Kapazitäten ständen in den deutschen Erdgasspeichern zur
Verfügung?

26. Welche weiteren Ertüchtigungen am Gasnetz (inkl. Verdichter) sind nach
Auffassung der Bundesregierung nötig, um eine systemrelevante Gasein-
speisung aus Power-to-Gas zu ermöglichen, und wie unterstützt die Bun-
desregierung diese Maßnahmen?

Berlin, den 30. November 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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