BT-Drucksache 17/11695

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Lisa Paus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/11075 - Steuerliche Transparenz von multinationalen Unternehmen herstellen - Country-by-Country und Project-by-Project Reporting einführen

Vom 28. November 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11695
17. Wahlperiode 28. 11. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann,
Lisa Paus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/11075 –

Steuerliche Transparenz von multinationalen Unternehmen herstellen –
Country-by-Country und Project-by-Project Reporting einführen

A. Problem

Viele Unternehmen agieren heute transnational und haben unterschiedliche
Standorte in verschiedenen Ländern. Die Zahlungsflüsse innerhalb von interna-
tionalen Unternehmen sind von außen nicht sichtbar. Die internationalen Rech-
nungslegungsstandards (IFRS) verlangen lediglich, die Geschäfte sämtlicher
Konzerngesellschaften auszuweisen und erfordern keine entsprechende Auf-
schlüsselung nach Ländern, in denen das Unternehmen tätig ist. Der Antrag pro-
blematisiert daraus folgernd, damit würden sich insbesondere die Steuerzahlun-
gen einer Bewertung entziehen. Diese mangelnde Transparenz führe dazu, dass
aufgrund fehlender Nachprüfbarkeit der Beiträge international tätiger Unterneh-
men zum jeweiligen nationalen Steueraufkommen ein Misstrauen gegenüber
diesen Unternehmen in Hinblick auf ihren fairen Beitrag zum nationalen Steu-
eraufkommen bestehe.

B. Lösung

Mit dem Antrag fordert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, diese Trans-
parenz bei multinationalen Unternehmen mit Hilfe von Offenlegungspflichten
auf Länderebene (Country-by-Country Reporting) und auf Projektebene (Pro-
ject-by-Project Reporting) herzustellen.

Der Antrag strebt deshalb an, die Bundesregierung aufzufordern, sich insbeson-
dere auf europäischer Ebene für die Einführung und Umsetzung eines Project-
by-Project und Country-by-Country Reporting einzusetzen und im Europä-
ischen Rat die entsprechenden Richtlinienentwürfe der Europäischen Kommis-

sion zur Änderung der Transparenzrichtlinie und der Rechnungslegungsricht-
linien nicht weiter zu blockieren, sondern vollumfänglich zu unterstützen. Der
Antrag fordert darüber hinaus, dass sich die Bundesregierung für eine verbesser-
te Wirkungsweise und gegen eine Verwässerung der Richtlinien einsetzen soll.

Drucksache 17/11695 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Der Antrag sieht außerdem vor, dass sich die Bundesregierung darüber hinaus
langfristig für ein umfassendes Country-by-Country Reporting und Project-by-
Project Reporting für die Rohstoffwirtschaft auf globaler Ebene einsetzen soll.

Schließlich fordert der Antrag von der Bundesregierung, die Offenlegungs-
pflichten für Unternehmen aller Branchen national umzusetzen und damit
Deutschland eine Vorreiterrolle für Transparenz einnehmen zu lassen, falls eine
weitergehende europäische Lösung nicht möglich sein sollte.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen

Der Antrag macht hierzu keine Angaben.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11695

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/11075 abzulehnen.

Berlin, den 28. November 2012

Der Finanzausschuss

Dr. Birgit Reinemund
Vorsitzende

Manfred Kolbe
Berichterstatter

Dr. Thomas Gambke
Berichterstatter

fenlegungspflichten (Project-by-Project Reporting) ins-

besondere für den Rohstoffbereich in den anstehenden
finalen Abstimmungsrunden auf jeden Fall erhalten blei-
ben, die Vorschläge also nicht verwässert werden,

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss
Drucksache 17/11695 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Manfred Kolbe und Dr. Thomas Gambke

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/11075 in seiner 204. Sitzung am 8. November 2012 dem
Finanzausschuss zur federführenden Beratung sowie dem
Rechtsausschuss, dem Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
nologie und dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Antrag strebt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Feststellung des Deutschen Bundestages an,
dass viele transnational agierenden Unternehmen ihre Steuer-
zahlungen einer Bewertung entziehen würden. Daraus ent-
stehe ein Misstrauen in Hinblick auf deren fairen Beitrag
zum nationalen Steueraufkommen. Wissenschaftliche Schät-
zungen legten nahe, dass daraus erheblich geringere Steuer-
einnahmen und eine ungerechte Steuerlastverteilung zwischen
international tätigen und einheimischen, mittelständischen
Unternehmen entstünden. Insbesondere für Entwicklungs-
länder entstünden daraus enorme Steuerausfälle, die die Bei-
träge für Entwicklungszusammenarbeit mitunter deutlich
übersteigen würden.

Es sei daher von höchstem Interesse, Transparenz über die
Steuerzahlungen von international tätigen Unternehmen zu
erhalten. Diese könne mit Hilfe von Offenlegungspflichten
auf Länderebene (Country-by-Country Reporting) und auf
Projektebene (Project-by-Project Reporting) hergestellt wer-
den. Entscheidend seien gesetzlich verankerte Regelungen.
Der Antrag verweist hierzu im Einzelnen auf den Dodd-
Frank Act der USA von Juli 2010, der gute erste Lösungsan-
sätze beinhalte, sowie auf die Vorschläge zur Änderung der
Transparenz und der Rechnungslegungsrichtlinie, die auf
EU-Ebene vorlägen.

Daraus leitet der Antrag ab, dass der Deutsche Bundestag die
Bundesregierung auffordern solle,

– im Europäischen Rat die Richtlinienentwürfe der EU-
Kommission zur Änderung der Transparenzrichtlinie und
der Rechnungslegungsrichtlinien, welche die Einführung
eines Project-by-Project und Country-by-Country Re-
porting vorsehen, nicht weiter zu blockieren, sondern
vollumfänglich zu unterstützen,

– sich für eine Ausweitung des Country-by-Country Re-
porting auf europäischer Ebene auf alle Branchen einzu-
setzen, mit Aufschlüsselung auch nach wesentlichen Ge-
schäftsbereichen, und hierbei lediglich Ausnahmen für
kleine und mittlere Unternehmen nach EU-Definition zu-
zulassen,

– sich dafür einzusetzen, dass die wesentlichen Elemente
der Richtlinienvorschläge wie die projektbezogenen Of-

a) die Grenze für Zahlungen, die offengelegt werden
müssen, konkret genannt und eher niedrig angesetzt
wird und die Grenzen und Bedingungen dabei so ein-
gerichtet werden, dass eine Umgehung zum Beispiel
durch Stückelung bzw. Aufspaltung von Zahlungen
unmöglich gemacht wird,

b) in die Richtlinie auch Lieferungs- und Transport-
aktivitäten mit aufgenommen werden,

c) keine Ausnahmen für Offenlegungspflichten zugelas-
sen werden,

d) der Katalog der Kriterien, die offengelegt werden
müssen, erweitert wird z. B. um Produktvolumen,
Verkaufszahlen und Gewinn, Lohnsumme, Zahl der
Angestellten, Finanzierungskosten, Zahlungen an die
Regierung,

– sich darüber hinaus langfristig für ein umfassendes
Country-by-Country Reporting und Project-by-Project
Reporting für die Rohstoffwirtschaft auf globaler Ebene
einzusetzen, z. B. über eine Stärkung des Economic and
Social Council (ECOSOC – Wirtschafts- und Sozialrat
der UN) bzw. seines Untergremiums, des Committee of
Experts on International Cooperation in Tax Matters oder
bereits existenter Strukturen bei der OECD,

– die Offenlegungspflichten für Unternehmen aller Bran-
chen national umzusetzen und damit Deutschland eine
Vorreiterrolle für Transparenz einnehmen zu lassen, soll-
te eine weitergehende europäische Lösung trotz allen
politischen Einsatzes nicht möglich sein.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat den Antrag in seiner 103. Sitzung
am 28. November 2012 beraten und empfiehlt mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN Ablehnung.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag in seiner 86. Sitzung am 28. November 2012 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimment-
haltung der Fraktion der SPD Ablehnung.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag in seiner 69. Sitzung am
28. November 2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN Ablehnung.
– sich für eine verbesserte Wirkungsweise der Richtlinien
einzusetzen, indem

Der Finanzausschuss hat den Antrag in seiner 117. Sitzung
am 28. November 2012 erstmalig und abschließend beraten.

Darstellung von Umsätzen und Gewinnen auf den Rohstoff-
märkten. Obwohl dieses Thema seit geraumer Zeit evident
sei, nehme die Bundesregierung derzeit eine bremsende Hal-
tung ein. Daher solle sich das Parlament jetzt deutlich für
mehr steuerliche Transparenz von multinationalen Unter-
nehmen durch Einführung eines Country-by-Country und
Project-by-Project Reportings positioniert.

Grundsätzlich müsse deutlich gemacht werden, dass keine
Klarheit über das Agieren multinationaler Konzerne bestehe.
Nationale Zahlen seien nicht bekannt. Daher sei eine Bewer-
tung, in welchem Umfang sich multinationale Konzerne ih-
rer Steuerpflicht in den einzelnen Staaten stellen würden,
nicht möglich. Das betreffe nicht nur Deutschland, sondern
auch und insbesondere die sog. Entwicklungsländer. Zu be-
grüßen seien die Initiativen auf UN- und OECD-Ebene. Die
Absicht des Antrags sei, die Bundesregierung aufzufordern,
diese Initiativen aufzugreifen und aktiv voranzubringen so-
wie sich auf europäischer Ebene nicht weiter gegen eine
Ausweitung der projektbezogenen und staatenbezogenen
Berichterstattung zu stemmen.

Bei der Beratung des Antrags unterstrichen die Koalitions-
fraktionen der CDU/CSU und FDP, das Problem sei der
Bundesregierung sowie den Koalitionsfraktionen seit länge-
rem bekannt. Derzeit werde innerhalb der OECD ein Ar-
beitspapier erarbeitet. Es sei beabsichtigt, dies im Februar
2013 der G20 vorzulegen. Aufgrund der multinationalen
Ausrichtung der Konzerne sei ein nationaler Alleingang kurz
vor der internationalen Befassung nicht zielführend. Daher
werde dieser Bericht und die Einigung im G20-Rahmen ab-
gewartet, bevor weitere Maßnahmen ergriffen würden. Einer
gesonderten Aufforderung an die Bundesregierung bedürfe
es nicht. Zudem betrachte der Antrag lediglich die Unterneh-
mensseite. Nicht diskutiert werde das Problem der fehlenden
Vereinheitlichung von Bemessungsgrundlagen und Steuer-
sätzen zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Dies müsse in die-
sem Zusammenhang dringend mit erörtert werden, denn
viele der sog. Steueroasen liegen mitten in Europa, z. B.

Antrag mit dem Titel „Transparenz in Zahlungsflüssen im
Rohstoffbereich und keine Nutzung von Konfliktminera-
lien“. Der vorliegende Antrag weise in die gleiche Richtung,
indem er das Problem aufgreife, dass Konzerne die Möglich-
keit hätten, international zu agieren, während Staaten zu-
nächst national begrenzt seien. Aus diesem Widerspruch ent-
stünden für international tätige Konzerne verschiedene
Möglichkeiten, die eine Neudefinition des Begriffs der Steu-
eroase, die durch die strukturellen Möglichkeiten eines inter-
nationalen Konzerns entstehen würde, notwendig machten.
Um hier eine größere Transparenz zu erreichen, damit we-
nigstens Klarheit über das Handeln internationaler Konzerne
entstehe, weise der Antrag die richtige Richtung.

Die Fraktion DIE LINKE. machte deutlich, sie teile den
Ansatz, Transparenz zu erhöhen und Vergleichbarkeit herzu-
stellen, betonte aber auch, dass darüber hinaus Dinge wie eine
Anzeigepflicht von aggressiven Steuergestaltungsmodellen
fehlen würden, um die Probleme mit international tätigen
Konzernen in den Griff bekommen zu können. Transparenz
und Vergleichbarkeit alleine greife zu kurz.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte ab-
schließend, länderbezogene Offenlegungspflichten seien
sicherlich nicht das einzige Instrument zur Bekämpfung von
Steuergestaltung, aber ein entscheidender erster Schritt, und
verwies auch auf den durch Transparenz entstehenden poli-
tischen und öffentlichen Druck. Derzeit seien die Zahlungs-
flüsse innerhalb multinationaler Unternehmen nicht bekannt,
woraus resultiere, dass auch im G20-Rahmen in den letzten
Jahren, seit die Missstände offenkundig geworden seien, kei-
ne Fortschritte erzielt werden konnten. Zudem machte die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN deutlich, dass das
Argument der weiteren bürokratischen Lasten für Unterneh-
men nicht stichhaltig sei, da die Daten in international täti-
gen Unternehmen ohnehin für die interne Berichterstattung
vorliegen würden. In den USA werde hier bereits heute deut-
lich weiter gegangen. Die Europäische Union müsse nach-
ziehen.

Berlin, den 28. November 2012

Manfred Kolbe
Berichterstatter

Dr. Thomas Gambke
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/11695

Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be-
schlossen, die Ablehnung des Antrags zu empfehlen.

Zur Erläuterung des Antrags verwies die antragsstellende
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zunächst auf die in
den Medien aktuell diskutierte konzertierte Aktion der größ-
ten Industrie- und Schwellenländer (G20) gegen die Steuer-
gestaltung international tätiger Konzerne sowie auf die der-
zeit in Brüssel geführte Diskussion zur projektbezogenen

Luxemburg. Die Forderung des Antrags nach Offenlegung
konzerninterner Daten eigne sich nur bedingt für die Verhin-
derung von Steuervermeidung, denn Dinge wie die Verrech-
nung von Lizenzgebühren seien steuerrechtlich völlig legal.
Es müssten also Steuergesetze geändert und harmonisiert
werden. Eine Offenlegung alleine hätte hingegen keine
Rechtsfolgen.

Die Fraktion der SPD verwies darauf, auch sie erarbeite
derzeit in einer übergreifenden Arbeitsgruppe von Wirt-
schafts-, Umwelt- und Verbraucherschutzpolitikern einen

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