BT-Drucksache 17/11674

Menschenwürdige Lebensbedingungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Geduldete sicherstellen - Asylbewerberleistungsgesetz reformieren

Vom 27. November 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11674
17. Wahlperiode 27. 11. 2012

Antrag
der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Anette Kramme, Elke Ferner, Rüdiger
Veit, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Kerstin Griese, Petra Hinz (Essen), Christel
Humme, Josip Juratovic, Daniela Kolbe (Leipzig), Angelika Krüger-Leißner,
Ute Kumpf, Gabriele Lösekrug-Möller, Caren Marks, Katja Mast, Aydan Özog˘uz,
Thomas Oppermann, Anton Schaaf, Silvia Schmidt (Eisleben), Ottmar Schreiner,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Menschenwürdige Lebensbedingungen für Asylbewerberinnen und
Asylbewerber sowie Geduldete sicherstellen – Asylbewerberleistungsgesetz
reformieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Grundgesetz (GG) für die Bundesrepublik Deutschland garantiert nach
Artikel 1 Absatz 1 (Menschenwürde) und Artikel 20 Absatz 1 (Sozialstaat) das
Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 (Az. 1
BvL 1/09) festgestellt, dass dieses Grundrecht neben der physischen Existenz
auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und poli-
tischen Leben – soziokulturelle Existenz – umfasst. Dies hat universale Geltung
für alle Hilfebedürftigen unabhängig von Staatsangehörigkeit, Herkunft oder
Aufenthaltsstatus. Das Bundesverfassungsgerichtsurteil hat daher auch eine
Folgewirkung auf das Asylbewerberleistungsgesetz, das an die verfassungs-
rechtlichen Vorgaben angepasst werden muss. Darauf hat die SPD-Bundestags-
fraktion bereits in zwei Anträgen hingewiesen (Bundestagsdrucksache 17/880,
S. 4 und Bundestagsdrucksache 17/3648, S. 10).

Die Leistungshöhen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) zur Exis-
tenzsicherung stehen bereits seit Jahren in der Kritik, da diese deutlich unterhalb
des Niveaus der beiden anderen bedürftigkeitsorientierten Leistungssysteme des
Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB XII) liegen
und seit seiner Einführung 1993 unverändert geblieben sind:

In § 3 Absatz 1 AsylbLG ist festgelegt, dass Betroffene, die in Gemeinschafts-
unterkünften untergebracht sind und Sachleistungen für Ernährung, Unterkunft,
Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege sowie Gebrauchs- und Ver-
brauchsgüter des Haushalts erhalten (Sachleistungsprinzip), lediglich einen

sehr geringen Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen
Lebens bekommen: 20,45 Euro monatlich (bis zur Vollendung des 14. Lebens-
jahres) bzw. 40,90 Euro (von Beginn des 15. Lebensjahres an).

Wenn die Unterbringung nicht in Gemeinschaftsunterkünften erfolgt, erhalten
die Betroffenen nach § 3 Absatz 2 AsylbLG zum einen die Kosten für Unter-
kunft, Heizung und Hausrat. Zum anderen ist auch hier für die weiteren Leis-

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tungen das Sachleistungsprinzip nach § 3 Absatz 2 AsylbLG die Regel. Im Er-
messenswege können jedoch stattdessen Leistungen in Form von Wertgutschei-
nen, anderen unbaren Abrechnungen oder Geldleistungen im gleichen Wert er-
bracht werden. Diese haben insgesamt je nach Altersgruppe folgende Höhe, die
auch den persönlichen Bedarf umfasst (in Klammern zum Vergleich die Regel-
bedarfe nach dem SGB II und dem SGB XII):

• für den Haushaltsvorstand 224,97 Euro (374 Euro);

• für Haushaltsmitglieder ab 14 Jahren 199,40 Euro (287 Euro);

• für Haushaltsmitglieder zwischen sieben und 13 Jahren 178,95 Euro (251 Euro,
zwischen sechs und 13 Jahren);

• für Haushaltsmitglieder unter sieben Jahren 132,93 Euro (219 Euro, unter sechs
Jahren).

Der Vergleich mit den aktuell für das Jahr 2012 gültigen Regelbedarfen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bzw. der Sozialhilfe (SGB XII)
offenbart die erheblich geringeren Leistungen. Die Abweichungen bewegen sich
zwischen 28,71 Prozent für Kinder zwischen sieben und 13 Jahren und 47,04 Pro-
zent für 6-jährige Kinder, die in den Leistungssystemen des SGB II und des
SGB XII bereits der nächst höheren Regelbedarfsstufe zugeordnet werden. Für
Alleinstehende beträgt der Unterschied inzwischen 39,85 Prozent.

Bereits im März 2010 hat auch die Bundesregierung die universale Geltung des
Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum für alle Menschen
eingeräumt (Bundestagsdrucksache 17/979). Des Weiteren bestätigte die Bun-
desregierung im November 2010, dass die Leistungssätze des Asylbewerberleis-
tungsgesetzes nicht dem genannten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom
9. Februar 2010 entsprechen (Bundestagsdrucksache 17/3660), ohne diesen grund-
gesetzwidrigen Zustand jedoch zu beheben oder zu beenden. Mit dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 zu den zwei vorgelegten Verfahren
(Az. 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) ist nunmehr die Verfassungswidrigkeit der Höhe
der Leistungen unzweifelhaft belegt, da sie gegen das Prinzip der Menschen-
würde (Artikel 1 GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Artikel 20
GG) verstoßen: „Die vorgelegten Regelungen sind jedenfalls evident unzurei-
chend, um das menschenwürdige Existenzminimum zu gewährleisten. Zudem ist
die Leistungshöhe weder nachvollziehbar berechnet worden noch ist eine reali-
tätsgerechte, auf Bedarfe orientierte und insofern aktuell existenzsichernde Be-
rechnung ersichtlich“ (Rn. 106). Neben der fehlenden Ermittlung der Höhe der
Leistungen und deren nicht erfolgten Dynamisierung wird vom Bundesverfas-
sungsgericht insbesondere auch die Annahme, dass mit der (unterstellten) kurzen
Bezugsdauer eine geringere Leistungshöhe zu begründen sei, kritisch bewertet:
„Auch eine kurze Aufenthaltsdauer oder Aufenthaltsperspektive in Deutschland
rechtfertigte es im Übrigen nicht, den Anspruch auf Gewährleistung eines men-
schenwürdigen Existenzminimums auf die Sicherung der physischen Existenz zu
beschränken“ (Rn. 120). Das Bundesverfassungsgericht hat zudem klargestellt,
dass das Existenzminimum für alle Menschen in Deutschland sichergestellt sein
muss: „Das Grundrecht [auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenz-
minimums] steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der
Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu“ (zweiter Leitsatz).

Angesichts des Versäumnisses der Bundesregierung, aus der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 zur Regelsatzbemessung auch
im Hinblick auf das Asylbewerberleistungsgesetz Konsequenzen zu ziehen,
und eine verfassungskonforme Regelung auf den Weg zu bringen, hat das Bun-
desverfassungsgericht nunmehr eine unverzügliche Neuregelung verlangt. Bis
zu deren Inkrafttreten gelten für Personen, die unter das Asylbewerberleis-

tungsgesetz fallen, ab August 2012 und bei nicht bestandskräftigen Leistungs-
bescheiden rückwirkend ab dem 1. Januar 2011 Leistungen wie nach dem SGB II

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11674

und dem SGB XII gemäß des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes. Dabei werden
lediglich die Anteile, die sich aus der Berücksichtigung der Ausgabepositionen
„Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände“ (Abteilung 5) ergeben,
herausgerechnet, da Hausrat nach § 3 Absatz 2 Satz 2 AsylbLG zusätzlich zu
den Regelsätzen erbracht wird. Der mindestens zu gewährende Geldbetrag zur
Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens wurde vom Bundes-
verfassungsgericht mit den regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben, die
dem soziokulturellen Existenzminimum zugeordnet werden, bestimmt. Diese
sind die Ausgabepositionen für die Abteilungen 7 (Verkehr), 8 (Nachrichten-
übermittlung), 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur), 10 (Bildung), 11 (Beherber-
gungs- und Gaststättendienstleistungen) und 12 (andere Waren und Dienstleis-
tungen).

Die Leistungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber haben demnach je
nach Altersgruppe für das Jahr 2012 folgende Höhe:

• für alleinstehende Erwachsene (Regelbedarfsstufe 1) 346 Euro (davon min-
destens 134 Euro als Geldbetrag);

• für Ehe- bzw. Lebenspartner (Regelbedarfsstufe 2) 311 Euro (davon mindes-
tens 120 Euro als Geldbetrag);

• für haushaltsangehörige Erwachsene (Regelbedarfsstufe 3) 277 Euro (davon
mindestens 107 Euro als Geldbetrag)

• für Kinder ab 14 Jahren (Regelbedarfsstufe 4) 271 Euro (davon mindestens
79 Euro als Geldbetrag);

• für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren (Regelbedarfsstufe 5) 238 Euro
(davon mindestens 86 Euro als Geldbetrag);

• für Kinder unter sechs Jahren (Regelbedarfsstufe 6) 205 Euro (davon min-
destens 78 Euro als Geldbetrag).

Weiterer dringender Handlungsbedarf besteht auch in folgenden Bereichen:

• Hinsichtlich des Bildungs- und Teilhabepakets bestehen Ungleichbehand-
lungen. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Grundleistungsbezug
nach § 3 AsylbLG besitzen nach geltender Rechtslage keinen Rechtsan-
spruch auf Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets. Erst mit dem Ende
der Bezugsdauer des AsylbLG von 48 Monaten haben Kinder, Jugendliche
und junge Erwachsene Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe
nach § 34 SGB XII, da für diese Gruppe nach § 2 AsylbLG das SGB XII
gilt. Zudem zählt auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom
18. Juli 2012 das Bildungs- und Teilhabepaket zu den existenzsichernden
Leistungen, auf die ein Anspruch bestehen müsse.

• Die EU-Richtlinie über Aufnahmebedingungen (2003/9/EG) ist bisher nicht
ausreichend umgesetzt worden. Das gilt insbesondere für die psychologi-
sche Behandlung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, die Opfer
von Folter, Vergewaltigung oder anderen schweren Gewalttaten geworden
sind. Artikel 20 der Richtlinie 2003/9/EG enthält die Verpflichtung, diesen
Hilfebedürftigen die bedarfsabhängige – also auch psychologische – Be-
handlung zukommen zu lassen.

• Außerdem sind bei den medizinischen Leistungen die UN-Kinderrechtskon-
vention sowie die UN-Behindertenrechtskonvention noch nicht berücksich-
tigt worden.

• Die bisher als Regelfall vorgesehenen Sachleistungen für Ernährung, Unter-
kunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs-
und Verbrauchsgüter des Haushalts sowie die Unterbringung in Gemein-

Drucksache 17/11674 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

schaftsunterkünften entsprechen nicht den Prinzipien eines normalen und
selbstbestimmten Lebens.

• Das Asylbewerberleistungsgesetz soll eine Grundversorgung während eines
vorübergehenden Zeitraums sicherstellen. Das gilt insbesondere für Asylbe-
werberinnen und Asylbewerber, bis das Asylverfahren abgeschlossen ist, so-
wie für Geduldete, deren Aufenthalt der gesetzlichen Konzeption nach als
provisorisch erachtet wird. Die derzeitige Leistungsbezugsdauer von vier
Jahren ist damit nicht vereinbar.

• Darüber hinaus ist auch die aufenthaltsrechtliche Situation von Asylbewer-
berinnen und Asylbewerbern unzureichend, da ihr räumlicher Aufenthalt
bislang auf den Landkreis oder die Stadt beschränkt ist, dem bzw. der sie zu-
gewiesen sind. In diesem Gebiet müssen sie nicht nur wohnen, sie dürfen es
vielmehr ohne Genehmigung nicht verlassen (meist als Residenzpflicht be-
zeichnet). Dies führt für die Betroffenen zu einer starken Einschränkung der
Bewegungsfreiheit und zu unerwünschter sozialer Isolation; siehe Antrag
der SPD-Bundestagfraktion „Mehr Bewegungsfreiheit für Asylsuchende
und Geduldete“ (Bundestagsdrucksache 17/5912).

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes
(AsylbLG) mit folgendem Inhalt vorzulegen:

1. Die Höhe der in den §§ 3 und 6 AsylbLG vorgesehenen Leistungen ist an-
hand der Kriterien, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinen
Urteilen vom 9. Februar 2010 (Az. 1 BvL 1/09) und vom 18. Juli 2012 (Az.
1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) aufgestellt hat, neu festzusetzen sowie fortlaufend
zu aktualisieren.

2. Kinder werden bis zum Eintritt der Volljährigkeit aus der Anspruchsein-
schränkung des § 1a AsylbLG ausgenommen. Zudem werden die Anspruchs-
einschränkungen nach § 1a AsylbLG wissenschaftlich evaluiert, um zu
überprüfen, ob beziehungsweise inwieweit diese mit der Sicherstellung des
Existenzminimums in Konflikt stehen.

3. Unabhängig von der Höhe der Regelbedarfe wird für alle Kinder, Jugendli-
chen und jungen Erwachsenen im Leistungsbezug des Asylbewerberleis-
tungsgesetzes ein Rechtsanspruch auf die Bedarfe für Bildung und Teilhabe
entsprechend des § 28 SGB II bzw. des § 34 SGB XII eröffnet. Die Kosten-
tragung des Bildungs- und Teilhabepakets liegt beim Bund.

4. Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden in die
Versorgungspflicht nach § 264 Absatz 2 SGB V aufgenommen. Die medizi-
nischen Leistungen müssen mindestens dem in § 16 Absatz 3a SGB V ge-
nannten Umfang entsprechen und somit Untersuchungen zur Früherkennung
von Krankheiten sowie solche Leistungen umfassen, die zur Behandlung
akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und
Mutterschaft erforderlich sind. Einschränkungen für minderjährige Leis-
tungsberechtigte sind nicht möglich.

Darüber hinaus wird der Umfang der medizinischen Leistungen an die Er-
fordernisse der EU-Richtlinie über Aufnahmebedingungen (2003/9/EG) an-
gepasst und zumindest um psychologische Behandlungen von Asylbewerbe-
rinnen und Asylbewerbern, die Opfer von Folter, Vergewaltigung oder ande-
ren schweren Gewalttaten geworden sind, ergänzt.

Zudem sind die Belange von Menschen mit Behinderung angemessen und
im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention zu berücksichtigen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/11674

Zur Sicherstellung des Zugangs zu medizinischer Versorgung wird allen
Leistungsberechtigten ein unmittelbar gültiges Krankenversicherungsdoku-
ment zur Verfügung gestellt. Sobald mit der Einführung der Gesundheits-
karte die technischen Voraussetzungen für die Einrichtung eines differen-
zierten Leistungsumfangs bestehen, erhalten diese Gesundheitskarten auch
Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Den gesetz-
lichen Krankenkassen werden die Aufwendungen, die ihnen durch die Über-
nahme der medizinischen Versorgung für diese Personengruppe entstehen,
einschließlich einer angemessenen Verwaltungskostenpauschale von den zu-
ständigen Trägern der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
erstattet. Die Regelung ist so auszugestalten, dass Länder, die bereits eine
Krankenbehandlung im Rahmen des § 264 Absatz 1 SGB V für Leistungs-
berechtigte nach dem AsylbLG sicherstellen, diese weiterhin über die bishe-
rigen Vertragspartner aufrechterhalten können.

5. Der Kreis der Leistungsberechtigten wird beschränkt auf Asylbewerberin-
nen und Asylbewerber, Geduldete, vollziehbar ausreisepflichtige Personen
und Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 des Aufenthaltsgesetzes
(AufenthG) sowie Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner und
minderjährige Kinder der genannten Gruppen. Die sonstigen bislang in § 1
Absatz 1 Nummer 3 AsylbLG genannten Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis
werden aus dem Kreis der Leistungsberechtigten gestrichen und erhalten die
Leistungen der Regelsysteme des SGB II bzw. des SGB XII.

6. Für Asylbewerberinnen und Asylbewerber gilt in der Zeit, in der sie nach
Stellung ihres Asylantrags gemäß § 47 Absatz 1 des Asylverfahrensgesetzes
(AsylVfG) verpflichtet sind, bis zu sechs Wochen, längstens jedoch bis zu
drei Monaten in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, Folgendes:

Während dieser Erstaufnahmezeit kann für Ernährung, Unterkunft, Heizung,
Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege sowie Ge- und Verbrauchsgüter
des Haushalts das Sachleistungsprinzip zur Anwendung kommen (vgl. § 3
Absatz 1 Satz 1 AsylbLG). In diesem Fall wäre der zusätzlich gewährte
Geldbetrag um die entsprechenden Beträge der Bedarfe, die durch die ge-
meinschaftliche Unterbringung und das Sachleistungsprinzip abgedeckt
sind, zu kürzen.

7. Für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die nach
sechs Wochen, spätestens aber nach drei Monaten nicht mehr gemäß § 47
Absatz 1 AsylVfG verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu woh-
nen, gilt bis zum Ablauf von zwölf Monaten Aufenthaltsdauer Folgendes:

a) Das bisher in § 3 Absatz 1 Satz 1 AsylbLG vorgesehene Sachleistungs-
prinzip für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und
Körperpflege sowie Ge- und Verbrauchsgüter des Haushalts wird als Re-
gelfall aufgehoben. Es kommt nur noch in begründeten Ausnahmefällen
zur Anwendung.

b) Die bisher in § 53 AsylVfG vorgesehene Unterbringung in Gemein-
schaftsunterkünften wird als Regelfall aufgehoben. Auch sie kommt nur
noch in begründeten Ausnahmefällen zur Anwendung.

8. Nach Ablauf von zwölf Monaten Aufenthalt endet die Leistungsberechti-
gung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Das Ende des Leistungsbezu-
ges von Kindern erfolgt gleichzeitig mit dem ihrer Eltern bzw. sorgeberech-
tigten Personen. Es folgt – sofern erforderlich – der Übergang in die Regel-
systeme nach dem SGB II oder dem SGB XII.

a) Die betroffenen Personen sind leistungsberechtigt nach dem SGB XII,
wenn sie keinen Arbeitsmarktzugang erhalten. Sie sind leistungsberech-

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tigt nach dem SGB II, wenn sie eine Erlaubnis zur Ausübung einer Be-
schäftigung bekommen.

Dementsprechend orientiert sich die sozialrechtliche Stellung anhand der
aufenthaltsrechtlich bestimmten Entscheidung der Ausländerbehörde
(und der Bundesagentur für Arbeit), ob eine Erlaubnis zur Ausübung
einer Beschäftigung erteilt wird. Ausnahmen, insbesondere für Miss-
brauchsfälle, sollen möglich bleiben.

b) Die Möglichkeiten des Zugangs zum Arbeitsmarkt werden dahingehend
stärker vereinheitlicht, dass die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäfti-
gung zur Regel wird; im Falle einer entsprechenden Einigung auf EU-
Ebene (Beratungsstand derzeit maximal neun Monate Arbeitsverbot)
kann dies bei Asylbewerberinnen und Asylbewerbern auch bereits vor
Ablauf eines Jahres möglich sein. Ausnahmen, insbesondere für Miss-
brauchsfälle, sollen möglich bleiben.

Berlin, den 27. November 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

Begründung

Zu Nummer 1

Mit Urteil vom 9. Februar 2010 (Az. 1 BvL 1/09) hat das BVerfG Maßstäbe für
die Berechnung der SGB-II-Regelbedarfe aufgestellt, die sich auch auf das
Asylbewerberleistungsgesetz auswirken. Dies wurde durch das Urteil des Bun-
desverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz vom 18. Juli 2012
(Az. 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) erneut bestätigt. Es gelten insbesondere fol-
gende aufgestellte Verfahrensanforderungen: Der Gesetzgeber hat ein Einschät-
zungsvorrecht. Er muss aber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem
transparenten Verfahren ermitteln. Die zugrundeliegenden Berechnungen muss
er nachvollziehbar offenlegen. Das Verfahren muss sachgerecht, realitätsge-
recht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüs-
siger Berechnungsverfahren bemessen sein. Insbesondere muss er offenlegen,
auf Grundlage welcher Zahlen er ein im Grundsatz taugliches Berechnungsver-
fahren gewählt hat und, falls er im Einzelnen von diesem Verfahren abweicht,
dies rechtfertigen.

Denkbar sind hierfür nach den genannten Urteilen des BVerfG vom 9. Februar
2010 und vom 18. Juli 2012 unter anderem die folgenden Verfahren:

a) Die Leistungen werden an die Höhe der Regelbedarfe nach § 8 des Regelbe-
darfs-Ermittlungsgesetzes (RBEG) gekoppelt; entsprechend erfolgt eine jähr-
liche Fortschreibung gemäß § 28a SGB XII.

b) Da das BVerfG in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 festgestellt hat, dass der
Gesetzgeber bei der Festsetzung des soziokulturellen Existenzminimums nor-
mative Vorgaben machen kann, werden die im Rahmen des Statistikmodells
auf Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) ermittelten
Regelbedarfe des SGB II und des SGB XII dahingehend überprüft, welche
Ausgabepositionen für Personen, die unter das Asylbewerberleistungsgesetz
fallen, nicht regelbedarfsrelevant sind. Hierbei sind Vertreterinnen und Ver-
treter der Wissenschaft, der Sozialverbände und zivilgesellschaftlicher Orga-

nisationen zu beteiligen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/11674

c) Unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft, der
Sozialverbände und zivilgesellschaftlichen Organisationen wird – analog zu
dem früheren Warenkorb-Modell der Sozialhilfe – der Umfang der Leistun-
gen definiert, die für Personen, die unter das Asylbewerberleistungsgesetz
fallen, notwendig sind, um ihre spezifischen Bedarfe abzusichern.

Außerdem muss der Gesetzgeber die zu erbringenden Leistungen an dem je-
weiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebens-
bedingungen ausrichten. Das erfordert eine stetige Aktualisierung (Bundesver-
fassungsgerichtsurteil vom 9. Februar 2010 – Az. 1 BvL 1/09, Rn. 138 ff.). Das
Asylbewerberleistungsgesetz genügt diesen Anforderungen nicht. Bereits bei
der Einführung im Jahr 1993 enthielt die Gesetzesbegründung keinerlei Hinweis
auf die Berechnungsmethode (Bundestagsdrucksache 12/4451, S. 8). Auch wurde
seitdem kein Verfahren in die Wege geleitet, um die Höhe der Beträge zu ermit-
teln oder an die Inflation anzupassen, obwohl der Verbraucherpreisindex (VPI)
bereits zwischen den Jahren 1994 und 2009 um 25 Prozent gestiegen ist (Bun-
destagsdrucksache 17/979, S. 9).

Zu Nummer 2

Der Ausschluss der Anspruchseinschränkung für Minderjährige nach § 1a
AsylbLG entspricht der UN-Kinderrechtskonvention. Angesichts der fehlenden
Datenbasis über Umfang und Höhe der verfügten Anspruchseinschränkungen
aufgrund des Spielraums nach § 1a AsylbLG ist eine empirische sowie verfas-
sungsrechtliche Prüfung dieser Norm sinnvoll.

Zu Nummer 3

Während für leistungsberechtigte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene
nach § 2 AsylbLG nach einer Bezugsdauer von 48 Monaten nach geltender
Rechtslage das SGB XII anzuwenden ist und diese daher bereits derzeit einen
Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 34 SGB XII besit-
zen, ist ein solcher Anspruch für Leistungsberechtigte nach § 3 AsylbLG bis-
lang nicht vorgesehen.

Ob und inwieweit leistungsberechtigte Kinder, Jugendliche und junge Erwach-
sene nach § 3 AsylbLG Bildungs- und Teilhabeleistungen als „sonstige Leis-
tungen“ unter Anwendung von § 6 Absatz 1 AsylbLG „zur Deckung besonde-
rer Bedürfnisse von Kindern“ erhalten können, ist fraglich und wird regional
sehr unterschiedlich praktiziert, da die Leistungsgewährung dem „Ermessen
[…] der für die Entscheidung zuständigen Behörde [obliegt]“ (Antwort des
Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin für Arbeit und So-
ziales Hans-Joachim Fuchtel vom 3. Juni 2011 auf die Schriftliche Frage 69,
Bundestagsdrucksache 17/6164, S. 69). Auch der Bericht des Bundesminis-
teriums für Arbeit und Soziales (Ausschussdrucksache 17(11)715 des Aus-
schusses für Arbeit und Soziales) bestätigt die uneinheitliche Gewährungspra-
xis von Leistungen für Bildung und Teilhabe an Leistungsberechtigte nach § 3
AsylbLG.

Im Sinne einer Gleichbehandlung von Kindern und Jugendlichen, die teilweise
in denselben Einrichtungen untergebracht sind oder dieselben Schulen besu-
chen, ist eine umgehende gesetzliche Regelung bzw. eine Vorabregelung gebo-
ten. Anderenfalls erfolgt eine Ausgrenzung einer Gruppe von Kindern und Ju-
gendlichen z. B. bei der Mittagsverpflegung in Schulen und Kitas sowie der
soziokulturellen Teilhabe, die auch mit der UN-Kinderrechtskonvention nicht
vereinbar ist (siehe Antrag der SPD-Bundestagsfraktion „Ausgrenzung stoppen
– Alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Leistungsbezug des

Asylbewerberleistungsgesetzes in das Bildungs- und Teilhabepaket einbezie-
hen“ auf Bundestagsdrucksache 17/6455).

Drucksache 17/11674 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Auch das Bundesverfassungsgericht fordert in seinem Urteil vom 18. Juli 2012
ausdrücklich einen Rechtsanspruch auf die Bedarfe für Bildung und Teilhabe
für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ein (Rn. 122).

Zu Nummer 4

Durch die Änderung wird für die Empfängerinnen und Empfänger von Leistun-
gen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eine angemessene Gesundheitsver-
sorgung gewährleistet. Gleichzeitig werden aufwändige und kostenintensive
Parallelstrukturen für die Gesundheitsversorgung durch die Krankenkassen ei-
nerseits sowie Kommunen und Ländern andererseits abgebaut. Ferner wird die
Einheitlich- und Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsversorgung erhöht, indem
für diese Personengruppe nunmehr Versorgungspflicht in der gesetzlichen
Krankenversicherung besteht. Gleichzeitig soll für die Betroffenen mit der Be-
treuung durch eine Krankenkasse und der Aushändigung eines Krankenver-
sicherungsdokuments die Verbesserung der Qualität der Gesundheitsversor-
gung durch Einbindung in das bestehende professionelle Versorgungssystem
der Krankenkassen und ein größeres Maß an Normalität ermöglicht werden.

Artikel 20 der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festle-
gung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerberinnen und Asyl-
bewerbern in den Mitgliedstaaten verpflichtet dazu, dafür Sorge zu tragen,
„dass Personen, die Folter, Vergewaltigung oder andere schwere Gewalttaten
erlitten haben, im Bedarfsfall die Behandlung erhalten, die für Schäden, welche
ihnen durch die genannten Handlungen zugefügt wurden, erforderlich ist.“ Die
hiernach gebotene psychotherapeutische Behandlung ist bislang durch die Leis-
tungen nach den §§ 3, 4 und 6 AsylbLG nicht ausreichend umgesetzt (ausführ-
licher Dr. Frank Schreiber, in: ZESAR 2010, S. 107 bis 112).

Die angemessene Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinde-
rung entspricht der UN-Behindertenrechtskonvention.

Die Leistungsberechtigten erhalten ein alternatives unmittelbar gültiges Kran-
kenversicherungsdokument, da derzeit technisch die Einrichtung eines diffe-
renzierten Leistungsumfangs mit der bisherigen Krankenversicherungskarte
nicht möglich ist. Sobald dies jedoch durch die Einführung der Gesundheits-
karte umsetzbar ist, erhalten diese Gesundheitskarten auch alle nach dem Asyl-
bewerberleistungsgesetz Leistungsberechtigten. Durch die Möglichkeit der Leis-
tungseinschränkung wird sichergestellt, dass Personen im Asylbewerberleis-
tungsgesetz gegenüber gesetzlich Krankenversicherten gleichgestellt sind, die
mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand
sind und trotz Mahnung nicht zahlen, und somit nur einen eingeschränkten
Leistungsanspruch besitzen (§ 16 Absatz 3a SGB V). Die besondere Berück-
sichtigung kinderspezifischer Belange durch uneingeschränkte medizinische
Versorgung trägt den Erfordernissen der UN-Kinderrechtskonvention Rech-
nung. Die Regelung der Kostenerstattung aller Aufwendungen einschließlich
einer Verwaltungskostenpauschale durch die Träger des Asylbewerberleis-
tungsgesetzes stellt sicher, dass den Krankenkassen keine zusätzlichen Kosten
entstehen. Damit Bundesländer, die bereits freiwillig eine Krankenbehandlung
im Rahmen des § 264 Absatz 1 SGB V für Leistungsberechtigte nach dem
AsylbLG ermöglichen, diese auch weiterhin über die bisherigen Vertragspart-
ner aufrechterhalten können, ist die Regelung entsprechend auszugestalten.

Zu Nummer 5

Das Asylbewerberleistungsgesetz wurde im Jahr 1993 für Asylsuchende und
Geduldete geschaffen. Die seinerzeit gegenüber dem damaligen Bundessozial-

hilfegesetz geringeren Leistungen wurden damit gerechtfertigt, dass die Betrof-
fenen die geringeren Leistungen nur für einen vorübergehenden Zeitraum er-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/11674

hielten (Bundestagsdrucksache 12/4451, S. 6). Der Kreis der Leistungsberech-
tigten ist zwischenzeitig auf Inhaber verschiedener Aufenthaltserlaubnisse er-
weitert worden (vgl. im Detail § 1 Absatz 1 Nummer 3 AsylbLG). Die hier
vorgeschlagene Streichung ist insbesondere für Inhaber einer Aufenthaltser-
laubnis aus humanitären Gründen nach § 25 Absatz 5 AufenthG von Bedeu-
tung. § 25 Absatz 5 AufenthG wurde seit dem Jahr 2005 auf rund 48 000 Perso-
nen angewandt. Bei ihnen kann nicht von einem nur vorübergehenden Aufent-
halt ausgegangen werden. Ihr Aufenthaltsstatus hat sich vielmehr verfestigt.
Diese Personengruppe erhält die Aufenthaltserlaubnis insbesondere aus dem
Grund, dass sie länger als 18 Monate geduldet war und absehbar ist, dass das
Ausreisehindernis auf absehbare Zeit nicht beseitigt werden wird.

Zu Nummer 6

Die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und das Sachleistungsprinzip
bringen für die Betroffenen erhebliche Einschränkungen mit sich. In der ersten
Phase ihrer Aufnahme ist die Anwendung dieser Instrumente vertretbar. Sie er-
leichtern den Verwaltungsprozess vor Ort. Das gilt insbesondere für die Unter-
bringung in Gemeinschaftsunterkünften vor dem Hintergrund, dass die Betrof-
fenen später länderübergreifend umverteilt werden.

Zu Nummer 7

Zu den Buchstaben a und b

Die längerfristige Versorgung mit Sachleistungen sowie die Unterbringung in
Gemeinschaftsunterkünften wird überwiegend als entmündigend empfunden.
Außerdem steht sie individuellen Bedürfnissen, etwa nach kultur- oder reli-
gionsspezifischer Ernährung, vielfach entgegen. Für die Unterbringung gilt im
Übrigen, dass die Unterbringung in Wohnungen für die Kostenträger, also die
Kommunen, günstiger sein kann. In begründeten Ausnahmefällen soll eine Un-
terbringung in Gemeinschaftsunterkünften dennoch weiter möglich sein. Das
gilt insbesondere für Kommunen, in denen es kein ausreichendes Angebot an
Wohnungen gibt oder die mit einer plötzlich ansteigenden Zahl von Asylbewer-
berinnen und Asylbewerbern konfrontiert sind.

Zu Nummer 8

Die sozialrechtliche Sonderbehandlung ist nur gerechtfertigt, wenn sie auf ei-
nen vorübergehenden Zeitraum beschränkt ist. Deshalb war die Bezugsdauer
bei Einführung des Asylbewerberleistungsgesetz in dem Jahr 1993 für Asylbe-
werber auf zwölf Monate beschränkt (vgl. BGBl. I S. 1074, § 2 Absatz 1 Num-
mer 1 AsylbLG a. F.). Zu diesem Ansatz soll zurückgekehrt werden.

Dabei wird entgegen der bisherigen Fassung von § 2 Absatz 1 AsylbLG nicht
auf die Dauer des Leistungsbezuges nach dem Asylbewerberleistungsgesetz,
sondern auf die Dauer des Aufenthalts abgestellt. Durch das bisherige Abstel-
len auf die Dauer des Leistungsbezuges können Betroffene, die zwischenzeit-
lich einen Aufenthaltstitel erhalten, anschließend aber zurück in die Duldung
fallen, auch nach längerem Aufenthalt wieder Leistungen nach dem Asylbe-
werberleistungsgesetz erhalten. Der Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung
nach § 47 AsylVfG wird in die zwölf Monate währende Bezugsdauer einge-
rechnet.

Das gleichzeitige Ende des Leistungsbezugs von Kindern mit dem ihrer Eltern
bzw. sorgeberechtigten Personen unabhängig vom Alter der Kinder entspricht
der UN-Kinderrechtskonvention.

Drucksache 17/11674 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Buchstabe a

Abweichend von der Zuordnung von Leistungsempfängerinnen und Leistungs-
empfängern auf das SGB II einerseits und das SGB XII andererseits, die sich an
dem Kriterium bemisst, ob unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes eine Erwerbstätigkeit von mindestens drei Stunden täglich aus-
geübt werden kann, soll sich der Übergang von Personen aus dem AsylbLG in
das SGB II oder das SGB XII ausschließlich an dem faktischen Arbeitsmarkt-
zugang orientieren. Der Kreis der anspruchsberechtigten Personen nach dem
Dritten Kapitel des SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) ist entsprechend auf
Personen, die zwölf Monate Leistungen nach dem AsylbLG bezogen haben und
keine Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung erhalten, zu erweitern.

Zu Buchstabe b

Für die Betroffenen ist es eine Frage von Mündigkeit und Selbständigkeit, ihren
Lebensunterhalt durch eigenständige Arbeit sichern zu können. Grundvoraus-
setzung hierfür ist jedoch die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung einer Be-
schäftigung. Klarstellend sei darauf hingewiesen, dass dies unter Beachtung der
üblichen arbeitsgenehmigungsrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere der
Prüfung nach § 39 AufenthG, erfolgen soll. Für die Träger der Sozialleistungen
ist es zudem eine finanzielle Entlastung, wenn die Betroffenen keine Leistun-
gen nach dem SGB XII oder nur noch ergänzende Leistungen nach dem SGB II
in Anspruch nehmen müssen.

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