BT-Drucksache 17/11653

Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes an aktuelle Herausforderungen anpassen

Vom 27. November 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11653
17. Wahlperiode 27. 11. 2012

Antrag
der Abgeordneten Dr. Wilhelm Priesmeier, Willi Brase, Heinz Paula, Petra Crone,
Gabriele Groneberg, Elvira Drobinski-Weiß, Petra Ernstberger, Iris Gleicke,
Ulrich Kelber, Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Holger Ortel, Kerstin Tack,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes
an aktuelle Herausforderungen anpassen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Verordnung über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums
(ELER-Verordnung) bildet den Rahmen für die zweite Säule der Gemeinsamen
Agrarpolitik (GAP).

Die Politik für ländliche Räume soll einen Beitrag zur Umsetzung von Wachs-
tum, Beschäftigung und Nachhaltigkeit in ländlichen Räumen leisten.

In Deutschland koordinieren und finanzieren Bund und Länder gemeinsam die
ELER-Verordnung im Rahmen der im Grundgesetz verankerten Gemeinschafts-
aufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK).

Bereits am 1. Januar 1970 trat das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe Ver-
besserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes in Kraft. Auf dessen
Grundlage gestalten die Beteiligten die Gemeinschaftsaufgabe seit 1973. Der
Bund trägt seitdem immer mindestens 60 Prozent der Ausgaben, die in den ein-
zelnen Ländern verausgabt werden.

Die durch die GAK geförderten Maßnahmen werden in einem GAK-Rahmen-
plan festgelegt, den der jährlich tagende Planungsausschuss für Agrarstruktur
und Küstenschutz (PLANAK) beschließt. In diesem GAK-Rahmenplan legen
Bund und Länder gemeinsam fest, welche Förderprioritäten und -grundsätze im
jeweiligen Zeitraum der Finanzplanung gelten. In der nächsten PLANAK-Sit-
zung im Dezember 2012 soll der neue GAK-Rahmenplan auch für die EU-För-
derperiode ab 2014 beschlossen werden.

Die GAK wurde in den letzten vier Jahrzehnten immer wieder an die aktuellen
Herausforderungen angepasst. Gegenwärtig werden auf europäischer Ebene die
Vorschläge des EU-Agrarkommissars Dacian Ciolos zur Ausgestaltung der Ge-

meinsamen Agrarpolitik nach 2013 diskutiert. Die Vorschläge des EU-Agrar-
kommissars werden auch Auswirkungen auf die Ausgestaltung der ELER-
Verordnung im Zeitraum 2014 bis 2020 und damit auf die Ausgestaltung der
GAK nach 2013 haben.

Parallel dazu wirkt die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Debatte um
den europäischen Haushalt in der Finanzperiode der Jahre 2014 bis 2020. Es ist

Drucksache 17/11653 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

davon auszugehen, dass der Verteilungskampf um die vorhandenen finanziellen
Mittel zunehmen wird.

Die oben genannten Rahmenbedingungen haben daher erhebliche Auswirkun-
gen auf die konkrete Ausgestaltung der Fördermaßnahmen der GAK.

Auf nationaler Ebene stehen die Ernährungs-, Agrar- und Forstwirtschaft vor
vielfältigen Herausforderungen. Insbesondere die gesellschaftlichen Anforde-
rungen an eine umwelt- und tiergerechte Agrarproduktion sowie die Umsetzung
von Anpassungsstrategien an den Klimawandel erfordern neue Handlungskon-
zepte. Mit einem bundeseinheitlichen und zielorientierten Maßnahmenbündel
können der Bund und die Länder die Unternehmen der Ernährungs-, Agrar- und
Forstwirtschaft bei der Bewältigung der genannten Herausforderungen unter-
stützen.

Die Politik muss die erforderlichen Anpassungsprozesse, etwa durch Mittel aus
der GAK, gezielt fördern. Darüber hinaus sollte die GAK als Gestaltungsele-
ment eines integrierten Politikansatzes für die Entwicklung der ländlichen
Räume wichtige Impulse für mehr Wertschöpfung, Lebensqualität und Innova-
tionen insbesondere im Lichte des demografischen Wandels geben. Deshalb
muss die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küs-
tenschutzes jetzt konsequent weiterentwickelt werden.

Die GAK als das zentrale Instrument der nationalen Entwicklungspolitik für
ländliche Räume bietet dem Bund erhebliche Gestaltungsspielräume. Die Bun-
desregierung muss diese Gestaltungsspielräume stärker nutzen und die erforder-
lichen Anpassungen im GAK-Rahmenplan konsequent umsetzen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– deutlicher herauszustellen, dass der Bund die GAK als gesamtstaatliches Ge-
staltungselement nutzen wird, um die sozialen, ökonomischen und infra-
strukturellen Rahmenbedingungen in den ländlichen Räumen zu stabilisie-
ren;

– das GAK-Gesetz mit dem Ziel zu novellieren, die GAK in enger Abstim-
mung mit der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirt-
schaftsstruktur zu einer Gemeinschaftsaufgabe zur Entwicklung der länd-
lichen Räume weiterzuentwickeln;

– die Förderung von Innovationspartnerschaften in die GAK-Rahmenplanung
aufzunehmen;

– sich dafür einzusetzen, dass

– alle Förderinstrumente innerhalb der GAK stärker auf die Entwicklung
der ländlichen Räume ausgerichtet werden,

– die Regionalbudgets in den Bundesländern stärker genutzt werden,

– die Junglandwirte besser unterstützt werden,

– die Kooperationen von Kommunen und Unternehmen gefördert werden,

– die Organisation, die Koordination und die Geschäftsführung von gemein-
schaftlichen Aktivitäten zur Umsetzung von Projekten inklusive der Un-
terstützung von existierenden oder neu gegründeten Kooperationen geför-
dert werden,

– die Förderung von Anlagen für erneuerbare Energien in der GAK-Rah-
menplanung ersatzlos gestrichen wird,

– die Beratung für landwirtschaftliche Betriebe auch außerhalb der Offizial-

beratung ermöglicht wird,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11653

– das Erstellen von betrieblichen und betriebsübergreifenden Konzepten und
deren Umsetzung z. B. in den Bereichen Düngemanagement, Wasser-
schutz, Unterhaltung von Gemeinschaftsweiden sowie Erstellen von loka-
len/regionalen Konzepten gefördert werden;

Agrarinvestitionsprogramm (AFP)

– die Regelförderung von Stallbauten im Rahmen der Agrarinvestitionsförde-
rung zugunsten eines Förderprogramms mit besonderem Augenmerk auf In-
vestitionen in besonders tiergerechte Tierhaltungssysteme gestrichen wird;

– im Rahmen der Agrarinvestitionsförderung nur noch Maßnahmen zur ar-
beitswirtschaftlichen Erleichterung gefördert werden, ohne einen Kapazitäts-
ausbau mit öffentlichem Geld voranzutreiben;

Fördergrundsatz „Klimaschutz und Landwirtschaft“

– ein neuer Fördergrundsatz Klimaschutz und Landwirtschaft in die GAK-Re-
gelförderung aufgenommen wird, mit dem die Maßnahmen zu mehr Klima-
schutz in der Landwirtschaft unterstützt werden.

Dazu gehören folgende Maßnahmen:

– die Förderung emissionsmindernder Techniken bei der Düngung,

– die Minderung der Lachgas-Emissionen durch optimiertes Stickstoff-
Management,

– die Verbesserung der Energieeffizienz der landwirtschaftlichen Betriebe,

– die Förderung der Aus- und Umrüstung von Traktoren und sonstigen
Landmaschinen auf den Betrieb mit reinem Pflanzenöl,

– im neuen Fördergrundsatz Klimaschutz und Landwirtschaft einen
Schwerpunkt auf die Erhaltung und Regeneration von Mooren gelegt
wird; innerhalb dieses Förderschwerpunktes sollten insbesondere Maß-
nahmen gefördert werden, die die Funktionen der Moore wiederherstellen.
Dazu gehören die folgenden Maßnahmen:

– Planung, Abstimmung und Moderation von Prozessen der Moorwieder-
herstellung,

– Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen im Bereich nichtproduktiver
Investitionen und investiver Maßnahmen (wie etwa Zäunung oder Was-
serregulierung);

Agrarumweltmaßnahmen (AUM)

– Agrarumweltmaßnahmen grundsätzlich gestärkt werden;

– die Zielsetzungen der AUM im Sinne einer verstärkten umwelt- und natur-
schutzfachlichen Effizienz neu gewichtet und besser auf die Honorierung
ökologischer Leistungen im Sinne einer Anreizkomponente ausgerichtet
werden;

– jene Agrarumweltmaßnahmen aufgewertet werden, die gleichzeitig mehre-
ren umweltpolitischen Zielen dienen;

– Agrarumweltmaßnahmen gestrichen werden, die weitgehend der guten fach-
lichen Praxis entsprechen;

– die Förderung der Anwendung von Mulch- oder Direktsaat oder Mulch-
pflanzverfahren im Ackerbau, die sich in Deutschland mittlerweile als Stan-

dardverfahren durchgesetzt hat, gestrichen werden;

Drucksache 17/11653 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
– die Förderhöhe für Maßnahmen zur Anlage von Blühflächen oder Blüh- bzw.
Schonstreifen an vergleichbare Maßnahmen angepasst wird;

– die Honorierung von Umweltleistungen auf Grünland einzelflächenbezogen
gewährt werden, um ein fachlich zielgerichtetes Vorgehen zu ermöglichen,
wie etwa die Entwicklung wertvoller Grünlandbiotope oder die Biotopver-
netzung;

– die betriebszweigbezogene Extensivierung der Grünlandnutzung als Einfüh-
rung oder Einhaltung einer extensiven Bewirtschaftung des Dauergrünlandes
eines Betriebes mit höchstens 1,4 Großvieheinheiten pro Hektar wegen sei-
ner geringen Naturschutz- und Umwelteffizienz im Vergleich zu den anderen
GAK-Maßnahmen gestrichen wird;

– die Maßnahme zum Verzicht auf den Umbruch bei der Erneuerung des Dau-
ergrünlandes ersatzlos gestrichen wird;

– die Förderung des ökologischen Anbauverfahrens für die Übergangszeit bis
zum Inkrafttreten der GAP bundesweit sichergestellt wird;

– jene Maßnahmen gestärkt werden, mit denen über eine extensive Tierhaltung
die Offenhaltung der Landschaft sowie Biotoppflege gewährleistet wird;

– die Förderung umwelt- und tiergerechter Haltungsverfahren beibehalten wird.

Berlin, den 27. November 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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