BT-Drucksache 17/11600

Fragen zum Abteilungsleiter RS im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Vom 19. November 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11600
17. Wahlperiode 19. 11. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Dorothea Steiner, Cornelia Behm,
Hans-Josef Fell, Bettina Herlitzius, Bärbel Höhn, Dr. Anton Hofreiter,
Oliver Krischer, Stephan Kühn, Nicole Maisch, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Fragen zum Abteilungsleiter RS im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit

Einer der wichtigsten Posten im Gefüge der deutschen Atomaufsicht ist der des
Abteilungsleiters RS (Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen, Strahlen-
schutz, nukleare Ver- und Entsorgung) im Bundesministerium für Umwelt, Na-
turschutz und Reaktorsicherheit (BMU). Dieser Posten wird seit Beginn dieser
Wahlperiode von Gerald Hennenhöfer bekleidet, einer in der deutschen Atom-
politik umstrittenen Person (siehe hierzu beispielsweise die Artikel „Merkels
Altlast“ in der Frankfurter Rundschau vom 12. September 2012, „Die fünfte
Macht im Staat – Lobbyisten regieren im Hintergrund“ in den Bremer Nachrich-
ten vom 9. Dezember 2011, „Deutschlands unbeliebtester Lobbyist“ in der taz
vom 10. Mai 2011, „Die Stunde der Atomlobbyisten“ im Cicero vom 28. April
2011, „Unter Einfluss“ im TAGESSPIEGEL vom 10. Februar 2011, „Berlin
setzt auf Risiko“ in der Frankfurter Rundschau vom 21. Januar 2011, „Die Streit-
kräfte der Konzerne“ im stern vom 23. September 2010, „Gut vernetzt“ in DIE
ZEIT vom 9. September 2010, „Umweltverband warnt vor Ex-Atommanager
im Umweltministerium“ in der Frankfurter Rundschau vom 22. Dezember 2009,
„Ausstieg aus der Sicherheit“ in der Frankfurter Rundschau vom 18. Dezember
2009 und „Heimkehrender Atomlobbyist“ in der taz vom 2. Dezember 2009).

Laut der „NDR“-Meldung „Altmaiers ‚Ohrfeige‘ für Asse-Gegner“ vom 2. No-
vember 2012 (vgl. www.ndr.de/regional/niedersachsen/hennenhoefer101.html)
plant der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Peter
Altmaier, Gerald Hennenhöfer noch deutlich über dessen in Kürze anstehendes
Eintrittsalter in den wohlverdienten Ruhestand hinaus als Abteilungsleiter RS
beschäftigen zu wollen. Diese Entscheidung gibt Anlass, nach verschiedenen
Aspekten seines Wirkens als Abteilungsleiter RS zu fragen.

Wir fragen die Bundesregierung:

Zu Leitungsvorlagen
1. Welche Ministervorlagen gab es laut der digitalen Erfassung der BMU-Lei-
tungsregistratur aus der Abteilung RS bislang in dieser Legislaturperiode
(bitte mit vollständiger Angabe aller von der digitalen Erfassung umfassten
sowie gespeicherten Aspekte und Schlagwörter wie Absende- und Eingangs-
datum, Beschreibung, Aktenzeichen usw.)?

Drucksache 17/11600 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Welche der zu Frage 1 genannten Vorlagen stammten vom Abteilungsleiter
RS persönlich?

3. Gab es in dieser Legislaturperiode auch Leitungsvorlagen des Abteilungs-
leiters RS für die Hausspitze, die nicht von der Leitungsregistratur erfasst
wurden, z. B. Non-Paper etc.?

Falls ja, welche, wann, und auf wessen Wunsch bzw. Initiative hin?

Zu Laufzeiten und Reststrommengen der Atomkraftwerke (AKW)

4. Kann das BMU bestätigen, dass der Abteilungsleiter RS bereits kurz nach
seinem Amtsantritt im Dezember 2009 mit hochrangigen Vertretern der
AKW-betreibenden Energieversorgungsunternehmen (EVU) EnBW Energie
Baden-Württemberg AG und RWE AG in Kontakt stand und für die AKW
Neckarwestheim 1, Biblis A und B mögliche Vorgehensweisen wie z. B.
Strommengenübertragungen, die (zum Teil) von der Zustimmung des BMU
abhängig gewesen wären, eruierte vor dem Hintergrund der damals beson-
ders geringen Reststrommengen dieser drei AKW und einem daher kurz be-
vorstehenden Erlöschen ihrer Erlaubnis zur kommerziellen Stromproduk-
tion (es wird hier zunächst explizit nur nach einer grundsätzlichen
Bestätigung im Sinne von Ja oder Nein gefragt, nicht nach einer Erfassung
und Dokumentation derartiger Kontakte; zu den Reststrommengen vgl.
auch Bundestagsdrucksache 17/2715, Frage 121)?

5. Wann genau erfolgte dabei – basierend auf den heute noch im BMU vorhan-
denen schriftlichen Informationen – jeweils der erste diesbezügliche Kon-
takt mit welchem EVU und jeweils welchen EVU-Vertretern?

6. Von wem ging dabei jeweils die Initiative aus – von der EVU-Seite oder
dem BMU-Abteilungsleiter RS (bitte nach EVU differenzierte Angabe, ba-
sierend auf den heute noch im BMU vorhandenen schriftlichen Informatio-
nen)?

7. Stand der Abteilungsleiter RS in dieser Zeit auch mit hochrangigen Vertre-
tern von E.ON im Zusammenhang mit dem AKW Isar 1 in derartigem Kon-
takt, und falls ja, ab wann, und mit wem?

8. Erfolgten diese Kontakte ausschließlich mündlich bzw. telefonisch oder
auch schriftlich (Schreiben, Unterlagen, Faxe, E-Mails, SMS etc.)?

9. Lassen sich heute noch halbwegs genau die Anzahl und wesentlichen In-
halte der derartigen mündlich bzw. telefonisch erfolgten Kontakte zu den
EVU feststellen?

Falls nein, weshalb nicht, und steht dies aus Sicht des BMU im Einklang mit
dem in § 12 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien
(GGO) verankerten Erfordernis der schriftlichen Nachvollziehbarkeit (bitte
mit Begründung)?

10. Über welche der derartigen mündlich bzw. telefonisch erfolgten Kontakte
hat der Abteilungsleiter RS einen Vermerk erstellt oder erstellen lassen?

11. Wann genau (bitte mit Datum) erlangte der damalige Bundesminister für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Dr. Norbert Röttgen, erstmals
Kenntnis über diese Kontakte des Abteilungsleiters RS?

12. Hat der Abteilungsleiter RS in den Jahren 2009 und 2010 Vorlagen für den
damaligen Bundesminister, Dr. Norbert Röttgen, erstellt, die die Reststrom-
mengen der drei o. g. AKW Neckarwestheim 1, Biblis A und B und mög-
liche diesbezügliche Vorgehensweisen wie z. B. Strommengenübertragun-
gen betrafen, die nicht in der digitalen Erfassung der Leitungsregistratur

dokumentiert wurden?

Falls ja, welche jeweils, und wann genau?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11600

13. Stellen die Kontakte, die der Abteilungsleiter RS in den Jahren 2009 und
2010 im Zusammenhang mit den Reststrommengen der drei vorgenannten
AKW Neckarwestheim 1, Biblis A und B und mögliche diesbezügliche
Vorgehensweisen wie z. B. Strommengenübertragungen zu den AKW-Be-
treibern EnBW AG und RWE AG unterhielt, aus Sicht des BMU einen Ver-
stoß gegen das Verwaltungsverfahrensgesetz dar?

a) Falls ja, warum, und in Zusammenhang mit welcher früheren Tätigkeit
des Abteilungsleiters RS?

b) Falls nein, warum nicht, und wann genau hat welches BMU-Referat ggf.
unter Zuhilfenahme welcher anderen, insbesondere BMU-externen
Rechtsexpertise die Frage eines solchen möglichen Verstoßes nicht nur
abstrakt, sondern konkret in Zusammenhang mit den tatsächlich erfolg-
ten o. g. derartigen Kontakten und/oder entsprechender vorgenannten
Ministervorlagen des Abteilungsleiters RS geprüft?

Welche seiner früheren Tätigkeiten (insbesondere für VIAG/E.ON und
als Gutachter zu Reststrommengen für das Bundesministerium für Wirt-
schaft und Technologie – BMWi – in der 16. Legislaturperiode) wurden
dabei geprüft?

Zur Berufung des BMU-Abteilungsleiters RS Ende 2009

14. Kann das BMU bestätigen, dass es im Zusammenhang mit der Vorbereitung
der Berufung des Abteilungsleiters RS Kontakte der damaligen Leiterin des
BMU-Ministerbüros und -Leitungsstabes, Frau G. S., zum Bundeskanzler-
amt gab, bevor sie ihrem damaligen Dienstherrn, Dr. Norbert Röttgen,
Gerald Hennenhöfer als möglichen neuen Abteilungsleiter RS vorschlug?

15. Falls nein, kann das Bundeskanzleramt bestätigen, dass es derartige Kon-
takte gab?

Zur Genese des sogenannten Termsheets des „Förderfonds-Vertrags“ vom
6. September 2010

16. Wann genau, also um welche Uhrzeit, hat das auf Bundestagsdrucksache
17/10696, zu Frage 85, genannte Ressortgespräch im Bundesministerium
der Finanzen (BMF) am 5. September 2010 stattgefunden?

Welche Bundesministerien außer dem BMF und dem BMU waren daran be-
teiligt?

Wie viele Personen seitens des BMU waren daran insgesamt beteiligt, und
wer war der/die Ranghöchste seitens des BMU?

17. Gab es für dieses Ressortgespräch am 5. September 2010 seitens des BMF
eine Tagesordnung?

Falls ja, wie lautete sie im Detail bzw. Wortlaut?

Falls nein, wurde zu diesem Ressortgespräch schriftlich eingeladen, und
wie lautete die Einladung im Detail bzw. Wortlaut?

18. Gibt es von diesem Ressortgespräch Vermerke, (Ergebnis-)Protokolle oder
Ähnliches im

a) BMF und/oder

b) BMU und/oder

c) Bundeskanzleramt?

Falls ja, jeweils welche (bei mehreren bitte vollständige Angabe)?

Drucksache 17/11600 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

19. Wurde der BMU-Abteilungsleiter RS bereits vor diesem Ressortgespräch
im BMF am 5. September 2010 vom BMF zu Fachfragen wie z. B. zu Nach-
rüstungen oder Reststrommengen um Rat gefragt?

Falls ja, wann erstmals im September 2010, und erfolgte/n diese BMF-An-
frage/n mündlich bzw. telefonisch oder schriftlich?

Zur BMU-internen Anbahnung bzw. Vorbereitung der vorläufigen Sicherheits-
analyse Gorleben (VSG)

20. Gab es hinsichtlich der VSG eine Prüfung der internen Revision des BMU
zu der Frage, ob die spätere Unterauftragsvergabe der Gesellschaft für An-
lagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbH an Dr. Bruno Thomauske auf-
grund seiner mehrfachen undokumentierten Vorgespräche im ersten Halb-
jahr 2010 mit dem für die VSG zuständigen BMU-Referatsleiter und
mindestens einmal auch mit Abteilungsleiter Gerald Hennenhöfer vergabe-
rechtlich beanstandungsfrei ist (vgl. hierzu u. a. Bundestagsdrucksache
17/7764, zu Frage 75)?

Falls nein, weshalb nicht?

Falls ja, wann genau (bitte mit Datum), und mit welchen wesentlichen Er-
gebnissen?

21. Ist es aus Sicht der Bundesregierung nicht zu beanstanden, dass bei einem
derartigen Vorhaben wie der VSG die Vorgespräche mit einem späteren
Unterauftragnehmer undokumentiert sind, und sich noch nicht einmal die
Gesamtzahl und das jeweilige Datum der informellen Vorgespräche nach-
vollziehen lässt?

Steht dies aus Sicht des BMU in Einklang mit dem in § 12 GGO verankerten
Erfordernis der schriftlichen Nachvollziehbarkeit (bitte mit Begründung)?

22. Hat es im ersten Halbjahr 2010 zwischen Dr. Bruno Thomauske auf der
einen Seite und dem für die VSG zuständigen Referatsleiter und/oder
BMU-Abteilungsleiter Gerald Hennenhöfer auf der anderen Seite Schrift-
wechsel (elektronisch und/oder nichtelektronisch) gegeben?

Falls ja, wie oft, wann genau, wozu, und welche Bestandteile davon wurden
zu den BMU-Akten gegeben?

Zum Umgang mit einem Rohrriss im Primärkühlkreislauf des AKW Grafen-
rheinfeld

23. Kann das BMU bestätigen, dass der BMU-Abteilungsleiter RS zu dem Zeit-
punkt, als er seine u. a. auf Bundestagsdrucksache 17/10696, zu Frage 84,
thematisierte Entscheidung traf, wusste, dass für die Ursachenklärung und
Befunduntersuchung eine zerstörende Prüfung des fraglichen Rohrteils nö-
tig gewesen wäre, aber der Betreiber des AKW Grafenrheinfeld kurzfristig
kein entsprechendes Ersatzrohrteil parat gehabt hätte?

24. Kann das BMU bestätigen, dass der BMU-Abteilungsleiter RS zu dem Zeit-
punkt, als er seine o. g. Entscheidung traf, wusste, dass eine sofortige Be-
funduntersuchung und Ursachenklärung einen mehrwöchigen bis mehrmo-
natigen Stillstand des AKW Grafenrheinfeld bedeutet hätte?

25. Teilt das BMU die Einschätzung der Fragesteller, dass ein mehrmonatiger
Stillstand des AKW Grafenrheinfeld für dessen Betreiber einen Einnahme-
ausfall im zwei- bis dreistelligen Millionen-Euro-Bereich bedeutet hätte?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/11600

26. Wann war erstmals

a) dem damaligen Bundesminister Dr. Norbert Röttgen und

b) dem BMU-Staatssekretär Jürgen Becker

bekannt, dass aus den o. g. Gründen eine sofortige Befunduntersuchung und
Ursachenklärung einen mehrwöchigen bis mehrmonatigen Stillstand des
AKW Grafenrheinfeld bedeutet hätte?

War es ihnen jemals bekannt?

27. a) Kann das BMU bestätigen, dass es sich bei dem „Eindruck von der RSK
Sitzung“ vom 16. Dezember 2010, auf den sich der Abteilungsleiter RS
bei seiner Entscheidung, den Weiterbetrieb des AKW Grafenrheinfeld in
den Jahren 2009 und 2010 trotz des ungeklärten, betrieblich gewachse-
nen Befunds im nichtabsperrbaren Bereich des Primärkreislaufs von
Grafenrheinfeld zuzulassen, berief, um keine regulär-gründliche Be-
fassung des Hauptausschusses der Reaktor-Sicherheitskommission
(RSK) in dem Sinne handelte, dass die RSK-Hauptausschussmitglieder
vor der Sitzung schriftliche Beratungsunterlagen bekamen und sich un-
terlagenbasiert auf die Beratung des Befundes in der fraglichen Sitzung
vorbereiten konnten (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 17/5016, zu
Frage 165)?

b) Kann das BMU bestätigen, dass die RSK auf die kurzfristige Bitte des
BMU-Abteilungsleiters RS hin ausschließlich auf Basis einer vom
Vorsitzenden des RSK-Fachausschusses DRUCKFÜHRENDE KOM-
PONENTEN UND WERKSTOFFE (DKW), Prof. Dr. Anton Erhard,
mündlich mithilfe einer PowerPoint-Präsentation vorgetragenen, persön-
lich-subjektiven Zusammenfassung der DKW-Beratung des Befundes
über selbigen sprach und anschließend ein (spontanes) Meinungsbild ab-
gab (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 17/5016, zu Frage 165)?

c) Kann das BMU bestätigen, dass der Befassung der RSK-Hauptaus-
schussmitglieder mit dem Befund, auf die der Abteilungsleiter RS seine
Entscheidung stützte, nicht einmal ein vorläufiges Protokoll der letzten
Beratung des DKW-Ausschusses zugrunde lag, weil dieses noch gar
nicht existierte (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 17/5016, zu Frage 165
sowie behördliche Erläuterungen und Zeitangaben in der Unterrichtung
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des
Deutschen Bundestages vom 19. Januar 2011)?

28. Kann das BMU bestätigen, dass die in diesem Zusammenhang vom BMU
beauftragte Materialprüfungsanstalt (MPA) der Universität Stuttgart in ihrer
Stellungnahme vom 13. Dezember 2010 Aussagen traf, die die Ergebnisse
des Erstgutachters TÜV-SÜD Industrie Service GmbH (Gutachten vom
15. Juni 2010) zu diesem Grafenrheinfeld-Befund nicht bestätigten, son-
dern in Zweifel zogen (zur Existenz der Gutachten vgl. Bundestagsdruck-
sache 17/5016, zu Frage 155)?

a) Kann das BMU bestätigen, dass die MPA der Universität Stuttgart die
Aussage „Im vorliegenden Fall sind der wirksame Schädigungsmecha-
nismus und dessen Ursache nicht eindeutig geklärt. Deshalb ist eine
Risswachstumsberechnung unter der Annahme von zyklischem Riss-
wachstum infolge mechanischer und thermischer Belastungen nicht
abgesichert.“ traf (MPA-Stellungnahme, S. 4), und die TÜV-SÜD Indus-
trie Service GmbH ihre Befundbewertung mittels derartiger Risswachs-
tumsberechnungen erstellt hatte?

Drucksache 17/11600 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

b) Kann das BMU bestätigen, dass die MPA Stuttgart festhielt, dass es bei
derartigen Befunden für die erforderliche Klärung des Schädigungs-
mechanismus in der Regel erforderlich sei, den schadhaften Bereich
einer fraktografischen Untersuchung zu unterziehen, wofür ein Heraus-
trennen dieses Bereichs erforderlich sei (MPA-Stellungnahme, S. 4)?

29. Wann genau (bitte mit Datum) erhielt der Abteilungsleiter RS erstmals
Kenntnis von diesem MPA-Gutachten und damit davon, dass seitens eines
anerkannten Sachverständigen deutliche Zweifel an den TÜV-Ergebnissen
bestanden?

Wann genau (bitte mit Datum) erhielten der damalige Bundesminister
Dr. Norbert Röttgen und BMU-Staatssekretär Jürgen Becker erstmals von
diesem MPA-Gutachten Kenntnis und damit davon, dass seitens eines aner-
kannten Sachverständigen deutliche Zweifel an den TÜV-Ergebnissen be-
standen?

30. Kann das BMU bestätigen, dass auch der damalige Bundesminister
Dr. Norbert Röttgen und BMU-Staatssekretär Jürgen Becker von der auf
Bundestagsdrucksache 17/10696, zu Frage 84, wörtlich wiedergegebenen
Beschwerde des damaligen Unterabteilungsleiters RS I, Dieter Majer,
Kenntnis erhielten (bitte mit Angabe des Datums, und ob sie mündlich oder
schriftlich informiert wurden)?

31. Wie gingen sie damit um?

Baten sie den Abteilungsleiter RS insbesondere um eine Neubewertung sei-
ner Entscheidung, und falls nein, warum nicht?

32. Inwiefern teilt das BMU die Auffassung der Fragesteller, dass angesichts
der in den oben genannten Fragen thematisierten Fakten und Umstände
rückblickend Zweifel daran bestehen, dass die Entscheidung des Abtei-
lungsleiters RS allein sicherheitsgerichtet war und nicht doch möglicher-
weise von anderen Beweggründen (insbesondere im Hinblick auf betriebs-
wirtschaftliche Betreiberbelange) beeinflusst war?

33. Liegen dem BMU mittlerweile alle Untersuchungsergebnisse im Zusam-
menhang mit dem Befund vor, die das Bayerische Staatsministerium für
Umwelt und Gesundheit (StMUG) zugesagt hatte (z. B. bei der Unterrich-
tung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des
Deutschen Bundestages vom 25. Mai 2011)?

a) Falls ja, welche seit dem 25. Mai 2011, von wem, seit wann, und wie lau-
ten sie im vollständigen Wortlaut?

b) Falls nein, warum nicht?

Wann wurden die noch ausstehenden Untersuchungsergebnisse zuletzt zwi-
schen dem BMU und dem StMUG mit welchen Ergebnissen thematisiert,
und wann rechnet das BMU mit ihrem Vorliegen und Erhalt?

34. Inwiefern hat es bei dem Befund und seiner Bewertung zunächst eine Zu-
grundlegung welcher falschen Annahmen in Bezug auf das betroffene
Rohrteil gegeben?

Welche Konsequenzen wurden aus dieser Zugrundelegung falscher Annah-
men bereits gezogen, und welche Konsequenzen sind aus Sicht des BMU
noch zu ziehen?

35. Betreffen die aus dem Befund gewonnenen Erkenntnisse nach Meinung des
BMU nur das AKW Grafenrheinfeld oder haben sie bundesweite Relevanz?

Falls Letzteres, welche Konsequenzen wurden, und werden daraus, seit

wann genau, und bis wann, gezogen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/11600

Zur schriftlichen Dokumentation von Besprechungen und Entscheidungen des
Abteilungsleiters RS

36. Kann das BMU bestätigen, dass es unter dem BMU-Abteilungsleiter RS
Wolfgang Renneberg üblich war, wichtige Besprechungen unter seiner Lei-
tung und Entscheidungen der Abteilung RS schriftlich nachvollziehbar fest-
zuhalten, z. B. in Ergebnisvermerken?

37. Hat das BMU Informationen, dass der jetzige Abteilungsleiter RS weniger
Wert auf das schriftliche Festhalten von Besprechungen unter seiner
Leitung und von seinen Entscheidungen legt als sein Vorgänger Wolfgang
Renneberg?

38. Hält das BMU den Grad der schriftlichen Nachvollziehbarkeit von Kontak-
ten und Entscheidungen des jetzigen Abteilungsleiters RS und Besprechun-
gen unter seiner Leitung für ausreichend?

Genügt der Grad aus Sicht des BMU den Grundsätzen des ordnungsgemäßen
Verwaltungshandelns?

Steht der Grad der schriftlichen Nachvollziehbarkeit seiner Arbeit, Ent-
scheidungen und Führung der Abteilung RS aus Sicht des BMU im notwen-
digen Einklang mit dem in § 12 GGO verankerten Erfordernis der schrift-
lichen Nachvollziehbarkeit (bitte mit Begründung)?

Zur Bund-Länder-Nachrüstliste für AKW im Vorfeld der im Jahr 2010 durch-
gesetzten Laufzeitverlängerung

39. Kann das BMU bestätigen, dass der Abteilungsleiter RS bei der Telefon-
konferenz auf Abteilungsleiterebene vom 8. September 2010 eine deutliche
Meinungsverschiedenheit mit dem Abteilungsleiter der schleswig-holstei-
nischen Atomaufsichtsbehörde in Bezug darauf hatte, ob die Bund-Länder-
Nachrüstliste in ausreichendem Maße Sicherheit für die damals bevorste-
hende Laufzeitverlängerung deutscher Atomkraftwerke bot?

40. Welche Positionen vertraten dabei jeweils die beiden Abteilungsleiter im
Detail (die Betonung der Frage liegt auf „im Detail“, da bereits bekannt ist,
dass der Abteilungsleiter der schleswig-holsteinischen Atomaufsichtsbe-
hörde der Bund-Länder-Nachrüstliste namens seiner Behörde der Liste die
Zustimmung verweigerte, vgl. Bundestagsdrucksache 17/3626, zu Frage 4)?

41. Ist es korrekt, dass der BMU-Abteilungsleiter RS bei dieser Telefonkonfe-
renz sinngemäß ankündigte, dass das BMU von bundesaufsichtlichen Wei-
sungen Gebrauch machen könne bzw. werde, falls die schleswig-holsteini-
sche Atomaufsichtsbehörde Sicherheitsauflagen, die über die Bund-
Länder-Nachrüstliste hinaus gegangen wären, erlassen werde?

42. War der BMU-Hausspitze diese Ankündigung des BMU-Abteilungsleiters
RS vor dieser Kleinen Anfrage bekannt?

Falls ja, wann war sie dem damaligen Bundesminister Dr. Norbert Röttgen
und BMU-Staatssekretär Jürgen Becker erstmals bekannt?

43. Ist das BMU der Auffassung, dass diese derart wichtige Telefonkonferenz
– laut Bundesregierung immerhin die einzige derartige im Jahr 2010 (vgl.
Plenarprotokoll 17/200, S. 24184) – in Einklang mit dem in § 12 GGO ver-
ankerten Erfordernis der schriftlichen Nachvollziehbarkeit ausreichend
nachvollziehbar im BMU dokumentiert ist (bitte mit Begründung)?

Drucksache 17/11600 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu drei nicht gemeldeten Zwischenfällen im AKW Philippsburg 2

44. Kann das BMU bestätigen, dass kurz vor der Landtagswahl in Baden-
Württemberg im März 2011 ein oder mehrere mündliche Gespräche zwi-
schen dem BMU-Abteilungsleiter RS und dem damals für die Atomaufsicht
zuständigen Abteilungsleiter der baden-württembergischen Atomaufsichts-
behörde gab, in denen es (auch) darum ging, wann eine „kurzfristig“ anzu-
setzende Besprechung zwischen Bund und Land in Baden-Württemberg
zum Sachverhalt von drei zunächst nicht gemeldeten Zwischenfällen im
Atomkraftwerk Philippsburg 2 terminiert werden solle (zur Kurzfristigkeit
der Besprechung siehe Aussage des baden-württembergischen Abteilungs-
leiters während der Unterrichtung im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundestages am 23. März 2011)?

45. Aus welchen Gründen fand die Besprechung erst nach der Landtagswahl
statt?

Bestanden diese Gründe direkt nach der Landtagswahl nicht mehr?

46. Ist es zutreffend, dass es nach der Landtagswahl zu einer beschleunigten
Terminierung der Besprechung kam?

Wann genau (bitte mit Datum) fand diese statt?

47. Kann das BMU ausschließen, dass die beiden Abteilungsleiter besprochen
haben, den Zeitpunkt der Besprechung aus politischen Gründen hinter die
Landtagswahl in Baden-Württemberg zu legen?

Falls ja, auf welche schriftlichen Unterlagen und/oder wessen Auskünfte
stützt es sich dabei?

Zum Endlager Morsleben (ERAM)

48. Ist der aktuellen BMU-Hausspitze das Protokoll vom 5. Juni 1996 über die
vom damaligen BMU-Abteilungsleiter RS Gerald Hennenhöfer geleitete
ERAM-Besprechung „ERAM nach dem 30. Juni 2000“ am 28. Mai 1996
bekannt, laut dem sich das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) (inklusive
des damaligen BfS-Präsidenten Professor Alexander Kaul) wegen Sicher-
heitsbedenken klar gegen einen Weiterbetrieb des ERAM nach Ablauf der
Dauerbetriebsgenehmigung am 30. Juni 2000 aussprach (vgl. BMU-Refe-
ratsschreiben an die Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl vom 14. August 2012,
Az. RS III 4 – 41012/1)?

49. Ist der aktuellen BMU-Hausspitze ferner bekannt, dass es 1996 auch BMU-
interne Bedenken inklusive entsprechendem Votum gegen einen Weiter-
betrieb des ERAM nach Ablauf der Dauerbetriebsgenehmigung gab (vgl.
BMU-Referatsschreiben an die Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl vom
31. März 2011, Az. AG – RS III 1 41012/II, in Verbindung mit dem Ver-
merk vom 2. Februar 1996, Az. RS III 6 – 14844/7, aus dem Aktenordner
„RS III 1 AZ14844-9“ S. 481181 ff.)?

50. Kann das BMU bestätigen, dass dem BMU 1996 klar war, dass ein ordent-
liches Planfeststellungsverfahren für einen ERAM-Weiterbetrieb nach
Sommer 2000 scheitern würde, weil bei einer Umweltverträglichkeits- und
Alternativenprüfung klar geworden wäre, dass das ERAM sicherheitstech-
nisch eindeutig schlechter als die Grube Konrad war?

51. Kann das BMU bestätigen, dass der damalige BMU-Abteilungsleiter
Gerald Hennenhöfer dennoch eine Verlängerung des ERAM-Einlagerungs-
betriebes um weitere fünf Jahre befürwortete, und das BMU dies im Jahr
1998 dann per Gesetz durchsetzte (8. Atomgesetznovelle), weil es damit

rechnete, dass ein ordentliches Planfeststellungsverfahren gescheitert wäre?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/11600

Abschlussfragen

52. Ist sich der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit, Peter Altmaier, sicher, dass Gerald Hennenhöfer bei wichtigen und
schwierigen Entscheidungen, insbesondere im Bereich der AKW-Sicher-
heit, im Interesse der Bevölkerung stets im erforderlichen Maße Sicher-
heits- und Schadenvorsorgeaspekten den Vorrang vor AKW-Betreiber-
interessen geben wird (bitte begründen)?

War dies aus Sicht von Bundesminister Peter Altmaier in dieser Legislatur-
periode bislang stets der Fall?

53. Welche Gründe sprechen aus Sicht von Bundesminister Peter Altmaier da-
für, Gerald Hennenhöfer als Abteilungsleiter RS deutlich über sein Eintritts-
alter in den Ruhestand hinaus weiter zu beschäftigen, und welche „dienst-
lichen Interessen“ nach § 53 des Bundesbeamtengesetzes sprechen für die
Weiterbeschäftigung bzw. welche Gründe erfordern eine „Fortführung der
Dienstgeschäfte“ durch Gerald Hennenhöfer (bitte begründen)?

Berlin, den 19. November 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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