BT-Drucksache 17/11458

Auswirkungen von Mikroplastikpartikeln, Gift- und Kunststoffen in Kosmetikprodukten und Kleidung auf Umwelt und Gesundheit

Vom 9. November 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11458
17. Wahlperiode 09. 11. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dorothea Steiner, Nicole Maisch, Undine Kurth (Quedlinburg),
Dr. Valerie Wilms, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver
Krischer, Dr. Hermann E. Ott und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auswirkungen von Mikroplastikpartikeln, Gift- und Kunststoffen in
Kosmetikprodukten und Kleidung auf Umwelt und Gesundheit

Vielen Kosmetik- und Körperpflegeprodukten, wie Duschpeelings, Zahncremes
oder auch Kontaktlinsenreinigern, werden Kunststoffkügelchen in Form von
Mikroplastik beigemischt, um eine bessere Reinigungswirkung zu erzielen. Ins-
besondere Polyethylene (PE) sowie Polypropylene (PP) gehören in vielen Kos-
metik- und Reinigungsprodukten inzwischen zum Standard. Außerdem können
noch Zusätze (sogenannte Additive) beigemischt sein, die dem Mikroplastik be-
stimmte Eigenschaften geben. Dieses Mikroplastik gelangt nach dem einmali-
gen Gebrauch direkt in den Ausfluss und somit auch in die Gewässer und
schließlich in die Meere, da es in Kläranlagen üblicherweise nicht abgebaut oder
herausgefiltert wird.

Ebenso gilt dies für Auswaschungen von kleinsten Kunstfasern aus Fleeceklei-
dungsstücken. Fleece ist ein Veloursstoff, der meist aus Polyester oder Polyacryl
besteht und insbesondere in der Outdoorbekleidung immer häufiger zu finden
ist. Nach Aussagen des Umweltbundesamtes gelangen pro Waschgang einer
Fleecejacke bis zu 2 000 Kunstfasern in die Meeresumwelt, da diese von Klär-
anlagen nicht zurückgehalten werden. Zudem belegt eine aktuelle Studie im
Auftrag von Greenpeace erneut, dass Outdoorjacken und -hosen umweltbelas-
tende und gesundheitsschädliche per- und polyfluorierte Chemikalien sowie
hormonell wirksame Weichmacher und Tenside zugefügt sind. Auch diese wer-
den teilweise ausgewaschen und landen somit in der Umwelt, im Trinkwasser
und in Lebensmitteln und können sich auf die menschliche Gesundheit auswir-
ken.

Kunststoffmikropartikel binden, wenn sie in die freie Natur gelangen, persis-
tente toxische Schadstoffe aus dem Meer an ihrer Oberfläche. Sie enthalten oft-
mals auch Zusatzstoffe wie umweltgefährdende Chemikalien, was ihre Um-
weltunverträglichkeit verstärkt. Mikroplastik wurde bereits in den Mägen und
im Kot verschiedener Meerestiere nachgewiesen, die das Mikroplastik oftmals
mit ihrer natürlichen Nahrung verwechseln. Somit hat Mikroplastik in Gewäs-
sern und Ozeanen auch zu einer Anreicherung von Schadstoffen im Nahrungs-

netz geführt und bereits jetzt Einzug in die Nahrungskette erhalten.

Drucksache 17/11458 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung das Beimischen von Kunststoffkügel-
chen aus Mikroplastik in Kosmetik- und Körperpflegeprodukte sowie Rei-
nigungsmittel aus Umweltsicht, und sieht sie die Gefahr von irreversiblen
Umweltbelastungen insbesondere in aquatische Ökosysteme durch die zu-
nehmende Freisetzung dieser Mikroplastikpartikel in die Umwelt?

2. Ist der Bundesregierung bekannt, welchen Produkten und Produktgruppen,
insbesondere im Kosmetik- und Reinigungsbereich, Mikroplastik beigefügt
wird?

Wenn ja, welche Produkte und Produktgruppen sind dies?

3. Wie groß sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Mengen von Mikro-
plastik, die Kosmetik- und Reinigungsprodukten in Deutschland beigefügt
werden, und somit in die Abwässer gelangen?

4. Wie groß sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Mengen an Kunst-
stoffpartikeln, die in Deutschland durch das Auswaschen aus Fleecebeklei-
dung in die Kanalisation gelangen?

5. Welche Technologien zur umfassenden Eliminierung von Mikroplastik aus
dem Abwasser gibt es derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung, und wie
schätzt die Bundesregierung deren Wirkung ein?

6. In welchem Umfang werden diese Technologien derzeit in Abwasserreini-
gungsanlagen in Deutschland angewendet?

Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung oder plant sie zu ergrei-
fen, um die Weiterentwicklung und die Anwendungen solcher Methoden zu
fördern?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Verwendung von per- und polyfluo-
rierten Kohlenwasserstoffen und hormonell wirksamen Weichmachern und
Tensiden in Outdoorbekleidung in Bezug auf die Umweltverträglichkeit,
gerade mit Blick darauf, dass diese während des Waschvorgangs ins Ab-
wasser ausgewaschen werden und so in die Umwelt gelangen können, und
bezüglich der Gesundheitsauswirkungen auf den Menschen?

8. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, dass sich die Auffangmög-
lichkeiten für Mikroplastik und kleinste Kunststofffasern in den Kläranla-
gen verbessern?

Was unternimmt die Bundesregierung, um dieses zu fördern?

9. Welche Mengen Mikroplastik und Kunststofffasern werden nach Einschät-
zung der Bundesregierung in Deutschland pro Jahr durch die Kläranlagen
hindurch in die natürlichen Gewässer abgegeben?

10. Wie viel Mikroplastik befindet sich nach den Erkenntnissen der Bundes-
regierung derzeit in den deutschen Gewässern?

11. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, welche Zusatzstoffe dem
Mikroplastik in Kosmetika und den Kunststofffasern in Outdoorbeklei-
dungsstücken beigemischt werden, und inwiefern diese Additive wasserge-
fährdend sind bzw. eine Gefahr für Wasserorganismen darstellen?

12. In welchen Pflanzen- und Tierarten konnte bisher Mikroplastik nachgewie-
sen werden, und welche von diesen Arten sind ernährungsrelevant?

Ist der Bundesregierung bekannt, welche Auswirkungen durch die Auf-
nahme von Mikroplastikpartikeln und ihrer Inhaltsstoffe auf die Nahrungs-
aufnahme, Reproduktion und den Organismus der Tiere bestehen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11458

13. Kann es nach Erkenntnis der Bundesregierung durch die Anreicherungen
von Schadstoffen und Additiven im Mikroplastik zu Gesundheitsgefähr-
dungen durch den Verzehr von Pflanzen und Tieren der Meere kommen?

14. Welche wissenschaftlichen Forschungsprojekte hat die Bundesregierung
bisher in Auftrag gegeben oder sind der Bundesregierung bekannt, um die
Zusammensetzung von Mikroplastikpartikeln und ihrer Auswirkungen in
der Umwelt zu erforschen?

Welche Projekte wurden mit welchen Titeln, und an welche Institutionen
von der Bundesregierung vergeben, und welche Erkenntnisse konnten da-
raus gewonnen werden?

Sind weitere Projekte in Planung, und wenn ja, welche, und wenn nein, wes-
halb nicht?

15. Hält die Bundesregierung die jetzigen gesetzlichen Regelungen für das Bei-
setzen und damit die Einbringung von Mikroplastik in Abwässer für aus-
reichend, oder prüft sie weiteren Regelungsbedarf in Bezug auf Mikroplas-
tikpartikel in Natur, Umwelt und Lebensmitteln?

16. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher ergriffen, um die Frei-
setzung dieser Mikroplastikpartikel in die Umwelt einzuschränken, und
welche Maßnahmen sind weiter geplant?

Berlin, den 9. November 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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