BT-Drucksache 17/11429

zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Roth (Esslingen), Dr. Sascha Raabe, Lothar Binding (Heidelberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - Drucksache 17/7358 - Soziale Sicherung als Motor solidarischer und nachhaltiger Entwicklungspolitik

Vom 8. November 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11429
17. Wahlperiode 08. 11. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Roth (Esslingen), Dr. Sascha Raabe,
Lothar Binding (Heidelberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/7358 –

Soziale Sicherung als Motor solidarischer und nachhaltiger Entwicklungspolitik

A. Problem

Mit der Unterzeichnung der Millenniumserklärung im Jahr 2000 haben sich 189
Staats- und Regierungschefs unter anderem dazu verpflichtet, die extreme
Armut und den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Nachdem der Trend bei der
Armutsbekämpfung zunächst durchaus positiv war, kam diese Entwicklung
durch die Nahrungsmittelkrise im Jahr 2007 und dann vor allem durch die welt-
weite Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 zum Stillstand
oder es kam gar zu einer Umkehr dieser Tendenz. Auch sind große regionale
Unterschiede bei der Armutsbekämpfung festzustellen. In den am wenigsten
entwickelten und in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara sind die
Herausforderungen nach wie vor am größten.

Bei der Armutsbekämpfung und der Stabilisierung von Ländern mit einem ho-
hen Anteil armer Menschen kommt dem Auf- und Ausbau nachhaltiger sozialer
Sicherungssysteme besondere Bedeutung zu. Deshalb wurde auf dem Millen-
niumsgipfel im Jahr 2010 beschlossen, den allgemeinen Zugang zu öffentlichen
und sozialen Diensten und den Aufbau von Sockeln des sozialen Schutzes zu
fördern. Trotz der vielfältigen internationalen Vereinbarungen und Konventio-
nen sieht die Wirklichkeit nach wie vor anders aus. Rund 80 Prozent der Welt-
bevölkerung leben ohne eine auch nur annähernd umfassende Absicherung
gegen elementare Lebensrisiken. Krankheit, Arbeitslosigkeit, Scheidung, der
Verlust von Eigentum oder Produktionsmitteln, Alter oder Tod eines Ernährers
oder einer Ernährerin können auch die Familien, die knapp oberhalb des Exis-
tenzminimums leben, in kürzester Zeit in tiefe Armut stürzen.

Soziale Sicherung ist keine Frage von Almosen, sondern integraler Bestandteil

einer nachhaltigen Entwicklungspolitik. Denn soziale Sicherung setzt ökonomi-
sche Potenziale frei. Nur wer das Nötigste zum Leben hat und weiß, dass Krank-
heit oder ein anderes Lebensrisiko nicht alles Erreichte wieder zunichte macht,
wird produktiv tätig und trägt zu wirtschaftlichem Wachstum bei. Dabei geht es
um qualitatives Wachstum und nachhaltige Beschäftigung. Soziale Sicherungs-
systeme sind gleichermaßen Ausgangsbedingung für ein breitenwirksames und
inklusives Wirtschaftswachstum und Instrument der strukturellen Armutsbe-

Drucksache 17/11429 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

kämpfung. Dieser Ansatz wurde auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm im Jahr
2007 unter deutscher Präsidentschaft sowie auf den G8-/G20-Folgegipfeln im-
mer wieder bekräftigt. Viele Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern
arbeiten im informellen Sektor, in einigen Ländern liegt der Anteil über 90 Pro-
zent. Diese Menschen sind damit von traditionellen sozialen Sicherungssyste-
men, die zumeist an Arbeit im formellen Sektor geknüpft sind, ausgeschlossen.

Das Grundkonzept eines universellen sozialen Basisschutzes wurde im Rahmen
der VN-Initiative für einen „Social Protection Floor“ (SPF) unter der Federfüh-
rung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der Weltgesundheits-
organisation (WHO) entworfen. Der SPF stellt die systemische Grundlage für
die konkrete Implementierung sozialer Sicherungssysteme in den jeweiligen
Ländern dar. Auf dieser Grundlage können Systeme entwickelt werden, die an
die speziellen Bedürfnisse der jeweiligen Länder und deren nationalen, gesell-
schaftlichen und kulturellen Kontext angepasst sind. Studien der ILO belegen,
dass soziale Sicherungssysteme mit einem Basisschutz für alle bedürftigen Be-
völkerungsgruppen auch für Niedrigeinkommensländer finanzierbar sind. Zur
nachhaltigen Finanzierung eines SPF bedarf es eines transparenten Steuersys-
tems und einer Mischung aus nationalen Steuermitteln, Beitragsaufkommen und
der Unterstützung durch internationale Geber. Ziel muss es sein, mehr nationale
Steuereinnahmen für die Finanzierung der Systeme sozialer Sicherung zu er-
schließen und gemäß dem Solidarprinzip, nach dem Besserverdienende einen
größeren Beitrag leisten müssen, mehr Verteilungsgerechtigkeit herzustellen.

Der WHO-Weltgesundheitsbericht hat eine wichtige Diskussion über die Wege
zur universellen Absicherung im Krankheitsfall und die Finanzierung der Ge-
sundheitssysteme angestoßen. Der WHO-Ansatz und der SPF bieten eine gute
Grundlage, um gemeinsam mit den Partnerländern ganzheitliche solidarische
Gesundheitssysteme aufzubauen, bei denen sowohl solidarische Finanzierungs-
strukturen als auch die medizinischen Versorgungsstrukturen effizient entwi-
ckelt werden.

Die Bedeutung und Perspektiven der sozialen Sicherung in der europäischen
Entwicklungszusammenarbeit wurde im Europäischen Entwicklungsbericht
2010 unter dem Titel „Soziale Sicherung für inklusive Entwicklung“ mit dem
Schwerpunkt auf Afrika dokumentiert. Viele Schwellen- und Entwicklungslän-
der haben bereits mit dem Aufbau sozialer Sicherungssysteme begonnen oder
suchen Beratung, um nachhaltige Systeme, zugeschnitten auf die eigenen natio-
nalen Bedürfnisse, zu entwickeln. Die europäische und die deutsche Entwick-
lungszusammenarbeit haben die Partnerländer in der Vergangenheit über ihre
Durchführungsorganisation der Finanziellen und der Technischen Zusammen-
arbeit bereits unterstützt. Um die Potenziale sozialer Sicherungssysteme für die
wirtschaftliche Entwicklung eines Landes und die Bekämpfung der Armut effi-
zient zu nutzen und mittel- und langfristige Erfolge bei der Armutsbekämpfung
und damit die Millenniumsentwicklungsziele erreichen zu können, würde man
nachhaltige und tragfähige solidarische soziale Sicherungssysteme benötigen,
die alle Bevölkerungsgruppen in ein gemeinsames Netz sozialer Absicherung
einschließen könnten.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
C. Alternativen

Annahme des Antrags.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11429

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

E. Erfüllungsaufwand

Kein Erfüllungsaufwand.

Drucksache 17/11429 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/7358 abzulehnen.

Berlin, den 24. Oktober 2012

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dagmar G. Wöhrl
Vorsitzende

Sabine Weiss (Wesel I)
Berichterstatterin

Karin Roth (Esslingen)
Berichterstatterin

Harald Leibrecht
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Uwe Kekeritz
Berichterstatter

wicklung abzubilden ist und aus dem Haushaltsansatz min-
Deutschen Bundestages sei, sondern auch der EU, und man
destens 100 Mio. Euro dazu verwendet werden müssen. Es
muss Planungssicherheit für die Partnerländer, die interna-
tionalen Geberorganisationen und die Durchführungsorgani-
sationen gewährleistet werden.

habe Übereinstimmung darüber erlangt, dass das Projekt
SPF nunmehr auch in die europäische Entwicklungspolitik
implementiert werden solle. Auch das Thema Budgethilfe
werde vonseiten der Bundesregierung akzeptiert. So sei ge-
währleistet, dass die entsprechenden Staaten langfristig über
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/11429

Bericht der Abgeordneten Sabine Weiss (Wesel I), Karin Roth (Esslingen), Harald
Leibrecht, Niema Movassat und Uwe Kekeritz

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 17/
7358 in seiner 136. Sitzung am 27. Oktober 2011 beraten und
an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung zur federführenden Beratung und an den Aus-
wärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Arbeit und Soziales,
den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den
Ausschuss für Gesundheit und den Ausschuss für Menschen-
rechte und humanitäre Hilfe zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, den
Aufbau von Systemen solidarischer sozialer Sicherung in
Schwellen- und Entwicklungsländern zum integralen Be-
standteil einer menschenrechtlich orientierten und nach-
haltige Entwicklung befördernden deutschen Entwicklungs-
politik vorwiegend in Kooperationen multinationaler Insti-
tutionen wie ILO, WHO, Internationaler Währungsfonds
(IWF), Weltbank und anderen zu machen.

Insbesondere möge sie sich dafür einsetzen, dass beim Auf-
und Ausbau sozialer Sicherungssysteme die besonderen Be-
lange von Frauen, Kindern, älteren Menschen und Menschen
mit Behinderung berücksichtigt werden. Außerdem soll die
Bedeutung sozialer Sicherheit als Menschenrecht stärker im
neuen Menschenrechtskonzept der Bundesregierung veran-
kert werden.

Darüberhinaus soll der Aufbau von Good-Governance-
Strukturen in den Partnerländern gefördert und diese bei der
Bekämpfung der Korruption unterstützt werden. Dazu ge-
hört auch, die Partnerländer beim Aufbau transparenter, effi-
zienter und nachhaltiger Verwaltungs- und Steuersysteme
sowie eines Systems der Geburtenregistrierung als Voraus-
setzungen für die langfristige Finanzierung und Tragfähig-
keit sozialer Sicherungssysteme zu unterstützen.

Gefordert wird ferner die Entwicklung einer Strategie zu
globalen Gesundheitsfragen, die ein kohärentes Vorgehen
aller Ressorts gewährleistet. Ausgangspunkt sollte die Stra-
tegie der Europäischen Union (EU) „Die Rolle der EU in der
globalen Gesundheitspolitik“ sein. Es muss eingeplant wer-
den, beim Auf- und Ausbau sozialer Sicherungssysteme
regelmäßige Evaluierungen als festen Bestandteil einer Ge-
samtstrategie durchzuführen.

Es wird die Forderung aufgestellt, dass die „Soziale Siche-
rung“ als thematische Zielgröße zur länderspezifischen
Umsetzung von SPF-Konzepten in der mittelfristigen Fi-
nanzplanung bis zum Jahr 2015 im Einzelplan des Bundes-
ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-

cherung im Krankheitsfall und der solidarischen Finanzie-
rung der Gesundheitssysteme (Universal Health Coverage)
werben. Außerdem soll sie sich gemäß dem Europäischen
Entwicklungsbericht 2010 auf europäischer Ebene für eine
bessere Kohärenz und Koordinierung der Entwicklungszu-
sammenarbeit im Bereich des Aufbaus sozialer Sicherungs-
systeme in Schwellen- und Entwicklungsländern einsetzen.

III. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/7358 in seiner 66. Sitzung, der Ausschuss für Arbeit und
Soziales hat den Antrag auf Drucksache 17/7358 in seiner
114. Sitzung, der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend hat den Antrag auf Drucksache 17/7358 in seiner
78. Sitzung, der Ausschuss für Gesundheit hat den Antrag
auf Drucksache 17/7358 in seiner 88. Sitzung am 24. Okto-
ber 2012 und der Ausschuss für Menschenrechte und huma-
nitäre Hilfe hat den Antrag auf Drucksache 17/7358 in seiner
67. Sitzung am 17. Oktober 2012 beraten.

Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag abzu-
lehnen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales, der Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Ausschuss für
Gesundheit und der Ausschuss für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe empfehlen mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE., den Antrag ab-
zulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag auf Drucksache 17/7358 in sei-
ner 67. Sitzung am 24. Oktober 2012 beraten. Er empfiehlt
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE., den Antrag abzulehnen.

Die Fraktion der SPD stellt fest, dass viele Forderungen des
eigenen Antrages auch von der Regierungsseite unterstützt
werden könnten. Sie wolle daran erinnern, dass das Thema
Social Protection Floor nicht nur eine Angelegenheit des
Die Bundesregierung soll international aktiv für Akzeptanz
und Umsetzung des WHO-Ansatzes zur universellen Absi-

Budgethilfe sektoral unterstützt würden. Gleichzeitig wür-
den sie verpflichtet, selber Verantwortung zu übernehmen

Drucksache 17/11429 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

und mitzufinanzieren. Sie appelliere an die Fraktionen der
CDU/CSU und FDP, einen gemeinsamen Antrag einzubrin-
gen und zu verabschieden. Es gehe darum, mit einer Stimme
zu sprechen und das Regierungshandeln letztlich zu unter-

strategie, bereits Teil der Politik der Bundesregierung. Zur
Budgethilfe schließe man sich den Positionen der Fraktion
der CDU/CSU an und werde den Antrag der Fraktion der
SPD ablehnen.
stützen.

Durch den SPF gebe es jetzt eine Strategie zur Bekämpfung
der Armut, insbesondere in den Entwicklungsländern, die
dazu führe, dass man nicht nur Projekte organisiere, sondern
ein System aufbaue, das wirklich helfen könne. Das Be-
kenntnis zu diesem wichtigen Instrument vonseiten der ILO
und der WHO sowie von Europa zeige sich in den verschie-
denen Projekten in den Entwicklungsländern. Menschen,
insbesondere Kinder, könnten in die Schule gehen, behin-
derte Menschen würden integriert, beim Zugang zur Ge-
sundheitsversorgung würden die entsprechenden Möglich-
keiten in staatlicher Verantwortung geschaffen. Die gute
Idee sei bei den Entwicklungsländern angekommen, und es
würden dort Verantwortung und Anstrengungen unternom-
men, sich aktiv mit einzubringen.

Die Fraktion der CDU/CSU stimmt zu, dass soziale Siche-
rungssysteme in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ)
sicherlich die Herausforderung der nächsten Jahrzehnte dar-
stellten. In dem vorliegenden Antrag seien viele Punkte,
denen man zustimmen könne, da das zum großen Teil bereits
notwendiges und wichtiges Regierungshandeln widerspie-
gele. Aber in dem Antrag werde gefordert, dass dem Ausbau
der Budgethilfe eine besondere Bedeutung zukommen solle.
Wenn man sich die Schwellenländer anschaue, würden diese
teilweise Basisleistungen ausbauen und soziale Sicherungs-
systeme aufbauen. Es verbessere sich also etwas. Die dort
lebenden Menschen würden jedoch davon abraten, Budget-
hilfe zu geben. Trotz Zweckbestimmung würde sie sehr kri-
tisch gesehen, weil gerade fragile Staaten mit Korruption zu
kämpfen hätten. Wenn jeder Euro tatsächlich bei den Armen
ankommen würde, dann müsste man nicht mehr über zusätz-
liche Gelder in der EZ reden. Die medizinische Basisversor-
gung für alle sei die eigentliche Herausforderung, der man
sich stellen müsse. Die Fraktion der CDU/CSU werde gegen
den Antrag stimmen.

Die Fraktion der FDP findet die Diskussion wichtig, den
Sozialschutz auch über nationale Entwicklungsstrategien zu
stellen. Die Bundesregierung habe dazu ein Portfolio in
Höhe von etwa 150 bis 160 Mio. Euro, die vor allem über die
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
(GIZ) GmbH in die bilaterale Zusammenarbeit fließen wür-
den. Bei den Least Developed Countries gehe es zunächst
einmal darum, eine gewisse Grundsicherung zu bekommen,
dass die Menschen genug Nahrung zur Verfügung hätten und
der Zugang zu Bildung gewährleistet sei. Alle sollten einen
Sozialschutz in diesen Ländern erhalten, aber man dürfe
nicht zu schnell agieren und dadurch andere Projekte ver-
nachlässigen. Außerdem müsse man darauf achten, dass man
kein Land überfordere. Im Übrigen sei das im Antrag Gefor-
derte, nämlich die Entwicklung einer globalen Gesundheits-

Die Fraktion DIE LINKE. unterstreicht, dass sie ebenfalls
den Aufbau sozialer Sicherungssysteme in Entwicklungs-
und Schwellenländern unterstütze, da diese wesentlich für
die Menschen dort seien. Man würde es allerdings für wich-
tig halten, wenn in einem solchen Antrag eindeutig und klar
festgestellt würde, dass es sich um staatliche Systeme im Be-
reich sozialer Sicherung handeln müsse. Es gebe genug pri-
vate Versicherer, die schon darauf warteten, in Entwick-
lungs- und Schwellenländern am Aufbau von Sicherungs-
systemen beteiligt zu werden. Konzepte wie die Teilprivati-
sierung der Rente, also die Riesterrente, sollten aber nicht
exportiert werden. Die Mobilisierung von Eigenmitteln zur
Finanzierung von Sozialsystemen sei richtig, und das könne
durch eine bessere Finanzverwaltung bestärkt werden. Es sei
jedoch auch nicht zu übersehen, dass viele Entwicklungs-
und Schwellenländer durch die Liberalisierungs- und Priva-
tisierungsstrategien von IWF und EU nicht mehr, sondern
weniger Steuer- und Zollaufkommen hätten und die Finan-
zeinnahmen geschwächt würden.

Man begrüße den Ansatz auf Budgethilfe und multilaterale
Initiativen zu setzen. Dazu gehöre allerdings auch eine in-
haltliche Auseinandersetzung, da insbesondere Weltbank
und IWF in dem Bereich keine positive Rolle spielten, wie
die Zerschlagung der Sozialsysteme in Süd- und Osteuropa
durch den IWF zeige. Deshalb werde man sich bei dem An-
trag enthalten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führt aus, dass
man in der Bundesrepublik Deutschland bereits früh Erfah-
rungen mit sozialen Sicherungssystemen gemacht habe.
Diese hätten im Jahr 1860 im Zuge der Industrialisierung be-
gonnen. Vor diesem Hintergrund sei es falsch, soziale Siche-
rungssysteme als Kostenfaktor zu sehen. Sie seien vielmehr
Investitionen in die Zukunft und hätten langfristige Wirkung.
Eine EU-Mitteilung „Sozialschutz in der Entwicklungs-
zusammenarbeit der EU“ vom August 2012 beinhalte viele
positive Faktoren und hebe explizit hervor, dass Entwick-
lung nicht nur auf Wachstumsideologien beruhen könne,
sondern die Umverteilung der Ressourcen werde als ganz
wesentliche Grundlage gesehen. Bei diesen Ressourcen gehe
es um Öl, Gold oder landwirtschaftliche Produkte, die im
Grundsatz der gesamten Bevölkerung zur Verfügung stehen
müssten. Ein wichtiges Instrument um eine bessere Vertei-
lung zu erreichen, seien soziale Sicherungssysteme. Die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte in diesem
Zusammenhang ihre Unterstützung für das von der ILO vor-
gelegte Konzept des Social Protection Floor. Die EU fordere
auch, dass die Privatwirtschaft zum Aufbau der sozialen
Sicherungssysteme beteiligt werden solle, aber man selber
sehe das kritisch, denn es fehlten Leitplanken. Dem vor-
liegenden Antrag werde man zustimmen.

Berlin, den 24. Oktober 2012
Sabine Weiss (Wesel I)
Berichterstatterin

Karin Roth (Esslingen)
Berichterstatterin

Harald Leibrecht
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Uwe Kekeritz
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