BT-Drucksache 17/11192

Praxisgebühr sofort abschaffen

Vom 24. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11192
17. Wahlperiode 24. 10. 2012

Antrag
der Abgeordneten Dr. Karl Lauterbach, Elke Ferner, Bärbel Bas, Petra Ernstberger,
Dr. Edgar Franke, Iris Gleicke, Angelika Graf (Rosenheim), Steffen-Claudio Lemme,
Hilde Mattheis, Thomas Oppermann, Mechthild Rawert, Dr. Carola Reimann, Ewald
Schurer, Dr. Marlies Volkmer, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Praxisgebühr sofort abschaffen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die von der CDU/CSU im Rahmen der Verhandlungen zum Gesetz zur Mo-
dernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2003 durchgesetzte
Praxisgebühr von 10 Euro pro Quartal hatte das Ziel, die Inanspruchnahme von
Vertragsärztinnen und Vertragsärzten besser zu strukturieren. Diese Steuerungs-
funktion hat sich bis heute, also nach fast zehn Jahren, nicht erfüllt. Deshalb hat
sie ihre Existenzberechtigung verloren und muss abgeschafft werden.

Während die FDP öffentlich so tut, als wäre sie für die Abschaffung der Praxis-
gebühr, verhindert sie seit Wochen eine Abstimmung im Deutschen Bundestag,
obwohl es dort längst eine Mehrheit für die Abschaffung gibt. Diese andauernde
Täuschung der Öffentlichkeit kann nicht länger hingenommen werden.

CDU und CSU forderten eine generelle Selbstbeteiligung der Kranken in Höhe
von 10 Prozent der Behandlungskosten, mindestens jedoch 5 Euro für jeden Arzt-
besuch, gleichgültig ob Haus- oder Facharzt, Erstbesuch oder Wiedereinbe-
stellung. Um die von der CDU/CSU geforderten weitergehenden Zuzahlungen
für die Patientinnen und Patienten zu vermeiden, sah die Kompromisslösung vor,
dass 10 Euro pro Quartal vom Versicherten bezahlt werden müssen, Kinder sind
befreit, ebenso kann eine Befreiung auf Antrag für ein Kalenderjahr ausgestellt
werden, sofern über 2 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens (1 Prozent
bei chronisch Kranken) bereits für Zuzahlungen (etwa für Krankenhaus oder Arz-
nei) belegt werden können. Nach Entrichtung der einmaligen 10 Euro kann der
Versicherte weitere Ärztinnen und Ärzte per Überweisung aufsuchen, ansonsten
fallen nochmals 10 Euro an.

Die Steuerungswirkung der Praxisgebühr ist dennoch diffus geblieben. Immer
noch liegt Deutschland bei der Zahl der Arztkontakte mit 17 im Jahr pro Ein-
wohner international an der Spitze. Ebenso bescheiden fällt die fiskalische Wir-

kung mit weniger als 1 Prozent der Ausgaben der gesetzlichen Krankenver-
sicherung aus. Das durch die Praxisgebühr geschöpfte Finanzvolumen betrug
im Jahr 2011 für ärztliche und zahnärztliche Behandlung zusammen weniger
als 2 Mrd. Euro.

Da auch Fachärztinnen und Fachärzte als überweisende Ärztin oder Arzt nach
Entrichtung der 10 Euro eingesetzt werden können, blieb eine Stärkung der
hausärztlichen Versorgung aus. Zudem trat nach einer erheblichen anfänglichen

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Verärgerung der Versicherten ein Gewöhnungseffekt ein. Um die ursprünglich
beabsichtigte Steuerungswirkung auf Dauer zu erhalten, müsste die Praxisge-
bühr in regelmäßigen Abständen erhöht werden.

Aufgrund dieser mangelhaften Effekte und der positiven Finanzlage der gesetz-
lichen Krankenversicherung ist die Praxisgebühr ersatzlos zu streichen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf mit folgendem Inhalt vorzulegen:

Die Praxisgebühr nach § 28 Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist
ersatzlos zu streichen.

Berlin, den 24. Oktober 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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