BT-Drucksache 17/11086

Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische Sicherheitsbehörden

Vom 18. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11086
17. Wahlperiode 18. 10. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Andrej Hunko, Niema Movassat, Frank Tempel
und der Fraktion DIE LINKE.

Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische Sicherheitsbehörden

Die Weitergabe personenbezogener Daten an Sicherheitsbehörden autoritärer
Regime ist unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten stets ein problema-
tischer Vorgang. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in mehreren Sicher-
heitsabkommen mit ausländischen Staaten zu einem solchen Informationsaus-
tausch verpflichtet. Als Anlass für eine Datenübermittlung enthalten einige der
Abkommen äußerst vage Begriffe wie etwa „Gefährdung der öffentlichen
Sicherheit“. Dieser Begriff ist nicht definiert. Die Fragesteller gehen davon aus,
dass er von autoritären Regimen wesentlich strenger gefasst wird als etwa von
der Bundesregierung.

Die Fragesteller wollen erfassen, in welchem Ausmaß deutsche Sicherheitsbe-
hörden personenbezogene Daten mit ausländischen Sicherheitsbehörden, insbe-
sondere mit jenen autoritär regierter Staaten, austauschen. Die Kleine Anfrage
knüpft in diesem Sinne an die auf Bundestagsdrucksache 17/10735 beantwor-
tete an, ohne sich auf jene Daten zu beschränken, die alleine auf Grund der
Sicherheitsabkommen ausgetauscht werden, und trägt in diesem Sinne Num-
mer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung Rechnung.

Den Fragestellern ist bewusst, dass nicht jede Datenweitergabe an ein autori-
täres Regime quasi als Beihilfe zu Menschenrechtsverletzung anzusehen ist,
sie wollen aber sichergehen, dass hierbei die notwendige Sensibilität gewahrt
ist. Zugleich ist ihnen bewusst, dass auch Staaten, die nicht im Ruf stehen,
autoritär regiert zu werden, bisweilen menschenrechtswidrig handeln, genannt
seien hier nur die sogenannten extraordinary renditions (illegale Entführungen
durch den CIA), für die nach Einschätzung des Europarat-Ermittlers Dick
Marty (http://assembly.coe.int/main.asp?link=/documents/workingdocs/doc07/
edoc11302. htm) auch westeuropäische Demokratien Verantwortung tragen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie häufig wurden in den Jahren 2010 und 2011 jeweils personenbezogene
Daten an die Sicherheitsbehörden ausländischer Staaten übermittelt (bitte je-
weils die Angaben pro Staat aufschlüsseln)?
a) Über wie viele Personen wurden Daten an die jeweiligen Sicherheitsbe-
hörden übermittelt?

b) Wie häufig wurde als Grund jeweils Terrorismus, organisierte Kriminali-
tät, Straftaten von erheblicher Bedeutung, Straftaten von nicht erhebli-
cher Bedeutung, Gefährdung des öffentlichen Friedens angegeben?

Drucksache 17/11086 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
c) Nach welchen (ggf. weiteren) Kategorien werden die Datenübermittlun-
gen dokumentiert?

2. Wie häufig hat die Bundesregierung bzw. die übermittelnde Stelle die aus-
ländischen Sicherheitsbehörden um eine Unterrichtung über die Verwen-
dung der übermittelten Daten und die dadurch erzielten Ergebnisse ersucht
(bitte pro Staat angeben)?

a) Inwiefern wurden diese Ersuchen erfüllt bzw. nicht erfüllt?

b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den erhalte-
nen Auskünften?

c) Welche Probleme und Defizite bei der Verwendung der Daten sieht die
Bundesregierung?

3. Wie häufig sind Übermittlungsersuchen ausländischer Sicherheitsbehörden
(bitte jeweiligen Staat angeben) nicht erfüllt worden, und was war nach
Kenntnis der Bundesregierung jeweils der Grund für die Nichterfüllung?

4. Wie häufig wurden Übermittlungsersuchen, die an ausländische Sicherheits-
behörden gerichtet wurden, von diesen nicht erfüllt, und was wurde als
Grund für die Nichterfüllung angegeben (bitte pro Staat angeben)?

5. Hat es in der Vergangenheit Fälle gegeben, in denen Ersuchen um Daten-
übermittlung aufgrund Eilbedürftigkeit zunächst nur mündlich formuliert,
dann aber nicht innerhalb einer Woche schriftlich bestätigt worden sind, und
wenn ja,

a) vonseiten welcher Staaten,

b) wie häufig,

c) was war Gegenstand der Ersuchen und ist ihnen stattgegeben worden und

d) welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Problematik des Begriffs „öffentliche
Sicherheit“ als Grundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten an
ausländische Sicherheitsbehörden angesichts der Tatsache, dass dieser
Begriff nicht definiert ist und von autoritären Staaten mit wesentlich ande-
rem Inhalt gefüllt werden kann als von der Bundesregierung (was auch für
die von der Bundesregierung abgeleiteten Begriffe wie insbesondere
Freiheit und Ehre gilt, vgl. Antwort zu Frage 5b auf Bundestagsdrucksache
17/10735)?

7. Aus welchem Grund strebt sie bei der Neufassung von Sicherheitsabkom-
men mit ausländischen Staaten die Aufnahme einer Regelung an, sich auch
bei Gefahren für die „öffentliche Sicherheit“ zu einer Datenübermittlung zu
verpflichten, ohne diesen Begriff zu definieren und damit auszuschließen,
dass dieser Begriff insbesondere von autoritär regierten Staaten willkürlich
interpretiert wird?

Berlin, den 18. Oktober 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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