BT-Drucksache 17/11060

a) zu der Verordnung der Bundesregierung - Drucksachen 17/10605, 17/10707 Nr. 2.3- Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen, zur Änderung der Verordnung zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen beim Umfüllen oder Lagern von Ottokraftstoffen, Kraftstoffgemischen oder Rohbenzin sowie zur Änderung der Verordnung zur Begrenzung der Kohlenwasserstoffemissionen bei der Betankung von Kraftfahrzeugen b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Becker, Gerd Bollmann, Marco Bülow, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - Drucksache 17/9555- Schadstoffbelastung durch Abfallmitverbrennung senken - Gleiche Bedingungen für Müllverbrennung und Abfallmitverbrennung

Vom 17. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11060
17. Wahlperiode 17. 10. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(16. Ausschuss)

a) zu der Verordnung der Bundesregierung
– Drucksachen 17/10605, 17/10707 Nr. 2.3 –

Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen,
zur Änderung der Verordnung zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger
organischer Verbindungen beim Umfüllen oder Lagern von Ottokraftstoffen,
Kraftstoffgemischen oder Rohbenzin sowie zur Änderung der Verordnung zur
Begrenzung der Kohlenwasserstoffemissionen bei der Betankung
von Kraftfahrzeugen

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Becker, Gerd Bollmann, Marco Bülow,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/9555 –

Schadstoffbelastung durch Abfallmitverbrennung senken – Gleiche
Bedingungen für Müllverbrennung und Abfallmitverbrennung

A. Problem

Zu Buchstabe a

Die Verordnung dient der Umsetzung der Anforderungen der Richtlinie 2010/
75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010
über Industrieemissionen. Mit der Richtlinie werden insbesondere die europä-
ischen Emissionsstandards bei der Festlegung von Emissionsgrenzwerten ver-
stärkt berücksichtigt. Zentrales Anliegen der Richtlinie ist die Festlegung von
Genehmigungsauflagen zum Betrieb von Anlagen auf der Grundlage der besten
verfügbaren Techniken (BVT). Die Richtlinie ist innerhalb von zwei Jahren
umzusetzen.

Zu Buchstabe b

Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, die 17. BImSchV
dahingehend zu ändern, dass alle Mitverbrennungsanlagen dieselben Auflagen
einhalten müssen wie reguläre Müllverbrennungsanlagen. Ferner soll sie die vor-
handenen Ausnahmeregelungen kritisch überprüfen, eine kontinuierliche Schad-

Drucksache 17/11060 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

stoffmessung festlegen und grundsätzlich ein Ökodumping durch Abfallmitver-
brennung verhindern.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Zustimmung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/9555 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11060

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) der Verordnung der Bundesregierung auf Drucksache 17/10605 zuzustim-
men,

b) den Antrag auf Drucksache 17/9555 abzulehnen.

Berlin, den 17. Oktober 2012

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Eva Bulling-Schröter
Vorsitzende

Dr. Michael Paul
Berichterstatter

Ute Vogt
Berichterstatterin

Dr. Lutz Knopek
Berichterstatter

Ralph Lenkert
Berichterstatter

Dorothea Steiner
Berichterstatterin

Drucksache 17/11060 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Michael Paul, Ute Vogt, Dr. Lutz Knopek,
Ralph Lenkert und Dorothea Steiner

I. Überweisung

Die Verordnung der Bundesregierung auf Drucksache
17/10605 wurde gemäß § 92 der Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages (Drucksache 17/10707 Nr. 2.3) am
14. September 2012 zur federführenden Beratung an den
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
und zur Mitberatung an den Ausschuss für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung überwiesen.

Der Antrag auf Drucksache 17/9555 wurde in der 178. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 10. Mai 2012 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an
den Innenausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie sowie den Ausschuss für Gesundheit überwie-
sen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Die Verordnung dient der Umsetzung der Anforderungen der
Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen.
Mit der Richtlinie werden insbesondere die europäischen
Emissionsstandards bei der Festlegung von Emissionsgrenz-
werten verstärkt berücksichtigt. Zentrales Anliegen der
Richtlinie ist die Festlegung von Genehmigungsauflagen
zum Betrieb von Anlagen auf der Grundlage der besten ver-
fügbaren Techniken (BVT).

Hierzu sind Änderungen der Verordnungen zum Bundes-
Immissionsschutzgesetz über Großfeuerungs- und Gasturbi-
nenanlagen (13. BImSchV), über die Verbrennung und die
Mitverbrennung von Abfällen (17. BImSchV) sowie zur
Emissionsbegrenzung von leichtflüchtigen halogenierten
organischen Verbindungen (2. BImSchV), zur Begrenzung
von Emissionen aus der Titandioxid-Industrie (25.
BImSchV) und zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger
organischer Verbindungen bei der Verwendung organischer
Lösemittel in bestimmten Anlagen (31. BImSchV) erforder-
lich.

Des Weiteren werden redaktionelle Änderungen in der Ver-
ordnung zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organi-
scher Verbindungen beim Umfüllen oder Lagern von Otto-
kraftstoffen, Kraftstoffgemischen oder Rohbenzin (20.
BImSchV) sowie in der Verordnung zur Begrenzung der
Kohlenwasserstoffemissionen bei der Betankung von Kraft-
fahrzeugen (21. BImSchV) vorgenommen.

Zu Buchstabe b

Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert wer-
den, die 17. BImSchV dahingehend zu ändern, dass alle
Mitverbrennungsanlagen dieselben Auflagen einhalten
müssen wie reguläre Müllverbrennungsanlagen. Ferner soll
sie die vorhandenen Ausnahmeregelungen kritisch überprü-
fen, eine kontinuierliche Schadstoffmessung festlegen und

grundsätzlich ein Ökodumping durch Abfallmitverbrennung
verhindern.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat in seiner 79. Sitzung am 17. Oktober 2012 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
empfohlen, der Verordnung der Bundesregierung auf Druck-
sache 17/10605 zuzustimmen.

Zu Buchstabe b

Der Innenausschuss hat in seiner 82. Sitzung am 17. Okto-
ber 2012 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den
Antrag auf Drucksache 17/9555 abzulehnen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat in sei-
ner 80. Sitzung am 17. Oktober 2012 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 17/9555
abzulehnen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 86. Sitzung
am 17. Oktober 2012 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN emp-
fohlen, den Antrag auf Drucksache 17/9555 abzulehnen.

IV. Öffentliche Anhörung

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit hat in seiner 79. Sitzung am 15. Oktober 2012 eine öf-
fentliche Anhörung zu der Verordnung der Bundesregierung
auf Drucksache 17/10605 durchgeführt. Hierzu hat der Aus-
schuss folgende Sachverständige eingeladen:

Dr. Manfred Rebentisch
Rechtsanwalt

Ulrich Klinkert
Vattenfall Europe AG

Dr. Harald Schönberger

Andreas Theuer
ThyssenKrupp Steel Europe AG

Christian Tebert
Ökopol GmbH

Prof. Dr. Uwe Lahl
Ministerialdirektor a.D.

Die Ergebnisse sind in die Beratungen des Ausschusses ein-
geflossen. Das korrigierte Wortprotokoll der Anhörung ist
der Öffentlichkeit über das Internet zugänglich.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/11060

V. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit hat die Verordnung der Bundesregierung auf Druck-
sache 17/10605 in seiner 80. Sitzung am 17. Oktober 2012
abschließend beraten.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit hat den Antrag auf Drucksache 17/9555 in seiner
80. Sitzung am 17. Oktober 2012 abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, die Bundesrepublik
Deutschland sei das Land innerhalb der EU, das am stärks-
ten von der Umsetzung der europäischen Richtlinie über In-
dustrieemissionen (IED) betroffen sei. Das Bruttoinlands-
produkt der Bundesrepublik Deutschland werde zu 32 Pro-
zent von der Industrie und den industrienahen Bereichen er-
wirtschaftet. Innerhalb der Europäischen Union insgesamt
liege dieser Wert bei rund 15 Prozent. Aufgrund der Erfah-
rungen in den vergangenen Krisenjahren habe der EU-
Industriekommissar Antonio Tajani inzwischen einen euro-
paweiten Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt von
20 Prozent gefordert. Die Umsetzung der Richtlinie habe
vor allem Auswirkungen auf die industriellen Bereiche, von
denen in der vorliegenden Verordnung die Rede sei. Dies
gelte insbesondere für die Änderungen der 13. BImSchV
(Verordnung über Großfeuerungs- und Gasturbinenanlagen)
und der 17. BImSchV (Verordnung über die Verbrennung
und die Mitverbrennung von Abfällen). In der Bundesrepu-
blik Deutschland stünden rund 9 000 von insgesamt 52 000
Anlagen in der Europäischen Union, die von der IED be-
troffen seien.

Die Bundesregierung habe sich genau an die Vorgaben der
zugrunde liegenden EU-Richtlinie über Industrieemissionen
gehalten. Es müsse das Ziel sein, dass die deutschen Unter-
nehmen mit den hohen deutschen Umweltschutzstandards
im internationalen Wettbewerb insbesondere auch auf euro-
päischer Ebene keine Wettbewerbsnachteile hätten. Dass die
Umweltschutzstandards insgesamt in der Europäischen
Union auf ein höheres Niveau gezogen werden würden,
werde sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der deut-
schen Industrie auswirken. Eine Aufweichung der deut-
schen Umweltstandards dürfe nicht geschehen. Dies sei mit
dem vorgelegten Verordnungsentwurf der Bundesregierung
aber auch nicht der Fall. Auch sei dies aufgrund der in der
EU-Richtlinie über Industrieemissionen angelegten Mecha-
nismen nicht zu befürchten. Die Nutzung der besten verfüg-
baren Techniken werde durch die sogenannten BVT-Merk-
blätter europaweit verbindlich werden.

In der Anhörung am 15. Oktober 2012 zu der vorliegenden
Verordnung sei seitens der Sachverständigen auf die Anfor-
derungen an die Industrieunternehmen – insbesondere die
Kraftwerke – angesichts der Herausforderungen durch die
Energiewende hingewiesen worden. Die höhere Zahl der
volatilen erneuerbaren Energien im Stromnetz bringe es mit
sich, dass die fossil gefeuerten Kraftwerke mehr An- und
Abfahrvorgänge haben würden als in der Vergangenheit.
Nach Aussage der Sachverständigen seien die Regelungen
der vorliegenden Verordnung ausreichend, um diesen
Herausforderungen gerecht zu werden. Man werde dieses
Problem aber weiter beobachten müssen. Jedoch sei das
Bundesimmissionsschutzrecht nicht der geeignete Ort, um
Abstriche an Umweltschutzstandards vorzunehmen, die

möglicherweise im einen oder anderen Fall aufgrund der
Energiewende nötig werden könnten.

Für Quecksilber, welches ein hochtoxischer Stoff sei, gebe
es neue Anforderungen. In der Anhörung habe es sich ge-
zeigt, dass man darüber diskutieren könne, ob die gewählten
Werte anspruchsvoll genug seien. Es sei sinnvoll, sich der
Quecksilberproblematik in Zukunft verstärkt zu widmen.
Die Umsetzung der europäischen Richtlinie durch die
Änderungen in der 13. und 17. BImSchV sei ein Zwischen-
schritt. Erforderlich sei eine umfassende Quecksilberstrate-
gie, um auch in der Zukunft die Bevölkerung vor diesen ge-
fährlichen Stoffen zu schützen.

Die Fraktion der FDP erklärte, die europäische Richtlinie
über Industrieemissionen sei ein wesentlicher Schritt zu
besseren europaweit einheitlichen Umweltstandards im Be-
reich des Emissionsschutzes. Dies gelte insbesondere für
den Bereich der Großfeuerungsanlagen und der Abfallver-
brennungs- und Mitverbrennungsanlagen, für die gegenüber
der Vorgängerrichtlinie deutlich anspruchsvollere Grenz-
werte vorgesehen seien. Die europäische Komponente sei
entscheidend. Umweltschutz funktioniere nicht national,
sondern international. Deshalb sei es entscheidend, dass
auch die Länder in der Europäischen Union, die sich bislang
nicht in dem Maße wie die Bundesrepublik Deutschland ei-
ner konsequenten Minimierung von Emissionen verpflichtet
gefühlt hätten, gleiche Umweltstandards einführten. Das sei
aktiver europäischer Umweltschutz.

Der Verordnungsentwurf der Bundesregierung orientiere
sich zu Recht weitestgehend an einer Eins-zu-eins-Umset-
zung. Man dürfe dabei aber in keinem Fall unter bereits in
Deutschland erreichte Standards zurückfallen. Die Jahres-
mittelwerte von Staub- und Quecksilberemissionen seien
bereits mit der europäischen Richtlinie über Industrieemis-
sionen verschärft worden. An dieser Stelle habe man aber
auf eine Eins-zu-eins-Umsetzung verzichtet und sei darüber
hinausgegangen. In der Anhörung habe sich aber auch erge-
ben, dass die Situation in der Bundesrepublik Deutschland
nicht mit der in den USA zu vergleichen sei. Dort habe man
anderes z. B. Kohle zur Verfügung, mit der es relativ leicht
sei, entsprechende Grenzwerte zu erreichen.

Zusammenfassend könne man feststellen, dass mit der vor-
liegenden Verordnung der Bundesregierung der richtige
Weg einer Richtlinien nahen Umsetzung bei gleichzeitiger
Fortentwicklung nationaler Umweltstandards beschritten
werde.

Die Fraktion der SPD erklärte, es sei schwer nachzuvoll-
ziehen, warum man darauf verzichtet habe, den Vorteil, den
die deutsche Industrie habe – dadurch, dass sie in der Lage
sei, hohe Umweltstandards einzuhalten –, durch die Fest-
legung ambitionierter Grenzwerte weiter auszubauen.
Warum habe man beispielsweise nicht wenigstens einen
Grenzwert von 20 Mikrogramm Quecksilber festgelegt, den
man bereits jetzt mit der besten zur Verfügung stehenden
Technik einhalten könne? Dass man stattdessen einen
Grenzwert in Höhe von 30 Mikrogramm festgelegt habe, sei
ein großes Versäumnis. Es sei insbesondere nicht nachvoll-
ziehbar vor dem Hintergrund, dass man in den USA für
2016 einen Grenzwert in Höhe von 3 Mikrogramm festge-
legt habe. In diesem Bereich sollte man der deutschen In-
dustrie und ihrer Leistungsfähigkeit mehr Vertrauen entge-
genbringen.

Drucksache 17/11060 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Auch beim Thema Feinstaub habe man nicht dazu beigetra-
gen, dass es substanzielle Verbesserungen gebe. Man sei in
der Lage, weitere Verbesserungen zu erreichen. Die Bun-
desrepublik Deutschland dürfe ihre Vorreiterrolle in diesem
Bereich nicht aufgeben. Insbesondere bei der Entwicklung
von Anlagen habe man in der Vergangenheit durch stren-
gere Grenzwerte große Fortschritte erzielt. Die deutsche In-
dustrie sei dadurch eher im Vorteil. Die europäische Richtli-
nie über Industrieemissionen verbiete solche substanziellen
Verbesserungen nicht, sondern lasse derartige Verbesserun-
gen zu.

Es irritiere, dass es bisher bei der Umsetzung der Richtlinie
keinerlei Versuche gegeben habe, das Thema Effizienz in
irgendeiner Weise anzugehen. Vielleicht gelinge dies noch
bei der Beratung des Verordnungsentwurfs zur Umsetzung
der Richtlinie in der 43. Kalenderwoche 2012. Die Bundes-
regierung werde sich nicht dauerhaft dem Thema Energie-
effizienz entziehen können. Es müsse ihr gelingen, auch das
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie einzu-
beziehen.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, die Bundesrepublik
Deutschland habe die Vorgaben der Europäischen Union
hinsichtlich der Stickoxide nicht erfüllt. Dem vorliegenden
Verordnungsentwurf der Bundesregierung sei nicht zu ent-
nehmen, dass man diesbezüglich die technisch heute schon
einhaltbaren Grenzwerte einführen wolle. Stattdessen be-
lasse man es bei den alten Grenzwerten, mit denen man es
nicht schaffen werde, die Verpflichtungen der Bundesrepu-
blik Deutschland einzuhalten. In der Anhörung sei seitens
der Sachverständigen darauf hingewiesen worden, dass der
Verkehrssektor seinen Beitrag zur Stickoxidminderung ge-
leistet habe, der Energiesektor hingegen nicht. Die Emissio-
nen des Industriesektors insgesamt seien in diesem Bereich
sogar angewachsen. Man habe mit dem vorliegenden Ver-
ordnungsentwurf eine Gelegenheit versäumt, hier etwas zu
verbessern.

Auch beim Feinstaub habe man sich weit von dem entfernt,
was technisch möglich wäre. Im Gegenteil, die Bundesre-
gierung bereite keine wirksamen Maßnahmen vor gegen die
zunehmende Mitverbrennung von sogenannten Ersatz-
brennstoffen in Zementwerken und Stahlwerken. Inzwi-
schen würden rund 60 Prozent des Energiebedarfs von Ze-
mentwerken durch Ersatzbrennstoffe gedeckt werden. Diese
Ersatzbrennstoffe würden gemäß dem Kreislaufwirtschafts-
gesetz als stofflich recycelt abgerechnet werden, was eine
Veralberung der Bürgerinnen und Bürger sei. Zementwerke
unterlägen nicht den strengen Auflagen von Müllverbren-
nungsanlagen, weil man nicht wisse, welche Emissionen
aus natürlichen Zusatzstoffen resultierten und welche aus
der Mitverbrennung. Deshalb würden in der Praxis die hö-
heren Grenzwerte akzeptiert werden. Es wäre ein logischer
Schritt, die Mitverbrennung in Zementwerken zu verbieten,
solange die Grenzwerte von Müllverbrennungsanlagen
nicht eingehalten werden würden.

Insgesamt habe die Bundesregierung einen industriefreund-
lichen Entwurf vorgelegt, der mit Sicherheit die Renditen
der Unternehmen steigere. Mit ihm werde es aber nicht ge-
lingen, die Kosten im Gesundheitssystem zu reduzieren, die
durch die Schadstoffemissionen beispielsweise von Queck-
silber oder Feinstäuben verursacht werden würden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, die
Emissionsgrenzwerte für Industrieemissionen stünden im
engen Zusammenhang mit den Gesundheitsbelastungen der
Bürgerinnen und Bürger. Die vorliegende Verordnung der
Bundesregierung sei unzureichend. In verschiedenen Berei-
chen werde auf die beste verfügbare Technik verzichtet.
Beispielsweise müssten alte Kohlekraftwerke nicht dem
Stand der Technik entsprechen, was zu hohe Quecksilber-
emissionen erlaube. Auch neuere wissenschaftliche Unter-
suchungen belegten, dass Quecksilberemissionen ein hohes
Gefährdungspotenzial hätten. Dies gelte insbesondere für
Methylquecksilber, welches von Kohlekraftwerken freige-
setzt werde. Diese Untersuchungen hätten ergeben, dass
Methylquecksilber eine Wirkung auf die Entwicklung kind-
licher Gehirne habe, sowohl vorgeburtlich als auch im Kin-
desalter. Deswegen seien die beibehaltenen Grenzwerte viel
zu hoch. Es sei nicht nachvollziehbar, warum man sich nicht
an den Grenzwerten orientiert habe, wie sie zum Beispiel in
den USA formuliert worden seien. Man beantrage deshalb
eine Absenkung der Grenzwerte für die Freisetzung von
Quecksilber.

Man habe anlässlich der Feinstaubdebatte und der Belastun-
gen durch Verkehr schon häufig auf die Gefahren und die
gesundheitlichen Probleme durch Stäube hingewiesen. Jetzt
werde die Grenze in der Verordnung für Feinstäube von
20 Milligramm pro Kubikmeter auf 10 Milligramm gesenkt.
Das bringe keine wesentlichen Verbesserungen und führe
bei ungünstigen Witterungslagen trotzdem zu sehr schädli-
chen Auswirkungen. Deswegen wolle man die Staubgrenz-
werte für Kohlekraftwerke auf 5 Milligramm senken.

Auch bei den Stickoxiden sei offensichtlich, dass die Grenz-
werte deutlich zu hoch seien und abgesenkt werden müss-
ten. Es gebe keinen Anlass die Braunkohle zu bevorzugen.
Es müsse eine Gleichstellung der Brennstoffe geben. Hin-
sichtlich der Kritikpunkte an der Mitverbrennung von Ab-
fällen in Zementwerten schließe man sich der Argumenta-
tion der Fraktionen SPD und DIE LINKE. an. Man wolle
darüber hinaus einen Nachweis, dass der erhöhte Kohlen-
stoffwert nicht aus der Abfallmitverbrennung bei geringen
Temperaturen stamme. Insgesamt ergebe sich der Eindruck,
dass die Bundesregierung bei verschiedenen Grenzwertfest-
legungen stärker darauf geachtet habe, der Industrie keine
zu hohen Auflagen bei den Umweltstandards aufzubürden.
Natürlich wisse man, dass von diesen Auflagen auch Inves-
titionsentscheidungen abhingen. Die Gesundheit der Bürge-
rinnen und Bürger sei aber zu wenig berücksichtigt worden.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimment-
haltung der Fraktion der SPD, dem Deutschen Bundestag zu
empfehlen, der Verordnung der Bundesregierung auf
Drucksache 17/10605 zuzustimmen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem
Deutschen Bundestag zu empfehlen, den Antrag auf Druck-
sache 17/9555 abzulehnen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/11060

CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den
Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Ausschuss-
drucksache 17(16)578 abzulehnen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Ausschussdrucksache 17(16)576 abzulehnen.

Berlin, den 17. Oktober 2012

Anlagen:

1. Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Ausschussdrucksache
17(16)578

2. Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Aus-
schussdrucksache 17(16)576

Dr. Michael Paul
Berichterstatter

Ute Vogt
Berichterstatterin

Dr. Lutz Knopek
Berichterstatter

Ralph Lenkert
Berichterstatter

Dorothea Steiner
Berichterstatterin

Drucksache 17/11060 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Anlage 1

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/11060

Drucksache 17/11060 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/11060

Anlage 2

Drucksache 17/11060 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/11060

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