BT-Drucksache 17/10862

Förderung des ökologischen Landbaus - Wachstumspotentiale in Deutschland für deutsche Produzenten erschließen

Vom 26. September 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10862
17. Wahlperiode 26. 09. 2012

Antrag
der Abgeordneten Dr. Wilhelm Priesmeier, Willi Brase, Petra Crone, Gabriele
Groneberg, Elvira Drobinski-Weiß, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Ulrich Kelber,
Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Holger Ortel, Heinz Paula, Rita Schwarzelühr-
Sutter, Kerstin Tack, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Förderung des ökologischen Landbaus – Wachstumspotentiale in Deutschland
für deutsche Produzenten erschließen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Deutschland hat in seiner nationalen Nachhaltigkeitsstrategie einen Nachhaltig-
keitsindikator für ökologische Landwirtschaft festgelegt. 20 Prozent der land-
wirtschaftlich genutzten Fläche sollen in den nächsten Jahren ökologisch be-
wirtschaftet werden. Jedes Jahr werden die Nachhaltigkeitsindikatoren ermittelt
und veröffentlicht. Jedes Jahr werden für den ökologischen Landbau Zuwächse
verkündet. Vom 20-Prozent-Ziel ist der ökologische Landbau in Deutschland
jedoch noch meilenweit entfernt. Denn im Jahr 2011 wurden nur 6,1 Prozent der
landwirtschaftlichen Fläche ökologisch bewirtschaftet.

Das 20-Prozent-Ziel wurde ohne Zieldatum verabschiedet. Die Förderung des
ökologischen Landbaus wird auf die lange Bank geschoben. Die schwarz-gelbe
Bundesregierung verzögert den Ausbau weiter, indem sie ohne Grund das Bun-
desprogramm Ökologischer Landbau auf andere Formen nachhaltiger Landwirt-
schaft erweitert.

Das Statistische Bundesamt stellt in seinem Bericht „Nachhaltige Entwicklung
in Deutschland. Indikatorenbericht 2012“ Folgendes fest: „Ökologischer Land-
bau ist besonders auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Er erhält und schont die natürli-
chen Ressourcen in besonderem Maße, hat vielfältige positive Auswirkungen
auf Natur und Umwelt und dient der Erzeugung qualitativ hochwertiger Lebens-
mittel. Darüber hinaus leistet er einen Beitrag zur Pflege und zum Erhalt der
Kulturlandschaft und zur Sicherung der Beschäftigung im ländlichen Raum. Zu
den Anbauregeln gehören insbesondere möglichst geschlossene Betriebskreis-
läufe, der Verzicht auf leichtlösliche mineralische Düngemittel und chemisch
synthetische Pflanzenschutzmittel sowie auf gentechnisch veränderte Organis-
men.“
Diese positiven Effekte werden von immer mehr Verbraucherinnen und Ver-
brauchern geschätzt. Die inländische Produktion ökologischer Rohstoffe bleibt
weit hinter der Nachfrage zurück und kann die Wachstumspotentiale nicht aus-
schöpfen. Besonders die Importe von Produkten, die auch in Deutschland ange-
baut werden könnten, machen dies deutlich. So wurden 28 Prozent aller verkauf-
ten Biokartoffeln, 48 Prozent aller verkauften Biomöhren und 50 Prozent aller
verkauften Bioäpfel in anderen Ländern angebaut. So erklärt sich auch, dass der

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Umsatz mit Biolebensmitteln um 9 Prozent im Jahr 2011 gestiegen ist, während
die Fläche mit ökologischem Anbau nur um 3,2 Prozent zugenommen hat.

In Deutschland fehlt eine einheitliche und auf Dauer angelegte Strategie zur För-
derung der ökologischen Landwirtschaft. Das bisherige Nebeneinander von un-
spezifischen Direktzahlungen aus Brüssel und freiwilligen Agrarumweltmaß-
nahmen auf der Länderebene führt nicht zu einer systematischen Stärkung der
ökologischen Landwirtschaft. Viele punktuelle Initiativen zeigen, wie sich
Landwirtschaft mit Natur-, Klima-, Tier- und Artenschutz unter wirtschaftlichen
Maßgaben vereinen lässt. Diese Initiativen müssen nun in eine umfassende Stra-
tegie eingebettet werden, damit mehr Landwirte auf die ökologische Produk-
tionsweise umstellen. Eine Anpassung der Förderung der ökologischen Land-
wirtschaft an die Bedürfnisse der Produzenten ist erforderlich, damit die wach-
sende Nachfrage befriedigt, nachhaltige und ökologische Produktionsweisen in
der Landwirtschaft implementiert und ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet
werden.

Das politische Leitziel muss sein, dass möglichst viele landwirtschaftliche
Betriebe mit unterschiedlicher Größe, Produktionsausrichtung und Beschäf-
tigungsstruktur auf eine ökologische Produktionsweise umstellen und diese
beibehalten können. Ein klares politisches Bekenntnis zur Vorzüglichkeit des
ökologischen Wirtschaftens und eine Verstetigung der Förderprogramme sind
das Gebot der Stunde.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. in der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel zur Umstellung auf ökolo-
gische Landwirtschaft auf 20 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche
bis zum Jahr 2020 festzulegen;

2. den ökologischen Landbau als Goldstandard für die landwirtschaftliche Pro-
duktion festzulegen;

3. die Voraussetzungen zu schaffen, dass die ökologische Landwirtschaft durch
Bundesprogramme besonders gefördert werden kann;

4. im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und
des Küstenschutzes“ (GAK) eine Verstetigung und die Attraktivität der Um-
stellungsprämien von konventioneller zu ökologischer Landwirtschaft
sicherzustellen;

5. die Öffnung des Bundesprogramms Ökologischer Landbau für andere land-
wirtschaftliche Produktionsverfahren ohne finanzielle Kürzungen rückgän-
gig zu machen;

6. die Forschungsförderung für ökologischen Landbau im Ressortbereich des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
zu bündeln und dabei insbesondere die Pflanzen- und Tierzucht auf die Be-
sonderheiten der ökologischen Produktionsweise auszurichten;

7. das öffentliche Beschaffungswesen der Bundesverwaltung zu nutzen, um den
qualitativ hochwertigen ökologischen Lebensmitteln den Weg in die öffent-
lichen Kantinen zu erleichtern;

8. innerhalb der Produktionskette für ökologisch produzierte tierische Lebens-
mittel hohe Tierschutzanforderungen umzusetzen, artgerechte Haltungs-
bedingungen und möglichst kurze Transportzeiten anzustreben und die
Schlachtbedingungen so auszugestalten, dass die Schlachttiere möglichst
stressfrei geschlachtet werden;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10862

9. in der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft für die Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer einen flächendeckenden Mindestlohn festzule-
gen sowie ein besonderes Augenmerk auf die Arbeitssicherheit in der Land-
wirtschaft zu legen;

10. über die Bundesagentur für Arbeit ein Qualifizierungs- und Weiterbildungs-
programm für die ökologische Landwirtschaft aufzulegen;

11. die Agrarforschung, die Lehre und die landwirtschaftliche Ausbildung stär-
ker als bisher auf die Anforderungen einer nachhaltigen Landwirtschaft aus-
zurichten.

Berlin, den 26. September 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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