BT-Drucksache 17/10788

Datenschutz und Datensicherheit bei sogenannten intelligenten Stromzählern

Vom 25. September 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10788
17. Wahlperiode 25. 09. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Raju Sharma, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Datenschutz und Datensicherheit bei sogenannten intelligenten Stromzählern

Vom 1. Januar 2013 an dürfen in neu erbauten Häusern nur noch sogenannte in-
telligente Stromzähler oder auch Smart Meter installiert werden. Bis zum Jahr
2022 soll dann letztendlich jeder Haushalt mit solch einem Hightech-Messgerät
ausgestattet sein. Bereits jetzt gibt es etliche Hausflure, die durch die kleinen
weißen Kästen geziert werden. Oft wissen die Bewohnerinnen und Bewohner
der Häuser gar nicht, was die Umstellung auf den kleinen Computer mit sich
bringt.

Die intelligenten Stromzähler messen im Gegensatz zu den alten Drehstromzäh-
lern den Verbrauch nämlich elektronisch und senden diesen, je nach Einstellung,
alle 2 Sekunden bis 15 Minuten über die herkömmlich im Haus installierte DSL-
Leitung an das Versorgungsunternehmen. Laut diesen ergeben sich durch
die moderne Vorgehensweise etliche Vorteile für Verbraucherinnen und Ver-
braucher.

So bieten diese speziellen Computer einen besseren Informations- und Kosten-
überblick als die älteren Geräte. Es könne jederzeit – zu Hause über den PC oder
von außerhalb über das Smartphone (App) – eingesehen werden, wann, durch
welches Gerät, wie viel Strom verbraucht wurde. Dadurch ließen sich Strom-
schlucker dementsprechend schnell identifizieren. Jedoch sind die Daten, die
von den kleinen Kästen erfasst und versendet werden, nicht nur für die Ver-
braucherinnen und Verbraucher von Nutzen. Auch für Stromanbieter und Netz-
betreiber kann es hinsichtlich der Tarifgestaltung und Angebotsoptimierung
durchaus interessant sein, zu sehen, wann ihre Kunden, welche Geräte, wie
lange benutzen.

Die tatsächliche Aussagekraft der Daten wurde dabei lange unterschätzt. Erst im
September 2011 wurde durch IT-Spezialisten (IT = Informationstechnologie)
der Fachhochschule Münster, die im Auftrag des Bundesministeriums für Bil-
dung und Forschung (BMBF) arbeiteten, aufgedeckt, was intelligente Strom-
zähler über das Leben einzelner Hausbewohnerinnen und -bewohner verraten
können.

Für die Untersuchung wurden die Daten auf dem Weg vom Stromzähler zum

Versorgungsunternehmen abgefangen. Neben der Feststellung, dass die Daten
unverschlüsselt – für jeden mit ein paar IT-Kenntnissen einsehbar – versendet
wurden, konnten die Forscher leicht nachvollziehen, um wie viel Uhr die Test-
personen aufstanden, wann sie das Haus verließen, ob sie lieber zum Mittag oder
Abendbrot warm aßen, und ob sie für die Zubereitung Mikrowelle oder Herd
bevorzugten. Sogar welches Fernsehprogramm die Testpersonen abends sahen,
konnte ohne großen Aufwand nachvollzogen werden. Dabei gilt, je öfter die

Drucksache 17/10788 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Daten an das Versorgungsunternehmen gesendet werden, desto genauere Aus-
sagen lassen sich über das Leben der Bewohner treffen.

Datenschützer kritisieren, dass intelligente Stromzähler ein weiterer Schritt in
Richtung gläserner Verbraucher seien und Bürgerinnen und Bürger dadurch
noch umfassender kontrolliert werden könnten. Weiterhin seien die Gewährleis-
tung von Datenschutz und Datensicherheit auf diesem Gebiet äußerst schwer zu
kontrollieren, und auch bezüglich der Datenaufbewahrung gebe es große Un-
sicherheiten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Aus welchen Gründen hält es die Bundesregierung für notwendig, den Ein-
bau von intelligenten Stromzählern verbindlich vorzuschreiben?

2. Inwieweit kann belegt werden, dass intelligente Stromzähler Vorteile wie
beispielsweise Verbrauchsminderung oder Beitrag zum Klimaschutz mit
sich bringen?

3. Welche Vorteile entstehen aus Sicht der Bundesregierung für Stromversor-
ger sowie andere involvierte Privatunternehmen mit der Einführung von in-
telligenten Stromzählern?

4. Welche Vor- und Nachteile entstehen aus Sicht der Bundesregierung für
Verbraucherinnen und Verbraucher mit der Einführung von intelligenten
Stromzählern?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, in wie vielen Haushalten sich zum jetzigen
Zeitpunkt intelligente Stromzähler befinden?

6. Welche statistischen Erfassungen besitzt die Bundesregierung im Bereich
intelligente Stromzähler, und aus welchem Grund wurden diese erstellt
(bitte Statistiken anfügen)?

7. Gibt es hinsichtlich der technischen Gegebenheiten Standards bzw. Min-
destanforderungen, die ein Gerät erfüllen muss?

Wenn ja, welche sind das, und aus welcher gesetzlichen Grundlage ergeben
sich diese?

8. Ist der Bundesregierung bekannt, ob sich digitale Stromzähler durch Dritte
manipulieren lassen?

Wenn ja, in welcher Hinsicht, und hat die Bundesregierung Kenntnisse von
solchen Vorfällen, und wie bewertet sie diese?

9. Welche Ziele verfolgte das BMBF mit der bei der Fachhochschule Münster
in Auftrag gegebenen Studie zur Datensicherheit bei intelligenten Strom-
zählern?

Aus welchem Grund wurde die Studie in Auftrag gegeben?

10. Aus welchen Gründen wurde sich zur Studiendurchführung für die Fach-
hochschule Münster entschieden?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der Studie hinsichtlich
Datenschutz und Datensicherheit bei der Nutzung von digitalen Stromzäh-
lern?

12. Plant die Bundesregierung, den Umgang mit den durch intelligente Strom-
zähler erworbenen Daten in irgendeiner Art und Weise zu regulieren bzw.
einzuschränken?

Wenn ja, gibt es diesbezüglich bereits Pläne, und wie sehen diese aus?

Wenn nein, mit welcher Begründung?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10788

13. Ist der Bundesregierung bekannt, wie die Versorgungsunternehmen mit den
Verbrauchsdaten ihrer Kundinnen und Kunden umgehen?

Sieht die Bundesregierung hierbei Datenschutzprobleme, und wenn ja, wel-
cher Art sind diese?

14. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Daten der Verbraucherinnen und
Verbraucher durch die Versorgungsunternehmen an Dritte weitergegeben
werden?

Wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage, und zu welchen Zwecken?

15. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, welche Daten ihrer Kundin-
nen und Kunden die Versorgungsunternehmen wie und für welchen Zeit-
raum speichern (bitte nach Versorgungsunternehmen aufschlüsseln)?

16. Ist der Bundesregierung bekannt, ob es den Kundinnen und Kunden mög-
lich ist einzusehen, welche Daten ihr Versorgungsunternehmen von ihnen
speichert und ob sie gegebenenfalls die Löschung der Daten, die nicht zu
Abrechnungszwecken gespeichert werden, beantragen können?

17. Ist der Bundesregierung bekannt, wer auf die bei den Versorgungsunterneh-
men gespeicherten Daten Zugriff hat?

18. Wie schätzt die Bundesregierung die Tatsache ein, dass einige digitale
Stromzähler die Verbrauchsdaten alle zwei Sekunden an das Versorgungs-
unternehmen senden, und somit detaillierte Aussagen über die Lebensweise
der Verbraucherinnen und Verbraucher möglich sind?

19. Ist der Bundesregierung bekannt, ab welchem Sendungsintervall sich weni-
ger detaillierte Aussagen über die Nutzerinnen und Nutzer von digitalen
Stromzählern ergeben?

20. Hält es die Bundesregierung für sinnvoll, ein einheitliches Sendeintervall
gesetzlich zu regeln?

Wenn ja, aus welchen Gründen?

Wenn nein, warum nicht?

21. Was spricht nach Meinung der Bundesregierung dagegen, die Verbrauchs-
daten in größeren Intervallen zu senden?

22. Ist der Bundesregierung bekannt, was aus Sicht der Stromanbieter dagegen
spricht, die Verbrauchsdaten in größeren Intervallen zu senden?

23. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der nicht abflachenden Kritik von Datenschutzbeauftragten an intel-
ligenten Stromzählern?

Berlin, den 25. September 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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