BT-Drucksache 17/10775

Entwurf eines Gesetzes über die Schaffung eines Demographie-Fonds in der gesetzlichen Rentenversicherung zur Stabilisierung der Beitragssatzentwicklung (Demographie-Fonds-Gesetz)

Vom 25. September 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10775
17. Wahlperiode 25. 09. 2012

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Anton Schaaf, Anette Kramme, Petra Ernstberger, Elke Ferner,
Iris Gleicke, Bettina Hagedorn, Gabriele Hiller-Ohm, Josip Juratovic,
Angelika Krüger-Leißner, Ute Kumpf, Gabriele Lösekrug-Möller, Katja Mast,
Thomas Oppermann, Silvia Schmidt (Eisleben), Ottmar Schreiner,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Entwurf eines Gesetzes über die Schaffung eines Demographie-Fonds in der
gesetzlichen Rentenversicherung zur Stabilisierung der Beitragssatzentwicklung
(Demographie-Fonds-Gesetz)

A. Problem

Die von der Bundesregierung und den Fraktionen der CDU/CSU und FDP be-
absichtigte Absenkung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung von 19,6 Pro-
zent auf 19 Prozent führt zu Beginn des nächsten Jahrzehnts zu einem sprung-
haften Anstieg des Beitragssatzes. Dies gefährdet die politische und öffentliche
Akzeptanz der Rentenversicherung.

B. Lösung

Durch einen Verzicht auf eine Begrenzung der Rücklagen bei gleichzeitiger
Stabilisierung des Beitragssatzes bei 19,6 Prozent gelingt es, diesen Beitragssatz
durch Bildung eines Demographie-Fonds mitelfristig stabil zu halten.

C. Alternativen

Eine deutliche Erhöhung des Bundeszuschusses zu Beginn des nächsten Jahr-
zehnts, um den Beitragssatzsprung zu verhindern. Alternativ könnte eine schritt-
weise Anhebung des Beitragssatzes über die nächsten Jahre hinweg vorgenom-
men werden, um so zu einer Verstetigung zu gelangen.

D. Kosten

Durch die Anbindung des allgemeinen Bundeszuschusses an die Beitragssatz-

entwicklung erhöhen sich die jährlichen Ausgaben des Bundes bis einschließ-
lich 2019. Diese Mehrausgaben werden kompensiert durch die deutlichen Min-
derausgaben in den folgenden Jahren, so dass die Regelung insgesamt
aufkommensneutral für den Bund ist.

Berlin, den 25. September 2012
Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion
Artikel 1

Gesetz über die Schaffung eines
Demographie-Fonds in der gesetzlichen

Rentenversicherung
zur Stabilisierung der Beitragssatzentwicklung

(Demographie-Fonds-Gesetz)

Der Beitragssatz beträgt für das Jahr 2013 in der allgemei-
nen Rentenversicherung 19,6 Prozent und in der knapp-
schaftlichen Rentenversicherung 26,0 Prozent. Im Übrigen
bleibt die Regelung des § 158 Absatz 4 des Sechsten Buches
Sozialgesetzbuch unberührt.

Artikel 2

Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch

§ 158 Absatz 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetz-
buch – Gesetzliche Rentenversicherung – in der Fassung der
Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754,
1404, 3384), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird
wie folgt gefasst:

„Der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung ist
vom 1. Januar eines Jahres an zu verändern, wenn am
31. Dezember dieses Jahres bei Beibehaltung des bisherigen
Beitragssatzes die Mittel der Nachhaltigkeitsrücklage das
0,2fache der durchschnittlichen Ausgaben zu eigenen Lasten
der Träger der allgemeinen Rentenversicherung für einen
Kalendermonat (Mindestrücklage) voraussichtlich unter-
schreiten.“

Artikel 3

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2013 in Kraft.
Drucksache 17/10775 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes über die Schaffung eines Demographie-Fonds in der
gesetzlichen Rentenversicherung zur Stabilisierung der Beitragssatzentwicklung
(Demographie-Fonds-Gesetz)

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlosssen:

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10775

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Nach § 158 Absatz 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialge-
setzbuch (SGB VI) ist nach geltendem Recht der Beitrags-
satz in der gesetzlichen Rentenversicherung zu verändern,
wenn zum 31. Dezember dieses Jahres bei Beibehaltung des
bisherigen Beitragssatzes die Mittel der Höchstnachhaltig-
keitsrücklage das 1,5fache der durchschnittlichen Ausgaben
der allgemeinen Rentenversicherung zu eigenen Lasten für
einen Kalendermonat voraussichtlich überschreiten.

Diese Regelung führt dazu, dass vor dem Hintergrund der
prognostizierten Entwicklung der Einnahmen und der Aus-
gaben der Rentenversicherung ab dem Jahr 2013 eine wei-
tere Absenkung des Beitragssatzes erfolgt, dieser bis Ende
des Jahrzehnts stabil bleibt und dann ein starker Anstieg not-
wendig ist.

Der zu erwartende deutliche Beitragssatzanstieg birgt dabei
die Gefahr in sich, dass er von denjenigen, die ein politisches
Interesse an der Schwächung der umlagefinanzierten Sozial-
versicherung besitzen, als Ausdruck grundsätzlicher Finan-
zierungsprobleme der Rentenversicherung interpretiert wer-
den kann, während die vorherigen Senkungen des Beitrags-
satzes nicht zur Kenntnis genommen werden.

Um stattdessen einen Demographie-Fonds in der gesetzli-
chen Rentenversicherung aufzubauen, der zur Verstetigung
der Beitragssatzentwicklung beiträgt, sollen die Rücklagen
der Rentenversicherung ausgebaut werden. Hierzu wird die
Begrenzung der Höchstnachhaltigkeitsrücklage gestrichen
mit dem Ergebnis, dass die Rücklagen über den bisherigen
Höchstwert ansteigen können. Gleichzeitig wird so die
Funktion des Auffangens konjunktureller Schwankungen bei
den Beitragseinnahmen gestärkt, da so künftigen Einnahme-
problemen nachhaltiger entgegengewirkt werden kann und
die Wahrscheinlichkeit eines konjunkturell bedingten Bei-
tragssatzanstieges reduziert wird.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu Satz 1

Die Beitragssätze sollen auf dem gegenwärtigen Niveau sta-
bilisiert werden, um eine Demographie-Reserve in der ge-
setzlichen Rentenversicherung aufzubauen.

Zu Satz 2

Klarstellung, dass die gesetzliche Bemessung der Beitrags-
sätze für das Jahr 2013 Vorrang gegenüber der Verordnungs-
ermächtigung nach § 160 SGB VI besitzt.

Zu Artikel 2

Durch die Neufassung des § 158 Absatz 1 Satz 1 wird die
Regelung einer Höchstnachhaltigkeitsrücklage gestrichen.
In den kommenden Jahren steigt somit das Volumen der
Rücklagen der Rentenversicherung über den bisherigen Wert
von maximal 1,5 Monatsausgaben, die Beitragssatzentwick-
lung wird so stabilisiert und verstetigt.

Zu Artikel 3

Die gesetzliche Neuregelung gilt ab dem 1. Januar 2013.

C. Finanzielle Auswirkungen

I. Auswirkungen auf den Beitragssatz in der Rentenver-
sicherung

Eine Stabilisierung des Beitragssatzes in der angestrebten
Weise führt dazu, dass er in den nächsten Jahren nicht ab-
sinkt, sondern bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts auf
dem gegenwärtigen Niveau von 19,6 Prozent stabilisiert
werden kann.

II. Auswirkungen auf den Bundeszuschuss zur Renten-
versicherung

Der allgemeine Bundeszuschuss zur Rentenversicherung ist
sowohl an die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter
je Arbeitnehmer gekoppelt als auch an die Entwicklung
des Beitragssatzes; eine Veränderung des Beitragssatzes um
0,1 Prozentpunkte wirkt sich auf den Bundeszuschuss der-
zeit um ca. 185 Mio. Euro aus.

In den ersten Jahren ist ein höherer Bundeszuschuss als nach
der aktuellen Finanzschätzung auf Grundlage des geltenden
Rechts notwendig. Ab dem Jahr 2020 würde nach geltendem
Recht der Beitragssatz hingegen oberhalb des vorgeschlage-
nen Beitragspfades liegen, so dass dann im Sine einer nach-
haltigen Finanz- und Haushaltspolitik eine deutliche Entlas-
tungswirkung für den Bundeshaushalt entsteht.

Entwicklung des Beitragssatzes der allgemeinen Rentenversicherung in Prozentpunkten
– Finanzschätzung Rentenversicherung, Juni 2012 –

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025
Geltendes
Recht

19,0 19,0 19,0 19,0 19,0 19,0 19,0 19,8 20,0 20,2 20,3 20,6 20,8

Nach dem
Gesetzent-
wurf

19,6 19,6 19,6 19,6 19,6 19,6 19,6 19,6 19,6 19,6 19,6 19,6 19,6

Differenz
zum
geltenden
Recht (in
Prozent-
punkten)

0,6 0,6 0,6 0,6 0,6 0,6 0,6 – 0,2 – 0,4 – 0,6 – 0,7 – 1,0 – 1,2

x

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